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No. 47. PAPIER-ZEITUNG. 1391 krystallisirter schwefelsaurer Thonerde entstanden sein. Abgesehen davon, dass Wurster im späteren Verlauf seiner Arbeit von 3 oder 4 kg Alaun pro 100 kg spricht, könnte selbst, wenn man das lOfache an Alaun verwendet hätte, nicht soviel Asche im Papier Zurückbleiben, weil die bei der Leimung entstehende zweibasisch schwefelsaure Thonerde, ebenso wie neutrale schwefelsaure Thon erde, leicht wasserlöslich ist. Auf das Sieb der Papiermaschine gelangt eine Flüssigkeit, die in 100 Theilen gewiss nicht mehr als 5 Theile trockene Papiermasse enthält. Von den 95 Theilen Wasser bzw. verdünnter Alaunlösung werden etwa 90 Theile durch das Sieb, Gautsche und Pressen entfernt, sodass das Papier, wie es auf den Trockencylinder gelangt, etwa 50 pCt. Papiermasse und 50 pCt. Wasser enthält. Es fliessen also weit mehr als 9/10 des zugefügten Alauns auf der Papiermaschine fort und könnten demnach von basischschwefelsaurer Thonerde höchstens einige Zehntel Prozente ins Papier gelangen, welche wiederum nur einige Hundertel Prozente Asche ergeben. 'trotzdem braucht die Richtigkeit der Wurster’schen Angabe, dass die Leimung die Asche des Papiers in jenen Fällen um 0,6—0,8 pCt. erhöht hatte, nicht angezweifelt werden. Wurster giebt die Art der Ermittlung jener Zahlen nicht an; es lässt sich aber vermuthen, dass sie von ihm wahrscheinlich in der Weise gefunden wurden, »dass er vom ungeleimten Papier ein Handmuster bereitete und von diesem die Aschen-Analyse durch führte, ferner die Asche des geleimten Papieres ermittelte und als Unterschied 0,6—0,8 pCt. fand. Dieser Gewichts-Unterschied kann aber nicht aus der zugefügten schwefelsauren Thonerde stammen, wie ich oben ausgeführt habe, sondern hat eine andere Ursache. Die Leinen- und Baumwollfasern (in geringerem Maasse Zellstoff und Strohfaser) sind vom Kochen und späterem Bleichen bei Gegenwart von Schwefelsäure stets mit einer beträchtlichen Menge schwefelsauren Kalks beladen, und zwar beträgt der Gehalt der durch die vorbereitenden Operationen in die Hadern gelangte Be schwerung bis 2 pCt. und sogar darüber, wie aus den zahlreich veröffentlichten Aschen-Analysen von Halbzeugstoffen hervorgeht. Die ursprüngliche reine Faser enthält aber nur einige Tausendstel (chemisch gewaschene Filtrirpapiere von Schleicher & Schüll ent halten 0.022 pCt. Asche) — bis höchstens einige Zehntel — Prozente Asche (bestehend insbesondere aus kieselsauren Thonerdeverbin dungen), je nachdem es Baumwolle oder Leinen ist. Kommen nun die in so hohem Maasse mit schwefelsaurem Kalk verunreinigten Fasern in den Ganzzeugholländer, so löst sich ein geringer Theil des schwefelsauren Kalks auf (Löslichkeit bei 15 0 C 1 : etwa 500), und es ist erklärlich, dass, wenn man jetzt ein Handmuster macht, man einen geringeren Aschengehalt finden muss, als dann, wenn das Papier geleimt ist, da der gelöste Kalk wieder als harzsaurer Kalk ausgefällt auf der Faser haften bleibt und nach der Ver aschung als Calciumoxyd in der Asche gewogen wird. Dass Alaun oder schwefelsaure Thonerde keine Gewichtsver mehrung von 0,6—0,8 pCt. in der Asche hervorrufen kann, wird übrigens dadurch schlagend bewiesen, dass eine grosse Anzahl geleimter unbeschwerter Papiere jeder Fabrik (besonders Zellstoff papiere), welche mitunter selbst mit 5 kg und mehr Alaun oder .schwefelsaure Thonerde für 100 kg Papier geleimt wurden, dennoch häufig unter 0,8 pCt. Asche