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Amerikanische Buchmaschine. Senefelder-Denkmal in Berlin. Die Firma Lovell Brothers & Co. in New York soll eine neue Buchdruck- und Bindemaschine in Arbeit haben, von welcher merkwürdige Dinge berichtet werden. Die Maschine empfängt das rohe Papier, ausserdem die bedruckten und geschnittenen Buchdeckel, und liefert fertig gebundene Bücher ab, und zwar Bücher bis zu 416 Seiten. In einer Beschreibung wird gesagt: Die Maschine enthalte ein langes horizontal liegendes Schöpfwerk, ähnlich wie es bei einigen grossen Briefumschlagmaschinen angebracht ist. In diesem Schöpfwerk seien bis 416 Stereotypplatten der Reihe nach ein gestellt, jede Platte eine Buchseite enthaltend. Beim Gange der Maschine gelangen die Platten nach einander unter zwei Druck- Cylinder, unter welchen endloses Papier läuft, und treten dann wieder in das Schöpfwerk (um diesen Ausdruck festzuhalten). Bei diesem Verfahren stellt sich also die Plattenreihe als endloses, fortwährend in Bewegung begriffenes Band dar. Die Plattenzahl (und damit die Seitenzahl des Buches) soll beliebig verändert, auch vergrössert werden können. Die gedruckten Seiten fallen einzeln (!) geschnitten in der richtigen Folge in einen Transporteur und gehen zusammengepresst zur Buchbindemaschine. Hier wer den sie beschnitten, dann auf dem Rücken verfilzt, worauf Leim aufgetragen wird, der die verfilzten Blattrücken nicht nur mit einander fest verbindet, sondern auch noch mit dem Stück Stoff, das darauf kommt. Ebenso kommt dann der Deckel automatisch hinzu, und das Buch ist fertig. Die Maschine liefert, von nur zwei Mann bedient, in der Minute 20 Bücher von 416 Seiten, wofür jetzt 20 Pressen mit 30 Mann nöthig sind, und 12 Falz maschinen mit 16 Mädchen. Die mit der Druckmaschine ver bundene Bindemaschine liefert in 10 Stunden etwa 10000 gebundene Bücher, sie wird bedient von zwei Mädchen und einem Mann. Um die gleiche Anzahl bei jetziger Einrichtung zu liefern, braucht die Firma acht Heftmaschinen mit acht Mädchen und drei weitere, um d iese zu bedienen, ferner fünf Mädchen, um die Deckel aufzumachen. Wenn das Ganze nicht amerikanischer Humbug ist, so lässt sich darüber sagen, dass eine derartige Maschine wohl ausführbar sein würde und in Amerika gewiss ihren Absatz fände. In Deutsch land wäre sie nicht möglich, weil hier weder so hohe Auflagen, wie zur Ausnützung einer solchen Maschine erforderlich sind, vor kommen, noch so in technischer Hinsicht mangelhafte Druckwerke Aussicht hätten, gekauft zu werden. Denn was bei dieser Maschine in Bezug auf Schnelligkeit geleistet wird, geschieht auf Kosten der säubern Ausstattung; es kann nichts dabei heraus kommen, als ein schlechtgedrucktes »Zeitungsbuch«, das hässlich im Aussehen und unbequem zu lesen ist. Der Berichterstatter meint zwar, diese Art des Bindens erscheine ihm besser, als jede andere, weil jedes Blatt für sich gebunden sei, und man das Buch beliebig umbrechen könne, ohne den Einband zu lösen. Er be weist aber hiermit nur seine technische Unkenntniss, die ihn dazu verführt, diese Art des Bücherdrucks als Fortschritt anzusehen. Vermuthlich ist die Maschine für Zeitungsdruck und für Her stellung jener geschäftlichen Broschüren bestimmt, mit denen Amerika