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«MM sd 2. Beilage zu Nr. 147. Dienstag, 20. Dezember 1A0. Denksprüche für Gemüt und Verstand. Langsam kommendes Glück pflegt auch am längsten zu weilen; Schnelle Vortrefflichkeit stehet am ehesten still. Vor vierzig Zähren. In und um Dijon. Vor Dijon waren die Garibaldianer am 27. No vember in völliger Unordnung zurückgeworfen worden. Das Kommando schickte am 29. November die Brigade Keller auf Antun vor. Mit bestem Erfolge gingen viese Truppen gegen den völlig aufgelösten Feind vor und waren eben im Begriff, Autun zu nehmen, als der Befehl Werders, am 3. Dezember wieder in Dijon zu sein, bei General Keller eintraf. Dem mußte mit schwerem Herzen gehorcht werden. Diese Maßregel aber war nötig ge worden durch den ungewöhnlich starken Widerstand, den die deutschen Vorstöße nach Süden auf Nuits zu fanden. Schon am 30. November hatte dort die Brigade des Prinz Wilhelm schweren Stand gegen die massenhaft auftretenden Truppen der Division Cremer gehabt. Am 1. Dezember stellte es sich heraus, daß wohl an 12000 Mann unter Oberst Bourras in und um Nuits standen. Unter solchen Umständen hielt General Werder den Rückzug auf Dijon für angemessen, um in konzentrierter Aufstellung dem von Süden her drohenden Angriff zu begegnen. So standen sich die Gegner aus wenige Meilen einige Tage beobachtend gegenüber. Auf der einen Seite Cremer mit mindestens 20000 Mann bei Nuits, und Garibaldi mit -ebensoviel bei Autun, der letztere allerdings für den Augenblick moralisch vernichtet, auf den anderen Werder mit rund 16000 Mann und 54 Geschützen bei Dijon. Da plötzlich trat eine überraschende Wandlung vor Werders Front ein. Der Feind, dessen Angriff man täglich und stündlich in Dijon erwartete, zog ab aus dem Saonetal. Zugleich wurde durch Befehle aus dem Haupt quartier dem Werderschen Korps als nächste Aufgabe die Isolierung der Festung Langres und ein Vorstoß in das Terrain zwischen Dole und Senans gestellt, sowie nicht minder die Unterstützung der Belagerung von Belfort ans Herz gelegt. Während General Werder in Verfolg dieser Aufgaben die Brigade Goltz auf Langres dirigierte und mit seinen übrigen Truppen unter Ausgabe von Dijon auf Dole zu marschieren sich anschickte, änderte die Ver hältnisse vor seiner Front sich wiederum und zwar gründlich. Der Feind war gegen Mitte Dezember wieder in seine alten Positionen emgerückt. Nun galt es, schnell den Feind partiell anzugreifen und zu schlagen, und zwar zuerst denjenigen, der am nächsten und stärksten war, nämlich General Cremer bei Nuits. Der 18. Dezember ist einer der größten Ehrentage der wackeren Badenser Es entspann sich ein sehr hartnäckiges, fünftägiges Gefecht der badischen 1. und 2. Brigade bei Nuits. Der Feind hatte zwei Marsch-Legionen aus Lyon, das 32. und 57. Marschregiment, Mobilgarden und Franktireurs, nebst 18 Geschützen, etwa 20000 Mann, unter General Cremer im Gefechte, verteidigte sich in Kei Sonnenuntergang. Litauischer Nomau von M. von Wehren. 41) (Nachdruck verboten.) Noch einige Schritte — dann lichtet sich das Dickicht: vor sich batte er einen verfallenen Schupven, geradeüber ein altes Haus mit kleinen blinden Fenstern, durch die ein Fener von brennenden Späbneu ans dem Kamin leuchtete. Im Schuppen bellte noch immer der Hnud, und schnell zog Romberg sich zurück, nun ein alter Jude in die niedrige Haus- thür trat: „Was nur dem Karo ist, Mutterlebenl Sollten unsre Lait schon kommen? Das ist doch rein unmöglich!" „Wie haißt, Alter? Machst Dir blos grausame Unruhe. Uebrigens kennt der