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Ottendorfer Zeitung : 09.12.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191012099
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19101209
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19101209
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-12
- Tag 1910-12-09
-
Monat
1910-12
-
Jahr
1910
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 09.12.1910
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Kurpfuscherei. Nicht weit von Belgrad, der serbischen Haupt stadt, liegt das allerliebste kleine Landhaus Topschider, daS dem Andenken des „Serben- besreiers* Milosch Obrenowitsch geweiht ist. In der Nähe dieses serbischen Nationalheiligtums trieb vor etwa acht Jahren ein sonderbarer Heiliger sein Wesen. Er hatte den Medizinern den Krieg erklärt und heilte Milzbrand beim Lieh, wie Lungenschwindsucht beim Menschen, die Räude des Hundes, wie den Rotlauf deS Schweines durch Auflegen von erwärmten Sand. Als sein Schwindel ruchbar wurde, lachten wir ob des serbischen Köhlerglaubens und schrieben vergnügt in unsre Notiztafel, daß auf dem Balkan der Aberglaube doch wunderbare Blüten treibt. Wir saßen im Glashause und warfen mit Steinen, denn auch bei uns gab's damals schon Wanderkuren, deren Art und Zahl seitdem üppig ins Kraut geschaffen ist. Wohl jeder deutsche Ort hat die mit Recht so beliebte alte Frau, die, wenu alle Mittel versagen, mit ihrer „Sympathie* aus helfen muß und außerdem haben wir eine ganze Reihe von „Spezialisten*, unter denen der Schäfer Ast, der seine Wunderpraxis in der Lüneburger Heide ausübte, einen Weltruf er langt hat. Tausende pilgerten zu ihm — und wurden durch seine Kur gesund. Und gleich ihm machten sich andre, durch das glänzende Geschäft angelockt, die Kurierfreiheit zunutze und heilten nach dem Rezept, das Schweninger, der Leibarzt Bismarcks, in die Worte gekleidet hat: „Arzt sein, das heißt der Stärkere sein von zweien.* Die Macht der Persönlichkeit ward urplötzlich zum Heilfaktor. Dabei sind schließlich die Arten des Heilver fahrens nebensächlich geworden. Tatsache ist, daß die moderne Medizin den Laien eine Fülle von Anregungen verdankt und daß insbesondere die Naturheilbewegung befruchtend auf die Medizin eingewirkt hat. Der schlesische Bauer Prießnitz, der Pfarrer Kneipp aus Wörris- hofen und alle ihre Jünger haben nach «rue« Methoden zur Heilung der leidenden Menschheit gesucht und ihre Er folge haben einer leider nur zu großen Anzahl von Nachahmern Mut gemacht, sich in der Krankenbehandlung zu versuchen, mit einem Wort: aus dem Samen, den einige wirklich geniale Köpfe gesät, sproß eine Frucht, die der leidenden Menschheit für den Geldbeutel sowohl wie für die Gesundheit zur schweren Gefahr zu werden drohte. Unter dielen Umständen ist es kein Wunder, wenn der Ärztestand mit immer wachsenden Schwierigkeiten zu kämpfen hat, da seine Jünger zur Erringung ihrer Praxis Tausende opfern müssen, während es jedermann freisteht, aus dem Reiche der Natur irgendwelche Bestandteile zusammen zu mischen und dieser Mischung durch geeignete Reklame die Eigenschaft eines Heilmittels beizulegen. Denn zuletzt kommt es ja auch beim Heilen auf den Grad des Vertrauens an, den man dem „Behandler" entgegenbringt, wie viele Fälle der letzten Jahre und zuletzt mit nicht zu wider legender Deutlichkeit die Felkesche Lehmkur