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Ottendorfer Zeitung : 12.12.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190912123
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19091212
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19091212
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-12
- Tag 1909-12-12
-
Monat
1909-12
-
Jahr
1909
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 12.12.1909
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In den Novembcriaaen des vorigen Jahres, als der englische Presseklaiich zu den Debatten im Reichstag über das persönliche Regiment ge führt hatte, wurde von mehreren Abgeordneten im Reichstage der Antrag eingebracht, der Reichskanzler möge schnellstens für die Vorlage eines Ministerverantworttichkeitsgesehes Sorge tragen. Die damals eingebrachten Vorschläge wurden einer Kommission übergeben und man konnte g'auben, daß diese sich eingehend mit der Frage beschäftigen würde. Indessen beriet man in der Kommission lediglich über eine Änderung der Geschäftsordnung. Es war beabsichtigt, die Geschäftsordnung des Reichstages dahin abzuändern, das; der Kanzler zur Beantwortung von Anfragen gewissermaßen gezwungen werden und daß im Anschluß von Besprechungen solcher Anfragen aus dem Hause die Stellung von Anträgen zulässig sein sollte. Nach der fetzigen Übung (Z 32 und 33 der Ge schäftsordnung des Reichstages) kann der Reichs kanzler die Beantwortung einer Anfrage ohne zureichenden Grund ablehnen und etwaige Inter essenten können die bei der Besprechung einer Anfrage, ihnen auftauchenden Wünsche in Form von (später zu stellenden) Anträgen weiter ver folgen. Die Mitglieder verschiedener Parteien find nun übereingekommen, bezüglich dieser Bestimmungen Abänderungsanträge zu stellen, andre wieder gehen einen Schritt weiter und wollen jetzt die Entscheidung über ein MinisterverantwortlichkeitSgesetz herbeiführen, die Fürst Bülow, von dem immer noch behauptet wird, er habe in jenen November tagen schon mit seinem Rücktritt gerechnet, zu vertagen sich entschloß. Mit Recht darf man gespannt sein, wie Herr v. Bethmann-Hollweg sich zu diesem Anträge stellen wird. Schon in seiner trüberen Ministertätigkeit hat der jetzige Reichskanzler sich als moderner Staatsmann bewährt, der das Erstrebenswerte mit dem Er reichbaren in Einklang zu bringen versteht. Dennoch kann in dieser Frage sein Standpunkt ein von den Antragstellern abweichender sein, zumal auch im Reichstage Abgeordnete tätig sind, die im Gegensatz zu ihren Kollegen ein Gesetz, das die Ministerverantwortlichkeit ein- führt, nicht für notwendig zum konstitutionellen Ausbau der Reichsversassung hatten. Jedes Ding hat eben zwei Seiten und die Debatten im Reichstage werden dem Lande die beiden Seiten der Ministerverant- wortlichkeit in aller Klarheit zeigen. ^sstmkmu. Politische Auncllckau. Deutschland. "Kaiser Wilhelm wird nach einer Meldung spanischer Blätter gelegentlich seiner Mittelmserreise im Februar auch dem König von Spanien einen Besuch abstatten. An amtlicher Stelle in Berlin ist von einem solchen Plan allerdings noch nichts bekannt. *Der Herzog von Meiningen hat die Wahl des sorialdemokratischen Abgeordneten Wehder zum Vizepräsidenten des Meininger Landtages bestätigt. Wehder verpflichtete sich zuvor schriftlich zur Teilnahme an der Ver tretung des Landtages bei besonderen Gelegen heiten. * Die Vorarbeiten für ein neues deut sches Kolonialrecht werden im Kolonial- omie eifrig gefördert und Teile dieses neuen Rechtes werden dem Reichstage im Laufe der neuen Tagung zugehen. Beabsichtigt ist die Hinzuziehung von Fachleuten auf dem