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Ottendorfer Zeitung : 28.03.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-03-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190903289
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19090328
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19090328
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-03
- Tag 1909-03-28
-
Monat
1909-03
-
Jahr
1909
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 28.03.1909
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Der öeutsch-englische Hlottenstreit. Gelegentlich der Beratung des Etats deS Reichskanzlers in der Budgetkommisfion des Reichstages gab der StaaiSfelretär des Äußern Frbr. v. Schoen namens des Fürsten Bülow folgende Erklärung ab: „Die englische Regie rung hat zwar ihre^ Bereitwilligkeit zu einer deutsch-englischen Verständigung über Umfang und Kosten der Flottenprogramme in allgemeiner Weise zu erkennen gegeben, sie hat aber keinen dahingehenden formellen Antrag gestellt. In den unverbindlichen Gesprächen, die über diese Frage zwischen maßgebenden deutschen und englischen Persönlichkeiten statt- geftmden haben, ist niemals ein englischer Vorschlag hervorgetreten, der nach unsrer Auffassung als Grundlage für amtliche Verhandlungen hätte dienen können. Im Verkehr zwischen be freundeten Regierungen pflegt es vermieden zu werden, formelle Anträge zu stellen, deren Be rücksichtigung zweifelhaft erscheint. Die englische Regierung hat es wohl aus diesem Grunde ver mieden, einen formellen Antrag an uns zu richten, und wir haben daher keine Stellung zu einem solchen Airtrage zu nehmen gehabt. Die Gründe für unsre abwartende Haltung gegenüber dem Gedanken einer allgemeinen Ein schränkung der Rüstungen zur See sind am 10. Dezember v. vom Reichskanzler im Reichs tag dargelegt worden. Sie gelten selbstver ständlich auch für etwaige Abmachungen unter einzelnen Mächten. Unser gesetzlich festgelegter Flottenbau ist ausschließlich nach unserm eigenen Schutzbedürfnis bemessen und stellt keine Bedrohung irgend einer Nation dar, wie schon wiederholt von uns betont worden ist." Inzwischen tobt der Streit in der englischen Presse wie im Unterhaus fort. Die Flottenirage spitzt sich mehr und mehr zu einem .Kampf zwischen Liberalen und Konservativen zu. Daß bei dieser Gelegenheit manche Blätter von dem Gebiet der Sache abweichen und gegen Deutschland Hetzen, war vorauszusehen. Verlangen doch manche Zeitungen sogar eine Auflösung des Parla ments, und der .Observer' schreibt u. a., schon durch die Flottendebatten der letzten Tage sei die internationale Lage geändert worden, und fordert mit klaren Worten auf, Deutsch lands Flotte zu vernichten, so lange die englische noch stark genug sei. Es ist er freulich. daß die Regierung demgegenüber ihre Rube bewabrt. Dies bewies Premierminister Asquith, als er die Regierung gegen die Vorwürfe des früheren Premierministers Balfour verteidigte, der im Unterhause den Antrag ein gebracht hatte, der Regierung ein Tadelsvotum zu erteilen. In seiner Rede führte Asquith aus: „Die Admiralität und ich haben das Haus und das Land in unser Vertrauen gezogen in einem Grade, der, wie ich meine, in früheren Tagen selten erreicht wurde. Wir waren vollkommen überzeugt, daß es unsre Pflicht war. die neuen Tatsachen, die zu unsrer Kenntnis gelangt waren, vor das Parlament und vor die Nation zu bringen,.und gemäß dem veränderten Stande der Dingo vorzugehen. Wir hatten geglaubt aus die Mitarbeit aller Parteien und Meinungen innerhalb und außerhalb des Hauses rechnen zu können. Ich fürchte, daß diese Hoffnungen nicht gänzlich verwirklicht