und und die Augendiagnose gezeigt haben. Nun ist aber die Behandlung Kranker durch Laien nicht einmal das größte Übel, sondern die überhand nehmende Reklame, Lie jedem Quacksalber erlaubt, dem Arzte aber, und mag er noch so tüchtig sein, aus Standesrücksichten versagt ist. Und noch schlimmer als die Anpreisung der Wunderkuren ist der schwunghafte Handel mit Geheimmittel«, der vor einem Jahre in einem Dresdener Prozeß eine eigenartige Beleuchtung erfuhr, wo vor den Schranken deS Gerichts offenbar wurde, daß ein findiger Kopf es verstanden halte, unter Zuhilfe nahme seiner Vertrautheit mit dem SpirniSmus für das Bombastusmiltel, das glücklicherweise niemand geschadet hat, aber auch niemand nutzte, Millionen flüssig zu machen. Wenn das neue Gesetz gegen die Kurpfuscherei hier Abhilfe schafft, wenn es dem Unfug mit der Schwindel heilreklame und dem Geheimmittelwesen steuert, so hat die Gesetzgebung unbestritten einen Erfolg zu verzeichnen; sie hat dem Nrztestand gedient und die Kurierfreiheit nicht eingeschränkt, denn schließlich muß es dem Staatsbürger ja unbe nommen bleiben, ob er mit oder ohne Arzt, durch eine Lehmkur oder eine andre Art der Be handlung genesen will. IVävdter. Politische Kunälcbau. Deutschland. *Das Gerücht, Kaiser Wilhelm sei an einem Halsleiden erkrankt, entsvricht nicht den Tatsachen. Der Monarch befindet sich durchaus wohl. Er erteilt Audienzen und unter nimmt Spazierritte. *über die Verfügungen über den Auf enthalt des d euts ch en Kronprinzen im Schutzgebiet Kiautschou wird mitgeteilt: Der Kronprinz wird am 4. April nächsten Jahres, von Schanghai kommend, in Tsingtau eintreffen. Der Aufenthalt dortselbst soll fünf Tage dauern. Während dieser Zeit wird sich der Thronfolger mittels Extrazuges nach Tsinanfu begeben, um dem Gouverneur Sun- thochi, der bis Mai 1908 Gesandter in Berlin war, einen Besuch abzustatten. Bei der Weiter fahrt nach Tientsin wird der Kronprinz auf der mit dem deutschen Gelde und von deutschen Ingenieuren erbauten Pukow-Bahn Gelegenheit haben, die Hoangho-Brücke, ein Meisterwerk deutscher Jngenieurkunst, zu besichtigen. In Tientsin wird der Kronprinz u. a. auch von dem Führer der ostafiatischen Marineabteilung empfangen werden, da ein Teil der Abteilung dort stationiert ist. *Jn der Frage der Reichswertzu wachssteuer scheint, wie der ,K. Zig/ gemeldet wird, nun ein Übereinkommen zwischen den Par teien und mit der Regierung bevorzustehen. Um den Wünschen der Regierung, auS der Reichswert, zuwachssteuer einen höheren Betrag Herauszu wirtschaften, in bescheidenen Grenzen entgegen zukommen, ist in Aussicht genommen, die Sätze der Steuer zu erhöhen bei denjenigen Über tragungen von Grundstücken, die innerhalb der ersten fünf Jahre statifinden, wo also der Besitz schnell wechselt. Was die Verkoppelung der Vorlage mit der M ilitär v orl a g e und der Veteranenfürsorge anbetrifft, so wird der Regierung gegenüber nach wie vor die Befürchtung geltend gemacht werden, daß man dazu kommen könne, die Zuwachssteuer erneut zu erhöhen, wenn die Anforderungen der andern Vorlagen steigen. Jedenfalls wird von ver schiedenen Seiten der Verkoppelung Widerstand geleistet. Man will endlich einmal Ruhe haben, wenn das Gesetz angenommen wird, also eine genaue Begrenzung. Weder die Veteranen beihilfe noch irgendwelche andern Erforder nisse dürfen von der Steuer abhängig gemacht werden. * Das