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Ottendorfer Zeitung : 21.10.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191010211
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19101021
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19101021
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-10
- Tag 1910-10-21
-
Monat
1910-10
-
Jahr
1910
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 21.10.1910
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^Lektsr. und dabei mit be- verschaffen, wir haben ja eine Menge Bekannte, Bruno und steigt mit ihr die Treppe hinauf. Frau Körner hält Wort, sie begibt sich am wartet mit Unruhe und Sehnsucht ihre Rückkehr ihr Vaterland. AM-"« >"-!!. der Regierung getroffenen Maßregeln werde zum Sturze deS Ministerium« führen, so ist diese Nachricht offenbar lediglich der Hoff'ung auf solchen Erfolg entsprungen, einer Hostnung, die sich nicht erfüllen wird. Frankreich ist stolz auf feine Kustur, es wird nicht dulden, daß ein ent- scheidender Faktor seines kulturellen Ausstieg?, sein Verkehrsleben, ohne nachhaltigen Schutz der Regierung sei. Briand und Millerand kennen Ausgaben zugeführt werden solle. Die Mono- gassen können nun wieder ihre volle Aufmerk samkeit den Fremden schenken. E«gla«d. * König Manuel hat mit der gesamten königlichen Familie Gibraltar verlassen, um sich nach England zu begeben. Wie verlautet, werden sich mehrere Anhänger des Exmonarchen ein finden, um mit ihm über die Zukunft zu be raten. könnte!" hatte er ost gesagt deutlicher Miene den Kopf geschüttelt. Frankreich. * Ministerpräsident Briand hatte in seiner Eigenschaft als Vertreter des Ackerbauministers mit dem Direktor für Ackerbau eine Besprechung wegen der Lebensmittelteuerung. Er erklärte, die Regieruilg werde eine Verordnung erlassen, die die Einfuhr amerikanischer Kar toffeln gestattet, aber lediglich solcher, die zur Nahrung dienen. Der Ministerpräsident unterzeichnete ferner einen Erlaß, durch den die Einfuhr von Rindvieh auS Marokko gestaltet wird. Bezüglich des Getreides bessert sich die Lage. Die Preise sind gefallen, die Ernte wird als gut bezeichnet. * Der .Verfassungskonflikt" im Fürstentum Monako ist beendet. Der Fürst hat dem Lande einen Gemeinderat und die Ein richtung einer Schatzverwaltung be willigt. Die Ruhe im Lande ist damit ge sichert. Man glaubt, daß ein Teil der Ein künfte, die der Fürst auS der Spielbank von Monte Carlo bezieht, einem zu errichtenden Staatsbudget zur Bestreitung der öffentlichen Und kopfschüttelnd, nachdenklich vor sich hin murmelnd, geht er hinaus. Der Prokurist blickt ihm mit einem Lächeln nach und setzt sich wieder an sein Pult. Er hält den alten Mam für kindisch. AIS Bruno sich von seinem Onkel verab schiedet hat und in die Halle zurückkehrt, tritt ihm seine Mutter entgegen. Sie hat durch die GlaStür den Wagen davon fahren sehen. „DaS sieht ihm gleich, so ohne jeden Ab- schied von mir, seiner eigenen Schwester, davon- zugeben," spricht sie gekränkt. „Aber mir ist rin Stein vom Herzen, Bruno, daß er fort ist, daß er nicht mehr mit unS unter demselben Dache wohnt. Gott verzeihe mir, wenn mein mit Hilda. Seine Enttäuschung ist daher groß und bitter, als seine Mutter nach mehreren Stunden allein zurückkehrt. Ganz bestürzt empfängt er sie im Wohnzimmer, wo er schon einen prächtigen Blumenstrauß für die Geliebte auf den Tisch gestellt hat. „Mein lieber Bruno, ich habe Hilda Winter morgen zu Tisch bei uns eingeladen und sie wird kommen!" „Wird Hilda bei unS wohnen, üebe Mutter? fragt Bruno weiter. „Nein, sie will allein für sich bleiben, und, mein Sohn, ich finde, sie hat recht darin!" „Aber, Mutter, wovon lebt sie? WaS fängt sie an in ihrer Verlassenheit?" „Wir werden ihr neue Unterrichtsstunden O 6m ärmkles Katfel. 