besitzen. Um auch einen direkten Beweis zu erbringen, dass vom Alaun bei dünnen Papieren fast nichts, bei stärkeren nur eine minimale Menge zurückbleibt, ermittelte ich die Asche eines lediglich aus ungebleichtem Zellstoff hergestellten (38 grammigen) Zellstoff papiers und dem dazu verwendeten Zellstoff. Die Asche des ge leimten Papiers betrug 0,60 pCt., die Asche des dazu verwendeten Zellstoffs 0,58 pCt. Es war also fast nichts vom Alaun zurück geblieben. Dagegen halten stärkere Papiere allerdings geringe Mengen Alaun zurück, wie sich leicht dadurch nachweisen lässt, dass man die betreffenden Papiere mit destillirtem Wasser an- feuchtet und blaues Lackmuspapier hineinlegt. Bei der grossen Empfindlichkeit des Lakmus, besonders zweibasisch schwefelsaurer Thonerde gegenüber, färbt sich der Lackmuspapierstreifen sofort oder nach kurzer Zeit deutlich roth. Aber auch bei stärkeren Papieren ist der Gehalt an basisch schwefelsaurer Thonerde so gering, dass er quantitativ kaum bestimmt werden kann. Der wässrige, heiss extrahirte Auszug von 2 g eines mit 6 pCt. schwefel saurer Thonerde geleimten 50 grammigen Papieres, welcher durch Lackmusfarbstoff röthlich gefärbt war, wurde durch einen Tropfen Zehntelnormal-Lauge bereits blau. Aus diesen und den vorhergehenden Erörterungen und Ver suchen müssen wir also den Schluss ziehen, dass die durch den Alaun im Papier hervorgerufene Beschwerung so gering ist, dass sie bei der Kalkulation der Leimung nicht berücksichtigt werden kann. (Schluss folgt.) Arbeiter-Ausschüsse. Vor dem Gewerbe-Ausschuss des österreichischen Abgeord netenhauses haben Vernehmungen über die Ansichten stattgefunden, welche in Unternehmer- und Arbeiterkreisen über Arbeiter-Aus schüsse herrschen. Es wurde insbesondere zu ermitteln gesucht, ob solche Ausschüsse wünschenswerth seien, ob sie durch Gesetz vorzuschreiben seien, und wie weit sie ihre Thätigkeit auszudehnen haben, um beiden Theilen genehm zu bleiben. Für unsere Leser werden diejenigen Aussagen von Interesse sein, die von Papier- Fachleuten in dieser Sache abgegeben wurden. Wir lassen die bezüglichen Stellen nach dem Centralblatt f. d. Oest.-Ung. P.-I. im Auszuge folgen. Als Erster wurde der Papierfabrikant Ludwig Piette aus Pilsen befragt; er äusserte sich in nachstehender Weise: In unserer Industrie ist der Betrieb derart, dass ich mir einen solchen garnicht verstellen kann, ohne engem Verkehr zwischen Arbeitern und Unternehmern. Die Folge davon ist, dass die Arbeiter auch in privaten Angelegenheiten den Unternehmer oder Betriebsleiter zu Rathe ziehen. Auf diese Art ist das Verhältniss in den meisten Fabriken unserer Branche patriarchalisch zu nennen, und deshalb würde ich heute die Bildung von Arbeiter-Ausschüssen in den Papierfabriken nicht für nöthig halten. Aber es kann sein, dass andere Verhältnisse eintreten können, wo Arbeiter- Ausschüsse wirklich erspriesslich zu wirken im Stande sind, und aus diesem Grunde bin ich nicht grundsätzlich gegen deren Einführung. Allerdings muss ich sagen, dass ich nur für fakultative Einführung derselben bin, weil die obligatorische Einführung von der Arbeiterschaft nicht verstanden, be ziehungsweise falsch aufgefasst würde. Trotz der schlechten Erfahrungen, die ich anfangs mit den Pilsener Arbeitern machen musste, habe ich in den 13 Jahren, die mein Unternehmen dort besteht, nie einen Strike oder Aus stand gehabt. In der ganzen Papierbranche in Oesterreich weiss ich nur zwei Fälle, dass kleine Reibungen