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Wo. 50. PAPIER-ZEITUNG. 1481 Methode zur Ermittlung der Vergilbungsneigung gleiches Ergebniss liefern. Hiernach komme ich zu dem kaum widerlegbaren Schluss, dass die »seit Jahren« in der Prüfungs-Anstalt 0. Winkler in Anwendung stehende Methode falsch ist. Durch ihre Ergebnisse über Vergilbungsneignng verschiedener Zellstoffe gegen Sonnenlicht gelangt die Papierprüfungs-Anstalt zu dem (übrigens bekannten) Schluss, dass ungebleichter Zellstoff sich stark bräunt, hingegen gebleichter Zellstoff diese Eigenschaft weniger besitzt, während gebleichtes Stroh unverändert bleibt. — Bezüglich des Holzzellstoffs kann ich diesem Resultate nur bei stimmen und glaube, dass der Grad der Neigung zum Bräunen des Zellstoffs in direktem Verhältniss zur Menge der Inkrusten derselben steht, somit ungebleichter Zellstoff am meisten im Papier vergilben wird, während best gebleichter nicht oder unmerklich nachdunkeln wird. Dass aber Strohstoff nichts von seiner weissen Farbe einbüsste, war nur die Folge davon, dass er ausgezeichnet gebleicht worden war; jeder Strohstoff-Techniker wird mir bestätigen können, dass Strohstoff, der ungenügend gebleicht wird, im nassen Zustand schon nach einigen Tagen, aber auch im trockenen Zustand in nicht zu langer Zeit bedeutend in der Weisse zurückgeht. Also auch beim Strohstoff verändern die durch Bleichen nicht vollkommen entfernten organischen Verunreinigungen die Farbe des Faserstoffes in der erwähnten Weise nachträglich. Zum Schlüsse ihrer dankenswerthen Mittheilungen fordert die Papierprüfungs - Anstalt zu weitern Untersuchungen und Mit theilungen in der angeregten Frage auf, und erlaube ich mir daher, im Folgenden alle möglichen Punkte, die beim Vergilben des Papiers in Rücksicht gezogen werden müssen, einer kurzen Besprechung zu unterwerfen. Bei der Vergilbung bezw. Bräunung des Papiers könnte in Betracht kommen: 1) Freies Chlor, 2) Freie Säure (Schwefelsäure), 3) Schweflige Säure, 4) Schwefel, 5) Eisenverbindungen, 6) Leimung, 7) Faserstoffe. 1. Freie« Chlor. Freies Chlor kann im Papier nicht enthalten sein aus mehreren, schon wiederholt erörterten Gründen. Dass diese Ansicht richtig ist, dafür spricht am schärfsten der Umstand, dass, sobald auch nur eine Spur freien Chlors im Papier enthalten wäre, letzteres seine durch Anilinfarben erhaltene Färbung sofort verlieren würde, bezw. sie beim Einfärben des Holländers garnicht annehmen könnte, da organische Farben durch Chlor energisch zerstört werden. Vergilbung eines Papiers durch Chlor kann also wegen Nicht vorhandenseins dieses Stoffes nicht erfolgen. 2. Freie Säure. In den neuen Vorschriften für Normalpapier ist die Prüfung auf freie Säure fortgelassen, indem dadurch einer insbesondere von Dr. C. Wurster gestellten Anforderung Rechnung getragen wurde. Es liegen mir zwar augenblicklich nicht die Öriginal- Mittheilungen über diesen Gegenstand vor, doch werde ich im Folgenden klarlegen, dass unter Umständen freie Säure infolge der Leimung ins Papier gelangen kann. Ich vermuthe, dass Wurster nur die Leimung mit schwefelsaurer Thonerde in Rücksicht zog, und da ist es ganz undenkbar, dass freie Schwefelsäure (etwa aus der schwefelsauren Thonerde) ins Papier übergehen kann; hingegen wird bei der Säure-Leimung stets, bei der sogenannten Halbsäure-Leimung unter Umständen freie Säure dem Papier zu geführt werden. Als Säure-Leimung bezeichnet man bekanntlich jene Leim methode, wo die gesammte schwefelsaure Thonerde durch Schwefel säure ersetzt wird. Da die Leimung nur in saurer Reaktion möglich ist, also ein Ueberschuss von Schwefelsäure stets vor handen sein muss, so wird dieser allerdings in minimaler Menge dem Papier anhaften. Diese Art der Leimung wird aber nur selten und in ganz besondern Fällen, z. B. bei Papieren aus un gebleichtem Sulfit-Zellstoff, die dadurch angeblich eine recht glasige Durchsicht erhalten sollen, angewendet. Ob damit der beab sichtigte Zweck erreicht wird, ist hier Nebensache, Thatsache ist aber, dass hierbei freie Säure ins Papier kommen muss. Bei der Halbsäure-Leimung, wo lso ein Theil der schwefel sauren Thonerde durch freie Säure ersetzt wird, kann unter nor malen Umständen absolut keine freie Säure ins Papier gelangen, doch wird mitunter beim Leimen das Verhältniss zwischen Säure und schwefelsaurer Thonerde unrichtig verschoben, sodass man manchmal glaubt, es mit Halbsäure-Leimung zu thun