worden find. Mein Ziel ist nur, soweit ich es vermag, die boshaften Legender», die in betreff der mangelhaften Vorbereitung Englands zur See in Umlauf gesetzt worden sind, zu zerstreuen. Mr die nächste Zeit ist vorgesorgt. Die altenWeiber beider lei Geschlechts, die von phantastischen Vorstellungen deutscher Flotten gequält werden, brauchen, glaube ich, keinesfalls in den nächsten -wölf Monaten besorgt zu sein." Asquith schloß mit einem Appell an die Nation, die in den verflossenen zwei, drei Tagen sich ihrer selbst geschämt haben müsse im Hinblick aus all das, was gesprochen und geschrieben worden sei. „Denn die erste Sorge jedes eng lischen Staatsmannes, der dieses Namens würdig ist, ist es, die Überlegenheit der Flotte, auf der unire Unabhängigkeit und unsre Freiheit fußt, zu erhalten, unversehrt, unangreifbar und jeder Herausforderung trotzend." — Darauf wurde die Beratung über das beantragte Tadels votum vertagt. AoUtilcke A^mälckau. Deutschland. *Dke kaiserliche Jacht „Hohen- zollern" ist von Kiel nach dem Mittel meer abgegangen. Ob Kaiser Wilhelm das Schiff zu einer Kreuzfahrt im Mittelländischen Meer benutzen wird, ist noch nicht sicher. * Die neue Branntwein st euer-Vor- lage der Unterkommissiou wurde von den Ver tretern Bayerns, Badens und Württembergs für unannehmbar erklärt. *Dik Wahlvrüsungskommission des Reichs tags hat die Wahl des Abg. v. Kap Hengst (kons., 5. Frankfurt) für ungültig erklärt. * Die Enthaltsamkeitsbewegung in der Marine, die in den letzten Jahren schon sehr erfreuliche Ergebnisse erzielt hatte, hat einen neuen Erfolg zu verzeichnen. Nachdem die Marinebehörde die Genehmigung zur Grün dung einer Marineloge des internationalen Gut templerordens erteilt, erfolgte im Kieler See mannshanse die Gründung der ersten Loge der deutschen Marine unter dem Namen „Im sicheren Kurs" mit 58 Mitgliedern. Frankreich. * Eine Abordnung der streikenden Postbeamten hat den Ministerpräsidenten Clemenceau und den Arbeitsministsr Barthou davon in Kenntnis gesetzt, daß die Ausständigen beschlossen haben, die Arbeit wieder aufzu nehmen, falls die zurzeit noch in den Bureaus beschäftigten Soldaten sofort zurückgezogen wür den. Clemenceau erwiderte, er habe die Zurück ziehung der Soldaten bereits angeordnet, ohne auf das Ersuchen der Beamten zu warten. Dar auf nahmen die streikenden Beamten den Dienst wieder auf. Holland. *Jn ganz Holland ist man in freudiger Erwartung des Thronerben, dessen Geburt man in der zweiten Aprilwoche entgegensteht. Alle Städte haben nach dem Haag Geschenke eingesandt und die Bevölkerung befindet sich in fieberhafter Unruhe. Amerika. * Ex-Präsident Roosevelt hat sich mit seinem Sohne Kermit unter großen Kund gebungen der Menge an Bord des Dampfers „Hamburg" zu seiner Asrikareise eingeschifst. Asten. * Die Übergriffe der persischenRegie- rungstruppen gegen Dörfer, die an der Revolution gar keinen Teil haben, haben Eng land und Rußland veranlaßt, in Teheran eine Note überreichen Zu lassen, in der gegen diese Art der Kriegführung energisch Einspruch erhoben wird. Aus äem Aeicbstage. Der Reichstag führte am Dienstag die zweite Lesung des Militärctats zu Ende. Den größten Teil der Sitzung nahm die Debatte über die Ar- beiterverhälmisse in den Militärwerkstätten in An spruch. Mehrere Zertrumsredner bedauerten die in letzter Zeit erfolgten Arbeiterentlassungen. Ihnen schloß sich auch der Abg. Zubeil (soz.) an, der wie alljährlich, sich mit den Zuständen in der Spandauer Werkstätte beschäftigte. Von der Militärverwaltung wurde erklärt, daß alles ausgeboten werde, um das Interesse der Art eiter zu fördern, und in Abrede ge stellt, daß