preußische Staatsministerium hat sich dieser Tage mit dem Gesetzentwurf über die Privatbeamtenversicherung beschäf tigt und beschlossen, daß über ihn zwischen den einzelnen Ressorts verhandelt wird. Nach Lage der Dinge ist zu erwarten, daß diese schnell vonstatten gehen, so daß die Angelegenheit nach Möglichkeit gefördert wird. Man kann daher mit der Veröffentlichung des Entwurfs im Januar 1911 aller Voraussicht nach rechnen. G«gla«d. *Der Beginn des Wahlkampfes hat bereits gezeigt, daß keine der beiden Parteien (Liberale und Konservative) auf eine starke! Mehrheit rechnen kann, gleichviel auf welche! Seite sich der Steg neigt. Zufrieden mit ihrem ! Erfolge können eigentlich nur die Iren sein, denn die kommende Regierungspartei wird ohne sie keine Mehrheit hinter sich haben. Bisher haben die Konservativen einige Sitze ge wonnen. Frankreich. * In der Kammer stand der Antrag auf! Wiederanstellung der infolge des Streiks ent» ! lassenen Eisenbahnangeftelltenl zur Debatte. Davei gab Ministerprüfident' Briand aegenüber dem Versuch der Sozia listen, die Wiederanstellnng zu erzwingen, eine ziemlich gewundene Erklärung ab. Er sagte darin zwar nicht die Aufhebung der Entlastung zu, versprach jedoch, daß die ausgesprochenen Strafurteile mit Gerechtigkeit und Wohlwollen nachgeprüft werden tollen. Allem Anschein nach wird also den Eisenbahnern, die am Streik teil genommen haben, weitgehende Amnestie gewährt werden. Aus dem Keickslage. Der Reichstag beriet am 3. d. Mts. den konser vativen Antrag betr. Maßnahmen gegen den Nieder gang des Handwerks. Abg. Pauli (Potsdam) führte zur Begründung aus, daß zwar in den letzten Jahren verschiedenes für das Handwerk geschehen sei, aber daß noch weitere Maßregeln nötig wären, um es zu erhalten. Abg. Euler (Zentr.) sprach sich in demselben Sinne aus und forderte nament lich den Befähigungsnachweis. Abg. Pach nicke (fortschr. Vp.) trat den beiden Vorrednern entgegen. Ihre Mittelstandspolitik werde auch von den Hand werkern selbst nicht mehr für gut geheißen, wie die Wahl in Labiau-Wehlau beweise. Notwendig sei für das Handwerk vor allem die Entwickelung des gewerblichen Unterrichts. Abg. Brühne (soz.) meinte, man solle dafür sorgen, daß die Hand werker billigeres Brot bekämen, dann würden sie sich schon selbst helfen. Abg. Findel (nat.-lib.) trat für Festlegung des Osterfestes ein und warnte vor einer Unterschätzung der Warenhaus- und Konsumvereinsgefahr. Abg. Linz (freikons.) mahnte gleichfalls zu strenger Organisation des Handwerks. Abg. Raab (wirtsch. Vgg.) bat, das Handwerk nicht immer nur auf die Selbsthilfe zu verweisen, sondern auch Staatshilfe zu gewähren. Darauf ver tagte sich das Haus. Am 5. d. Mts. steht auf der Tagesordnung die zweite Lesung des Arbeitskammergesetzes. Abg. Will (Zentr.) als Berichterstatter gibt das übliche Bild über die Kommissionsarbeit. Abg. Wiedeberg (Zentr.): Den sozialdemo kratischen Antrag auf Errichtung eines Reichsarbeits amts lehnen wir ab. Er würde den ganzen Be hördenorganismus durchbrechen. Ein Reichsarbeits amt, wie wir es uns denken, würde lediglich ein Hilfsorgan des Reichsamts des Innern zur Vorbe ratung der sozialpolitischen Gesetzgebung sein. An unsrer Forderung auf Bildung paritätischer Arbeitskammern halten wir fest. Die Beschlüsse von Arbeiterkammern würden lange nicht die Bedeutung haben. Die Mehrzahl meiner Freunde würde