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König I^eopolä von Belgien 1". Acht Tage lang hat der lebensfreudige Greis auf dem belgischen Königsthron mit dem Tode mannhaft gerungen; aber der Allbezwinger ist auck hier wieder einmal der Stärkere gewesen. König Leopold ist in der zweiten Morgenstunde Les Freitags gestorben. Seine Persönlichkeit und sein Monarchenwerk richtig zu werten, wird «st der Nachwelt möglich sein, wenn die Ge schichte Klarheit über die diplomatischen Ge- schäite und Verwickelungen seiner Zeit ihr Vor urteils- und leidenschaftsloses Licht verbreitet Haven wird. Belgien betrauert in dem Dahin geschiedenen den Schöpfer der Macht, die es heute im Konzert der Märkte darstellt. Unablässig war er bemüht, das Wohl Wines Landes zu fördern, und noch seine letzte Regie rungshandlung, die zu vollbringen es den Sterbenden mit fiebernder Hast drängte, galt einer Reform, die er für sein Land als not wendig hielt und die es zu einem modernen Staatswesen machen will: der Heeresreorgani- salwn. Leopold ll. ist der zweite Fürst des Hauses Sachsen-Koburg und Gotha (das seine Sprossen auch in England, Portugal, Bulgarien und Koburg-Gotha auf dem Thron steht), der aus dem belgischen Thron regiert. Sein Vater war der König Leopold 1., der 1831 zum König der Belgier erwäylt wurde, seine Mutter eine Tochter des Bürgerkönigs Louis Philipp. Leopold II. wurde 1835 geboren und folgte seinem Vater im Jahre 1865 in der Regierung. Seine lange Regierungszeit war für Belgien eine Epoche des glänzendsten wirtschaftlichen Aufschwungs. Das große Werk des „königlichen Kaufmanns" ist die Gründung des Kongostaates und seine Umwandlung zur belgischen Kolonie. Die Gattin des Königs, die österreichische Erzherzogin Marie Henriette, ist 1902 gestorben und hat ihrem Gatten drei Töchter hinteriaffen. In den letzten Jahren war von den Zwistigkeiten des Königs mit zweien dieser Tömter, den Prin zessinnen Lüste und Stephanie, in der euro päischen Öffentlichkeit viel die Rede, wie über- Haupt das Privatleben dieses Monarchen viel Gesprächsstoff geliefert hat. Dem Urieil der Weltgeschichte aber wird Leopold II. als einer der tüchtigsten Herrscher seiner Zeit und als ein starker Förderer der Wohlfahrt seines Landes erscheinen. Der neue König. Da König Leopold keinen direkten männ- i lichen Erben besaß, wurde sein jüngerer Bruder' Prinz Philipp, Graf von Flandern, durch könig lichen Erlaß zum Thronfolger erhoben. Dieser starb am 17 November 1905 zu Brüssel, und -o ging die Anwartschaft der belgischen Krone auf seinen am 8. April 1875 geborenen Sohn Minz Albert über. Dieser ist seit dem 2. Oktober 1900 mit Elisabeth, der Tochter des jüngst verstorbenen Herzogs Karl Theodor in Bayern, vermählt. Dieser Ehe sind drei Kinder entsprossen, Prinz Leopold Philipp, Prinz Karl Theodor und Prinzessin Marie Josö. Man weiß in der Welt von dem neuen König nicht viel; denn König Leopold liebte eS nicht, bei seinen Lebzeiten den Thronfolger im Ächte der Öffentlichkeit zu sehen. Nur einmal hörte man in letzter Zeit im belgischen Senat von ihm, als er mit glühender Beredtsamkeit für die allgemeine Wehrpflicht eintrat und zugleich den Ausbau der Kriegs- und Handelsmarine befürwortete. Wenn die Gerüchte recht behalten, so dürfte mit seinem Regierungsantritt eine günstige Wendung in den belgisch-deutschen Beziehungen eintreten, denn König Albert neigt nicht wie sein Oheim fran- ! zösischem Geist und Wesen zu. Sein Land erhofft von dem 34 jährigen König, daß er, wie sein verstorbener Oheim, kauf männischen Geist mit dem Blick sür die Not- Wendigkeiten der Zeit vereint. König Albert hat als Kronprinz unbekannt und in aller Stille Studien der Landesindustrien vorgenommen, er