Arbeitcreuttaffungen in größerem Umfange stattgefunden haben. Beim Extraordinarium erklärte auf Befragen des Abg. Dove sfrs. Vgg.) Unter staatssekretär Tmele, ein Gesetz über die Be steuerung der Reichsbetriebe durch Gemeinden werde demnächst den Bundesrat beschäftigen. Alle übrigen Kapitel wurden fast debattelos erledigt. Nur beim allerletzten, das die dritte Rate für die Freilegung Kölns enthält, bat Abg. Trimborn fZentr.) um den Schutz der historischen Kunstschätze Kölns. Kriegsminister v. Einem versprach den Kölnern möglichste Berücksichtigung. Damit war der Militär etat erledigt. Am 24. d. steht auf der Tagesordnung die zweite Lesung des Marine-Etats. Beim Ausgabetitel „Staatssekretär" liegen Wort meldungen nickt vor; er wird unter allseitigem Beifall bewilligt. Jedoch stellt Abg. Singer ssozsi zur Geschäftsordnung fest, daß seine Freunde beab wichtigen, die in der Kom mission besprochenen poetischen Fragen beim Etat des Reichskanzlers zur Sprache zu bringen. Mehrere Kapitel werben debattelos bewilligt. Abg. Severing jsoz.): Eigentlich hätten wir heute Auskunft darüber bekommen müssen, wie die Reichsregterung über die Debatten im englischen Unterhauie denkt. Wo ist der Reichskanzler? Aber bei der Ferienstimmung die anscheinend im HaUse herrscht Präsident Gras Stolberg (unterbrechend): Ich bitte zur Sache zu kommen. Wir sind in der Spezia beratung. Abg. Severing (fortsahrend) beklagt sich, daß er auf eine Beschwerde, die er für Arbeiter in Wilhelmshaven an das Nsichsmarineamt gerichtet habe, die Antwort bekommen habe, die Beschwerde sei an den zuständigen Arbeiterausschuß zu richten. Entsprechend der Resolution des Reichstages sollte das Neichsmarineamt Arbeiten nur an solche Unter nehmer vergeben, die das Tarifvertragswesen fördern, und auf die Mitwirkung der Arbeiteraus schüsse an der Neuordnung und Festsetzung der Ar beitsbedingungen auf den Werften bedacht sein. Die Behandlung der Arbeiter und das Spionagesystem fordert zum Protest heraus. Geh. Abmiralitätsrat Harms sagt Prüfung der einzelnen Beschwerden zu. Die Tätigkeit der Arbeiterausschüsse solle nicht eingeschränkt werden. Bei den einzelnen Forderungen für Schiffsbauten erklärt Abg. Schrader (frs. Vgg.): Auch wir wollten heute ursprünglich das Verhältnis unsrer Marine zur englischen besprechen. Aber die Angelegenheit hat eine solche politische Bedeutung erlangt, daß wir vorzieben, beim Etat des Reichskanzlers darauf aus führlich zurückzukommen. Der Rest des Etats wird debattelos erledigt. Bereits V-4 Uhr ist die Tagesordnung erschöpft, was das Haus mit freudigem Beifall begrüßt Nächste Sitzung Freitag. Vas Gnäe äes Klocks? Während der Plenarsitzung des Reichstages am Mittwoch erklärte der konservative Führer Abg. v. Normann dem Führer der national- liberalen Fraktion Abg. Bassermann, er hätte den offiziellen Auftrag von feiten der konservativen Fraktion, mitzuteilen, daß sie von der Notwendigkeit des Zustandekommens der Finanzreform überzeugt seien, gleich viel mit welcher Mehrheit diese zu erreichen sei. An indirekten Stenern müßten vierhundert Millionen bewilligt werden. Eine Besitzsteuer, die in die Finanzhoheft der Einzelstaaten ein griffe, könne nicht zugestanden werden, unter keinen Umständen aber würde die konservative Fraktion eine Nachlaß- oder Erbschaftssteuer annehmen. Auf die Frage des Abg. Basser mann : „Das i st also ei n e K ü n d i g u n g des Blocks?" erwiderte der konservative Führer: „Für nationale Zwecke könne ja der Block noch bestehen bleiben." Eine gleiche Erklärung gab Abg. v. Nor mann gegenüber den Führern der freisinnigen Fraktionsgemeinschaft sowie gegenüber dem Führer des Zentrums