territoriale Kammern vorziehen. Da sich die Kommlsfionsbe- fchlüsse aber auf beruflichen Kammern aufbauen, so stimmen wir dem bei. Abg. Legien (soz.): Die Bedeutung dieser Vorlage unterschätze ich nicht. Aber was sich die Arbeiter als gesetzliche Vertretung wünschen, bringen auch die Kommissionsbeschlüsse nicht. Sie wollen in erster Linie eine reine Vertretung der Arbeiter und erst die zweite Instanz, das Arbeitsamt, müßte paritätisch organisiert sein. In der beruflichen Organisation sehen wir eine bedenkliche Zersplitte rung der Kräfte. Nehmen Sie unsern Antrag auf Errichtung eines Reichsarbeitsamts an. Abg. Graf Westarp (kons.): Der Wunsch, den sozialen Frieden zu stärken und den Kampf zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern abzuschwächen, findet auch auf unsrer Seite volles Verständnis. Theoretisch genommen hat ja der Gedanke, unter unparteiischer Leitung Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen beraten zu lassen, etwas Verlockendes. Zur prak tischen Ausführung aber gehört, daß der Gedanke mit Sympathie unb Verständnis aufgegriffen wird. Bei den Arbeitgebern ist das nicht der Fall und die Sozialdemokratie wird auch nur nach einer neuen Gelegenheit zum Kampf suchen. Die Arbeitskammern werden nicht dem Frieden diene«, weil die Sozialdemokratie kein Interesse am Frieden hat. Obendrein bedeuten die Kommissionsbeschlüsse wesentliche Verschlechterungen. Die Einbeziehung der Eisenbahnarbeiter, die Herabsetzung des wahlfähigen Alters und die Beteiligung der Arbeitersekretäre machen uns das Gesetz in der vorliegenden Form unannehmbar. Abg. Manz (fortschr. Vp.): Wir stimmen der Vortage zu, aber nur, wenn die vom Vorredner be klagten Bestimmungen beibehalten werden. Abg. H o r n - Reuß (nat.-Iib.): Wir find An hänger der sachlichen Gliederung. Den sozialdemo kratischen Antrag auf Bildung von Arbeiterkammern lehnen wir ab; das würden ja nur sozialdemokra tische Ausschüsse sein. Abg. v. Dirksen (freik.): Die Vorlage ist für uns unannehmbar. Allein schon die Einbeziehung l der Eisenbahnarbeiter und die Wählbarkeit der ! Sekretäre ist für uns unannehmbar. Wie steht er i mit dem Unannehmbar, daS die Regierung in der f Kommission ausgesprochen hat? Gegenüber einem aus allgemeinen Wahlen hervorgehenden Reichstage i ist eine starke Regierung am Platze. Aus der ! kaiserlichen Botschaft läßt sich die Forderung am das vorliegende Gesetz nicht herleiten. Obendrein haben sich die Verhältnisse so verschoben, daß die Arbeitnehmer Gesetze zum Schutze gegen Arbeit geber nicht bedürfen. Was die Wissenschaft betrifft, so schwankt sie zwischen Arbeits- und Arbeiter kammern. Das Ziel der Regierung, den sozialen Frieden zu festigen, ist ja aufs innigste zu wünschen. Aber die Vorlage bringt eine Verquickung der sozialpolitischen und wirtschaftspolitischen Aufgaben, die nicht zum Frieden dienen kann. Wir machen dieses sozialpolitische Experiment nicht mit. Auch daS Ausland hat mit solchen Kammern keine günstigen Erfahrungen gemacht. Industrie und Handel aber wehren sich mit Händen und Füßen gegen die Vorlage, die nicht eine gesunde Ent wickelung abschlicßt, sondern eine unheilvolle Ent wickelung beginnt. Der deutschen Regierung ist die Verärgerung der deutschen Industrie anscheinend völlig entgangen. Staatssekretär Delbrück: Der sozialdemo kratische Antrag hat wohl keine Aussicht auf An nahme. Er will die