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Ottendorfer Zeitung. s Ul Erscheint Dienstags, Donnerstags und Sonnabends abends. Bezugspreis: monatlich §o Pfg., zweimonatlich 80 pfg., vierteljährlich 1,20 Mark. O Einzelne Nummer io Pfg. O l? U Unter haltungs- und Anzeigeblatt Wochenblatt und Anzeiger Neueste Nachrichten Bezirks- und General-Anzeiger a - — - -o Annahme von Anzeigen bis spätestens Mittags 12 Uhr des Erscheinungstages. Preis für die Spaltzeile io pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen Preisermäßigung. IS- > -« U7it wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von H. Rühle, Inh.: R. Storch in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich R. Storch in Groß-Dkrilla. So. 143. Mittwoch, den 1. Dezember 1209. 3. Jahrgang. Viehzählung belr. Ministerieller Verordnung zufolge wird am 1. Dezember dieses Jahres eine Viehzählung stattfinden, die den Zweck hat, einen Nachweis über Größe de« im Lande vorhandenen Vieh bestandes zu beschaffen. Diese Zählung erstreckt sich im laufenden Jahre nur auf Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen und wird von hierzu besonder» bestimmten Zählern durch Umfrage in den einzelnen Gehöften bez. Grundstücken vorgenommen. Die Einwohnerschaft wird ersucht, den Zählern bereitwilligst Auskunft zu erteilen. OtteoäorEoriträork, am 28. November 1909. Der Gemeindevorstand. Sparkasse Ottenllsrs - MorWork verzinst Einlagen mit 3^/» o/» und expediert an jedem Wochentage von 8—1, und von 8—ü Uhr, Sonnabends von 8—2 Uhr. Einlagen werden streng geheim gehalten Einlagebücher fremder Sparkassen werden kostenfrei übertragen. Seitliches und Sächsisches. wayrheit-getr-ue Mitteilunzen sind der Redaktion stets erwünscht. Dttenborf-Vkrilla, den zo. November Md. —* Lieber vorher. Ein Pfarrer hatte ein junges Ehepaar getraut und nach einigen Wochen zum erstenmal besucht. Er sand sie gerade beim Essen, d. h. das Essen fand er auf dem Tische stehend, aber Mann und Frau verzehrten es nicht, sondern kehrten einander den Rücken zu Der Mann qualmte au» einer kurzen Pfeife, erzählt der Pfarrer, da» Gretchen aber weinte und schluchzte in ihre noch Halbweg« weiße Schürze hinein. Welch rin andere« Bild, al« am Hochzeitstage wo sie vor lauter Zärtlichkeit sich fast aufessen wollten! Jetzt saßen sie offenbar beide ganz schief. Ich fragte sie, wa» sie denn gehabt hätten? Gretchen weinte nur herzbrechend und sagte gar nicht». Er sagte kurz und ab lehnend: „Garnichts!" Nun wurde ich auch grob und brachte es endlich so wett, daß er Mir die Ursache der ehelichen Zwistigkeit nannte: „Sie kann nicht kochen! So'n Essen kann kein Hund fressen. Und so ist das jeden Tag!* Ich probierte nun die Speisen; — Der Mann hatte wirklich Recht. Das Fleisch war wie Leder, die Kartoffeln durchweg ver salzen. An di« Sauce wagte ich mich schon gar nicht heran. Ich schalt nun erst das Gretchen au«, daß sie geheiratet hatte, ohne kochen zu können. Da» arme Ding war früher Fabrikarbeiterin gewesen und halte die edle Kunst de» Kochen« nie gelernt- Die Antwort de» leidenschaftlichen jungen Weibes war: „es sei da- beste für sie, heute noch ins Wasser zu gehen." Dann bekam der junge Mann seinen Ver», und zwar aus dem ff Ich fragte ihn, ob da» die Sanftmut und die Geduld sei. die er seiner Frau am Hochzeits tage versprochen habe? Ich brachte die Beiden so weit, daß sie sich wieder anschaulen und die Hände