Hund die Juden, es muß also ein Fremder sein und daran ist ja bei diesem Wetter nicht zn denken! «Wäre auch nicht sehr angenehm", sprach der alte Mann in seinem jüdischen Dialekt, «wo sollten wir wohl dem Herberge geben, damit ihn Moses nicht zn sehen bekommt? Der machte uns ein Gesicht — so laug — der böse Grimm!" „Siehst Du, Vaterleben, der Hund ist ruhig geworden, hat wahrscheinlich eine Ratte gespürt, die kann er partout nicht leiden, und da ich ihn angebunden habe, kann er nicht hinterher." Nomberg war leise in den Stall getreten und hatte aus feinem Jagdranzen dem Tier ein Stück Fleisch hingeworsen; ebenso leise eilte er ins Dickicht zurück. „Hast Du unser Schickjel, die Mirjam, nicht gesehen, Vaterleben?" «Die treibt sich wohl im Walde umher und wird schon zur Abendsnppe heimkommeu. Du bist wt klich rein meschugge mit dem Kinde und stellst Dich an, als wär sie eine Prinzeß! Die verläuft sich nicht, ist gar zu klug." „Dafür habe ich auch keine Angst! Nur möchte ich sie aern in die Kammer ins Bett stecken, damit sie den Moses starken Positionen sehr energisch und zog sich nach Weg nahme von Nuits bei eingetretener Dunkelheit südlich zurück. — Diesseitiger Verlust leider bedeutend: 13 Of fiziere tot, 29 verwundet, darunter General v. Glümer, Prinz Wilhelm von Baden leicht; etwa 700 Mann tot oder verwundet. Der Feind verlor viele Offiziere und über 1000 Mann; 16 Offiziere, 700 unverwundete Ge fangene. Ein Bericht über das Gefecht besagt: Nuits, ein Städtchen von 4000 Einwohnern, liegt fünf starke Stunden südlich von Dijon, an der Straße nach CHLlons-sur-Saone, und eignet sich vermöge seiner Lage am Fuße eines die Stadt vollkommen beherrschenden, ungefähr 300 Fuß hohen Berges vorzüglich zur Verteidigung. Die durch künstliche und natürliche Hindernisse sehr starke, von Osten her mit Aussicht auf Erfolg kaum angreifbare Stellung war durch 15000 Franzosen, darunter das 32. Marschregiment und zwei Legionen der Rhone, und außerdem durch 16 Ge schütze neuester Art besetzt und sehr gut verteidigt. Das feindliche Feuer wirkte mörderisch, die französische Artillerie schoß ausgezeichnet. Nur durch äußerste Tapferkeit und Todesverachtung konnte der Steg errungen werden. Nuits wurde gestürmt, doch selbst nach Eintritt der Dunkelheit wurde noch in den Straßen und Häusern mit äußerster Erbitterung gekämpft. Auf feindlicher Seite kommandierte General Crämer. Da es nicht die Absicht des komman dierenden Generals von Werder, der nach der Verwundung des Divisionskommandeurs die Nacht bei der Division verblieb, war, Nuits festzuhalten und vom Feinde nichts mehr bemerkt wurde, so folgte für den Nachmittag des 19. der Befehl zum Rückmarsch nach Dijon, wo den Truppen nach dem harten Gefechte wieder Ruhe gegeben werden sollte. Feindlicherseits wurde ein Bataillon der Rhone-Legion und das 32. Linienregiment fast aufzerieben. Die Franzosen fochten außerordentlich tapfer. General von Werder ging am 19. Dezember mit seinen Truppen wieder nach Dijon zurück Dort erwarteten ihn Depeschen von dem erfolgreichen Vor dringen der Brigade Goltz gegen Langres, der es ge- lungen war, die Festung westlich zu umgehen und ein- zuschließen. Die Erfolge von Nuits im Süden, bei Langres im Norden berechtigten zu den Hoffnungen eines ruhigen Weihnachtsfestes in Dijon. Ader es kam anders. Schon am 21. Dezember kamen überraschende und alarmierende Nachrichten. Hinter der Saone sollte es bunt hergehen, von Lyon seien ganz bedeutende Massen im Anmarsch. Das war nun freilich nur zim Teil richtig. Nicht aus Lyon kamen die Hauptmassen