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Das Publikum hat aber weiter ein berechtigtes Inter esse daran, durch eine objektive und wissenschaftliche Be leuchtung der Tatsachen aufgeklärt zu werden. Allein in den deutschen Emallierwerken werden jedes Jahr über 100 Millionen Stück emaillierte Haus- und Küchengeräte angefertigt. Während also Millionen von emallierten Küchengeschirren im täglichen Gebrauche stehen, haben das Kaiserliche Gesundheitsamt in Berlin, sowie erste wissenschaftliche Autoritäten auf dem Gebiete der Blinddarmerkrankung den Gerichten bestätigt, daß niemals ein Fall bekannt geworden sei, in welchem Emailglasurteile als Ursache der Blinddarmentzündung bezeichnet werden könnten. Hervorragende Vertreter der deutschen ärztlichen Wissenschaft stehen übrigens heute auf dem Standpunkte, daß die Blinddarmentzündung als eine Infektions-Krankheit anzusprechen sei. In dem zeitlich letzten Gutachten des leitenden Arztes des chirurgischen Ambulatoriums im Allgemeinen Krankenhause in Hamburg- Eppendorf, Herrn Dr. Kotzenberg, vom 30. Januar 1910 heißt es wörtlich: „In Tausenden von Fällen, in denen bei Blind- darm-Operationen aus wissenschaftlichen Gründen der erkrankte Wurmfortsatz auf das Genaueste unter- sucht worden ist, sind nur in einer verschwindend kleinen Anzahl der eine oder andere kleine Fremd körper — niemals übrigens Emailsplttter — darin gefunden worden, ohne daß in diesen Fällen die Erkrankung sich irgendwie vor anderen aus gezeichnet hätte, so daß man in diesen überaus seltenen Fällen, in denen ein Fremdkörper in einem erkrankten Wurmfortsatz gefunden wird, diesem nur eine zufällige Rolle beimißt." Der Korps-Generalarzt Dr. Villarett, Posen erklärt an Hand einer eingehenden Statistik in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift: „Die Zunahme der Blinddarm-Entzündungen ist nur eine scheinbare. Diese scheinbare Zunahme beruht lediglich darauf, daß die Diagnose sicherer geworden ist (d. h, daß früher diese Erkrankungen nicht als Blinddarm-Entzündungen erkannt worden sind). Die Emailkochgeschirresind vollkommen unschädlich. (.Schluß folgt.) Arrrze Lhronik. Maffenerkra«k«ng nach dem Genuß von Rindfleisch. Nach dem Genuß von Rindfleisch sind in Herne (Wests) 46 Personen unter Vergiftungserscheinungen erkrankt. Auch in Langendreer bei Bochum ist eine An zahl Personen eckrankt. Die eikrankten Personen sind in bedenklichen Zustande dem Krankenhause zugeführt worden. — Auch in Castrop bei Dortmund und anderen in der Nähe gelegenen Ortschaften erkrankten zahlreiche Personen nach dem Genüsse von gehacktem Rindfleisch. Allein in Sodingen befinden sich über 80 Personen in ärztlicher Behandlung. Das Metzgergeschäft, aus dem d^-s Fleisch stammte, wurde polizeilich geschlossen. — Es soll sich bei den Krankheitserscheinungen um Paratyphus handeln. Alle möglichen Vorsichtsmaßregeln wurden getroffen. — Wie weiter gemeldet wird, nimmt die Zahl der Erkrankangen einen derartigen Umfang an, daß die Regierung eine spezielle Untersuchung durch Sachverständige angeordnet hat. Soweit die amtlichen Feststellungen gehen, handelt es sich bei den Erkrankten um Personen, die Fleisch genossen haben, das aus Ostpreußen gesandt wurde. Dieses Fleisch hat den Paratyphus hervorgerufen. Wie Las möglich gewesen ist, konnte bisher nicht sestgestellt werden. Maffenerkrankung nach dem Genuß von rohem Hackfleisch. Aus Freystadt im Reg.-Bez. Ma rienwerder wird gemeldet: 23 Mann des 176. Jnf.-Regts. ind infolge Genusses von rohem Hackfleisch unter Ver- fiftungserscheinungen erkrankt. Direkte Lebensgefahr be- teht zurzeit nicht. Der Qaartiergeber der Soldaten sowie eine Familienangehörige sind ebenfalls erkrankt. Auch ollen in Riesenburg, woher das Fleisch bezogen war, Z0 Soldaten krank darniederliegen. Magaa. Leutsch von Viktor Schwarz. 