reichten. Aber damit wäre nicht geholfen gewesen. Das eheliche Glück gehl unwiderruflich „in die Brüche", wenn die Frau nicht hauszuhalten versteht. Dieser Mangel kann durch alle guten Gedanken nichl ersetzt werden. Ich nahm also da« Gretchen mit zu einer mir befreundeten Nachbarin, die eine ebenso gute Köchin als Christin war und bat diese, daß jene bei ihr zusehen dürste, wenn sie da« Mittagessen berei.ete. Das wurde freundlichst bewllligt, und da Gretchen gar nicht dumm und auch nicht ungeschickt war, so war da« eheliche Glück bald wieder in „schönster Blüte". Da« war nun freilich eine sehr schöne Lösung de« ersten Streite» in der jungen Ehe. Aber zu jedem Ehepaar kommt nicht gerade ein hilfreicher Pfarrer. Da ist es schon besser: die Frau lernt vorher kochen, ehe sie heiratet! —* Wegen Abhaltung von Schiessübungen mit scharfer Munition wird das im Gefahren bereiche des Infanterie-Schießplatzes bei Glausch nitz liegende, durch Warnungstafeln kenntlich gemachte Gelände vom 6. bis mit 11. Dezbr. dieses Jahres täglich von 8 Uhr Vorm, bis 2. Ubr Nachm. gesperrt. Das Betreten dieses Geländes ist mit Lebensgefahr verbunden und daher verboten. —* Es ist eine allgemeine Erfahrung, daß zur Erwerbung und Festigung geographischer und naturkundlicher Kenntnisse da« bloße Wort nicht genügt, und daß auch die in Schule und Haus gebrauchten Wandbilder oder ausgestopfte Gegenständ« dem gedachten Zweck nur un vollkommen entsprechen. Das ist ein vielfach empfundener Mangel, dem die im Verlag des Bibliographischen Instituts zu Leipzig und Wien erschienene siebenbändige Sammlung von „Bilderatlanten zur Geographie und Naturgeschichte" in erwünschter Weise be gegnet. Es sind folgende einzeln käufliche Teile: „Bilderatlas zur Geographie von Europa", 233 Abbildungen mit beschreibenden Text von Dr. A. Ceistbeck. In Leinwand gebunden 2,25 Mark; „Bilderatlas zur Geographie der außereuropäischen Erdteile", 314 Abbildungen mit beschreibendem Text von Dr. A Geistbeck. In Leinwand gebunden 2,7b Mark; „Bilder- atlo« zur Zoologie der Säugetiere", 258 Ab bildungen mit beschreibenden Text von Prof. Dr W. Marshall. In Leinwand gebunden 2,bo Mark; „Bilder-AtlaS zur Zoologie der Vögel", 238 Abbildungen mit beschreibenden Text von Prof. Dr. W Marshall. In Lein wand gebunden 2,50 Mark; „Biidrratlaü zur Zoologie der Fische, Lurche und Kriechtiere", 208 Abbildungen mit beschreibendem Text von Prof. Dr. W. Marshall. In Leinwand ge bunden 2,50 Mark; „Bilderatlas zur Zoologie der Niederen Tiere", 292 Abbildungen mit beschreibendem Text von Prof. Dr. W. Mars hall. In Leinwand gebunden 2,50 Mark, und „BUdeiallaS zur Pflanzengeographie", 216 Abbildungen mit beschreibenden Text von von Dr. M. Kronfeld. In Leinwand gebunden 2,50 Mk. Diese Atlanten sind für die Hand des Schülers bestimmt und bringen im An schluß an die Darstellungen der Lehrbücher die naturkundlichen, kulturgeschichtlichen und geographischen Erscheinungen der wichtigeren Tiersormen und der verschiedenen Ecdräume durch charakteristische Abbildungen zur An schauung. Der „Bilder-Atlas zur Pflanzen geographie" ordnet das gebotene Material nach pflanzengeographtschen Provinzen an und gelang aus diese Weise zu charakteristischen Gruppen darstellungen. Jedem Band ist ein kurzer Begleittext beigegeben, der fesselnd beschrieben ist und die meisterhaften Abbildungen wirkungs voll unterstützt. Die Sammlung empfehlen wir