jener wirklich heranrückenden Heereskcäfte, sondern es waren die langsam anmarschierenden Truppen Bourbackis. Davon wußte freilich damals Werder noch nichts, Moltke noch weniger. Die Beobachtungen vor seiner Front lehrten Werder schließlich, daß es die höchste Zeit sei, an die Devise zu denken, Dijm zu räumen und sich rückwärts auf Vesoul zurückzuziehen. Am 27. Dezember entschloß sich Werder zur schleunigen Räumung von Dijon, die unbehelligt Ivom Feinde ausgeführt wurde. Auf spiegelglatten I Wegen, auf denen Mensch und Tier kaum fortzukommen WMWWWWW.il, ! "MWWWWMWWWMMWMWWIWWW nicht in die Augen kriegt, sonst gebärdet sie sich wie unsinnig und läuft uns tagelang fort. Ich will doch gleich in den Wald geben und sehen, ob ich sie nicht erwische." „Sei nicht unklug, Mutterleben, Du kannst wegen der kleinen Margell hier nicht alles im Stich lassen. Du bist hier nötig und ich habe blos Aerger, wenn unsre Lait kommen und Du nicht da bist. Später, wenn wir die Waren fort schaffen, ist Zeit genug, sich nach dem Kinde umzuseben." „Wollt Ihr wirklich heute noch über den See, bei diesem Nebel? Man sieht ja kaum die Hand vor Äugen!" „Ja, da hilft schon nichts mehr. Es ist die ganze Ge sellschaft bestellt: die Littauer kommen zu Kahn, die sehen im Dunkeln wie die Katzen." „Na, wenn es nur gut abläuft, Baterlebcur mir ist die Geschichte lange schon über und ich bleibe dabei, das nimmt kein gutes Ende!" „Mir wär es schon recht, wenn sie mich nur nicht kriegen, dem Schuft, dem Moses, möchte ich schon eine Extra-Be lohnung für seine Betrügereien wünschen, die er um uns alle verdient hat. Dann könnten wir auch der Kleinen zn ihren Eltern verhelfen: so bleibt es immer eine mißliche Sache, Mntterleben, ich wenigstens übernehme sie nicht. Doch komm herein, wir müssen die Fische ansetzen, damit alles bereit ist, wenn sie kommen." Romberg hatte genug erfahren und eilte zurück in den Wald. Das kleine Mädchen war nicht im Hanse und seine Aufgabe, sie zu finden. Kam sie gutwillig mit, dauu gleich mit ihr zum Kahn und schnell hinüber, um dort die passenden Vorkehrungen zn treffen. — Ob er wohl unbehelligt sich zn Friede zurückfand? Er hoffte es, nun bis jetzt alles so gut gegangen. Wenn er das Kind nur erst in seinen Händen hätte, das Uebrige machte sich nachher von selbst. Weiter, immer weiter schlich er in das Tanuendunkel hinein. Hinter ihm her wanderte aber das Verhängnis in Gestalt eines rachsüchtigen Juden. Kaum hatte er den Schuppen verlassen, als aus einem vermochten, ging cs rückwärts. Vierzehn deutsche Meilen wurden trotzdem in zwei Tagen zurückgelegt. Am Schluffe des Jahres stand das Korps konzentriert und schlagfertig in und um Vesoul. Ans SaMeM Wilsdruff, den 19. Dezember. Die Bahnstrecke Dresden—Pirna wird bekanntlich auf viergleisigen Betrieb ausgebaut. Bis jetzt war dies von Dresden aus bis zur Station Niedersedlitz gediehen. Nunmehr ist auch die Strecke Niedersedlitz—Mügeln mit vier Gleisen versehen, die sämtlich Donnerstag erst malig durch Betriebszüge befahren werden. Die Fasanenjagd des Herrn Kammerherrn Freiherrn vsn Burgk-Schönfeld in Schönfeld, zu der der König und der Fürst zu Lippe-Detmold als Jagdgäste ein getroffen waren, ergab die ansehnliche Strecke von 1533 Stück Wild, und zwar 533 Fasanenhähne, 44 Fasanenhennen, 23 Hasen und 933 Kaninchen. Der König erlegte hiervon 146 Fasanenhähne, 9 Hennen, 6 Hasen und 313 Kaninchen, zusammen also 474 Stück, und der Fürst zur Lippe 301 Stück. Nach Teilnahme am Jagddiner erfolgte die Rückfahrt nach Dresden abends 8 Uhr ab Station