hat Mängel und Schäden entdeckt, die er nun aufzuheben sicherlich bemüht sein wird. Auch! das Kongogebiet bat er in langer Reise durch quert, er hat die 4500 Kilometer der afrikanischen Strecke nicht als Forscher, sondern mit dem Wunsche abgereist, aus diesen blühenden Land strichen später einmal für das Mutterland großen Nutzen zu ziehen. Seiner Regierung werden als Leitmotiv die Worte dienen, die er im Senat vor mehreren Wochen sprach: „Zwar ist Belgien neutral, aber neutral sein, das heißt nicht, un fähig zur Verteidigung zu sein." ^ävkter. politische Kunclsckau. Deutschland. * Kaiser Wilhelm hat im Neuen Palais die Großfürsten Boris und Andreas von Ruß land zur Rückgabe der Ordensauszeichnungen ihres verstorbenen Vaters, des Großfürsten Wladimir von Rußland, in Audienz empfangen. Beide Großfürsten sind von dem Kaiser durch Verleihung des Schwarzen Adlerordens ausge zeichnet worden. * Der Herzog-Regent von Braun schweig wird mit seiner jungen Gemahlin am 29. d. die langgehlante Reise nach Siam und Hinter-Jndien antreten. *Von verschiedenen Blättern wird abermals das Gerücht verbreitet, die Kanzlerschaft des Herrn v. Bethmann-Hollweg werde den Winter nicht überdauern und der Staatssekretär des Reichsmarineamtes v. Tirpitz sei zum sechsten Kanzler des Reiches ausersehen. Da sich die amtlichen Stellen diesem Gerücht gegenüber in Stillschweigen hüllen, läßt sich nickt feststellen, inwieweit es den Tatsachen ent spricht. * Dem Reichstage, der sich nach der Be sprechung der Anträgen betr. den Arbeitsnach weis im Ruhrrevier bis zum 11. Januar ver tagt hat, wird bei seinem Wiederzusammemritt einige kleinere Vorlagen vorfinden, die noch im Laufe des Winters neben den bisher ange kündigten Arbeiten erledigt werden tollen. "Die Reichstagsersatzwahl in Mülheim a. Rhein-Wipperfürth ist auf den 15. Februar, die etwa notwendige Stichwahl auf den 26. Februar anberaumt worden. * Der sozialdemokratische Erste Vizepräsident der Zweiten badischen Kammer, Weh der, hat sich entgegen den Mitteilungen eines Teiles der Presse geweigert, sich bei Hof vorzu stellen, weshalb der Empfang des Prästdiums durch den Großherzog überhaupt unterblieb. "Die erste drahtlose Verbindung in der deutschen Südsee ist zwischen Angaur, wo sich große Phosphatlager be finden, und der Insel Jap hergestellt worden, die ihrerseits Anschluß an das Weltkabelnetz bat. Die Luftlinie beträgt ungefähr 450 bis 500 Kilometer. Österreich-Ungar». * Österreich zeigt wieder einmal, daß es das Land der unbegrenzten parlamentarischen Mög- lick leiten ist. Die letzte Sitzung des Abge ordnetenhauses begann am Mittwoch um 11 Uhr vormittags und wurde zu einer echt österreichischen Dauersitzung. Von den 37 tschechischen Dringlichkestsanträgen waren nach anderthalb Tagen drei abgetan, und zur Erledi gung des ersten dieser Anträge waren nicht weniger als zwanzig Stunden erforderlich. Der Abgeordnete Kotlarsch sprach zwölfeinhalb Stunden, Spacek mehr als fünf Stunden über Pferdezucht und Hufkrankheilen; vorher hatte Abgeordneter Holy viereinhalb Stunden lang gesprochen. Alle nichtslawischen Parteien sind est entschlossen, unter allen Umständen den lawischen Widerstand zu brechen und die aufenden Ausgaben des Parlaments zu erledigen. Frankreich. * Nach französrschen Meldungen sind die Anleiheverhandlungen zwischen Frank reich und Marokko nahezu beendet, nach dem in allen Fragen eine Übereinkunft erzielt wo? den ist. *Der Kriegsminister leiste in der Militär- kommtifion des Senats mit, daß die Lage be- züglich oer Lenkballons tür das Militär nicht im mindesten beunruhigend sei. Er habe alle zweckdienlichen Anweisungen ge- gegeben, und trotz der Ereignisse der letzten Jahre werde Frankreich in kurzer