Organisation des Reiches aus eine andre Grundlage stellen. Die Sozialpolitik muß in derselben Hand liegen wie die übrige Wirt schaftspolitik. Die Vorlage liegt dem Hause zum zweitenmal vor. Der Bundesrat ist Wünschen des Reichstages entgegengekommen, aber er kann nicht jeden dieser Wünsche unbesehen erfüllen. Die Grund lage des Entwurfes halte ich für zweckmäßig, fein Scheitern würde ich beklagen. Die Tätigkeit der Sozialdemokratie ist gewiß wenig geeignet, unser Vertrauen in die von ihr beherrschten Institutionen zu stärken. Wir haben aber auch andre Arbeiter, und ich würde es für ein Unrecht halten, wenn wir diesem Teil der Arbeiter die Möglichkeit einer sach gemäßen Vertretung nehmen wollten, nur weil die Sozialdemokratie zurzeit stark vertreten ist. Man müßte ja am Deutschen Reiche verzweifeln, wenn das immer so bliebe. ! Die Zeiten werden sich ändern. Ich halte an dem Wunsche fest, die Vorlage zu ver abschieden. Aber das passive Wahlrecht kann un möglich auf das 25. Jahr herabgesetzt werden. WaS die Einbeziehung der Eisenbahnarbeiter betrifft, so sollen wir den Schritt tun, den ein Ihnen (zu den Sozialdemokraten) nahestehender Minister in Frank reich jetzt rückgängig macht. Dieser Punkt ist für die Verbündeten Regierungen unannehmbar. Auch die Wahl der Arbeit erjekretäre in die Arbeits kammern können wir nicht billigen. Wenn in der Presse noch angebliche Äußerungen von allerhöchster Stelle angeführt werden, so sind sic offenbar von einer Seite verbreitet, die das Zustandekommen der Vorlage hintertreiben will. ! Abg. Behrens (wirtsch. Vgg.): Wir werden alles tun, um das Zustandekommen der Vorlage zu fördern. Unrichtig ist, daß alle Industrielle die Wählbarkeit der Arbeitersekretäre bekämpfen. Abg. Kulerski (Pole): Der territorialen Gliederung wurden wir den Vorzug geben. Abg. Naumann (fortschr. Bp.): Die Sozial politik soll bei uns die Wunden heilen, die die Wirtschaftspolitik schlägt. Aber die Frage de» Arbeitsamts gehört nicht in dieses Gesetz hinein. Die jetzt vorgeschlagene Arbeitskammer freilich droht von vornherein zu versanden. Gras Westarp und Herr v. Dirksen rufen der Regierung zu: Werde hart! Aber schon bei Einbringung des Sozialisten gesetzes hieb es, wir stehen am Beginn der Re volution. Die Revolution ist aber nicht gekommen, weil man die Arbeiter gerechter zu behandeln sich gewöhnt hat. Die Sozialdemokratie ist gewiß eine verneinende Partei, aber infolge der falschen Poli tik, die bei uns getrieben wird. Dem r Klassenstaat folgt die Klassenpartei. - Wahre Autorität wird durch offene Aussprache nicht erschüttert. Die Rechte freilich will niemand Rede und Antwort stehen. Für die Eisenbahnarbeiter schickt sich durchaus die Gleichstellung mit den industriellen Arbeitern. An der Wählbarkeft der Sekretäre haften wir fest. Staatssekretär Delbrück: Die Tätigkeit in Eisendahnwerkstätten kann der sonstigen industriellen Täligkeil nicht gleich gestellt werden. Abg. Legien (soz.): Der Staatssekretär erklärt die Eisenbahnarbeiter einfach für niederen Rechts; sie werden eS sich merken. Abg. Fleischer (Zentr.): Das Zentrum gehl auch hier seinen Weg ohne Rücksicht auf rechts und links. Wir begrüßen die Tendenz der Vorlage, für den sozialen Friesen zu wirken, und arbeiten für ihr Zustandekommen. Die Weitirberatung wird vertagt. O Ein ctunkies Kätlel. SOj Kriminalroman von Ernst Golling. AorUetzmiaU Der