Gebiete des Kolouialrechts zu diesen Arbeiten, die sich in erster Linie auf das Studium der aus ländischen Kolonial- und Rechtsverhältnisse, so wie des Eingeborsnenrechts in den deutschen Schutzgebieten beziehen. Für alle Kolomal prozesse, die zunächst nicht immer von richter lichen Beamten geführt werden können, solange nicht für die Kolonien eine neue Beamten organisation Platz gegriffen hat, wird in der! Heimat eine Berufungsinstanz geschaffen und - Ok butnirrte fLcien. L6) Roman von Johannes Emmer, ^»rtievun«.! „Dann werden Sie auch meine Einladung annehmen, „fuhr Graf Fervall fort, „und ich freue mich dessen. — Eine Weigerung würde beinahe so aussehen, als ob Sie mich hassen, und dies will ich doch nicht glauben/ In diesem Augenblicke kamen die drei Herren, von denen der Graf gesprochen batte, herzu; sie hatten aus irgend welchen Gründen sich noch etwas im Theater aufgehalten: Cromer wurde denselben vorgestellt und dann ging man — die Wohnung des Grafen lag ganz nahe, daher man daraus verzichtete, Wagen zu benutzen — die kurze Strecke Weges. „Was sagt du dazu?" fragte Cromer den Maler. „Weiß Gott, was ihm einfiel, unS einzu laden. Ich traue der Geschichte nicht recht." „Wer find die andern Herren?" „Hm! Gesellschaftsfähig find sie, sonst dürfte der Gras schon aus Rücksicht auf seine andern Freunde nicht mit ihnen verkehren. Tugend- spiegel wirst du doch in diesen Kreisen nicht suchen?" „Das klingt etwas zweideutig!" „Man kann auch alles von zwei Seiten be wachten. Den einen nennt man einen „Mann, der kein Leben genießt", und den andern einen „Lumpen", obwohl beide ganz genau dasselbe tun; es kommt eben auf die Laune der West an, w-lchen Maßstab sie anlegen will." Man war vor dem Hause des Grafen an- neben der neuen G^s-Htsresorm in den Schutz gebieten auch ein einheitliches Eingebore nenrecht angesirebt werden. * Die Reichstagsersatzwahl im 2 . Wei manschen Wahlkreise Eisenach-Derm bach findet am 29. Januar statt. * D e Vorverhandlungen für die Preuß. Wablrechtsvorlage stehen dem .Berl. Tagebl/ zulolge tatsächlich vor ihrem Abschluß. Der Reichskanzler wird als Preuß. Minister präsident sogleich nach Eröffnung des Land tages die Vorlegung eines Wahlrechtsentwurfss für Anfang April im Abgeordnetenhaus zusagen. Frankreich. * Der Vierb und gegen den Zwei st und! Unter dieser Varole veröffentlicht ein bekannter italienischer Publizist in einer Pariser sozialistischen Zeitung einen Artikel, der zur Bildung des Vierbundes Frankreich-Nußland- England-Jtalien auffordert, der, von den Balkanvölkern unterstützt, Deutschland und Osterreich-Ungarn wie mit einem Eisenwall um schließen und so den ewigen Frieden sichern soll. — Das Phantasiegebilde des ita lienischen Dreibundfeindes kann keinen Ernst haften schrecken! England. *Das deutsch-englische Freund schaftskomitee in London nahm in seiner letzten Sitzung, der nicht wie sonst ein Ver treter des Ministeriums beiwohnte, eine Be schlußfassung an, in der die Erwartung aus gesprochen wird, daß die Besserung der Gefühle zwischen beiden Ländern in einer beiderseitigen Beschränkung der Rüstungen gipfeln möge. Belgien. "Das Befinden König Leopolds, der seit längerer Zeit an rheumatischer Lähmung leidet, hat sich besorgniserregend verschlimmert. Dänemark. * Der König ist von seiner Auslandsreise, die ihn nach England, Deutschland und Oster reich-Ungarn geführt hat, wieder nach Kopen hagen zurückgekehrt. * Der Folkething hat, dem Antrag der Untersuchungskommission entsprechend, beschlossen, die srüheren Minister Christensen und Berg, unter deren Amtstätigkeit der Minister Alberti seine Unterschlagungen beging, vor das