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Zu seiner Ehre muß hervocgehoben werden, daß Herr Zur mühlen seit dem Tode seiner Gattin noch nicht an eine zweite Heirath gedacht hatte und selbst bei den schwersten Sorgen ein solcher Gedanke ihm noch nicht gekommen war. „Ja, es muß bald Rath geschafft werden, so oder so," sprach er plötzlich halblaut aus diesem Gedanken heraus. »Vor erst ist Walters Tod ein großes Glück für uns, da wir seine natürlichen Erben sind." „Wenn er nun aber ein Testament gemacht hätte, Papa, — vielleicht zu Gunsten seines Freundes, jenes Leo Brinken, was dann?" Herr Theophil fuhr unwillkürlich zusammen. »Zum Henker noch einmal, Junge," sagte er mit heiserer Stimme, „Du machst mich nervös mit solchen »Wenn" und „Aber"! Ein Testament — wer kann nur auf diesen Ge danken kommen — er ist zu absurd." „O, zuzutrauen wäre es ihm schon," meinte Max nach denklich, »er war immer so besonders, und liebte seinen Freund jedenfalls mehr als uns beide, Papa! Ziehe diesen Fall also mal in Deine Berechnung, es ist immer gut, wenn man sich auf alles gewappnet hat." Zurmühlen antwortete nichts, sein Gesicht, das sich durch eine gesunde Farbe auszeichnete, war aschgrau geworden und schien in diesen wenigen Minuten um Jahre gealtert zu sein, was der Sohn entsetzt bemerkte. »Der Gedanke scheint Dich furchtbar aufzuregen, Papa!" bemerkte Max kleinlaut, „es ist ja nur eine Meinung, am Ende nur eine grundlose Furcht." „Hm, das will ich nicht behaupten," murmelte der Bankier, „ich muß in der That mit diesem Fall rechnen. Vorderhand wollen wir die Dinge abwarten und an uns herankommen lassen. Verlaß mich jetzt, mein Sohn, ich habe viel zu denken und zu arbeiten, vergiß aber nicht meine Mahnung, wache keine neue Schulden, hörst Du, es wird mir schwer genug sein, die alten zu bezahlen. Vor allen Dingen aber der Welt gegenüber ein sorgloses Gesicht, ein schwaches Mißtrauen kann im Hand umdrehen zu einem Feuer werden, das unser Haus vernichtet. Wenn nur Vogel keine Witterung hat, seine damalige Krank heit schien mir bereits ein verstecktes Mißtrauens-Votum zu sein und seit geraumer Zeit vermeidet er jede Begegnung, bez. jedes Alleinsein mit mir. Er hat eine verzweifelt feine Nase in solchen Dingen und richt Krisen, wovon Niemand die leiseste Ahnung hat, der reine Börsen-Wetterprophet." »Aber diskret —" „Nun, er hütet sich, deutlich zu werden, selbstverständlich, — taber seine Warnungen und Rathschläge gleichen nur zu häufig Sturmvögeln, die Angst und Mißtrauen unter den Rentenbesitzern erregen. So habe ich dieser Tage verschiedene Zahlungen machen müssen, an ängstliche Seelen, die keine anderen Papiere dafür nehmen wollten und wenn diese Furcht epidemisch werden sollte, dann — ist das Ende sicher da." »Höre Papa," sprach Max nach einer drückenden Pause, „Du hättest Dich längst wieder verheiraihen sollen, so lange die Firma Siegfried noch einen unantastbaren Ruf besaß. Da ist zum Exempel die Wittwe Scharf, steinreich, stattlich, so recht paffend für Dich." „Freilich, reich und stattlich ist sie, aber ihr Ruf ist nicht ganz fleckenlos", erwiderte der Bankier mit einem flüchtigen Lächeln, „auch macht sie ihrem Namen, wie man sagt alle Ehre, da sie eine Tantippr sein soll. Man redet ihr hinsicht lich ihres verstorbenen Gatten böse Dinge nach." „Ach, was wird nicht alles geschwatzt, Papa, darüber müßtest Du doch genug Erfahrung haben. Kein Mensch in der Welt entzieht sich der Verleumdung, und nun gar eine alleinstehende Frau! Du solltest Dich nicht lange besinnen und, sobald Du daß Jawort hast, sofort nur heirathen." Trotz seiner finsteren Gedanken mußte Herr Theophil Zur mühlen doch über den Eifer dieses sonderbaren Freiwerbers laut lachen. „Es klingt zu komisch aus Deinem Munde, mein guter Junge," sagte er dann, „ich möchte behaupten, daß es nicht häufig vorkommt, daß ein Sohn den Vater