10) Kriminalroman von Ernst Golling. <T»rtsetz»mg.) Der alte Schwalbe hat den Eindruck nicht verwinden können, den er bei dem Emvfang des Bankiers auf dem Bahnhofe erhielt. Und er hat sich darüber verschiedentlich ge äußert. „Wenn ich ihn nur einmal genauer ansehen „Ec hat die Absicht, in ElverShöh zu bleiben!" „Gott sei Dank! Ich kann den Anblick des schrecklichen Brandmals an seinem Körper nicht vergessen. ES steht mir fortwährend vor Augen und ick muß schaudern, wenn ich daran denke. Ich würde Gott weiß wie viel darum geben, wenn ich wüßte, wo er das her hat." „Beunruhige dich nicht darum, Mutter!" sucht Bruno abzulenken. „Möchtest du nicht heute oder morgen zu Hilda gehen?" „Ja, ich werde sie morgen besuchen und über alles mit ihr sprechen." Vas neue Portugal. „Die Republik will ihren Weg machen durch Klugheit und Gerechtigkeit," so hieß es in der Kundgebung der neuen Machthaber auS der sechsten Oktobernacht. Aber wie so oft im poli tischen Leben — und besonders an der Schwelle völliger Neugestaltung — verbarg sich hinter dem klingenden Wort nicht die Kraft, eS durch die Tat zu beweisen. Die Männer, die die Republik vorbereitet und endlich ins Werk gesetzt hüben, sind alle weit über die Grenzen ihres Vaterlandes hinaus bekannt als (Belehrte, denen menschliches Leid und seine Heilungs möglichkeit, Staatsrechtskunde und Völkerrechts- Philosophie wohlverlraut sind, aber keiner — mit einer Ausnahme — hatte je Gelegenheit, die kunstvolle Maschinerie kennen zu lernen, mit der Staaten regiert werden. Und so ist's kein Wunder, wenn ihnen die Herrschaft nach dem ersten Bcgeisterungstaumel schnell entglitt, um Leuten ausgeliefert zu werden, die gegenüber andern Pöbelhorden nur den Vorzug der Nüchternheit haben. Der Portugiese ist mäßig im Alkoholgenuß, sonst hätte die neue Republik noch schlimmere Blutszenen gesehen, als es ohnehin der Fall ist. Denn was die neue Re gierung auch sagen mag, Tatsache ist, daß in den letzten Tagen Lissabon der Schauplatz wüster Tumulte gewesen ist. Szenen spielten sich ab, die weder Klugheit noch Gerechtigkeit erkennen lassen. Die Republik muß es mit sich ausmachen, wenn sie di« geistlichen Orden auflöst, Klugheit und Gerechtigkeit mußten aber eine Pciesterhrtze ver hindern, die unbeoingt die neuen Machthaber aller Sympathien der gerecht Denkenden be rauben muß. Nach jener Nacht, die König Manuels jungem Herrschertraum ein Ende machte und die Lissabons Straßen rötete mit kennen gelernt." „Ach, liebste Mutter, du mußt aber doch einsehm — oder vielmehr Hilda muß einsiden, daß ich sie unmöglich in ihrer jetzigen Lage lassen kann. Wo könnte sie besser aufgehoben sein als bei dir? Ich würde, da der Onkel fort ist und seine ganze Wohnung leer steht, in einem der Zimmer unten ganz gut logecer und Hilda könnte mein Zimmer hier bekommen!" „Ich habe ihr das vorgestellt, mein Sann, aber sie hat mich überzeugt, daß dies nicht ratsam ist. Laß also Hilda zunächst ihre eigenen Wege gehen. Sie wird' ihre jetzige Wobnmig aufgeben und sich in einem andern Stadtteil, Politische Kunäicbau. Deutschland. "Auf dem Feste auS Anlaß der Hundert jahrfeier der Kriegsakademie in Berlin, hielt Kaiser Wilhelm eine Rede, in der der Monarch auf die hohe Bedeutung dieser militärischen Bildungsanstalt hinwies. 