ab. Die nationalliberale Fraktion trat darauf sofort zu einer Sitzung zusammen. Sie war von den Mitteilungen des Abg. Bassermann im höchsten Grade überrascht und gelangte ein mütig zu der Ansicht, daß die Erklärung des Führers der konservativen Fraktion eine Kündi gung des Blockes darstelle, sowie daß die Verantwortung dafür ausschließlich den Kon servativen zuzuschieben sei, da die National- liberalen keinerlei Veranlassung zu einem solchen Verhalten gegeben hätten. Die natio nalliberale Fraktion ist entschlossen, für die Reichsfinanzreform nach wie vor an ihrem Programm festzuhalten, das dahin geht: keine Steuern auf den Massenkonsum ohne gleich- zeitige Belastung des Besitzes. Vor 6er Cntlckeiärmg. Das diplomatische Spiel auf dem Balkan ist - ergebnislos verlaufen. England, Rußland und Frankreich haben zwar einen neuen: ver mittelnden Text für d>e von Serbien abzu gebende Erklärung Vorschlägen wollen, von dem man hoffte, daß er OMreich-Ungckrn befrie digen werde, aber auch dieser Ausweg scheiterte an der Hartnäckigkeit Serbiens. In Wiener Kreisen blickt man besorgt aui die nächsten Tage. Die Lage wird von allen Seiten als ernst bezeichnet. „Über Vsrmitte- lungsvorschläge sind wir hinaus", heißt es in einer halbamtlichen Erklärung. „Wir müssen darauf bestehen,, klare Verhältnisse zu schaffen und ganz bestimmte Sicherheiten zu erhalten, daß Serbien auf seine Ansprüche verzichtet. Wir müssen eine Sicherheit dafür haben, daß der Friede auf Jahre hinaus nicht gestört wird. Die Friedensvorschläge der Mächte sind gescheitert, selbst der letzte Versuch Englands, das mit allen Kräften eine Niederlage Rußlands abwenden möchte, ist mißlungen. Auch Frankreich gim sich umsonst Mühe, im Interesse des Friedens zu wirken. Diese auf die äußerste Spitze ge triebene Lage kann nicht länger als einige Tage dauern, auf jeden Fall muß bis zmn Monatsende Klarheit geschaffen sein. In acht Tagen dürften wir schon genau wissen, was wir zu tun haben. Es ist ausgeschlossen, daß wir uns diesmal mit einer andern als einer rückhaltlos bindenden Antwort begnügen. Jedes ausweichende Wort, mit dem wir uns zufriedengeben, versetzt uns in einem Jahre wieder in dieselbe Lage, nur stehen wir daun nicht einem geschwächten und ohnmächtigen Rußland gegenüber." Auch im Zarenreich scheint man den Ge danken aufgegeben zu haben, den gegenwärtigen Konflikt auf einer europäischen Konferenz zu schlichten. Man gibt nun der Hoffnung Raum, daß der etwaige Krieg auf Österreich und Serbien beschränkt bleibe. In den Kabinetten hat man sich mit dem Gedanken vertraut gemacht, daß ohne ein Ulti matum unter gleichzeitigem Ausdruck des Be dauerns an die Mächte der Einmarsch österreichischer Truppen in Serbien unter stillschweigender Zustimmung Europas erfolgt, wenn Serbien nicht noch im letzten Augenblick nachgibt. Baron Aehreutal hat sich vergewissert, daß DeutschlandsBun des treue und Italiens Neutralität auf keiner Seite auf die Probe gestellt werden, und daß Rußland nicht die geringste Neigung zum Kriege habe. In Serbien aber ist man zukunfis- sroh und siegesbewußt. Wie im Anfang der Krise, finden auf der Straße Kundgebungen gegen Österreich statt, nur daß man nicht mehr auf England sondern auf Rußland Hochrufe ausbringt Und mitten in die taumeltolle Menge spricht der Kronprinz Georg von der Berufung des Serben volkes, die Balkanländer zu einen und das Joch Europas abzuschütteln . . . Zusammenstoss -er „hohenzollern" hei Norderney. Die Kailerjacht „Hohenzollern" stieß west lich von Norderney mit dem norwegischen Dampfer „Pors", der etwa 300 Register tonnen groß ist und der Reederei Brunzen und Abrahamsen in Porsgrnnd gehört, zu sammen. Der Dampfer „Pors" sank solort. Die Besatzung wurde von der „Hohenzollern" ge rettet, sie konnte teils noch von Bord zu Bord übernommen werden, teils mußten die Rettungs boote in Aktion treten. Die „Hohenzollern" erlitt Beschädigungen am Bug. Wenige Stunden später erschien die Kaiserjacht auf der Reede von Wilhelmshaven und landete die Besatzung des „Pors". A Qm eine fürltenkrone. 