zu einer Heirath überredet. Und doch ist es keine schlechte Idee, die ich mir in der That überlegen will." „Nur nicht zu lange, Papa, Du hast keine Zeit mehr zu verlieren." „Darin hast Du wiederrum sehr recht, mein Sohn!" seufzte der Bankier, dem überhaupt nicht heirathslustig zu Sinne war. »Eins nur darfst Du dabei nicht vergessen, daß alles, was ich thue und gethan habe, für Dich geschehen ist." Er reichte dem Sohne die Hand und sah ihn mit einem unbeschreiblichen Blick an, der dem blastrten, oberflächlichen jungen Manne unvergeßlich blieb. Als der Bankier sich j-tzt nach seinem Schreibtische umwandte, verließ Max das Zimmer, um sich auf das seinige zu begeben und über die Wandlungen deS Glücks und das seltsame Wesen des Vaters nachzugrübeln, eine Arbeit, die ihm zu neu und zu ungewohnt war, um sich derselben lange hinzugeben. Menn die Goldströme der Wittwe Scharf erst der Firma Siegfried zu Gebote standen, dann waren alle Wolken beseitigt und das Glück wieder an's Haus gefesselt. — Selbst des Stiefbruders Testament konnte alsdann keine Schrecken mehr verbreiten. „S'ist nicht so schlimm, als man sich's denkt, Wenn man's nur recht erfaßt und lenkt!" trällerte er, seinen Hut ergreifend und das Haus verlassend, ohne noch weiter an die väterliche Mahnung, und an das drohende Messer, dessen Schneise an einem leichten Faden über des Hauses Glück und Ehre hing, zu denken. Max Zurmühlen war eben ein Kind unsrer Gegenwart an der Wende des Jahrhunderts! 7. In allen größeren Zeitungen Norddeutschlands ließ der Chef der Firma Siegfried die Todesnachricht seines Stiefsohnes, der im Dienste der Wissenschaft sein junges hoffnungsvolles Leben verloren, und auf der Heimkehr von einem indischen Meuchelmörder erschlagen worden sei, in hochtönenden Phrasen veröffentlichen. Doch neben einer großen Theilnahme, die das traurige Loos des Todten in der Vaterstadt wie auch auswärts fand, mochte wohl mancher Näherstehende denken, daß Herr Theophil Zurmühlen und sein Sohn gerade keine besondere Ursache zu einer derartigen Trauer hatten. Als Leo Brinken, der wieder einmal in Italien weilte, diese Todesnachricht durch ein Telegramm seines Vaters erfuhr, kehrte er sofort in die Vaterstadt zurück, um dem Freunde, doch mindestens das letzte Geleite zu geben, da er, wie die große Mehrzahl der Bekannten, es vorausgesetzt, daß Walter neben den Eltern im Siegfried'schen Erbbegräbniß ruhen werde. Der Künstler war bei der unerwarteten Todesnachricht wie gelähmt gewesen, er hatte es nicht fassen, und keine Minute mehr Ruhe finden können, bis er neben dem Vater saß, um von diesem die Einzelheiten über das schreckliche Ende des ge liebten Freundes zu hören. „Ich kann Dir nichts darüber sagen," erwiderte der alte Arzt, „Du weißt, daß ich mit Herrn Zurmühlen nicht mehr verkehre. So viel ich von dem Bankier Vogel erfahren habe, ist er auf unerklärliche Weise in eine indische Wirthschaft bei Madras, wo Matrosen und Eingeborene verkehren, gerochen und hier von einem der letzteren erstochen worden. Er soll arg zugerichtet und ganz unkenntlich gewesen sein." „Woher hat man denn die Sicherheit geschöpft, daß es Walter wirklich gewesen ist?" fragte Leo erregt. „Ei, dann hätte er sich doch auf dem Schiffe wieder ein gefunden, mein Sohn!" versetzte der Vater verwundert. »Nein, darüber kann gar kein Zweifel bestehen, — der arme Junge muß zufällig in jene Spelunke gerochen sein, vielleicht infolge seines wahrhaft guten Herzens, um einem Verunglückten bcizu- stehen, was zweifellos die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat. Wundern könnte man sich freilich, daß der Kapitän des »rochen Stern" nicht vor der Beerdigung des Todten an den Stief vater desselben telegraphirt bat, weil er sich doch hätte sagen müssen, daß es der reichen Firma nicht auf die Transportkosten ankommen konnte, um dem Sohn und Erben die ihm gebüh rende