Zeit verschie dene lenkbare Luftschiffe in Dienst stellen können. Mehrere andre lenkbare Luftschiffe befänden sich im Bau. Sie würden 1910 in Dienst gestellt werden und die militärische Lustschiffahrt in eine glänzende Stellung bringen. Was die Flug maschinen anlangt, forderte der Minister die Konstrukteure auf, der Armee brauchbare Appa rate zu liefern, insbesondere solche, die zwei Personen tragen können. Die lenkbaren Flug maschinen würden dem Geniekorps überlassen, eine Anzahl derselben aber auch der Artillerie überwiesen werden. König Leopold von Belgien * Der Senat hat den Gesetzentwurf über die Altersversorgung der Arbeiter in der Regierungsfassung angenommen. England. * Kriegsminister Haldane erklärte in einer Versammlung in Tranent (Schottland) in Er widerung auf eine Anfrage, er glaube nicht, daß Deutschland die geringste Absicht Habs, über England herzufallen. Die Deutschen wünschten mit den Engländern in gutem Ein vernehmen zu leben, der Fragesteller könne aber sicher sein, daß England sein Pulver trocken halten werde. Schweiz. *Das Bund es Präsidium für das Jahr 1910 ist am 16. d. endgültig gewählt worden. Robert Comtesse, der von der Bundesversammlung zum Bundespräsidenten ge wählt wurde, ist am 14. August 1847 in Valangin (Kanton Neuenburg) geboren. Er gehört der freisinnigen Partei an. Bereits 1904 bekleidete er die Würde des Bundespräsidenten. Balkanstaaten. "Das auf Grund des Gesetzes zur Unter drückung der Banden in Mazedonien eingesetzte Kriegsgericht verhörte bisher eine große Zahl Gefangener, von denen 33 für un schuldig befunden und sreigelassen, und zehn zu Gefängnisstrafen bis zu fünf Jahren verurteilt wurden. 52 Bulgaren und Griechen, Angehörige flüchtiger Bandenmitglieder, wurden verhaftet und nach Saloniki eingeliefert, um dadurch die Flüchtlinge zu veranlassen, sich freiwillig den Behörden zu stellen. Die Griechen und Bul garen bereiten scharfe Proteste gegen das Vor gehen der Behörden und eine Eingabe an das Parlament vor. Asten. * über die in russischen Blättern vielfach als bedrohlich geschilderte Lage im fernen O st en wurde einem Mitarbeiter des ,B. L.-A/ auf der Berliner japanischen Botschaft erklärt, daß man höchsl überrascht sei, wie das Gerede von einer ernst new-nMnen Laae habe entstehen können. Es liege zu derartigen Gerüchten nick: der geringste Anlaß vor. Wäre irgendein be denkliches Moment in den Beziehungen zwischen Rußland und Japan zutage getreten, so wäre die japanische Botschaft gewiß davon unterrichtet worden. Die Botschaft aber wisse nur von einem freundschaftlichen Einvernehmen zwischen den beiden Mächten, das, wie auch die kürzlich veröffentlichte Petersburger Kundgebung erkennen lasse, stets wärmer sich gestalte. Snglanä unä Deut schirm ä. Am 16. d. wurden an drei verschiedenen Stellen in England Reden über das Verhältnis zwischen dem Jnselreiche und Deutschland ae- halten. Der erste Lord der Admiralität, Mac Kenna, sprach vor etwa 3000 Zuhörern und versicherte sie, daß sie nach wie vor ruhig in ihren Betten schlafen können. Demnächst würden wieder drei mächtige Schiffe zur Landesverteidigung fertig sein, alle drei »och stärker als die jetzigen Panzerkreuzer. Damit aber sei das Programm der Landesverteidigung noch nicht erschöpft. Eben jetzt sollten Aufträge sür das Material zum Bau von vier weiteren schwimmenden Festungen gegeben werden, für Panzergeschütze und Maschinen. Bor dem 31. März 1912 müsse das alles bereit sein. Mister Mac Kenna betonte, er sage das nicht, um seiner Partei zu nützen, sondern damit Eng land sich sicher fühlen möge. Außerdem habe er noch den Bau zweier weiterer Dreadnought? zu vergeben, die Australien und Neuseeland bezahlen würden. — Im Nationalliberalen