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1512 PAPIER-ZEITUNG. No 51. bis man solche auf diesen prachtvollen schwimmenden Hotels selbst mitgemacht hat. Unser »Fürst Bismarck« hatte uns zwar nicht verwöhnt, zuerst aufgeregte See, sodass in den ersten Tagen das Promenadendeck vom Spritzwasser ganz durchnässt war, dabei eine Temperatur von 4—5° bei schneidendem Nordost, dann in der Pfingstnacht ein Sturm, der den Dampfer in allen Fugen krachen liess und ängstliche Gemüther sehr beunruhigte, und zum Schluss noch starken Nebel, infolgedessen das Nebelhorn alle Minute sein durchdringendes Geheul hören liess, um ent gegenkommende Schiffe zu warnen. Aber alles dies liess uns nicht den Humor verlieren, und wer bei dem schlechtesten Wetter abends den geschmackvoll ausgestatteten Rauchsalon betrat und die verschiedenen Skattische und Plauder-Ecken beim guten Glas Münchner Bier in heller elektrischer Beleuchtung sah, glaubte in einem unserer besten Biersalons zu sein. Die Verpflegung ist ausgezeichnet, die Mahlzeiten wie in den besten Hotels angeordnet, und wem die Seekrankheit nicht böse mitspielt, der kann sich bei der reinen, schönen Luft keinen angenehmem Aufenthalt wünschen. Dabei können weder Telegraph, noch Post oder Tele phon die Ruhe stören, und Geselligkeit ist schnell angebahnt. Allerdings waren dreiviertel der Gäste zeitweise seekrank, sowie dies aber überwunden war, trat die Heiterkeit allgemein hervor. Wir hatten einen österreichischen und einen russischen Kapellmeister an Bord, und schnell war zum Besten der noth leidenden eeleute ein Konzert arrangirt, das 600 M. einbrachte. Die grossartige Einfahrt in den Hafen von New York erfolgte morgens 6 Uhr; man muss das Tücherschwenken, Hurrahrufen und den enthusiastischen Willkomm sehen, um den gewaltigen Eindruck begreifen zu können. Um 10 Uhr landeten wir in Hoboken, da die Sanitäts- und Steuer-Untersuchungen lange Zeit beanspruchten. In New York denkt man an das Sprachengewirr beim Thurm bau zu Babel; alle Idiome ertönen, es ist ein Zusammenströmen aller Völkerstämme. Die grossen und schönen Hotels zeigen, was uns in Deutschland* noch fehlt. Das Hotel Ph. Waldorf, in dem ich wohnte, enthält 12 Stockwerke und ist mit einer Bequemlichkeit ausgestattet, die nichts zu wünschen lässt: überall Fahrstühle, jedes Zimmer mit Bade-Einrichtung. Bedienung, Schreibsalons, Rauchzimmer, Wintergarten, Speisesalons in einer Vollendung, wie ich solche in Europa kaum gesehen, — freilich kostet es Geld, aber dafür wird auch etwas geleistet. Ich habe 9 Tage in New York zugebracht und würde jedem Besucher rathen, nicht zu schnell hier fortzugehen; allerdings habe ich auch die landschaftlichen Reize, die Fahrt den Hudson hinauf, der den Rheinufern wenig nachgiebt, mitgenommen, sowie die Inseln im Ozean besucht. Mehrere Tage benutzte ich, um die Verhältnisse des Papierhandels und der graphischen Gewerbe zu studiren. Der Papierhandel liegt genau wie bei uns; grosse Umsätze mit gedrückten Preisen. Der Inhaber der grössten Firma New York’s zeigte mir sein Lager, das ebenso vielseitig ist, wie unsere Berliner Lager. Jeder Konsument lässt sich seine Sorten arbeiten, jedoch kommen hier meist grosse Posten in Betracht. Grossartig sind die Anlagen der Buch- und Steindruckereien; die durchweg schmalen Geschäftshäuser sind meist 10—15 Stock werk hoch, aber alles ist durch Fahrstühle verbunden, die unauf hörlich in Bewegung sind. Fast alle diese Häuser sind von je einem Geschäft besetzt. Ich zählte in einem solchen 40 litho graphische Schnellpressen, etwa 20 Buchdruck-Schnellpressen und einige Rotationsmaschinen, fast sämmtlich von der Firma R. Hoe & Co. in New York. Eine Doppelmaschine, welche illustrirte Werke druckte, da solche auf Rotationsmaschinen nicht gut genug werden, druckte 64 Seiten grosses Lexikonformat, satinirtes Papier, zugleich, hatte 7 Mann Bedienung und schaffte 25000 Bogen täglich. In fast allen Anstalten fand ich eigene Elektrotypieen. Der Satz oder das Klischee wird sofort abgeformt, die Matrize in das elektrische Bad gehängt, und nach 3—4 Stunden ist der Kupfer niederschlag stark genug, um weiter bearbeitet zu werden. Neu war mir eine Einrichtung zum Sortiren von Buntdruck- Karten ä 12 Stück. An