'Kaiser Wilhelm hat dem Alters heim und dem Jrrenhaufe in Buch bei Berlin einen mehrstündigen Besuch abgestattet. Buch ist bekanntlich einer der schönsten Fürsorgeheime der Welt. * Auf Grund der Gegenseitigkeit findet nach einem neuen Erlasse des preußischen Ministers des Innern im deutsch-schweizerischen Auslieferungsverkehr die Auslieferung künftig auch statt wegen vorsätzlicher und rechts widriger Vernichtung oder Unterdrückung einer öffentlichen oder Privaturkunde, sofern die Hand lung in der Abficht, einem andern Schaden zu zufügen, begangen und nach deutschem wie nach schweizerischem Rechte strafbar ist. * Zur Frage der preußischen Wahl rechtsreform verlautet, der Ministerpräsident werde darauf beharren, daß der preußische Land tag in seiner nächsten Session die Wahlrechts reform erledigt. Es werde jetzt ein neuer Ent wurf ousgearbeitet, der den Wünschen der Linken entgegenkommt. ' Der F r i e d e in der W e r f 1 i n d u st r i e, wo es zu neuen Streitigkeiten über die Aus zahlung der Akkordüberschüsse gekommen war, ist nunmehr endgültig gesichert. In den meisten Betrieben ist die Arbeit bereits wieder ausge nommen worden. * Die Konferenz der reich 8 treuen und nationalen Arbeitervereine, die in Magdeburg dieser Tage zusammentrat, hat be- schlossen, die Regierung um den Erlaß eines Gesetzes zu ersuchen, das Maßnahmen für den Schutz der Arbeitswilligen trifft und daS Streikposten stehen (das jetzt ge stattet ist) verbietet. OArrreich-Unaar«. *Jm österreichischen Ausschuß für die auS- wärtioen Angelegenheiten erklärte der Minister des Äußeren, Nhrenthal gegenüber den Angriffen tschechischer Abgeordneter auf den Dreibund, daß das Bündnis zwilchen Deutschland, Österreich und Italien mit jedem Tage mehr seine Berechtigung. und Notwendig keit erweise. Von einer Kündigung oder Nichterneuerung des Dreibundes könne keine Rede sein. „haben Sie Herrn Mühlberg jetzt recht genau angesehen, Schwalbe? Nicht wahr, er sieht gar nicht gut auS. Er scheint recht krank zu sein!" Der. alte Schwalbe antwortet nicht. Er nimmt seine Brille ab. putzt mit seinem Taschen tuch daran herum und stößt dabei verschiedene unverständliche Laute auS. „Was haben Sie denn?" lächelt der Pro kurist, verwundert über sein Gebaren. „O nichts, Herr Habermann! Gar nichts!" erwidert der Alte mit etwas zitterigem Tone. „Mnne Augen taugen nichts mehr. Oder war würden Sie von mir denken, wenn ich Ihnen sagte, daß ich Herrn Mühlberg nicht wieder- erkenne." „Ich finde daS gar nicht so erstaunlich. Sie haben Herrn Mühlberg al? jungen Mann von vierunzwanzig Jahren gekannt und ihn fett dreißig Jahren nicht wieder gesebrn. Das ist eine lange Zeit und Herr Mühlberg wird sich inzwi'chen sehr verändert haben." „Maa sein. Doch sein Gesicht ist das nicht, was ich sah." „Ihre Augen scheinen doch recht schwach ge worden zu sein, lieber Schwalbe!" lächelte der Prokurist. „Herr Mühlberg kann doch kein andres Gesicht zeigen als sein eigenes. Sie haben eben immer den jungen Herrn im Ge dächtnis " „Es ist gar keine Ähnlichkeit — nicht die mindeste Ähnlichkeit!" murmelt der Alte mit veer und flotte. — Die frühere Kreuzerfreaatte „Moltke", die erst jahrelang im politischen Auslaudsdienst die deutsche Flagge bis in die entlegensten Meere getragen und dann seit dem Frühjahr 1893 al? Schulschiff zur Ausbildung von Seekadetten »d Schiffsjungen Verwendung gefunden, bis sie am 7. April 1908 die Flagge niederholte, soll als Kasernenschiff für das Personal der Untersee boote in Kiel aufgebraucht werden und hat alS solches jetzt Liegeplatz an der Blücherbrücke er halten. In ähnlicher Weise ist die ehemalige Kreuzerfregatte „Charlotte", ein Schwesterschiff von „Moltke", als Wohn- und UnterrichtSschiss auf der Flensburger Föhrde bei Flensburg- Mürwik stationiert. — Die Tafel- und