Reichsgericht zu stellen. Gvanie«. "Der Kriegsminister bat einen Erlaß ver öffentlicht, worin die Entlassung aller anläßlich des Nii-Feldzuges einberufenen Re servisten, die sich in Melilla befinden, angeordnet wird. Ihre ungerechtfertigte Ein berufung gab bekanntlich im Juli den Anlaß zu den Ereignissen der stürmischen und folgenschweren Woche in Barcelona. Balkaaftaate«. "Die Junqtürken, deren Einfluß mit der Wiederherstellung der Ordnung in der Türkei immer mehr schwindet, sind mit der Untätigkeit, zu der sie nun verurteilt find, äußerst unzufrieden. Sie drängen daher auf Neubildung des Kabinetts, wobei sie eine geeignetere Vertretung ihrer Interessen in dem neuen Ministerium zu finden hoffen. Konstantinopeler Nachrichten lassen erkennen, daß die Gegensätze zwischen Alt- und Jungtürken sich stetig verschärfen und in politischen Kreisen befürchtet man daher den Ausbruch einer neuen schweren inneren Krise. "Einen aufsehenerregenden Brief hat an geblich der frühere Kronprinz Georg von Serbien an den K ö ni g von Bulg arien gerichtet. Er erklärt darin, daß er während des Besuches, den König Ferdinand in Belgrad kürzlich machte, im Belgrader Schlöffe nahezu eingecherrt gewesen sei und so ihm nicht ins Gesicht sagen konnte, daß er Ferdinand für einen Wiener Spion, für den Vermittler der Angliederung Bosniens an Österreich und somit für den gefährlichsten Feind Serbiens halte. — Ist dieser Brief in der Tat geschrieben worden, so stellt er unter allen tollen Streichen des Exkronprinzen den schlimmsten dar. Erst vor einigen Tagen ist gelangt, und dieser nötigte seine Gäste, doran- zugehsn. Die Wohnung Fervalls war in den letzten Tagen gründlich umgestaltet worden, die Einfachheit und die altmodische Einrichtung waren verschwunden und die Räume mit be haglichem Luxus ausgestattet; der Erbe des Freiherrn von Galtür hatte es nicht mehr nötig, sich Beschränkungen aufzuerlegen. Zwei Diener — natürlich der Trauer wegen in schwarzer Livree — empfinden die Herren im Vorzimmer und halsen die Röcke ablegen, ein andrer öffnete die Tür« zu dem Speisezimmer, in dem der Tisch gedeckt war. Ma« setzte sich zu Tische, Cromer erhielt den Platz zur Rechten des Graten, der ge flissentlich ihn auszeichnen zu wollen schien. Es wurden nicht viele Gänge ausgetragen, aber alles war ausgesucht fein und die Weine warm von den besten Marken. Für Cromer bot die Umerhaltung wenig Anregung, der Politik war er so ziemlich entfremdet, noch ferner lagen ihm die gesellschaftlichen Verhältnisse der Stadt, und so konnte er sich an dem Gesvräch kaum be teiligen, sondern mußte sich beanügen, zuzuhören und zu beobachten. Der Maler, mit all dm Dingen mehr vertraut, war lebhaft und warf feine witzigen Bemerkungen dazwischen, die manchmal recht boshafte Anspielungen ent hielten. Doch die Getroffenen lachten meist selbst darüber oder verbargen wenigstens dm Arger hinter einem Lächeln, da man Fians Art kannte. Mit dem Ende des Mahles und dem Erscheinen der Sekiflaschen wurde der Ton immer übermütiger und ausgelassener. „Ich will etwas Vorschlägen —," fing jetzt ja ruchbar geworden — ohne Widerspruch der serbischen Regierung — daß der hoffnungsvolle frühere Thronerbe einer Verschwörung gegen das Leben des Königs Ferdinand nicht allzu ferngestanden habe. Amerika. * In seiner Botschaft an den Kongreß der Ver. Staaten spricht Präsident Taft die Hoffnung aus, daß der neue wesentlich er höht» amerikanische Zolltarif nicht zum Zollkrieg führen werde. Aste». "Drohende Anzeichen für dis gespannte Lage in Ostasien werden aus Wladiwostok, der russischen Festung am Japanischen Meer, gemeldet. Danach beginnen die