einem grossen runden Tisch sassen 12 Mädchen, jede hatte ein Muster der betreffenden Karte vor sich, und der Tisch drehte sich langsam, sodass die Mädchen nur stets 1 Stück zulegten und ohne Anstrengung arbeiteten. Nicht unerwähnt will ich lassen, mit welcher Liebenswürdig keit der Amerikaner seine Zeit opfert, um Fremden seine Anstalt zu zeigen. Es giebt hier für den Deutschen so viel Neues, sowohl im Geschäfts- als auch im Privatleben, dass ich Jedem, dessen Verhältnisse es gestatten, rathen kann, die Reise zu unternehmen. Siegmund Borchardt. Tropfenbildung in Pappentrocknereien. (Zu Frage 408 im Briefkasten Seite 1476, Nr. 49.) Es handelt sich um Beseitigung der misslichen Tropfenbildungen, vornehmlich in der Pappentrocknerei des Fragestellers. Hierbei erwähnt Letzterer, dass im 1. Stock Pappentrocknerei mit am Boden liegenden Dampfleitungsröhren und Meinert'schem Klammersystem sich befinde <. Dies dürfte bei manchem Leser die Vorstellung erwecken, dass äusser dem Klammersystem auch die erwähnte Anordnung der Heizrohren von mir herrühre. Dies ist nicht der Fall. Allerdings liefere ich äusser Hängewerken (Klammerkämmen) auch vollständige Einrichtung der Heizung und Ventilation von Trockenhäusern, jedoch nach praktisch bewährten Anordnungen. Der Fragesteller ist als Leser der »Papier-Zeitung« doch wohl im Besitz der neuen Ausgabe von Hofmann’s Handbuch, hat aber sichtlich die auf den Seiten 844—852 desselben gegebenen trefflichen Hinweise übersehen. Noch vielen Andern gehts ebenso. Die durch erwähnte Heiz-Anlage hervorgehende Unkenntniss kann einem Pappen- oder Dütenfabrikanten übrigens nicht so angerechnet werden, denn namhafte Heizungsfirmen zeigen sich in solchen Fällen oft ebensowenig unter richtet. Diese Firmen liefern Heizrohren nebst Zubehör und garantiren höchstens eine gewisse Wärme-Abgabe. Damit aber ist den An forderungen in Pappentrocknereien nur zum Theil entsprochen. Die Berücksichtigung der Anforderungen aus papiertechnischen Gesichts punkten bleibt dem Pappenfabrikanten meist selbst überlassen. Der Fabrikant glaubt sich auf das Verständniss der die Anlage liefernden Firma verlassen zu können, diese wieder verlässt sich auf das Eingreifen des Papierfachmanns, wo es erforderlich sein sollte. Die Folge ist eine unpraktische Anlage. Die Briefkasten-Antwort in Nr. 49 bemerkt sehr zutreffend, es sei nöthig, dass die feuchten Dünste rasch aus dem Raum entfernt werden. Die Mittel hierzu sind aber für jede Pappentrocken- Anlage sorgfältig zu prüfen, denn die hierbei wahrzunehmenden Gesichts punkte zwecks Verhütung von Tropfenbildung sind zahlreicher und umständlicher, als wenn Papiermaschinen-Säle in Betracht kommen. (Auf Wunsch stehe ich nach ausführlichem Angaben zu weitern Aus künften gern bereit.) Zur Abstellung fraglichen Uebels handelt es sich nämlich, wie der Herr Fragesteller meint, nicht schlechthin darum, welche Ventilations - Einrichtungen (?) dagegen zu treffen seien! Zu ein gehender Beleuchtung zwecks Besserung jenes Uebels sind genauere Angaben unerlässlich. Es könnte dann vielleicht eine durchgreifende Aenderung in Vorschlag gebracht werden, die auch andern Papier fabrikanten von Nutzen sein würde. Berlin, 19. Juni 1893. Bruno Meinert. Spulen-Fabrikation. In Fortsetzung und Ergänzung des in Nr. 15 erschienenen Aufsatzes über Spulen-Fabrikation biete ich im Folgenden weitern Anhalt für die Kenntniss dieser Sonder-Erzeugung. Scheiben- oder Zettelspulen. Scheiben- oder Zettelspulen (Figg. 2 a bis 9) nehmen als Massen-Erzeugnisse eine hervorragende Stellung in diesem Zweige ein. Ich will hier einige der Herstellungsweisen dieser Gattung schildern, die sich heute vielerorts in der Verwendung bewähren. Die Scheibenspulen bestehen, wie aus Figg. 1 und 2 ersichtlich ist, aus drei Theilen: dem Papierröhrchen a, der Pappscheibe b und der eingesetzten Büchse c. Zum Pressen der Scheiben bedient man sich meist einer waagerecht arbeitenden Stanzpresse, in deren Pressflächen sorgsam ausgedrehte Stanzformen eingesetzt werden können. Solche Pressen sind in Europa vielfach im Gebrauch, auch in verschiedenen Arten patentirt (z. B. D. R. P. 61 429). Die Presse muss so eingerichtet sein, dass die ausgestanzten Theile, schon fest gepresst, in einen