Klub erklärte Dr. Mac Namara, Sekretär der Ad miralität, über die jüngsten Hetzereien gegen Deutschland: „Wer Ihnen sagt, England sei im Begriff, da? Zevter der Seeherrschaft zu verlieren, kennt entweder die Tatsachen nicht oder wünscht unter dem Deckmantel einer Marine-Banik Pariei politik zu betreiben." Auch Staatssekretär Lord Denman machte das neuerliche parteipolitische Bedürfnis, England zum Kriege gegen Deutsch land zu reizen, zum Thema ein« Wahlrede. Er stellte seinen Zuhörern ohne Umschweife die Frage: „Wollen Sie mit Deutschland Krieg an fangen, um das Oberhaus vor dem Untergange zu retten?" Ein donnerndes „Nein!" war die Antwort. Während aber die Friedensfreunde an der Arbeit find, um die Deutschenhetze »er der Öffentlichkeit zu brandmarken, fehlt eS leider auch nicht an Stimmen, die wieder da? alte Mißtrauen entfachen wollen. So hat der Seelord Beresford sich mit dem Gespensterseher Blatchford, der vor einiger Zeit in Briefen über Deutschland erklärt hat, wir bereiteten einen Angriff gegen England vor, verbunden, dem er schon mehrmals Hochachtung vor seiner erfinderischen Phantasie ausgedriickt hat. Nun hat er in Hull eine Wahlkampfrede gehalten, in der er dem Lande schreckliches Unheil prophezeite, ohne natürlich zu sagen, worin dieses bestehen werde — Unheil, das mit aller Sicherheit eintreffen werde, wenn nicht die Marine sich bedeutend bessern werde. Sollte die Admiralität nicht in sich gehen, so werde er (Lord Charles Beresford) selbst dis ihm Stillschweigen auferlegenden Regeln brechen und dem Lande die Wahrheit sagen und sich nicht genieren, „im Schmutz herum zu rühren". Auch wenn England in einem Kriege gegen Deutschland siegen sollte, würde das dem Lande 1200 Millionen kosten. Er nannte dann Direktor Mullinger, den früheren Direktor der Waffenfabrik von Coventry, als den Mann, der nach Deutschland gegangen sei und ermittelt habe, daß man dort das Marine programm so außerordentlich beschleunigt habe. Wenn auch zugegeben werden soll, daß das Verhältnis zwischen Deutschland und England, das immer auf die Rüstungen beider Länder zurückwirken wird, im Wahlkampfe als Waffe sür oder gegen den Flottenbaa dient, so ist doch tief beklagenswert, daß ein Mann, »ie Lord BrreSsord, seinen klangvollen Namen zu ein^r Hetze yergtbl, die auf beiden Seiten nur M büterung schaffen kann. K Entwirrte fLäen. L0) Roman von Johannes Emmer. NsokNetzmia. „Was sollte in den Zeitungen stehen ? Hat man vielleicht eine neue Schändlichkeit ausge heckt?" fragte Gabriele. „Hm, wer weiß, ob dieser Herr nicht dock der Abenteurer ist, für den ihn viele halten." „Papa, sprich doch nicht so abscheulich. — Es kann dein Ernst nicht sein." Eine kurze Pause, dann klang es scharf und bart Hw aus der Ecke: „Ja, es ist mein Ernst. Ick balte den Mann für eine bedenkliche Per- lönlichkeit. Seine plötzliche Abreise hatte jeden falls einen guten Grund." „Allerdings, Gesckäfte!" „Mein liebes Kind, du bist voreingenommen und glaubst einfach, was er dir sagt. — Ich kann nicht so vertrauensselig lein. Diese dunkle Geschichte an dem Spielabend —" „Das war eine schmackvolle Intrige dieses Grafen; Man hat mir alles genau erzählt." „Hm, Man! Anck ein Phantast! Die Maler haben merkwürdige Augen, die sehen alles in einem andern Lickte." „G>as Fervnll ist sich wohl bewußt, daß er eine abscheuliche Rolle spielte, er läßt sich seit dem nicht mebr sehen." „Er wird kommen, verlaß dich daraus." „Das soll mir recht sein l" n wirst ihn freundlich empfangen, hoffe ich." Gabriele fuhr berum und schaute nach der Ecke. „Freundlich!? Das hoffst du?" „Ja, und ich wünsche es, Gabriele!" „Wenn einer das Recht verwirkt hat, von mir freundlich behandelt zu werden, so ist es