Japaner die Stadt zu verlassen und die Kaufleute die Kredite kürzer zu befristen. Zugleich wirbt Japan überall Handwerker zur Herstellung von Krieg sausrkstun gen an. Die Lage zeigt also das gleiche Bild wie vor dem Aus bruche des russisch-japanischen Krieges. Deutscher Reichstag. Am 7. d. wird die Besprechung der beiden Jnter- vellationen über den Kieler Werftbetrieb fortgesetzt. Abg. Lottmann (wirtsch. Vgg.): Die all gemeine Bedeutung der gestrigen Debatte erkennen wir an. Wertvoller wäre, wenn der Staatssekretär in der Anerkennung der Fehler freimütiger gewesen wäre. Den alten soliden Kaufmannsgeist wollen auch wir, aber nicht den Meschores-Geist. Wie groß ist der unsrer Marine entstandene materielle Schaden? Die Freude an unsrer Flotte lassen wir uns nicht verderben. Aber man beseitige den Bureaukraten- zopf und den MeschoreS-Geist. Abg. Werner (Respt.) erwartet fortan ver schärfte Revisionen und verständige Submissions bedingungen. Abg. Struwe (frs. Vgg.): Abg. Kreth wird mit seinen antisemitischen Scherzen wenig Eindruck machen. Die Zeiten waren für solche Scherze selten so schlecht wie heute. Warum war aber Herr von Tirpitz so erregt? Warum wollte er in Kleinig keiten durchaus Recht behalten? Immer ist eS doch auch ihm nicht gelungen, die rechte Spar samkeit zu üben. Er denke an den Anstrich von Schiffen vor der Besichtigung und an den Verkauf von Schiffen. Man denke an die Schiffe „Eber" und „Marie", an das Schtffsjungenschiff! Die Schiffe find zurzeit gar nicht in Dienst gestellt. Die Marine kann alles mögliche auch überetatsmäßig an Bord nehmen. „Besorgen" kann man jetzt nichts mehr, aber man darf „komplettieren", denn das Verlustprotokoll ist an Bord nicht geschätzt. Frhr. v. Gamp irrt, wenn er dem Schmiergelderwesen all gemeine Verbreitung zuweist. Unterschiebe mögen überall vorkommen. Schlimm aber ist, daß sie so lange unentdeckt bleiben konnten. Das System Tirpitz bleibt also auf der Anklagebank. Wie kam es, daß der betreffende Staatsanwalt erst einen Tag vor dem Brozeßbeginn mit der Führung des Pro zesses beauftragt wurde? Die einzelnen Ressorts in Kiel sind intakt geblieben. Aber die Verwaltung liegt hilflos am Boden. Staatssekretär v. Tirpitz: Ich habe lediglich gesagt, daß die Unterschleife ausscheiden, weil sie nicht nachgewiesen seien. Der Umfang des Schadens ist schwer festzustellen. Der Umsatz von Altmaterial beträgt pro Jahr 300 000 Mark. Selbst wenn die Unterschleife 10 bis 15 Prozent betrügen, könnte doch von Millionenverlusten wahrlich nicht die Rede sein. Bei SchiffSverkäufen suchen wir nach Möglichkeit herauszuschlagen. Aber eS wäre unkaufmännisch, einen alten Ladenhüter, obwohl ein Angebot vor liegt, noch jahrelang zwecklos zu behalten und ver kommen zu lassen. Es ist durchaus unrichtig, daß Ausgaben nach Belieben außeretatsmätzig gemacht werden können. Solche Ausgaben bedürfen meiner Genehmigung und die gebe ich nicht leicht. Auch sonst ist Herr Struwe mit den Tatsachen nicht immer Vorsichtig umgegangen. Abg. Severing (soz.l: Unterschleife in Höhe von zehn Prozent von 300 600 Mark, 20 Jahre hindurch geübt, ergeben schon eine beträchtliche Summe. Herr von Tirpitz scheint der schlimmste Bureaukrat in seinem Ressort zu sein. Warum nimmt er nicht auch Beschwerden von Arbeiter organisationen entgegen? Das militärische System hat gründlich Fiasko gemacht. Geh. Admiraiitätsrat Harms bespricht mehrere vom Vorredner berührte Einzelfälle. In einem be sonderen Falle sei einem Arbeiter allerdings aus der Betriebskrankenkasse ein Darlchn gewährt, aber daran sei nur die Herzensgüte und Gutmütigkeit eines Offiziers schuld gewesen und das