Grabstätte zu geben!" „Gewiß, und darüber will ich mich bei Herrn Zur mühlen selber unterrichten. Es ist eine schmähliche Unter lassungssünde!" Leo hatte sich bei diesen Worten erhoben und einige Male heftig das Zimmer durchmessen. Jetzt blieb er vor dem Vater stehen. „Du weißt doch, daß Walter vor seiner Abreise noch die Erbschafts-Regulierung mit seinem Vater gemacht hat, Papa?" „Ja, er fragte mich um Rath, den ich ihm in dieser Sache nicht erteilen konnte, weil er selber so unentschlossen war. Na, der Bankier Vogel, den er sich auf Kleemanns Rath als fachmännischen Vermittler gewann, zog den Kopf, als die Ge schichte in Szene gesetzt werden sollte, klug aus der Schlinge. Da ist die Sache denn mit Hülfe eines Zurmühlenschen Freundes zu einer papiernen Form geworden. Nun, der gute Walter ist dem Herrn Theophil doch zur gelegenen Stunde gestorben, als Erbe des Stiefsohnes hat er von dieser Seite nichts mehr zu fürchten." „Meinst Du?" fragte Leo bitter lächelnd; „wenn Walter nun aber ein Testament hinterlassen hätte, Papa?" Der alte Arzt sah ihn erstaunt an. „Sprichst Du im Ernst?" Leo nickte. „Also wirklich ein Testament, von dem sein Stiefvater natürlich keine Ahnung hat." „So ist es, und ich selber bin es, der ihm diesen Ge danken damals nahe gelegt hat." „Aber weshalb eigentlich nur?" fragte der Vater kopf schüttelnd, „aus Haß gegen die beiden Zurmühlen? Sie waren seine einzigen Verwandten und deshalb seine natürlichen Erben, Du, als sein Freund könntest ohne jene beiden nur dann noch in Betracht kommen." „Ich bleibe ganz ausgeschlossen," wehrte Leo entschieden ab, „Du hörst ja, daß ich ihm selber zu dem Gedanken ge- rathen habe. Nein die Universal-Erbin Walter Siegfrieds hat ihre Geschichte, die ich Dir jetzt erst erzählen darf, lieber Vater!" »Eine Frau also," murmelte der alte Arzt, „nun darauf bin ich denn doch neugierig." „Keine Frau, nur ein Kind von kaum zwölf Jahren ist die Erbin," erwiderte Leo wehmütyig lächelnd, und erzählte mit halblauter Stimme, als dürfe er das Geheimniß des Todten noch nicht preisgeben, die Geschichte des Findlings, der kleinen Insel-Nixe. Dr. Brinken hörte mit wachsendem Erstaunen zu. „Und davon hörte ich heute zum ersten Male," rief er vorwurfsvoll, „wein eigener. Sohn spielt als Vormund eine große Rolle in der romantischen Geschichte, und ich weiß kein Sterbenswörtchen davon." „Es war nicht mein Geheimniß, Väterchen!" versetzte Leo ernst, „ich hatte dem Freunde mein Wort verpfändet, nichts davon zu verlachen, das genügt Dir hoffentlich." „Gewiß, gewiß, — dieses Kind ist also die Erbin, es ist noch immer auf jener Insel?" , „Nein, Eva Helbach, wie der Pfarrer sie getauft hat, be findet sich seit zwei Jahren in einer Pension bei Dresden. Sie ist zwölf Jahre alt und bereits der Liebling ihrer Lehrer innen wie Mitschülerinnen. Ich habe eine tödtliche Furcht, ihr Walters Tod mitzuthcilen, das Mädchen war ihm mit leidenschaftlicher Liebe zugethan." „Sie erhält also die Erziehung einer Dame," bemerkte der alte Arzt nachdenklich. „Ja, es war sein Wille, ihr kleines mütterliches Vermögen nicht dazu zu verwenden, indem er die Kosten übernahm. Ich hatte meine Bedenken dabei. Nach dem Schreiben der Mutter sollte das beigefügte Kapital von zehntausend Mark auf die Lebensunterhaltung und Erziehung der Kleinen verwendet werden. Sie sollte in einfachen Verhältnissen auf der Insel bleiben. Wenn diese unglückliche Mutier jetzt ihr Kind sehen könnte, so würde sie schwerlich daran denken, ihren Erziehungsplan aus zuführen. Die kleine Eva verspricht bildschön zu werden. Ihre Anmuth ist schon jetzt bezaubernd, ihre Intelligenz, ihr Be griffsvermögen weit über ihre Jahre hinaus." „Mit einem Wort, sie ist ein Unikum, diese moderne Eva," setzte der alte Brinken hinzu, »zu ihrer Schönheit und ihrer Er ziehung gehört viel Geld, so hast Du gedacht, mein Sohn, und den Freund