28s Roman von Reinhold Ortmann.- 'Fortletzung.I In wirren Strähnen hing das spärliche graue Hnar der Alten um die Stirn, ihre kleinen, tiefliegenden Augen waren noch rot umrändert, und ihr zahnloser Mund war in beständiger Bewegung, wie wenn sie mit unsichtbaren Geistern eine Unterhaltung führte, von der gewöhnliche Sterbliche nichts zu vernehmen vermochten. Sie hielt ein Päckchen auf dem Schoße, das man wohl hätte für einen Bündel Lumpen halten können, weun nicht feine, quäkende Klagelaute, die zuweilen daraus hervordrangen, seinen leben digen Inhalt verraten hätten. Von dem Gesicht des kleinen Kindes, das die Alte durch eine wiegende Bewegung der Knie einzuschläfern suchte, war nichts zu sehen, denn in gutgemeinter Fürsorge hatte das Weib eine blaue Schürze darüber gebreitet, und die wimmernden Töne, die unter dieser Hülle vernehmlich wurden, hatten infolgedessen etwas beängstigend Atemloses und Röchelndes. „Machen Sie doch dem Kindchen den Mund frei, liebe Frau," mahnte der Rechtsanwalt freundlich. „Sie bringen es ja in Gefahr, zu ersticken." Die Alte sah ihn zuerst verständnislos an; dann schüttelte sie entschieden den Kopf. „Was verhungern soll, das erstickt nicht," fließ sie mit einer rauhen, männlichen Stimme hervor. „Und wir müssen alle verhungern — alle! Die Lise ist verbrannt und die Hanne. Wovon sollen wir denn jetzt leben?" „Die Lise und die Hanne? Das sind doch wohl nur Ihre Ziegen — nicht wahr?" „Ja! Ich habe sie klagen und schreien hören — es war genau, als ob kleine Kinder schrien. Und jetzt können wir miteinander hier in dem Schuppen verhungern." „Sie werden nicht verhungern, gute Frau! Und Sie können mit den kleinen Kindern hier auch nicht länger bleiben. Ist der Mann dort Ihr Sohn?" Die Alte machte eine geringschätzige Be wegung mit dem Kopfe. „Mein Schwiegersohn ist es — Gott sei's geklagt! Schon ein Jahr nach der Hochzeit fing das mit seiner Krankheit an. Wenn er mal ein paar Monate lang gearbeitet hatte, lag er wieder auf so und so viele Wochen fest, und meine Tochter mußte für alles aufkommen. Und dann, als das Elend immer größer wurde, fing er sogar an zu trinken, und seit dem ist's mit dem Arbeiten natürlich vollends aus. Meine Tochter ist gestorben, als das arme Würmchen hier zur Wett kam, und das war das beste für sie! Mr andern aber haben seitdem jämmerlich genug gelebt von dem, was ich mit meinen gichtkrummen Fingern zusammen stricken konnte, und von dem, was uns die Lise und die Hanne Hergaben. Gehungert haben wir oft genug; aber wir hatten doch wenigstens ein Dach über dem Kopfe. Jetzt ist alles aus! Was aus dem da wird, ist mir ganz egal, und um mich selber habe ich wohl auch nicht lange mehr zu sorgen; denn ich habe meine fünfund- fiebzig hinter mir und spüre schon öfters so ein! Brennen in allen Eingeweiden, wie es meine Mutter auch hatte, bevor sie starb. Aber die Würmer — die armen, unschuldigen Würmer — was soll aus denen werden!" Es wäre unmöglich gewesen, ihren Rede strom zu unterbrechen, und Mohrungen hatte es auch nicht versucht; denn er wußte, daß man das Vertrauen solcher Leute nur gewinnen kann, wenn man sie nicht daran hindert, ihrem Herzen auf ihre Weise Lust zu machen. Ge duldig hatte er ihr zugehört, und nun sagte