Versehen sei in zwischen berichtigt. ein Herr von Ballun an, wurde aber durch schallendes Gelächter unterbrochen. Er fuhr fich über den kahlen Schädel und grinste; daS Gelächter bedeutet», daß man seinen „Vorschlag" erraten hatte; alle Welt wußte, was folgen würde, wenn Herr von Ballun anfing: „ich schlag« vor — „Nh; also seid ihr einverstanden? Gut!" Man stand auf, Fervall gab dem Diener einen Wink, der verstanden wurde, denn dieser öffnete sofort die Tür zu dem Nebenzimmer und zündete drüben eiligst die Kerze« an. „Sie machen doch auch ein kleines Spielchen »st, Herr Cromer?" redete der Graf letzteren an. „Ich danke, Herr Graf, ich pflege nicht zu spielen." „Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie nie gespielt hätten?' „DaS nicht, aber ich liebe diese Art Unter haltung nicht." „Die aber so alt und so allgemein ist, wie kau» ein« zweite.* „Gewiß, Herr Graf, ich hatte genug Gelegen- Heft, z« sehe«, welche Verbreitung und welche Folgen diese — (er wollte sagen „Pest," unter drückte aber das Wort) — hat." „Sie haben auf Ihren Wettfahrten wohl auch verschieden« Spielhöhlen besucht? Nicht wa^c?" „Allerdings interessierte ich mich ans dafür, man kann immer dabei etwas lernen." „Wirklich?" Graf Ferlall lächelte eigen tümlich und betonte das Worte in einer Weise, daß ihn Cromer überrascht ansah; doch jener wandte sich jetzt den andern zu, die bereitd fich Abg. Leonhart str. Vp.): Vielleicht wäre mH der Besprechung mekr herausgekommen, wenn uns auch einmal ein Techniker aus dem R-icksmarine- amt geantwortet hätte. Der Staatssekretär sprach von Unterseebooten. Wir sollten sicher solche baue«! Meine aestrigcn Ausführungen beruhten aui ge- wissenhaflen Jwormationen. Wegen der Partei zugehörigkeit sollt« kein Arbeiter gemaßregelt werden. Ohne Sozialdemokraten kann heute doch kein Kriegs schiff gebaut werden. Staatssekretär v. Tirpitz: Die politische Ge sinnung der Arbeiter hat uns bisher nicht berührt. Aber wir dulden nicht, daß ein Arbeiter als Agi tator Unfrieden in den Betrieben erzeugt. Zur Selbständigmachung der technischen Betriebe habe ich alles getan. Der Anstrich der Schulschiffe vor der Außerdienststelluna erfolgt nicht. Beim Verkauf von alten Schiffen an das Ausland kommen auch wichtige politische Gesichtspunkte in Bettacht. Die Unterseebootfrage muß in anbetracht unsrer Gewisser beantwortet werden. Abg. Erzberger (Ztr.) bedauert, daß der Staatssekretär so ziemlich alle Anregungen abweist. Ter Techniker muß in den Werften mehr Einfluß gewinnen. Offiziere, ähnlich wie in den militär technischen Instituten, sollten auch für die Flotte herangebildet werden. Aus daS ganze Submission;- wesen muß mehr Licht fallen. Daß heimkehrende Schiffe übrigbleibendes Material vernichten, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Staatssekretär b. Tirpitz bestreitet, baß diese Beseitigung von Vorräten üblich sei, und bittet, ihm das entsprechende Material zu unterbreiten. Mw ist nicht eingefallen, alle Anregungen unter den Tisch zu werfen. In der Konzentration der Beschaffungs wesens stimme ich nicht dem Abg. Leonhart, sondern dem Abg. Erzberger zu, obwohl oder weil Herr Erzberger dem Zentrum angehört. Wer in der Marine borwärtskommen will, muß selbständige Unterorgane schaffen. Abg. Legien (soz.f: Im Vorjahre hieß es: obwohl, — in diesem Jahre heißt «S: wett Abg. Erzberger dem Zentrum angehört. Die Mißstände werden erst geringer werden, wenn die von uns ge forderte parlamentarische Untersuchungskommiisio« eingesetzt ist. Wenn Sie (zur RegierungSbanß die Sozialdemokraten und sonstige anständige Elemmie ausmerzen. bleiben eben nur noch die Spitzbuben