angelegentlich. Zittau. Der Kreuzbruderverein, eine wohltätige Gesellschaft, hatte für ihre Zwecke eine Lotterie veranstaltet, deren Hauptgewinn in einer Wohnungseinrichtung bestand. Die Glücksgöttin bedachte mit dem Hauptgewinn ein armes Dienstmädchen, das aber beinahe um die Einrichtung gekommmen wäre. Es be stand nämlich die Vorschrift, daß sich die Gewinner innerhalb dreier Tage melden sollten, widrigenfalls sie ihres Gewinnes verlustig gingen. Da das Mädchen die fragliche Be stimmung nicht gelesen hatte und erst nach träglich von dritter Seite ihr Glück erfuhr, wurde sie mit ihrer Forderung abgewiesen, da nahm sich die Zittauer Morgenzeitung der Gewinnerin an und mahnte, hier einmal zu gunsten eines armen Mädchens eine Ausnahme von den Bestimmungen zu machen. Dieser Appell an das gute Herz der Kreuzbrüder hatte auch Erfolg. Sie beriefen eine Gesamt vorstandssitzung ein und dekretierten, daß der Hauptgewinn der Inhaberin des Loses als Geschenk überwiesen werden solle. Hilbersdorf. Auf dem Rangierbahn hofe wurde der Hilfszugschaffner Reinhardt beim U-berschreiten eines Gleises von einer Lokomotive ersaßt und überfahren. Der Bedauernswerte erlitt hierbei schwere Ver letzungen und wurde in das Chemnitzer Krankenhaus übergeführt. Brockaubei Netzschkau. Hier verunglückte der Schlosserlehrling Richard Jubel dadurch, daß die Petroleumlampe beim Verlöschen explodierte. Er erlitt starke Brandwunden im Gesicht, an der Brust und an den Händen. Nus der Woche. Von dem schönen Paris, daß eine Zeitlang durch den Steinheilprozeß die Augen der Welt auf sich zog, schweift der Blick jetzt nach Wien, wo eine große Anzahl von Offizieren von einem Unbekannten Briefe zugesandt bekam, die angeblich zur Probe ein Nervenstärkungs mittel enthielten, das sich bei der Untersuchung als Zyankali (ein starkes Gist) entpuppte. Es ist geradezu ein Wunder zu nennen, daß dem teuflischen Anschlag nur ein Menschen leben zum Opfer fiel, denn wer will in unsrer hastenden Zeit nicht seinen an gegriffenen Nerven eine Kräftigung zuteil werden lassen? Mit Recht fragt man sich angesichts solcher Vorkommnisse, ob ein Mensch mit normalen Denkvermögen auf eine so nieder trächtige Art des Meuchelmordes verfallen kann, ob wir nicht in der Tat vor einem jener Seelenrätsel stehen, die uns auf dem Boden der gerichtlichen Medizin mit jedem Tage öfter «ntgcgentreten. — Das politische Leben steht unter dem Banne der großen EntschrkdungS- schlacht, die sich in England Liberale und Konservative liefern. Das Haus der Lord- Hat sich entschlossen, das Budget abzulehnen, daß die Regierung dem Unterhause vorgeleg hat. Das Unterhaus behauptet aber, die Lords seien gar nicht berechtigt, Steuern abzu lehnen, die von der Mehrheit der Volksvertreter gutgeheißen worden sind. Wie der Streit endet, ist im Grunde genommen herzlich gleich gültig. Das Entscheidende ist, daß er gezeigt hat, welche Abgründe zwischen dem Oberhaus und dem Unterhaus klaffen, Abgründe, die un überbrückbar bleiben, auch wenn jetzt noch ein mal im letzten Augenblick Friede geschlossen werden sollte. — Aus Frankreich ist in den letzten Tagen zu uns eine Friedensbotschaft gedrungen, die uns mit einiger Genugtuung erfüllen könnte, wenn nicht die Dinge in Wahrheit anders aussähen, wie sie in amtlicher Darstellung klingen. Der Minister des Aeußern, Herr Pichon hat in einer langen Kammerrede auseinandergesetzt, daß Deutsch land in der „Marokko-Angelegenheit" eine Stellung eingenommen habe, die von bestem Wohlwollen diktiert erschien. Bedeutsamer aber als diese ministerielle Feststellung ist die Tatsacke, daß alle Kammermitglieder diesen Worten leb ¬ haften Beifall klatschten. Vielleicht wäre es wirklich möglich, mit dem Vogesennachbar zu einem endgültigen Einvernehmen zu gelangen wenn nicht am Themsestrand emsige Politiker immer wieder den Kanalnachbar an seine Auf- abe mahnten, die einst der gewesene Ministerpräsident Clemenceau in vertraulicher Tafelrunde (mit König Eduard) kurz in die Lorte zusammengesaßt haben soll: „Wir müssen Elsaß-Loihrtngen wiederhabenl" In Deutschland aber hat das Lied «inen guten Klang: „Sie sollen ihn nicht haben den freien reutschen Rhein." Und weil e» den englischen Wettermachern nicht gefällt, müssen Deutschland und Frankreich trotz aller Gemeinsamkeit der politischen und kulturellen Interessen abwartende Nebenbuhler bleiben von deren Feindschaft öfter in der Welt geredet wird, al« von den Leistungen, die sie gemeinsam auf der Grund- age eines dauernden Friedens vollbringen önnten. — Das Zarenreich steht vor einem neuen Abschnitt seiner Wirtschaftsgeschichte und vielleicht vor der bedeutsamsten seit Peter dem Großen. Denn ein amerikanisches Millionär- Syndikat hat mit der Regierung einen Vertrag abgeschlossen, wonach die Industrialisierung des inneren Rußlands und Sibiriens mit allen Mitteln vorgenommen werden soll. Wenn die chlummernden Bodenschätze gehoben sein werden, dann wird das Zarenreich den Weg gefunden haben, der aus dem Elend in den wirtschaft lichen und kulturellen Fortschritt führt. Interessant ist dabei, daß Frankreich durch diesen überraschenden Vertrag seine Stellung als Bankier des Zarenreiches eingebüßt hat. — Auf dem Balkan scheint man jetzt mit dem lange geplanten Staatenbund Ernst machen zu wollen. Das erste Anzeichen dafür war der Besuch, den König Ferdinand von Bulgarien kürzlich auf serbischem Gebiet gemacht hat, wobei er vom serbischen Kronprinzen herzlichst begrüßt wurde. Jetzt hat er sogar einen Be such beim König Peter gemacht, al« erster regierender Fürst, der Peter» Gastfreundschaft genießt. Ob freilich der Staatenbund zustande kommt, ist eine offene Frage, denn zuvor müßten wohl alle Gegensätze ausgeglichen werden, die zwischen Oesterreich und dem Zaren reiche bestehen. Solche Gegensätze aber sind so leicht nicht aus der Welt zu schaffen. Eng land und Deutschland, Deutschland und Frank reich sind schlagende Beweise. Napoleon- Worte, die er aus St. Helena in sein Tagebuch schrieb, treffen heut« noch zu: „Zwei Staaten von gleichen Machtansprüchen, die Konkurrenten auf dem Weltmärkte oder im Rate der Völker sind, können nicht freundschaftlich neben einander leben." Unterm Legenkekirm. Tropf, tropf, tropf, tropf, es regnet. Da« gießt vom Himmel runter. Wir haben nur ein Parapluie, Da gehn wir beide drunter. Tropf, tropf, tropf, tropf. Wir beide, Wir stapfen durch die Pfützen. Tipp Tapp, plitsck platsch. Die Stieselchen, Die Röckchen und die Spitzen Verlieren Form und Farbe, Doch wir gehn froh zu zwein. Was uns da« bißchen Regen scheert! Bei uns ist Sonnenschein! Die andern hasten schnell vorbei. Wir haben keine Eile! Ein Blick, ein Wort, ein Küßchen — ach, Das dauert seine Weile! Tropf, tropf, tropf tropf, «S regnet, Das gießt vom Himmel runter. Wir haben nur ein Parapluie, Da gehn wir beide drunter. Grete Filling.