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«rs«Lv«l«vs«s«««««o«s<s«s^ls<o«L«sxiLxr«^ «»n,» sila. Ich glaubte am nächsten Morgen der allererste zu sein beim Aufstehen, aber siehe da, Fräulein Leonore war mir an Fixig keit doch über. Sie stand zum Ausgehen bereit, die Handschuhe übergestreift, ein keckes Mützchen auf dem Haar. Ihren Ober körper umschloß eng anliegend ein elegant gearbeitetes Jakett. Ueber mein Gesicht muß ein Strahl unverhoffter Freude ge flogen sein, als ich „sie erblickte, und sie lächelte mich leise errötend an. (Fortsetzung folgt.) das daß die Der Seemann Von Maria Behrens. eifrig und in Sätzen, über die Worte Wir hatten Skagen Passiert, dessen Leucht turm hinten wie ein wachsames Auge blitzte,' ^md jetzt ging es auf schweren, langgestreck ten Wogen in die offene Nordsee hinaus. s war eine der Sommernächte, wo die ganze Welt wie ein schlummern des Märchenland erscheint — eine "I silbergraue Nacht mit einem breb -I teu und goldigweißen Mondstrei- ferp der glitzernd spielte und hüpfte, mit den Schatten der Wogentäler kämpfte und in ihren weißschäumendcn Kämmen wie Trä nenperlen funkelte. Ich stand oben auf der Kommandobrücke des großen Auswanderevdampfers, der in kurzen, stoßweisen Atemzügen seufzend und töhnend seine ganze lebende Last von Men- chenhoffnungen dem ersehnten Zauberland )er neuen Welt zusllhrte. mußte lächeln — »denn das, nicht erklären können, wirkt auf ein siutagsgehlrn ja immer beängstigend. „Sw haben recht/ sagte er zustimmend. Und dasselbe ist ja auch bei dem Meer der Fall. Es läßt sich ebensowenig wie das ganze Leben erklären. Ich bin selbst See- nmnn, stAe er kurz darauf hinzu Und Plötzlich begann kurzen, abgebrochenen Sätz^ stolpernd ww der zu sprechen, der zu lange mit zu vielen Gedanken geschwiegen hat. Er war Steuermann, war viel auf Lang fahrt draußen gewesen und ging jetzt nach Neuyork, wo sein Schiff lag, und von dort yach Australien — und später Welter wo hin wußte er nicht. Er wußte nur, daß dies Auf der Brücke war es still. Die meisten Passagiere waren zur Ruhe gegangen. Drü ben in einer Ecke saß ein junges Paar. Sie sprachen leise und malten Pläne für die Zu- umft aus, wie sie sich in dem glitzernden Mondlicht der warmen Sommernacht vor ihrem Auge offenbarten, und Uber die Ne- Ung gebeugt, mit der Hand unter dem Kinn, stand ein großer und breitschultriger junger Mann. In seiner Haltung war etwas, das meine Aufmerksamkeit erweckte, und als Mondlicht aus sein Gesicht fiel, sah ich, die breite, eckige Stirn gefurcht und Augen vom Grübeln dunkel waren. Plötzlich wandte er sich zu mir um und sagte in höflichem Ton was über das Wet- ter, Uber die Schönheit und die Stille. »Ja," antwortete ich und wußte Plötzlich, daß ich feine Stimmung erfaßt hatte. „Das ist herrlich — aber beängstigend." „Beängstigend!" Seine Augen waren vom Staunen wach geworden, und er trat einen Schritt auf mich zu: „Fühlen Sie das auch?" der Anfang einer langen, langen Reise war, von der er erst nach vielen Jahren heimkeh ren würde. Ich sollte nur nicht glauben, daß er Heimweh habe. Er hatte ja nichts, was man ein Heim nennt, hatte keine Angehöri gen, keine Freunde, die ihn erwarteten. Nein, das'war es nicht. „Nein, das ist es nicht, Wohl aber dies unbestimmte, unerklärliche Angstgefühl, von dem Sie sprachen. Man geht und grübelt sich in ein Entsetzen über alles das hinein, was man sich nicht zu erklären weiß. Alles dies Sonderbare, das nachts in den langen Wachen von außen, aus der Luft oder selbst aus dem Meer kommt. Ueber all diese Laute, die nicht wie Stimmen, nicht von Menschen und nicht von Tieren sind. Bis weilen ist es aber, als jammere und klage einer draußen in weiter Ferne, dann wieder als höre man wildes Geschrei und das La chen und Toben wüster Gelage. Schließ lich grübelt und horcht man von neuem, und bisweilen glaubt man, daß man den Ver stand und die Fassung verloren hat. Oder es drückt uns die Stille selbst, das große, entsetzliche Schweigen, das wie ein Alp auf uns lastet, so daß wir jeden einzi gen, winzigen bekannten Laut als Rettuna aus dem Entsetzen auffassen. Und dann alle die seltsamen Gedanken, die man mit sich herumträgt und die man nicht begreift, weil sie eigentlich keine Gedanken, sondern nur Empfindungen sind. Aber dies ist es, das die langen Fahrten zu einer unerklärlichen