Messegelder in der Marine werden herabgesetzt. Man hofft dadurch jährlich nahezu eine halbe Million Mark »n ersparen. Von Fürst > dakste Reick ton Hawbur An begebei iMn. Boi ße Reise na dis Winters Uhmen. ' . Finweil kchulhause ^om die s Hauses der kui durch Mner in L «»steter de Heier der l Wenen, 1 er Schule labe. Fern, iurM'usschn- Kazler üben . Zur B, Mibare ! Msrich straf Mdnt hat, stivräch. I festes "Hw, bei d kng emgege Met hat ur Krisen ist, Hepven barst knie Hake: festigt war Ästchen F geschlossen, euers tonn, "ahrscheinlii Httiiner im - Nodiert. Mofion s^ Mute daS s binnen, ei Her B-kän HS das Fe ^t weiter 1 Mte und fester Ze Me. Die gingen Se Hde den st M zur Re 4m wirkte so schwc . Tiroster ^nien find Mand ge .Michtest s zur ? ^'tunm'g k .sraßenbahn Die '' Lobn- ^Jonuar z dem Trat ^gen dieser ?>bünd als Zusehen, i ^e lauge i nicht at . Tre, M fischt. E zehujä' MN Maler Angers, al Ustari), l A Zwinger ? sich auf *»rde aber Mist von schwer das Kin A Mädche Kter, der 7 der Bär >de Futt ?ktzt. Da Elefanten sie nie« ??de ich ü sind, Dank d< Aält Hilde A sie übei ssdglich voi Ker und Animer un >n, sie d .'n Mörde, Khen. . Ihr Ve " zur fixer ArNN L Rinde geg, das Ä ^fieht, so „Keine ^Schuld Angen," a A'-tz ist Ain sie v Mdigung ' vieint sie Langen, r Mrder ist e Die Uw in k >en „S( Fleck. i Liehr < Vauezubri Einers Ul dem Blute der KönigStreuen, durfte kein Blut mehr stießen; denn es war erreicht, was die Mehrheit des portugiesischen Volkes mit Jubel begrüßt hatte: Portugal war Republik. Nach und nach aber rissen alle Bande frommer Scheu. Die Revolutionäre kannten keine Schonung. ES ist erwiesen, daß in diesen Tagen del Priesterverfolgungen von der zügellosen Solda teska auch Häuser durchsucht undgeplündertwurdcn, die nur in dem Verdacht standen, jemand w beherbergen, der der jungen Republik verdächtig war. Wenn nun die Regierung erklärt, sie sei an diesen Ausschreitungen unbeteiligt, so darf man ihr ohne weiteres glauben. Wird adel dadurch die Verantwortlichkeit geringer? Dieselb« Regierung will ja beim Auslande die Anerkennung des neuen Zustande- erwirken, sie will ja die Garantien übermhmru, daß das staatsrechtliche Verhältnis Portugals zu den übrigen Staaten der Welt durch die jüngstrn Vorgänge nicht berührt wird. Wrk aber kann Machthabern vertrauen, deren starke Hand es zuläßt, daß ein ehemaliger Futtermeister (Korporal) die Seele der staatlichen Autorität wird, ein Mann, den Generale und OssiM, Volk und Regierung gleicherweise fürchten müssen, weil ihm allein das revublikanische Heer, das jetzt zugleich Polizei ist, gehorch. Die europäischen Staaten haben allen Anlaß, dem neuen Staatswesen im Südwesten mit Mißtrauen zu begegnen. Wie, wenn es de« „kleiueu Napoleou" nun einfiele, eine» Teil der eben beseitigten Königsmacht sich zu eigen zu machen ? Wenn er, wie einst der große Navoleon, das Land um die Früchte der blutigen Erhebung betrügt? Nicht das Königtum hat je auf dem unglück seligen Lande gelastet, sondern die Unfähigkeit und die Vorteilssucht seiner Ratgeber. Aberdet Fuitermeister Santos ist kein Bonaparte, sein Blick reicht über den Triumph augenblicklich befriedigter Eitelkeit nicht hinaus, und ibm fehlen die Machtmittel, um die Äregung der Massen von den Geschehnissen in der Heimat ouf das Welttheater zu lenken. Der kleine Napoleon würde nur den Bürgerkrieg entfachen, nicht aber den vortugiefischen Fahnen Lorbeeren erringen. Immer klarer wird es dem un parteiischen Beobachter, daß zwar die Revolution gut vorbereitet, für die Regierung der Republik aber keinerlei Vorsorge getroffen war.. Aas' diesen Umstand, den die Ereignisse der letzten Tage vor aller Welt offenbar gemacht haben, gründet König Manuel auch seine Hoffnung auf die Zukunft. Er hat zwar mit Rücksicht auf die englische Regierung, deren Gast er in Gibralter war, bisher keine Kundgebung an seine Ge treuen gerichtet, aber nach, seiner Ankunft in England wird er sie sicherlich, durch einen Erlaß anfeuern, bei den kommenden Wahlen für ihn und seine Sache tätig zu sein. 