16 „Mas gibst denn, Magda?" srng sic bestürzt, „es ist ja kaum Tag." „Es tut mir leid genug, daß ich Dich stören muß, Kleine," sagte Magda zärtlich, „aber es bleibt mir keine Wahl, wir muffen in aller Frühe abreisen." „Abreisen? Heute schon? Aber das Theater wird ja erst übermorgen geschloffen, Magda!" „Ich weiß es Rose, aber ich bin an diesen drei Tagen nicht beschäftigt, und so können wir schon beute reisen." Magda sah dabei so traurig aus, daß Rose eingc- schüchtert kaum zu fragen wagte, wohin sie denn reisen würden. „Rach Springfide einstweilen," versetzte Magda ruhig: „wie Du weißt, hat Dr. Kern mir neulich geraten, das dortige Mineralwasser als Mittel gegen die Kopfschmerzen, an welchen ich so häufig leide, zu versuchen, und nun ici den Entschluß gefaßt habe, will ich auch mit der Aus führung nicht zögern." Rose sagte nichts weiter; sie griff beim Packen tüch tig zu, und als es 5 Uhr schlug, waren sämtliche Vorbe reitungen getroffen. Dann ging Magda zu Fräulein Colins, um das Geschäftliche zu ordnen, die alte Dame war wie aus den Wolken gefallen, als sie die Neuigkeit vernahm, tröstete sich aber mit der Hoffnung, die Schwe stern vielleicht am 1. August in Avonmouth wiederzuseben. Bis dahin waren es noch drei Wochen und in dieser Zeit konnte Magda sich ja prächtig erholen — eine Annahme, der Magda nicht widersprach. Fräulein Colins ließ es sich nicht nehmen, die Schwe stern auf den Bahnhof zu begleiten, sie wollten mit dem - um 7 Uhr abgehenden Zug fahren. Auf dem Perron I übergab Magda der alten Dame den für Gerhard bestimm Verzweift««gStat einer Mutter. In einem Anfalle geistiger Umnachtung bettete in der Nacht zum Freitag die Frau des Prokuristen Hübscher in Erfurt in Abwesenheit ihres Mannes ihre drei Kinder im Alter von 1'/, bis 5 Jahren auf den Fußboden der Küche, öffnete sämtliche Gashähne und legte sich dann, das jüngste Kind auf dem Schoß, zu den ahnungslosen Geschöpfen. Einige Stunden später ließen Hausbewohner, durch scharfen Gasgeruch aufmerksam gemacht, die Wohnung der Frau Hübscher öffnen. Man fand die Frau mit ihren drei Kindern bewußtlos vor. Es wurden sofort Wieder belebungsversuche mittels Sauerstoffaparates vorgcnommen, dann wurden Mutter und Kinder ins Katholische Kranken haus gefahren. Dort starb, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, das älteste der drei Kinder, die fünf Jahre alte Elfriede. Verhaftung von internattonalen Hoch» staplern. Die Erfurter Kriminalpolizei verhaftete am Freitag zwei elegant auftretende, fein gekleidete Herren, anscheinend Ausländer, die bei einem Ladendiebstahl in der Bahnhofstraße in Erfurt ertappt worden waren. In ihrer Gesellschaft befindet sich eine modisch gekleidete Dame, die früher in Leipzig Kellnerin war. Bei dem Verhör der Verhafteten stellte sich heraus, daß die beiden in Erfurt schon eine stattliche Anzahl Ladendtebstähle verübt haben. Sie hatten immer beide den Laden be treten, und während der eine sich nicht schlüssig werden konnte, was er kaufen sollte, stahl der andere. In aus- wärtigrn Hotels, in denen sie logierten, verschwanden sie, ohne ihre Rechnungen bezahlt zu haben. Sie gaben sich durch den Austausch fingierter Telegramme in englischer Sprache als Finanzleute aus, die mit Bleichröder in Berlin in Verbindung stehen. Ein großer gefüllter Koffer, den sie im Hotel liegen hatten, wurde mit Beschlag belegt. Die beiden Diebe kamen auf Umwegen aus Brüssel nach Erfurt. Der eine nennt sich Ernesto Barbieri, der andere Wilkinson, doch steht noch nicht fest, ob diese Namen echt sind. Einer der beiden Hochstapler wird vom DreSvner Staatsanwalt steckbrieflich verfolgt. Zum Raubmord i« Ohrdruf. Die polizeilichen