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Buchgewerbe Buchbinderei e ® Buchdruck e © ® ® Buchhandel 6 6 ® Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme. Walter Crane. Berliner Typographische Gesellschaft. Sitzung am Mittwoch, 14. Juni 1893, abends 9 Uhr im Vereinslokal: Alte Jacobstrasse 128 (Odd Fellow-Hallen.) Tages-Ordnung: 1. Geschäftliche Mittheilungen. — 2. Vortrag des Herrn Albert Röhn •Ueber ein neues Zurichte-Verfahren für den Illustrationsdruck«. — 3. Fortsetzung der Verhandlungen über die Signaturen. — 4. Tech nische Neuigkeiten. — 5. Beschlussfassung über ein Sommervergnügen. — 6. Fragekasten. Die geehrten Mitglieder werden um zahlreiches und pünktliches Erscheinen gebeten. Gäste sind willkommen. Die zum 7. d. Mts. einberufene Sitzung konnte plötzlich eingetretener Umstände halber an diesem Tage nicht abgehalten werden. Der Vorstand. Im Lichthofe des Kunstgewerbe-Museums sind gegenwärtig Zeichnungen und einige Gemälde des Engländers Walter Crane ausgestellt. Was die Thätigkeit dieses Mannes für das englische Kunstgewerbe bedeutet, wird vielleicht erst nach seinem Tode völlig erkannt werden. Aber schon bei Lebzeiten ist es ihm ge lungen, durch Genialität der Auffassung, klassische Strenge und Einfachheit der Schöpfungen, besonders aber durch grosse Frucht barkeit bestimmenden Einfluss auf die dekorative Kunst seines Vaterlandes zu gewinnen. Crane, anfänglich als Holzschneider, dann als Maler und Zeichner thätig, ist besonders für das Buchgewerbe bedeutungsvoll. Seine Kopfleisten und Vignetten zu Grimm’s Märchen und andern poetischen und musikalischen Werken, seine Titelblätter u. dgl. ge hören zu dem Besten, was je auf diesem Gebiete geschaffen wurde. In allen Zeichnungen Crane’s liegt so viel frischer Humor, und selbst die kleinsten Füllungen, Initialen oder Schlussstücke ver- rathen eine so feine Beobachtungsgabe, dass Blätter, die nur wenige Striche enthalten, dennoch eine Fülle von Gedanken bergen. Crane verschmäht füllendes Beiwerk, bei ihm geschieht nichts zwecklos, jede Linie hat Bedeutung, kein Strich ist zu viel. Dabei idealisirt und stilisirt er in meisterhafter Weise. Wie anmuthend z. B. sind seine Federzeichnungen zu der »Sprache der Linien«, wie reizvoll sein »Blumenfest«. Auf einem dieser Blätter, das besonders bemerkenswerth ist, marschiren zwei Mohren mit den Attributen des Feuermohns gravitätisch einher, auf Mohnköpfen Trommel schlagend; auf einem andern entsteigen dem Maiglöckchen liebliche Elfengestalten. Bedeutend ist auch das Werk »Pan Pipes«. Crane ist dabei so vielseitig, dass er sowohl malt, als zeichnet, heute Tapeten, morgen Titelblätter und Illustrationen, Vignetten, und Initialen. Er verschmäht es nicht, die kleinsten Dinge auszu führen. Daneben dichtet er, zeichnet Einbände, Vorsetzpapier, und es giebt Bücher, bei denen er nur das Technische nicht besorgt hat, das Andere ist Alles sein Werk. Wohl sind die meisten von Crane’s Arbeiten im Buchhandel zu haben und z. B. in England in hohen Auflagen verbreitet. Die Ausführung dieser Werke ist aber durchweg so roh, dass man daraus den Meister nicht erkennen kann. Die englischen Verleger waren eben auch von ihrem Publikum abhängig, und so musste für die Volks-Ausgabe Vieles vergröbert werden, was uns nur in den Originalen erhalten ist. Crane sagt selbst hierüber: Schon früh beklagten sich die Buchhändler, dass unsere Farben nicht das seien, woran man gewöhnt sei, nicht lebhaft genug. Die da maligen Käufer suchten Giftgrün und Scharlachroth, was