'Das kommende Parlament wird demgemäß erst endgültig über das Schicksal des Landes entscheiden. Was er eigentlich von dem Chef deS Bank hauses denkt, das weiß niemand. Auf direkte Fragen danach ist nichts aus dem wunderlichen Alte« herauszubringen. Aber er hat durch seine rätselhaften Andeutungen daS ganz« Kontor in Aufregung gebracht, und als nun die Zett gekommen ist, daß der Bankier abfabren toll, ruft der Prokurist den Alten in sein Allerhetligstes hinein und zieht ihn ans Fenster. „Da, Schwalbe! Jetzt fährt Herr Mühl berg ab, jetzt können Sie ihn genau be trachten!" sagt er dabei. „Sehen Sie, da ist er!" Und der alte Schwalbe rückt seine riesige Br lle auf der Nase zurecht und starrt mit weit oufgerrsienrn Augen nach dem Bankier hinaus. Er studiert jeden Zug in dem bleichen Gesicht desselben und verjolgt jede Miene, jede Bewe gung mit einer wachsenden Erregtheit. Noch nls der Bankier schon im Wagen verschwunden ist und dieser mit ihm davomollt, folgt ihm der stiere Blick deS allen Mannes. .Nun?" fragt ihn gespannt der Prokurist, einer dem Prokuristen unverständlichen Auf- »«» regung. „Aber mit einem hat er Ähnlichkeit, nächsten Nachmittag zu Hilda, und Bruno er- mit einem! — Aber ich weiß nicht —" wa.let mit Unruhe und Sehnsucht ihre Rückkehr Vrianä unä ^iUeranä. Briand und Millerand! Die Namen dieser beiden französischen Minister sind gegenwärtig in aller Welt, soweit sie sozialpolitisch interessiert ist, viel genannt. Beide. der Minister präsident und der Arbeitsminister, haben ihren politischen Ausstieg aus dem Lager der Sozia listen genommen. Sie machten schnell ihren Weg, Briand, weil er mit seltener Redekunst be gabt, in der Kammer frühzeitig auch die Blicke der Gegner auf sich zu ziehen wußte, Mille rand, weil er in den Kämpfen innerhalb der Partei mit seltenem Geschick den diplomati schen Vermittler spielte. Sie ahnten wohl vor zehn Jahren nicht, daß es einen Tag in ihrem Leben geben würde, an dem sie gezwungen sein sollten, die militärischen Ma^tmittel -es Staates gegen jene Kreise aufzubieten, für deren Wohl sie einst sich mit eifernder Rede zu wirken ver- vfl^chteten. Freilich, Briand und Millerand batten wie der verflossene Ministerpräsident Clemenceau niemals als Abgeordnete Gelegen heit gehabt, das Staatsgetriebe mit seinen tausend Forderungen und Widerständen zu prüfen. Daß mit dem klangvollen Wort, dem onstechten Wollen und dem begeisterten Streben allein der Smat nicht regiert werden kann, werkten sie alle erst, als es galt, auf der roten Ministerbank -ie Feuerprobe zu bestehen. Und wie der englische Arbeits minister Burns, der kurz nach seinem Amts antritt eine Arbetterdeputaiion (als ehemaliger Parteigänger) in der blauen Arbeitsbluse empfing, sich bald an den Ministerfrack gewöhnte, so wußten auch die französischen Männer der Re gierung notgedrungen enttäuschen, weil eben Politik nicht die Wissenschaft vom Zvkuuftsideal, sondern die Wissenschaft vom Erreichbaren ist. Und wie Herr Clemenceau im Jahre 1907 gegen die revoltierenden Winzer deS südlichen Wein- gebietes das Militär mobil machte, so zogen jetzt auch Briand und Millerand kurz entschlossen nicht nur Verkehrstcuppen-Reserven ein, um die