er mit gewinnendster Freundlichkeit: „Mut, Mutter, Mut! Es mag schlimm aussehen, aber zum Verzweifeln ist's immer noch zu früh. Über das, was später werden wird, wollen wir morgen reden; jetzt kommt es vor allem darauf an, Sie und die Kinder von diesem ungesunden Orte hinweg unter ein schützendes Obdach zu bringen. Würden Sie im stände sein, ein kurzes Stück Weges zu gehen?" Wieder schüttelte die Alte mit Bestimmtheit den grauen Kopf, „Ich kann's nicht, und wenn ich's auch könnte, so würde ich's doch nicht tun, so lange meine Sachen hier liegen und von dem erstbesten gestohlen werden können. Ich weiche nicht vom Fleck, und am Ende ist es doch auch ganz egal, ob wir hier verhungern oder anderswo." Die Vorstellung, daß sie verhungern müßten, hatte sich in diesen Verzweiflungsstunden offen bar schon zur fixen Idee in ihr herausgebildet und wie sich auch Mohrungen bemühte, sie zu überzeugen, daß sie einen Raub ihrer Habselig- teften nicht zu fürchten habe, sie blieb doch un erschütterlich bei ihrer Erklärung, daß sie nicht von der Stelle weichen werde. ,Na, Bellerten, wenn Euch nicht zu raten ist, so ist Euch auch nicht zu helfen," misM sich etwas barsch der Gastwirt ein, der di« Zwecklosigkeit aller weiteren Verhandlungen er kennen mochte. „Bleibt denn hier sitzen, aber laßt uns ein wenig die Kinder mitnehmen, dst sich in der nassen, zugigen Bude leicht de« To» holen könnten? „Es wär' das beste, was ihnen noch passieren könnte," knurrte die Atte ingrimmig vor sich hin; aber sie erhob doch keinen Wider spruch, und als der Wirt Miene machte, ihr da! kleine, wimmernde Lumpenbündelchen vo« Schoße fortzunehmen, fragte sie nur mit eine« mißtrauischen Blick: „Wohin wollt Ihr es denn bringen?" „Seid unbesorgt! Ich bringe es zu meiner Frau und ich denke, da ist es auf alle Fälle besser aufgehoben, als bei Euch. Ihr habt doch nichts dagegen einzuwenden, Kossak?" Der Gefragte, der seine Stellung in der ganzen Zeit nicht verändert hatte, antwortete nur durch ein paar unverständliche, gurgelnde Laute und stierte nach wie vor mit leerem, verglaste« Blick vor sich hin. Der Einfachheit halber nahm der Wirt seine Erwiderung für einen Ausdruck deS Einverständnisses. „Die beiden andern werden sich wohl.be quemen müssen, zu lausen," meinte er. Damit wollte er den Buben ausrütteln; doch Mohrungea hinderte ihn daran. „Lassen Sie ihn ruhig schlafen," sagte er, „ich werde ihn tragen." Behutsam beugte er sich nieder und hob das Kind auf seine Arme. Es erwachte nicht, und z „Es ist Ton Feuer °wwen ?" Wohrun ' Atemzr ^njührige flehen ha N Wirtes Männern. di Ait ihre ? Aegenna Aalenden § ^ben ihm l Vielleicht so gegan Aen zwei I ^rnen auf v „Das ist ^Wirt. ' is war gew U seinem so viel zq Sie tro ^°gen vor als ei „„Wo Ü Mige Koi ^ren sein.' . Gleichzei noschln Von ? Tie Hoch! bcutjchland tt erkennen, und seine Neben Mergebier der Hiper an Mer /Ls Kassel qemi Und Hansseld ; Diten gefunden X Ein a Usw Berlin f w Hände. D dwerliche Achat dar nach der rwrm Dampfer Anu Ta seine Ernste zu nehr >u ter Scdt w angehalte! legte er e geraubten ww vorgefunde^ Explosion "urger Harari iuui beordert r Mischen Tan «ls cr sich d fürchterlich den Lssel ifltärte. Die MZteile bis ^r an Bord U eine schn Mchinist Jot ?er Führer Br 8 die Elve gk Ar Docksmau Wunder, unver U Wasser W einmal d M werden ki . X Ein Mtsch-Sndi Mtzfers „Kr: ^ssvnen, zwe B,. die vom ^iheitsstrasen sMsung die Adert wurde Mchtsqhrer U°nan), ein Mer und jährige Wir AM wieder Medeuer U von sech 5wÄhändler ?,Win chatte Jahren G glichen Gc Gasanstalt in ^Wirtschafte '^büßen soll. ^Uchthauft? 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