Qual macht." „Ja, ja, ich begreife es," sagte ich leise, „aber weshalb —?" Er unterbrach mich schnell und ängstlich, als fürchte er, daß ich ihm das Wort ab schneiden könne. „Sie meinen, weshalb ich unter diesen Umständen wieder hinausgehe. Das wollen Sie wissen, nicht wahr? Das liegt daran, daß man es nicht lassen kann. Ich habe es versucht, zu Hause zu bleiben. Es zieht und zieht mich aber immer wieder hinaus —" er lächelte hilflos — „ich glaube fast, daß es das Entsetzen selbst ist, das mich zieht." Dann schwieg er. Und wir lehnten uns beide über das Geländer der Kommando brücke. dem Wasser lauschend, das sich plät schernd an dem Bug brach, und auf die Stille horchend, die gleichsam ein Leben zu bedecken und zu schirmen suchte, das draußen in der mondbeschienenen Einöde gelebt wurde: ein wildes, ungezügeltes Leben mit Gesang und Lachen und jämmerlichen Seuszern und Stimmen, die nicht vom Menschen, sondern von Tieren sind. Und die schwarzsamtnen Schatten der Wogentäler rangen mit dem gelblichen Silber des Mondstreifens, wäh rend die leuchtenden Schaumwipfel blitzernde Tränenperlen in die schwarze Tiefe der Dü nungen tauchten. — — — — Ich traf ihn später. In einer kleinen See stadt an der Ostsee war er Hafenmeister. Er schien dort zur Ruhe gekommen zu sein, ver richtete seinen Dienst gewissenhaft und pflicht- getreu, zeigte sich sonst aber selten unter Menschen. Ich sprach mit ihm an einem trüben Herbsttag unten am Hafen, und da sah ich in seinen Augen ein Flackern, das mir sagte, daß die Angst ihn wieder hinaus ziehen und er in dem sichern Hafen des Städtchens nicht lange ausharven würde. Einen Monat später war er fort, als erster Steuermann auf einem Grönland- fahrer — — Und jetzt vor kurzem erhielt ich Wieder- Nachricht von ihm. Ein Freund kam und brachte mir einen Brief und fügte, daß er tot sei. „ „Er ging eines Nachts über Bord, als alles still war. Keiner beaveift, wie —" Sein Brief war aber ein Notruf in sei nem Karnpf gegen alle die Schrecken, die sich nicht fassen lassen. Ein Kampf, worin er selbst sühlte, daß er unterliegen mutzte. „Ich kann nicht dafür," schrieb er. „aber ich muß hinaus. Ich muh wissen, was das alles ist. das dort draußen lebt und ruft. Ich suche es zurückzuhalten. Aber ich Weitz, daß der Tag kommt, wo ich hinaus muß. weil es auf der Welt nichts Fürchterlicheres gibt, als wenn mau dies Schreckliche zwar hört und fühlt, aber nicht zu Gesicht bekommt." Vie ersten langen Stiefel. Was lärmt dort durch das ganze Haus? Trapp, trapp, trapp, trapp, trapp, trappt Als ritt ein Reiter ein und aus, Trapp, trapp, trapp, trapp, trapp, trapp! Doch klirrt kein Sporn, kein Zuruf schallt, Kein Reiter ist's, das merkt man bald — Der Maxel ist's, der kleine Mann, Heut' hat er lange Stiefel an. Hurra! wie glänzt das schwarz und blank, Wie Mondenschein und Nacht; Wie haben Maxel groß und schlank Die Stiefel schon gemacht. Trapp, trapp! — Ein echter Männertritl, Der Boden ächzt bei jedem Schritt. HurraI wer sojche Stiefel hat, Der Erste ist's der ganzen Stadt. Der Maxel wie ein Grenadier Jüngst auf dem Dreifuß saß, Als Meister Schuster mit Papier Genommen sich das Maß. Es quoll aus tiefster Brust hervor: „Macht bis zum Knie ein jedes Rohr, Auch Eisen macht daran von Blech." Und freundlich nickte Meister Pech. Acht Tage schwanden langsam hin, Die Stiefel blieben aus, Mit immer ungeduld'germ Sinn Läuft Maxel ihm ins Haus. „Hel Meister!" — er voll Unmut spricht — „Krieg' ich denn meine Stiefel nicht? Zieht Euren Pechdraht schneller an, Daß ich sie endlich tragen kann." Das Drängen half. Der Junge bringt Sie jetzt in raschem Lauf; Doch ob er auch ganz leise springt Der Maxel paßt schon auf. Im Bett lag er noch ungestört, Doch hat den Schuster er gehört, Hervor, heraus in wilder Hast, Die langen Stiefel angepaßt. Und nun, trapp! trapp! durchs ganze Haus, Jetzt hält ihn keiner mehr; Papa springt aus dem Bett heraus Die Mama hinterher. Das Mädchen auch in kurzer Frist, Zu hören, was geschehen ist: Da steht im Hemd der kleine Mann Und hat die langen Stiefel an... — O, göttlich schöne Kinderzeit! — Du himmlisches Gemüt, Das schon durch solche Kleinigkeit Voll seel'aer Freude glüht. Ja leere deines Glückes Kru Du Knabe jetzt mit vollem Zug, Weil dir die Zeit bald näher rückt, Wo dich, wie uns. der Stiefel drückt! — I. ü.