streikende« Eisenbahner zu vertreten, sondern sie setzten auch der von den Ausständigen hier und da angewandten Gewalt die Drohung mit dem Militär entgegen. Für jeden Regierenden ist es peinlich, die Landeskinder in der Uniform aufzubieten, um die Brüder in Zivil gegebenenfalls mit Feuer und Schwert in den Schranken zu halten; aber der Staat, dessen Harmonie in der Wohlfahrt aller Mitplieder beruht, muß auch das letzte Mittel aufbieten, um dieses Ziel zu erreichen. Nur wenige Zeitungen Frankreichs (die anar chistischen und das Organ des Sozialisten- ttührers Jaurös) haben die Maßregeln der Regierung abfällig kritisiert, Herr Briand aber weiß, daß d'e Kammermehrheit auf seiner Sette sein wird. Die Streikenden, deren Lohnforde rungen jeder Vorurteilsfreie (wie auch die französische Negierung) als berechtigt anerkennen wird, haben sich durch Gewaltakte ins Unrecht versetzt. Sie haben Eisenbahn schienen zerstört, Züge zum Halten gebracht und Reisende angegriffen. Konnte irgend ein Ministerium solche Attentate dulden, ohne vor dem Lande, vor der ganzen Welt den Vorwurf weichherziger Schwäche auf sich zu laden? So Hat denn Herr Briand erklärt, daß er mit den Eisenbahngesellschaften verhandeln werde, um die Forderungen der Eisenbahner zu vertreten; aber mit unnachsichtlicher Strenge sollen die Urheber dieser Verkehrsrevolte zur Verant wortung gezogen werden. Man wird die Haltung Briands billigen, auch wenn man nicht den von seiner Presse verbreiteten Gerüchten glaubt, daß einige Führer der Streikenden ge plant hätten, d«rch Lynamitatteutate rings um Paris die Schienen zu zerstören und ! noch schlimmere Gewalttaten zu begehen. Wenn ! nun von einigen Zeitungen beuchtet wird, der ! Eisenbahnerstreik in Verbindung mit den von i Wunsch sündhaft ist, aber ich möchte nicht, daß „ , „ . er wieder hierher zurückkäme!" - denen wir Hilda empfehlen können. Und diese „Ich glaube eS nicht, Mutter!" entgegnet müssen sie weiter empfehlen. Sei ohne Sora«, - —--- --- . Bruno, das Mädchen hat einen starken Charakter, ich habe sie heute erst so rich-ig Rustland. "Das Ministerium des Innern hat in der Reichsduma eine Vorlage eingebracht, nach der es fremden Ansiedlern nichtorthodoxer Religion, die rusflsche Staatsanaehörige ge worden sind, sowie deren Nachkommenschaft männlicher Linie in den Gouvernements Kiew, Podolien und Wolhynien verboten sein soll, Grundbesitz außerhalb des Stadtrayons zu er werben, zu mieten oder zu pachten. Das Be streben der russischen Regierung, die An siede- lungsgesetze, entgegen ihren Versprechungen in der ersten Duma, zu verschärfen, wird immer deutlicher. Balka«staate«. * Die griechische Krise ist an einem entscheidenden Wendepunkte angelangt. Der König hat den ehemaligen Führer der kretischen Naüo- nalpartei, Venizelos, mit der Kabinettsbil dung betraut, denselben Mann also, dessen Be rufung ins Kabinett die türkische Regierung noch als Kriegsgrund betrachtet. Man darf nun mehr auf die Entwickelung der Dinge gespannt sein. In Griechenland hat Venizelos eine große Anhängerschar und wenn die Türkei endlich einmal ihr Notenbombardement einstellt, so dürste Venizelos der richtige Mann sein, um die Wirren in Griechenland zu beendigen. *Der serbische Thronfolger, Kronprinz Alexander, der im Manöver an Typhus erkrankte, befindet sich so schlecht, daß die Arzte wenig Aussicht auf Rettung ihres Pattenten haben. Die Gerüchte, daß auch Prinz Georg (oer frühere Thronfolger, der bekanntlich zu gunsten seines Bruders verzichtete) erkrankt sei, bestätigen sich nach einer amtlichen Erklärung nicht.
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