Schönfeld-Lampertswalde mit Sonderzug. Wegen einer Scharlachepidemie, die in der letzten Zeit größeren Umfang annahm, ist das Seminar in Grimma geschlossen worden. Der Wiederbeginn des Unterrichts ist für den 3 Januar angesetzt. Auch unter den Schülern der Bürgerschule herrschen Masern und Scharlach schon seit einigen Wochen in ziemlich starkem Maße. Die Berliner Kriminalpolizei verhaftete Donnerstag abend den Leipziger Kaufmann Jaffe, der wegen Unterschlagung von 40000 Mark von der Leipziger Kriminalpolizei verfolgt wurde. In Wahren kam der 19jährige, in Lindenthal wohnhafte Bahnarbeiter Walther Heinrich beim Rangieren zwischen die Puffer zweier Wagen. Ihm wurde die Brust eingedrückt. Er war sofort tot. Die Maschinenfabrik Kappel in Kappel b. Chemnitz spendete anläßlich ihres 50jährigen Bestehens 100000 Mk. für ihre Beamten und Arbeiter. Unter dem Verdachte, den Anschlag gegen das Elektrizitätswerk Berge« verübt und dadurch den Tod des achtjährigen Sohnes des Waldwärters Weidlich ver schuldet zu haben, ist Donnerstag der Monteur Renner verhaftet worden. Er hat bei dem Werk früher eine leitende Stelle innegehabt, war jedoch in letzter Zeit einem Rottenführer untergeordnet worden. Arrrze LtzrsnLk. Vier Arbeiter erstickt. Auf dem Gute Ludorf bei Schwerin sind vier Arbeiter durch vorzeitiges Schließen der Ofenklappe durch Kohlengase erstickt. Drei Kinder ertrunken. Aus Neubrandenburg wird gemeldet: In Schlicht ertranken drei Knaben im Alter von sieben, acht und zehn Jahren, als sie beim Spielen ins Wasser gefallen waren. Winkel hinter demselben Moses hervorkroch und mit schrecklich höhnischem Gesicht jenem nachstarrte. „Daß Du verschwarzest, elender Christenhund! Da ist er richtig, der Junge bat mich nicht belogen. Nun) Du sollst nicht lveit gehen, ich will Dir das Spionieren für immer aus treiben. Den Moses überrumpelst Du nicht, jämmerlicher Kerl, der ist zn klug für Dich! Also das Kind willst Du scheu und mir fortnehmen? Mich ins Unglück stürzen? Na, warte, das kann ich besorgen, aber nicht hier — dort oben — wo ich sie Dir nachschicken will, wenn ich Dich erst ab« gethan! — Und Du, alter Hallunke, kommst mit Deinem Weibe auch an die Reihe! Also auch Ihr wollt mich be trügen, Ihr Lumpenpack? Laßt mich nur erst die Waren in Sicherheit bringen, dann komme ich Euch an den Kragen." Mit schnellen Schritten eilte er hinter Romberg her, der es ihm leicht machte, ihn zu erreichen. Dann und wann blieb er stehen, um sich zu orientieren; dann gina er vor sichtig, langsam weiter. Das unschöne Gesicht des Inden batte einen wahnwitzigen Ausdruck angenommen, der Blick der finsteren, stechenden Angen war ein furchtbarer: er plante Mord. Wieder blieb Romberg stehen und sprach vor sich hin: „Ich hätte bei dem Nebel nicht so tief hineingehen sollen, die Kleine wird ja auch zurückerwartet, da findet sich an Ort und Stelle früher eine Gelegenheit, mit ihr zu sprechen. Auch müßte ich mich wohl mit der alten Jüdin in Verbindung setzen, die sehr gutmütig aussieht. Hier tappe ich in der Irre umher und kann mir das Mädelchen jede Minute Vorbei gehen — o Gott! hilf mir!" Ein furchtbarer Schlag mit einem Knittel über den Kopf lähmte Romberg auf Augenblicke das Bewußtsein, er griff aber mechanisch um sich und umklammerte eine Gestalt, die augenscheinlich zu einem zweiten Hiebe ansholeu wollte. Es entstand ein furchtbares Riugeu. Zwar blendete Romberg das aus seiner Kopfwunde rieselnde Blut, aber er war an Größe und Körperkraft dem Juden überlegen und es schien, als sollte der Kampf zu seinen Gunsten ausfallen. (F. f.j ,