Nachforschungen nach dem Mörder der Frau des Rentiers Bochröder sind bisher erfolglos geblieben. Die beiden Männer, die am Mordtag verhaftet worden waren, mußten wieder auf freien Fuß gesetzt werden, da sich ihre Unschuld herausgestellt hatte. Der Staatsanwalt hat auf die Er mittelung der Täter eiae Belohnung von 500 Mk. aus geschrieben. Wie nunmehr feststeht, haben die Mordbuben in der Wohnung des Rentiers Bochröder eine gefüllte Geldbörse mitgenommen. — Die in der Nacht zum Mitt woch ermordete Frau Bochröder wurde am Freitag unter großer Teilnahme der Bevölkerung beerdigt. Drl Ver dacht gegen den bereits einmal verhaftet gewesenen Arbeiter Hänlein hat sich inzischen so verdichtet, daß die Staatsanwaltschaft ftine Wiederverhaftung verfügte. Es wurde ein blutiges Beil aufgefunden, von dem aber nicht genau festzustellen war, ob es Hänleins Eigentum ist. Das schwerverletzte Kind Bochröders ist wieder zur Be sinnung gekommen und hat Angaben gemacht, die ge eignet sind, Hänlein zu belasten. Von der in Köln verhafteten Einbrecher» bande. Die kürzlich in Köln verhaftete dreiköpfige Ein- brecherbande hat eingestanden, in 10 Fällen, und zwar in Franfurt, Kassel, Hamburg, Berlin, Naumburg, Erfurt, Wien und Prag Einbrüche verübt zu haben. Dagegen leugnen die Verhafteten den am 10 August in München verübten Raubmord begangen zu haben. Die Kriminalpolizei hat in einer dortigen Herberge ein den Einbrechern gehöriges Paket mit Wertpapieren im Werte von 100000 Mk. be schlagnahmt, die aus dem Einbruch in Frankfurt herrühren können. Aus Rache, weil er Wege« Verleumdung verurteilt wurde, ermordete, wie aus Bern gemeldet wird, ein mehrfach vorbestrafter Mensch die Bahnhofswirtin in Vallorbe, Frau Andre, und verwundete den deutschen Küchenchef, der ihr zur Hilfe eilte, schwer durch Messer stiche, worauf er sich selbst erschoß. Schweres Eisenbahnunglück. Bei Noisy fuhr nach einer Meldung aus Paris em Zug auf einen wegen Maschinenschadens haltenden Zug auf, der Soldaten und Reservisten des Linien - Regiments 101 vom Manöver zurücktransportierte. 50 Mann wurden leicht verletzt. Vier Personen bei einem Wagenunglück ertrunken. Aus London wird gemeldet: In Stainford dein Doncaster stürzte ein von einem Begräbnis zurück kehrender Wagen mit vier Insassen einen Fahrdamm hinab in einen Fluß, wobei alle vier Personen ertranken. 80 Rinder bei einem Schiffszusammenstotz ertrunken. Aus Korsör auf der dänischen Insel Seeland wird gemeldet: Die dänischen Dampfer „Riber- Hus" und „Octa", bei den Vereinigten Dampfschiff- gesellschaften gehörig, stießen am Donnerstag abend auf der Reede von Korsör zusammen. „Octa" wurde mittschiffs getroffen und sank sofort, „Riberhus" blieb unbeschädigt. „Octa" war mit 80 Rindern von Korsör nach Kiel unter wegs, die sämtlich ertranken. Rätsel-Ecke. Bilderrätsel. Auszählrätsel. UI-LLT^LLbl kl l L L « 3 0 15 Vorstehende Buchstabenreihen sind mit einer bestimmten Zahl auszuzählen. Beim ausgezählten Buchstaben wird immer wieder angefangen und keiner übersprungen. Die Buchstaben müssen in der Reihenfolge ihrer Auszählung ein bekanntes Sprichwort ergeben. Tauschrätsel. 1. Oasse, kurier, ^Vanci, ^213, Korn; — 2. Leiter, Wolls, dlonck, Lorn; — 3 Land, Wstts, Xisssn; — 4. Rsids, Lenne; — 5. Habs, ^nksr, Leus, Liter, Lisre, lloün, Wira, Harm Lütts, Leisten, Lairn; — 6. Lcknells, liang, blak!; — 7. Leits, 3st2, Huts; — 8. Hass, 6old, Asi, Lnlsn, Lall, Wein, Karo, Laust, juntrer, Lckule, Laims. Von jedem der vorstehenden Wörter ist durch Um tausch eines Buchstabens ein neues bekanntes Hauptwort zu bilden und zwar derart, daß die neu cingefügten Buch staben bet jeder der 8 Gruppen eia bestimmtes Wort und diese 8 Wörter im Zusammenhang einen Stnnspruch er geben. Lösungen in nächster Nummer. Auflösungen der Rätsel aus voriger Nummer. Vexierbild: Der Mann ist links unten versteckt. Be- trachtet man das Bild von oben, steht man ihn deut lich sitzen. Der Kopf stößt auf den Fuß der Dame. Zahlenrätsel: Cholera, Holle, Ohr, Lehrer, Ehre, Roche, Arche. Worträtsel: Bern, Har(m), Diner. — Bernhardiner. ten Bries, und von Fräulein Colins Segenswünschen be gleitet, verließen die Schwestern Wexeter. 