überschwemmt wird. Leider ist das Lesepublikum dort, und theilweise auch hier, nicht besonders geneigt, guten Druck schlechtem vorzuziehen, wenn er einen Pfennig mehr kostet. Leute, die in ihrer Kleidung nicht das geringste Untädelchen dulden, scheuen sich nicht, schundhaft gedruckte Zeitungen in die Hand zu nehmen oder Besuchskarten und dergl. zu kaufen, die in Schrift und Druck abscheulich sind. Es kann also sein, dass die amerikanischen Leser an den Leistungen jener Maschine Ge fallen finden, und dass dies eine neue Aera eröffnet, in der von so veralteten Dingen, wie Zurichtung, sauberm Druck, Lesbarkeit, bequemer Hantirung und dergl., selbst bei Büchern nicht mehr die Rede sein wird. Wie wir in Nr. 90 v. J. berichteten, ist dem Erfinder des Steindrucks, Alois Senefelder, am 6. November v. J. in der Reichs hauptstadt ein würdiges Denkmal errichtet worden. Die An regung dazu war, wie damals mitgretheilt wurde, von einer grossen Festversammlung ausgegangen, die am 6. November 1871 zur hundertjährigen Geburtstagsfeier des Vaters der Lithographie in Berlin zusammengekommen war. An demselben Tage fanden in Hamburg, Leipzig, Stuttgart, München und Moskau Versamm lungen aus gleicher Veranlassung statt, die ebenfalls die Errichtung eines Denkmals ins Auge fassten. Die Berliner Festtheilnehmer, aus Prinzipalen, Lithographen, Druckern und andern Angehörigen der Steindruckkunst bestehend, bildeten dann einen Aus schuss, der die weitern Schritte unternehmen sollte. Man wollte den Kostenbetrag weniger durch grosse Beiträge, als durch Scherflein zusammenbringen, die Jeder bis zum einfachsten Arbeiter Fig. 1. Ansicht des Denkmals. herunter freiwillig leisten sollte. Daher kam es, dass die Sammlung so lange Jahre in Anspruch nahm. Die Kosten des Denkmals be trugen 33750 M. 62 Pf.; diese Summe kam wie folgt zusammen: Bedrucken von Brief-Umschlägen in England. Der englische General-Postmeister hat auf verschiedene an ihn gelangte Eingaben, das Bedrucken von Brief-Umschlägen mit Zeichnungen und Empfehlungen betreffend, die linke Hälfte der Umschläge für beliebige Druckzwecke freigegeben. Die rechte Hälfte darf nur Adresse und Marke enthalten. Dieser Beschluss eröffnet eine ganz neue Art der Ausstattung zu Reklamezwecken, denn wenn in England hierin bisher schon viel gethan wurde, so bestand doch kein förmliches Recht dazu in solchem Umfange. Vielleicht lässt sich der deutsche General- Postmeister bereit finden, etwa ein Drittel der Umschläge zu Druckzwecken freizugeben. Der Hamburger Ausschuss lieferte ab im Jahre 1879 mit den Sammlungen aus Hamburg, Nürnberg, Mainz, Graz, Greiz, Stuttgart, Leipzig, Schweden zusammen 1 953 M. — Pf. Ferner wurden eingeschickt aus Breslau 41 M., Stettin 335 M., Hofgeismar 12 M., Augsburg 138 M., Weimar 1 M., Bunzlau 10 M., Beeskow 24 M., Kassel 25 M., Lissa 6 M., Gotha 36 M., Bielitz 21 M., Saatz 3 M., Magdeburg 46 M., Guben 15 M., Reichenberg i. B. 45 M., Dortmund 6 M., Nürnberg 15 M., Kempten 12 M., Prochwitz 9 M., Lübeck 36 M., Frankfurt a. M. 33 M., Chemnitz 106 M., Leipzig 51 M., zusammen 1 026 „ — „ Aus Moskau wurden gesandt 970 „ — „ Vom Leipziger Ausschuss die dortige Sammlung . . 5 387 „ — „ Der Berliner Ausschuss brachte zusammen .... 24 414 „ 62» Summa 33 750 M. 62 Pf-