er. — O, schon lange suchte ich Gelegenheit, mich mit ihm auseinanderzusetzen — früher hätte ich es wohl auch freundschaftlich tun können — aber er wich mir stets aus und wußte es zu verhindern. Jetzt muß er mir standbasten" „Mas willst du ihm sagen?" „Alles!" „Hm, alles? Das ist viel oder mich wenig, wie man es nehmen will." — Wieder eine Bause. — „Wenn ich dich nun bitten würde — hörst du, Gabriele, bitten! — dem Graten etwas zu sagen, woran du jetzt wohl nicht denkst —" „Und das wäre?" „Daß du seine Werbung annimmst!" Sie schrie auf: „Papa, das kann ich nickt! — Und will ich nicht!" setzte sie mit tonloser Stimme binzu. „Wül du Cromer liebst?" „Weil ich Heinrich liebe!" „Obwohl er deiner unwert ist!" „Er ist es nicht!" Sie sprang auf, und mit erhitztem Gesicht, fliegendem Atem suchte sie durch die Schatten hindurch das Gesicht des Vaters. „Wenn ich mich recht erinnere, machtest du! es dem Grasen zum Vmwmß daß er, während i sein Oheim noch aus dem Schaubette lag, so- ! zusagen angesichts d« Leiche um dich warb. — Willst nun du dein vermeintliches Glück mit meinem Tode erkaufen, über meine Leiche zum Altar schreiten?" „Papa, was sprichst du da?" „Ja, mein Kind, du hast zu wählen zwischen diesem Cromer und Tod und Schande — das ist ja dasselbe — deines Vaters." Sie wollte zu ihm geben, mußte sich aber wieder setzen, eine Schwäche, ein Taumel befiel sie. „Ist es so — du mußtest — weil du ihm dein Wort gabst —" „Du fragst nicht, warum ich ihm das Wort gab, — geben mußte." „Ich will es nicht wissen." erwiderte sie matt; die gefalteten Hände im Schoße, sah sie starr vor sich hin auf den Boden. Der Justizrat hatte aufgeatmet, als sie die letzten Worte sprach. „Du willst also den Grafen —" „Nein, nein!" schrie sie auf. „Es kann ja nicht sein!" Sie sprang emvor, stürzte vor dem Vater aut die Knie und umfaßte mit beiden Armen seinen Leib. „O, Pava! Warum muß ich unglücklich werden, warum?" Dr. Vaud seufzte. Seine Hoffnung, daß ihm ein Bekenntnis erspart bleiben würde, erlosch wie ein flüchtiges Meteor. Er sah ein, daß er reden müsse „Wollte Gott, ich könnte es ändern. — Es ist leider Wahrheit, was ich sagte, daß mir ein schmachvolles Ende droht. — Du sollst alles wissen, Gabriele. — Magst du mich auch dann verdammen, — dich deines Vaters schämen — ja, ja, mein Kind, es ist io, du wirst mich nicht mehr achten können, und höchstens nur mich beklagen." Er strich liebkosend über ihr weiches Haar, es war ihm, als dürfe er dies jetzt zum letzten Male tun. Dann begann er zu sprechen, leiie, stockend, ängstlich vermeidend, seinem Kinde in die Augen zu sehen, seiner Tochter, der er mit eigener Hand den Glauben an den Vater aus dem Herzen reißen mußte. Es war schlimmer als ein Selbstmord; eine Buße, so hart, daß sie ihn fast zermalmte, und doch sagte er noch nicht —i alles! Bleichen Antlitzes stand Gabriele aus, die lieblichen Züae waren wie im Kramps erstarrt, blutleer die Lippen und glanzlos die Augen, aber fest und aufrecht ging sie zu dem Tüche, der in der Mitte des Zimmers stand, und setzte sich vor demselben hin. „Du verachtest mich, Gabriele!* hörte sie wie aus weiter Ferne eine Stimme sprechen. „Nein, Papa! — Du hast es ja getan aus Liebe zu mir. — O, aus Liebe! — Und machst mich elend! Sei ruhig, Papa, ich verzeihe es ja dir, ich beklage nur dich und mich. Du hattest es zu meinem Besten ge meint: daß es anders kam Es war eben verfehlt." „Jawohl, eine verfehlte Spekulation!" „Du hast so viel für mich getan, Papa, — du sollst mir kein weiteres Opfer mehr bringen. Nein! — Ich will sterben." „Damit rettest du mich nicht; dies Opfer, mein Kind, wäre vergeblich." „O, wie grausam ihr doch seid! Nicht auf einmal die Qual enden; nein, einem das Herz