7. Kapitel. Als Gerhard Harting sich widerstrebend von Magda getrennt batte, mußte er sich, so wenig Neigung er auch dazu verspürte, ins Gasthaus „zum Bären" begeben. Dun- stan feierte dortselbst sein Benefiz durch ein flottes Sou per mit nachfolgender „Kneiperei", und Gerhard hatte die Einladung schon vor einigen Tagen angenommen. Allgemeiner Jubel empfing den „Grafen", so lautete Gerhards Spitzname, und die unter dem heiteren Völkchen herrschende Fröhlichkeit vertrieb dem jungen Maler bald die trüben Gedanken. Natürlich kam auch die Rede auf Avonmouth, und die Ehancen der einzelnen Bühnenmit glieder, von Dobson zur Teilnahme an dem dortigen Gastspiel aufgefordert zu werden, wurde lebhaft besprochen. Daß Fräulein Pierrepoint mittun würde, schien eine aus gemachte Sache zu sein; nur Haywood der Charakterdar steller, meinte skeptisch, er habe schon bessere Schauspiele rinnen als Fräulein Pierrepoint gesehen, und tvenu sie nicht mitgehe, werde sich leicht ein Ersatz finden. „Ei, Haywood," rief der Gastgeber erstaunt, „seit wann sind Sie denn so kritisch veranlagt?" Früher schwärten Sie doch nicht höher, als bei unserer ersten Liebhaberin?" „Ich weiß den Grund dieses Wechsels in der Gesin nung," sagte der Baßbuffo lachend; „Fräulein Magda hat sich geweigert, die Titelrolle in Haywoods „Donna Boadicea" zu spielen, und seitdem hält er Magda für talentlos." „Wie, Haywood, Sie sind unter die Dichter gegan gen ?" sagte Potts, der Souffleur, erstaunt. „Na ja, weshalb denn nicht?" entgegnete der Ange redete gereizt; „ich bin doch nicht der erste Schauspieler, der sich auf diesem Felde versucht. Übrigen ist's jedenfalls ein Vorteil für meine Heldin, daß Fräulein Pierrepoint die Rolle nicht übernehmen wollte, Fräulein Magda spielt die Liebesszeuen nach meinem Dafürhalten viel zu kühl, und darunter würde meine Boa dicea leiden." „Vielleicht bewahrt sich FräuleinMerrepoint die Wärme für ihre privaten Liebesszenen," meinte der alte Lenick mit listigem Lächeln. Lenick war der „unfreiwillige" Komiker der Gesellschaft, er spielte mitunter eine Charge, meistens hatte er aber nur Melderollen, und deshalb er regte es allgemeine Heiterkeit, daß er sich einmal mit einer eigenen Meinung hervorwagte. Gerhard litt unbeschreiblich unter der Unterhaltung, deren Mittelpunkt Magda ivar, und diese Empfindung steigerte sich, als Lenick jetzt auf Haywoods Bemerkung: „Na Lenick, Eure Worte in Ehren, aber Ihr habt gewiß nur ins Blaue hineingeschwatzt" triumphierend sagte: „Durchaus nicht, ich weiß ganz genau, weshalb ich so ge sprochen habe." „Ha! Ha! Ha! Lenick weiß etwas," lachte der Baß buffo, Dunstan aber, der Gerhard beobachtet hatte, warf jetzt die Worte hin: „So redet doch nicht s» albernes Zeug, Lenick, her mit Eurem Älas, »»d laßt Euch ein- schenken." Aber Lenick fühlte sich zu wichtig in seiner neuen Rolle, als daß er dieselbe so rasch hätte fallen lassen. Er ließ sich sein Glas auf's Neue füllen und bemerkte dann be dächtig: „Ich habe Augen im Kopfe so gut wie andere Leute? „Das bezweifelt Niemand," rief Dunstan unruhig, „aber ich dächte, wir hätten nun gerade lange genug be» Eurer Meinung verweilt und könnten ein anderes Tema anschlagen." „O, ich kann auch schweigen, wenn's verlangt wird," sagte Lenick, einen schlauen Blick auf Dunstan werfend. Aber jetzt war es mit Gerhards Geduld vorbei.