deshalb zu dem Testament veranlaßt." „Jawohl, so ist es —" „Gut, ich sage Dir aber, daß diese Esa keinen Heller von dem Siegfried'schen Vermögen sehen wird, weil Herr The ophil Zurmühlen sofort Einspruch dagegen erheben, und die Prozeßkosten dann schließlich ihre zehntausend Mark verschlingen werden." „Das heißt, wenn wir den Prozeß verlieren, mein lieber Vater!" entgegnete Leo achselzuckend. „Na, sieh mich nur Dünger sÄLs* Saaten Streu- für Itoxxvu, Haler, LLülben, ILrnul, — — — — — » Kalk unrl Müs ?6moo. Störung MNUAAMAMMMD bietet öss borübmt«" Kkkeimk Winke, Ü6im86U8 »erliu 8.VP., «L. Meissner ?vrrkllsn-ltill mit gssetrliok gesokütrter Etikette. . korrellan, Lteiiigut., 6Iss dauerdakt kittend. 2U 30 ?tz. in Wilsdruff allein eelit Kei I'a.il ILIet^ell Wer sein Vieh lieb Hal, es frisch, in gutem und frei von Ungeziefer halten will, muß suw räthig haben: . v. Kobbk'8 Isnüwittbsesi. ^i-sparate uno Viktiwa8eü688knr in Packeten L50Pf. und 1Mk. Allein. Engros-M iLiet^sel» Wilsdruff. ete., Ctr. Mk. 1.- SM Hunderte Atteste. Proben, . vnuoll, nicht so entsetzt an, ich, als Vormund der Erbin, den Prozeß für sie führen, und ich werde mich dies» P!" nicht entziehen." „Wer mag denn das Testament in Händen Han» fragte der Vater nach einer Pause. I f „Der Notar Hütter, ich werde mich doch mal Wl ihm begeben." Leo warf einen Blick auf seine Uhr. „Er wird bei Tische sitzen, schadet aber nichts, desioD. treffe ich ihn. Also erst zum Notar und dann zu v. Zurmühlen."(Fortsetzung MO, Vermischtes. * Das allgemein übliche und meist mWA-, Zeugniß: „Treu, fleißig, ehrlich", das sich iE in den Büchern der Dienstmädchen befindet, hat einmal zu einer Entschädigungsklage Veranlassung B, die vor dem Amtsgerichte Berlin ! zur Verhandlung wird. Ein Kaufmann K. miethete vor zwei Monate" Dienstmädchen, das nach dem Zeugnisse ihrer letzten U - schäft sich als „treu, fleißig und ehrlich" erwiesen Dieser Tage nun wurde das Mädchen abgefaßt, nnä > in dem Komptoir des K. aus einem verschlossenen PI das es mit Hilfe eines Nachschlüssels geöffnet hatte, n Hundertmarkschein stahl. K., der durch nachträMe frage die der früheren Herrschaft erfuhr, daß das auch dort durchaus nicht ehrlich gewesen war. hat^ diese für die Einschreibung des falschen Zeugnisses eine ' schädigungsklage in die Höhe von 150 Mk. augeD"^ Die muthige That eines Kindes wird ! Paris gemeldet. Zwei Kinder spielten am Ufer der § Plötzlich fiel das jüngste, ein Junge von drei Jahres das Wasser. Sein Bruder, ein Bürschchen von Jahren, stürzte sich kurz entschlossen in die Fluten, n>" zu retten. Er konnte zunächst den kleinen Körper^ Wasser nicht finden und schwamm deshalb unt Mühe an das Ufer. Da tauchte der VerungliM einmal im Wasser wieder auf; dieses sehend, sM^ kleine Held von Neuem iu die Seine. Jetzt gelang es das Brüderchen zu erreichen, an's Land und zu den zu bringen. . „ * Einen interessanten Gegenstand hat eM 0^, arzt in Hamburg in einer öffentlichen Auktion erstanden. I selbe kaufte eine Pendule zum Preise von 25 Mk., welti sie äußerlich ziemlich unsauber erschien, einem Uhrmoch" Reinigen und zur eventuellen Reparatur übergeben wurde- , Käufer war nicht wenig erstaunt, als er von dem erfuhr, daß die Pendule einen Goldwerth von mehr al» Mk. hat, und was den Gegenstand noch intressantek oia" , die Thatsache, daß sich auf der Rückseite der gravirt eine Widmung befindet, nach welcher die seinerzeit dem Dichterfürsten Goethe vermuthlich von t seiner Verehrer drdizirt worden ist. Auf welchem WUN Pendule schließlich in ein Versteigerungslokal nach ri D gelangte, ist noch nicht aufgeklärt. Der glückliche BeW wie die „Altonaer Nachrichten" hören, nach dieser weitere Nachforschungen anstellen lassen. 8ielieren Lrkoix gegen Appetitlosigkeit, Magenweh schlechtem, vervsrbenen Magen ächt Paketen L 25 Pfg. in der bringen die allgemein bewährten lMeiMlir-LsiMellei!