zu haben, während man in Wirklichkeit Säure-Leimung hat, nur dass ausser dem noch schwefelsaure Thonerde vorhanden ist. Dies lässt sich durch Rechnung und Versuch leicht nachweisen, und ich würde im Folgenden einige solcher Fälle mittheilen, wenn dies nicht zu weit führen würde. — Nun ist die Halbsäure-Leimung schon seit Jahren in zahlreichen Fabriken eingeführt, hat sie doch einer der hervorragendsten Fachmänner der Papier-Industrie, Direktor Sem- britzky, schon vor mehr, als 20 Jahren für geringe Papiere em pfohlen, und sie wird heute, wie ich aus eigener Erfahrung mittheilen kann, nicht nur bei geringen, sondern auch bessern und besten Stoffen in angesehenen Papierfabriken mit Erfolg an gewendet. Immerhin gehören aber jene Fälle, wo bei der Halb- säure-Leimung durch unrichtige Verhältnisse zwischen Leim, Säure und schwefelsaurer Thonerde freie Säure ins Papier gelangen kann, ebenso wie die nur mit Säure geleimten Papiere zu den Ausnahmen. Bei diesen ist es aber nach den bisherigen Erfah rungen über die Wirkung freier Mineralsäuren auf Papierfaser stoffe unzweifelhaft, dass ein Vergilben, nach Umständen ein Zer fall des Papiers, eintreten muss. 3. Schweflige Säure. Die Untersuchungen Dr. H. Stockmeier’s (Papier - Zeitung Nr. 89 v. 1892) haben gelehrt, dass schweflige Säure mitunter im Papier vorhanden ist. Da nun schweflige Säure auf Anilinfarb stoffe, wenn auch nicht so energisch wie Chlorkalk, bleichend einwirkt, so wird allmälig durch Zerstörung des Farbstoffes Ver gilben des Papiers eintreten. Ich kann dies aus eigner Erfahrung durch folgenden Fall erhärten, der mir vor Jahren in einer österreichischen Cigarettenpapier-Fabrik vorgekommen ist. Einige mit Anilinfarben geschönte Seidenpapier-Muster wurden eines Tags in Zellstoffpapier (nur aus ungebleichtem Zellstoff bestehend) verpackt und nach London gesandt. Sogleich erhielten wir von unserm Londoner Agenten die Nachricht, dass die Muster entfärbt angekommen seien. Er bemerke diese unangenehme Erscheinung merkwürdigerweise häufig dann, wenn er Seidenpapiere in Zellstoff papier-Verpackung erhalte, weswegen er uns ersuche, künftig eine andere Umhüllung zu benützen. Offenbar hatte die dem Zellstoffpapier anhaftende schweflige Säure die Entfärbung bewirkt. 4. Schwefel. Frisch gebleichter Halbzeug wird im Ganzzeugholländer, besonders wenn keine Waschvorrichtung angebracht ist, durch Antichlor, als welches meist unterschwefligsaures Natron verwendet wird, von dem anhaftenden Chlorkalk befreit, wobei sich Schwefel in Milchform auf der Faser niederschlägt. Ob dieser ein Ver gilben des Papiers etwa durch Oxydation in Schwefelsäure (?) im Laufe der Zeit bewirken kann, ist bisher durch Versuche noch nicht festgestellt. Da das Behandeln mit Antichlor in erster Linie bei den besten Papieren, die doch durch ihre Güte eine Sicherheit für besonders grosse Dauer bieten sollen, durchgeführt wird, so ist die Erledigung der Frage von ziemlicher Wichtigkeit. 5. Eisenverbindungen. Jedes Papier enthält kleinere oder grössere Spuren von Eisen. Beim Lagern wäre es allerdings möglich, dass durch Uebergang des ursprünglich als schwefelsaures Eisenoxydul enthaltenen Eisens in gelbes Eisenoxyd eine Verfärbung des Papiers eintreten könnte. Doch ist diese Möglichkeit sehr unwahrscheinlich, da die vorhan denen Mengen Eisen viel zu gering sind, um durch bezeichnete Umwandlung einen Farben-Umschlag hervorzurufen; auch müsste dann jedes Papier mehr oder minder vergilben, was den That- sachen widerspricht. 6. Leimung. Thierischer Leim dürfte wohl kaum ein Vergilben des Papiers verursachen, da wir alte Papiere besitzen, die sämmtlich mit Thierleim geleimt und dabei sehr gut erhalten sind. Ob Harzleim die Farbe des Papiers an der Luft verändert, ist ebenfalls nicht festgestellt; gelegentlich der Vornahmen zahl reicher Harzbestimmungen im Papier machte ich jedoch die Be obachtung, dass vegetabilisch geleimte Papiere beim Trocken bei 100° 0 stets gelb bis braun wurden. Wird aber der Harzleim vorher durch Extraktion entfernt, so verändert sicli die Färbung des Papiers selbst bei anhaltendem Trocknen bei 100° C nicht im geringsten. Es wäre daher denkbar, dass nach längerer Zeit, durch Einfluss von Licht und Luft, Harzleim eine Farbenänderung des Papiers hervorzurufen im Stande wäre. 7. Faserstoffe. Unstreitig am meisten Anlass zum Vergilben des Papiers wird die Beschaffenheit der Papierfasern geben, und liegen hierfür