sie bei uns nicht fanden. Wir hielten aus, bis die Ebbe vorüber war, und jetzt, fürchte ich, sind unsere frühesten Bilderbücher vielleicht sogar allzu kräftig und barbarisch. Um Crane ganz erfassen zu können, sei allen Kunstfreunden und Zeichnern, hauptsächlich aber den Angehörigen der graphischen Gewerbe der wiederholte Besuch der Ausstellung im Kunstgewerbe- Museum, Prinz Albrechtstrasse, dringend empfohlen. Dieselbe ist auch Sonntags von 12—6 Uhr zu freiem Eintritt geöffnet, sie währt nur noch bis zum 28. Juni. Ein kleiner, gut geschriebener, schlecht gedruckter »Führer« erleichtert die Uebersicht und trägt zum Verständniss dieses grossen englischen Meisters wesentlich bei. Tiegeldruckpressen. Von Carl Müller, Leipzig. (Fortsetzung und Schluss zu Nr. 48.) »Phönix« von J. G. Scheiter & Giesecke, Leipzig. Eine neue Tiegeldruck-Presse, die alle Vorzüge der Colts Armory-Presse in sich vereinigt, jedoch in verschiedenen Dingen noch verbessert ist, hat die Firma J. G. Scheiter & Giesecke in Leipzig vor kurzem unter dem Namen »Phönix« auf den Markt gebracht (Fig. 24). Das Gestell dieser Presse mit Bett oder Fundament und Hauptwellenlager ist ein einziges Gussstück, dessen gedrungene Form in Fig. 24 im Aufriss dargestellt und durch die Buch staben a bis i gekennzeichnet ist. Diese Bauart hat vor der sonst üblichen verschiedene Vortheile, sie gewährleistet grössere Ge nauigkeit in der Anordnung der Wellen und Lager und sichert gegen Nachgeben oder Lagenveränderung einzelner Theile. Auch soll, nach Mittheilung der betr. Firma, Durchbiegen oder Nach geben während des Druckes bei dieser Presse ausgeschlossen sein. Die obere senkrecht stehende Fläche des Gestelles f—g, Fig. 24, bildet das Bett oder Fundament. Es ist durch starke Querrippen in sich versteift und mit dem Hauptwellenlager, nach diesem keilförmig verlaufend, verbunden. Die Hauptwelle ist derart gelagert, dass sie nicht nur links und rechts seitlich, sondern auch in ihrer Mitte sicher geführt und gehalten wird, und ein Durchbiegen in der Mitte nie ein treten kann. Das der stärksten Abnutzung ausgesetzte Antriebs wellenlager ist mit genau eingepasster Buchse versehen, welche, wenn nach einer Reihe von Jahren eine Erneuerung derselben nothwendig werden sollte, herausgenommen und durch eine neue ersetzt werden kann. Die Befestigung des senkrecht stehenden Rahmens geschieht wie bei Colts Armory - Presse durch einen Fusshebel (Fig. 23 Nr. 46); derselbe befindet sich ausserhalb an der rechten Gestell wand und ist gegen zufälliges Herunterdrücken durch eine über dem Tritt angebrachte Schutzklappe verwahrt. Der Tiegel ist stark verrippt und auf dem kräftigen Tiegelrücken durch vier Schraubenbolzen verstellbar. Die aus Stahl gefertigte Welle ist mit dem gusseisernen Tiegelrücken fest vergossen, und mithin ein Durchbiegen derselben während des Druckes aus geschlossen. Die Zugstangen sind aus Stahl geschmiedet und von hin reichend kräftiger Formung, um jeden beim Druck schwerster Formen entstehenden Zug auszuhalten. Durch die Drehung der excentrisch angeordneten Kurbelzapfen wird den Zugstangen eine in waagerechter Richtung erfolgende ziehende und schiebende Bewegung ertheilt und diese auf den Tiegel übertragen. Damit die Bewegung des Tiegels ohne jeden unnöthigen Kraftaufwand oder irgend welche Reibung erfolge, sind die an den Tiegelrücken links und rechts seitlich angegossenen Führungs backen an ihren innern Seiten mit cylindrisch geformten Kufen versehen, mit denen der Tiegel auf den am Gestell