übrig. Die Arbeiterorganisationen sind diejenigen Kreise, die den größten Teil der indirekten Steuern aufbringen, auch da? Gehalt der Staatssekretärs. Auf ihre Wünsche sollte man Rücksicht nehmen und das wird geichchen, auch wenn Herr b. Tirpitz bann nicht mehr im Amte sein wird. Mit do« werden dann seine Arbeitgeber wohl nicht mehr pr- frieden sein. Abg. Fegter (frs. Vp.) teilt mit, in Wilhelms- Haden werde mit dem Allmaterial ebenfalls »s« schlendert. Die Besprechung schließt. DaS Handelrprovisorium mit Eng land wird in dritter Lesung ohne Erörterung ««- genommen, ebenso die Novelle zum Zolltarifgesetze (Arbeiterhinterbliebenen - Versiche rung). Die erste Lesung der Handelsvertrages mit Portugal wird fortgesetzt. Abg. Wallenborn (Zentr.) fürchtet von de« Vertrage eine starke Schädigung des deutschen Weinbaues. Abg. Gothein (frs. Vpb: Der wirtschaftliche Ausschuß kann über die Bedürfnisse der einzelnen Industriezweige nicht Auskunft geben. Die Handels kammern sind über den Vertrag zu spät gebärt worden. Wenn der portugiesische Zolltarif de« Unsinn enthält, der dann in den Vertrag überging, so dürfte auf Grund dieses Tarifs eben nicht ver handelt werden. Die Hauptschuld cm dem «n« günstigen Vertrage trägt unsre Schutzzollpolitik, die daS Ausland zu immer höheren Schutzzöllen reizt. Staatssekretär Delbrück: Die bisherige Debatte'läßt den Schluß zu, als liege unsrer ganze« Industrie an der Ablehnung des Vertrages. Viele Industriezweige betrachten die Annahme des Ver trages als Lebensbedingung. Herr Gothein über steht, daß unter der Herrschaft unsrer Handelspolitik Handel, Industrie und Landwirtschaft glänzend s«s- aeblüht sind. Der neue portugiesische Zolltarif P seit 1903 bekannt. Der Handelsvertrag ist »ot- wendig, um eine Differenzierung deutscher ProduS- zu vermeiden. Hervorragende Vertreter von Handel und Industrie empfehlen dringend die Annahm« ded Vertrages. , „ Staatssekretär Frhr. v. Schön sucht die An griffe auf die Handelsdiplomatie zu entkräften. Nach weiterer unwesentlicher Debatte geht der Handelsvertrag an eine Kommission von L8 Ml« gliedern. DaS Haus vertagt sich auf Donnerstag. um die zwei vom Diener zusammengeschobenen Spieltische gesetzt hatten. Auch Fiau hatte zum großen Verdruß Cromers Platz genommen. Der Maler war keineswegs ein Spieler, befand er fich jedoch in Gesellschaft und, namentlich wenn er getrunken hatte, dann machte er jede Tollheft mit. „Ich suche di« Wölfe nicht auf," pflegte er zu sogen, „bin ich aber unter sie geraten, dann heule ich mit; es tut dann de« Ohren weniger weh. Zum Glück belaß Fiau ein leidenschaftsloses und gleichmütiges Temperament, das Spiel ergötzt« ihn, ohne ihn auf-uregen, und dar»« v«rlor er auch selten viel, weil er nicht ge winnen wollte. Cromer sah fich jetzt gezwungen, auch zu bleiben, da er den Freund doch mcht gut verlassen konnte. „Wenn Sie durchaus nicht pointieren wosieltz Herr Cromer, so müsse. Sie sich eben mit der Rolle des Zuschauers begnügen," bemerkte der Gras. Herr von Ballun sah Cromer feindselig „Ah! Nicht mithalten l Das ist eigentlich —" Gin strenger Blick Fervalls ließ ihn schwel-«; doch murrte er halblaut feinem Nachbar zu: „Kann's mcht leide«; stört mich; bringt 8n« glück I" Cromer hatte iu dielem Augenblicke eine» Todfeind gewonnen, der ihn so grimmig haßte, alS hätte er jenem di« schwerste Beleidigung zugefügt. Diesem Herrn von Ballun war die ganz« Wett nur deshalb exiftenzberechtiqt, veil man auf ihr spielen konnte, und die Menschen, die nicht spielten, waren einfach unnütze Ge schöpfe und des Vertilgens wert. In ihm war
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