Bahnwörter macht auf Bruno einen wett besseren Eindruck, als ibn die Schilderung des Gastwirts im Dorf« erwarten ließ. Der alte, wettergebräunte Mann ist noch sehr rüstig und verröt in seiner ganzen Haltung den altgedienten Soldaten. Bruno lauscht mit Spannung auf die Unter- Haltung, die Stahl mit dem Wörter angeknüpft bat, aber was der Detektiv mit diesem spricht, ist zunächst sehr belanglos. Augenscheinlich will er den Mann erst gesprächig machen, und dies gelingt ihm leicht, sobald er den ehemaligen Soldaten aut seine Kriegseriunerunqrn bringt. Da wir der erst wortkarge M mn lebendig. „Aber bier ist die Stelle!* sagte er, sich plötzlich unterbrechend, und bleibt bei einem K lometersteine stehen. „Hier habe ich an jenem Morgen den Toten gefunden. Er lag hier zwischen dem Gleise.* Unwillkürlich richtet Bruno d-n Blick auf die Stelle, nach welcher der Stock des Wärters deutet. Es ist ihm, als müsse der Kies noch rot gefärbt sein von dem Blute deS Ermordeten. Aber nicht daS mindeste ist zu sehen; der Kies steht hier genau so ans, wie überall. Seit länger als drei Monaten ist Wind und Regen darüber hingegangen und hat jede Spur verttlgt. Trotzdem kennt der Bahnwärter die Stelle genau. „Sehen Sie, Herr k* sagt er zu dem Detektiv. .Hier war es, hier bei dem Gebüsche. Es find gerade dreihundert Meter von meinem Hause bis Hierher. Da siebt der Stein. Hier war der Mann ms dem Zuge gestürzt.* Der Detektiv blickt umher Die Bahn zieht sich schnurgerade bis ins scheinbar Unendliche hin, und die Schienen glänzen in der Sonne. Zur Linken, wo das Gebüsch an der niedrigen Böschung wächst, läuft neben der Bahn ein Fahrweg hin, der nach dem Dorfe abbiegt. Es ist derselbe Weg, den Bruno mit dem Detektiv gekommen ist. Aus diesem Wege aber kam in jener Nacht, als der Mord im Zuge geschah, der Knecht des Dortschulzen mit dem Fuhrwerk vorbei. Konnte der Knecht von dem Vorgänge etwas gesehen haben? Und der Bahnwärter selbst? Er stand doch damals gewiß vor seiner Bude an dem Über gang, wo der Weg über den Bahnkörper führt. Mit diesem Gedanken wendet sich der Detektiv an den Wärter. „Wenn bier der Tote aus dem Zuge stürzte, so können Sie wohl kaum etwas davon gesehen haben?!* meint er. „Nein, Herr, davon nicht, denn ich war ja bei der Bude und die ist noch ein Stück jenseits von meinem Haust,* erwidert der Wärter, indem er mit dem Stocke die Strecke rückwärts zeigt. „Aber,* setzt er bedächtig hinzu, „gesehen habe ich doch WaS. Die Leute wollen es mir zwar ausreden, sie meinen, wenn ein Zug so schnell vorbeisaust, könnte man nichts drinnen be merken —* „Was haben Sie denn gesehen?* forscht der Detektiv, als der Mann eine Pause macht. „Nun, Herr, ich konnte natürlich nicht viel erkennen, denn es ging so schnell, als wenn man ein Licht ausbläst. Ich sah eine Couvötür offen, ich sah, wie sie gegen den Wagen schlug — sie mußte soeben erst aufgestoßen sein und so viel konnte ich sehen, daß es ein Coups erster oder zweiter Klaffe war." Und weiter? mahnt Stahl den weitschweifig Erzählenden. „Weiter sah ich drin zwei Männer. Der eine hatte den andern gepackt, und es schien, als zerre er ihn nach der offenen Tür. Das, Herr, ist alles, was ich bemerkte, denn wie der Blitz flog die Szene an mir vorbei." „Und dreihundert Meter von Ihrer Bude entfernt haben Sie dann den Toten hier an dieser Stelle gefunden? — Hm!" nickt der Detektiv