vorkamen, die aber bald wieder behoben worden sind. Die Branche bringt dies mit sich. Der Verkehr zwischen Arbeitern und Arbeitgebern muss ein enger sein. Ausserdem giebt es verschiedene Kategorieen von Arbeitern, die stufenweise vorrücken. Der jenige, der vielleicht einmal nicht zufrieden wäre, weiss, dass er durch einen Nachfolger ersetzt würde, der schon auf einen bessern Posten wartet. In der Papierbranche sind eben auch die Arbeitslöhne sehr verschieden. Bei uns in Pilsen ist für Männer der geringste Lohn 90 Kr., der höchste 3 Gid. den Tag. Es ist allerdings mitunter unangenehm, die unter den Arbeitern zu weilen vorkommenden kleinen Reibungen selbst zu schlichten. Es kann vorkommen, dass ein tüchtiger Arbeiter mit einem andern einen Streit hat, und dass man jenem Unrecht geben muss. Dadurch ist der gute Arbeiter gekränkt und fühlt sich beleidigt. Wenn ein Ausschuss solche Sachen zu schlichten hätte, so wäre mir dies viel lieber. Ich wollte selbst schon einen Ausschuss in der Fabrik in Pilsen einführen, und habe mir folgendes kleine Statut hierfür ausgearbeitet. Dem Arbeiter-Ausschüsse liegt ob: a) die Obhut für die Einhaltung der Fabriksordnung, der Unfall verhütungsvorschriften und aller sonstigen, das Wohl der Arbeiter oder die Ehre und Wohlfahrt des Unternehmens berührenden An ordnungen; b) die Aufrechterhaltung von Ehrenhaftigkeit, Ordnung und guter Sitte unter dem gesammten Arbeiterpersonale; c) die Aufsicht und Förderung der im Interesse der Arbeiter bestehenden oder noch einzuführenden Wohlfahrts-Einrichtungen. Der Ausschuss ist bei jeder Aenderung der Fabriksordnnng um sein Gutachten zu befragen.« Die Erörterung der Lohnfrage gehört meines Erachtens nicht in das Ressort des Arbeiter-Ausschusses, dies würde nur zu Zwistigkeiten führen, und schliesslich würden nur noch Loh «fragen behandelt werden. Jedoch hat der Aussschuss sich um die jugendlichen Arbeiter, um ihre technische Ausbildung und um ihr Wohlverhalten, sowie um den Schulbesuch zu kümmern. Die Arbeiter-Ausschüsse sollten nicht lediglich aus Arbeitern bestehen. Uni mich über die Wünsche und Beschwerden der Arbeiter zu unterrichten, kann ich nicht einfach die Beschlüsse des Ausschusses einholen, ich muss auch die Gründe für diese Beschlüsse kennen. Deshalb sollte der Arbeit geber oder sein Stellvertreter den Vorsitz im Ausschuss führen, und wenn dies nicht, möglich sein sollte, so sollte ein Protokollbuch geführt werden, in welches die Debatten vollständig einzutragen wären und das dem Arbeit geber nach jeder Sitzung zu übergeben wäre. In Bezug auf die Wählbarkeit meine ich, dass das Alter von 21 Jahren für das aktive Wahlrecht hinreichend sein möge; für das Gewähltwerden scheint mir mindestens ein Alter von 30 Jahren erforderlich zu sein, denn was junge Hitzköpfe zu leisten im Stande sind, wissen wir Alle. Auch die Wiederholung der Wahlen dürfte nicht zu häufig erfolgen. Es wird immer eine Weile dauern, ehe die Arbeiter-Ausschüsse sich eingearbeitet haben. Wenn dieselben öfter gewechselt werden, so wird das jedenfalls Störungen hervorrufen. Ich bin auch für die gleichzeitige Wahl von Ersatzmännern, damit im Falle des Austrittes eines Ausschussmitgliedes sofort ein Ersatz mann einspringen kann. Ein anderer Sachverständiger, Direktor Dieterle aus Neusattel, sprach sich über den letzten Punkt wie folgt aus: Ich glaube, dass das 21. Jahr für den Beginn des aktiven Wahlrechtes I ein zu früher Termin ist. Da ist der Mann noch nicht reif genug, und