nachdenklich. „Der Zug brauchte wohl keine halbe Mnute bis hierher von Ihrer Bude?" „Lauge nicht, Herr. Eine viertel Minute höchstens, denn es war ja ein Schnellzug!" er widert der Bahnwärter. „Es ist klar,* spricht Smhl darauf zu Bruno, „die Beobachtung dieses Mannes ist ein direkter Beweis dafür, daß der Tote ermordet wurde, daß er nicht freiwillig aus dem Zuge sprana. Und er muß auch schon in dem Augenblicke tot gewesen sein, als der Wärter die Szene in dem Coups bemerkte. Es war ein Leichnam, den der Mörder nach der offenen Tür zerrte. Es hätte ja auch keinen Sinn gehabt, wenn er die Tür früher geöffnet hätte, ehe er sein Opfer umgebracbt.' Er gibt dem Wärter ein paar Zigarren, die dieser schmunzelnd annimmt, ohne zu ahnen, mit wem er gesprochen, wem er seine Angaben gemacht hat. Bruno glaubt nach der kurzen Schilderung des Wärters fene grausige Szene im Coups deutlich vor sich zu sehen, und es schaudert ihm vor dem Manne, den er Onkel nennen muß. „Ja, er bat ihn ermordet, graukam erschlagen, den armen Teufel, dessen Verrat er türchtete,* murmelt er, während er mit dem Detektiv den Rückweg nach dem Dorst antritt: „Die Aus sage dieses Bahnwärters ist der furchtbarste Beweis; sie wird ihm den Hals brechen." Asts beide im Gasihgse mkommru, wartet ihrer schon das Mittagessen. Aber Bruno rübrr kaum einen Bissen an, ihm ist gar zu schrecklich zumute, feder Appetit ist ihm vergangen. Kommissar S>ahl läßt dagegen der Koch kunst der Wirtin alle Gerechtigkeit widerfahren. Ihn bringt nichts so leicht ms dem seelischen Gleichgewicht. Während dem Essen plaudert der Wirt von diesem und jenem, er erzählt auch, daß inzwischen eine fremde Dam« hier gewesen sei. „Sie schien zu Fuß gekommen zu sein," sagt er, „was doch sehr sonderbar ist, sie hätte von Neustadt ja Fahrgelegenheit haben können. Ich glaubte erst, sie käme zuw Begräbnis der Schulzsnmutter, aber sie wußie gar nichts da von. Sie war auch nicht aus dieser Gegend. Überhaupt — ich weiß nicht — sie kam mir so seltsam vor, so aufgeregt und ängstlich." Bruno achtet nicht auf diese Reden des Wirtes. Auch Stahl hört nur zerstreut zu und wirft ein gleichgültiges „So — so I* hin. N8K. »ch den ! lindes bi dwktätige «m. Nm M nur klebe dal kmes Gex vorherrsche «aßerkem bm Geist C«ue un lmfe, die Zeichnens, Vanes zu überzeug:» «benio wiö Staate, m Anführunx somtbeit « Forderung >st bisher kechuet — der übrige ! Hebe» mute >>nd vbur Lehrer soll bei aller ««ch dassi d«ng erw> dnelst» A «Heilen, »ich band kingetreten. MmpA. ' sichen Vor Gebiete Ke kiedererwc schlecht, d «lehren ve> einem selb beraniritt leistung ar eine eigen Jahrzehnte lat, wenn den Handc stnaben ei vorgesehen U«*vi w-d deS Wten, s des Staat Natürlich u MerriiM z» fürchten Rn paar flir diesen Schüler n fine wählst In welche soll und fig«et wär Ruder üb bemünftigk Herde». l tung ist ni doch dürste Schwierigk leiseste lös >mb nach Es gibt vi Sache wib Und die N «eben wür — Ein- Umrde, die unsrer Kri Es sollen rugeteilt d Werften v auk offener flotte bei »der leicht „Ja,* sonderbar, "tiefes Sc °us, nicht bewabre. Fremden tzenau wis Jetzt ' „Sagt die beide darau» „Stein Herren vi jener alst sagte, S« wegen erk wären u seren." „Ist fällt der ,3a, Höne, S zu Mitta Zuerst äri nachten, und im L und ich fi schwinden Komm ganz bla und mach als sie bk „Nun, Dame. H .Sie
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