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No. 47. PAPIER-ZEITUNG. 1389 den Genossenschafts-Vorstand sei, die Vorschläge der Sektionen auf Entschädigung abzuändern, da diese die Fälle am genauesten kennen. Die Herren möchten dies erwägen und ihre Vorschläge so einrichten, dass sie vor dem Schiedsgericht und dem Ver sicherungsamt bestehen. Die gewünschte genauere Statistik der Unfälle sei bereits angebahnt und werde hoffentlich Nutzen bringen. Wezel hält es für nöthig, dass die Statistik zeige, wie viel in den verschiedenen Fällen von den Sektionen bewilligt wird, damit man sich danach einrichten und Gleichmässigkeit herbei führen könne. Kaufmann-Lahr beantragt, die Besprechung damit zu schliessen, dass der Vorstand ersucht wird, eine solche Statistik aufzustellen. Der Vorsitzende weist darauf hin, dass dies durch Aussendung von Fragebogen angebahnt ist, aber nur zu einem guten Ziel führen kann, wenn dieSektionen die erforderlichen Unterlagen liefern. Komm.-Kath Meissner unterstützt die vom Vorsitzenden aus gesprochene Mahnung, dass man in den Sektionen bei Feststellung der Entschädigungen möglichst sparsam zu Werk gehen solle, damit nicht unberechtigt hohe Zahlen in die Akten kommen, die dann in künftigen Fällen als maassgebend gelten. Jede Sektion habe auch Interesse daran, dass in allen andern Sparsamkeit ge übt werde, da die Genossenschaft 5/6 der Entschädigung trage. 3. Der Entwurf für die Aufstellung des Etats für 1893 liegt gedruckt wie folgt vor: Bezeichnung Ist-Ausgabe im Jahre 1892 Etatssumme für 1893 Unfall-Untersuchung«- und Entschädigung«- feststellungskosten 3 592 36 3 900 Schiedsgerichtskosten 2 308 18 3 000 Unfallverhütungskosten 7 739 70 9 500 I.aufende persönliche Verwaltungskosten. Reisekosten und Tagegelder der Mitglieder des Genossenschafts-Vorstandes .... 1 630 2 500 Reisekosten und Tagegelder der Delegirten . Reisekosten und Tagegelder der Beamten 2 638 — 2 700 — 157 85 250 Gehälter der Beamten und Bediensteten . . 29 961 31 1 32 000 Laufende sachliche Verwaltungskosten. Lokalmiethe, Heizung und Beleuchtung . . 3 270 37 4 500 Schreibmaterialien, Drucksachen, Instand haltung des Inventars 4 524 61 4 750 Portokosten und Botenlöhne 3 070 49 3 500 — Insertions- und Publikationskosten .... 21 — 50 — Zinsen und sonstiger Verwaltungsaufwand . 1 424 50 2 000 — Zusammen 60 338 37 68 650 Derselbe wird einstimmig angenommen. 4. Die vorjährigen Revisoren und deren Ersatzmänner werden wiedergewählt, nämlich die Herren Goldschmidt, Kreter und Waltenberg, als Ersatzmänner die Herren Heider und Adler- Buchholz. 5. Der Geschäftsführer, Rechtsanwalt Dr. Friedemann, berichtet, dass ein Hausdiener einer Berliner Karton- und Glaceepapier- fabrik, als er über den Hof ging, durch einen aus einem andern Betrieb herabfällenden Ballen verletzt wurde. Der Thater, ein Lehrling, wurde zu Strafe verurtheilt, aber der Vorstand sah da von ab, ihn zur Entschädigung heranzuziehen, weil er kein Ver mögen besitzt und keines zu erwarten hat. Die Versammlung genehmigt dies. 6. Der von der Behörde geforderte Zusatz zu den Unfall verhütungs-Vorschriften, wonach Personentransport auf Fahrstühlen gestattet sein soll, wenn es von der örtlichen zuständigen Polizei- Behörde erlaubt ist, wird genehmigt. 7. Komm.-Rath Meissner erläutert die Art und Entstehung des jetzigen Gefahrentarifs. Dr. Gerschei als Referent führt noch weiter aus, warum die so verschiedene Betriebe umfassende Genossenschaft die Ein schätzung nach der Thätigkeit der Arbeiter vornehmen musste. Als Ausgangspunkt diente die in der Genossenschaft verbreitetste Maschine, die Steindruck - Schnellpresse. Die Durchschnitts- Gefahrenziffer aller Arbeiter und Unfälle ist auf Grund 51/4 jähriger Erfahrung 25, und davon entfällt ein Sechstel, also etwa 4, auf Verwaltung. Dies ist also die Mindest-Einschätzung, die auch ganz gefahrlose Arbeit treffen müsste, wenn es solche gäbe. Nach dem jedem Mitglied zur Verfügung stehenden gedruckten Entwurf ist die niedrigste Gefahrenziffer 6, die höchste 250. Wiener - Breslau bedauert, dass der vom Vorsitzenden im vorigen Jahre ausgesprochene Gedanke nicht zur Ausführung kam, wonach es genügen würde, wenn man' nur zwei Zahlen, nämlich für Hand- und Maschinenarbeit, hätte. Der Vorsitzende ist auch jetzt noch der Meinung, dass 3 oder 6 Zahlen genügen würden, empfiehlt aber den Antrag des Vor standes, weil er sich davon überzeugt habe, dass derselbe zur Zeit das Richtige sei. Dr. Gerschei erklärt auf Anfrage eines Mitgliedes, warum die amerikanische Quer-Schneidmaschine für Rollenpapiere mit 250 als die gefährlichste bezeichnet ist: Bei diesen Maschinen geht das Messer guillotinartig auf und nieder; wenn aber eine Un regelmässigkeit vorkommt, greift der Arbeiter hinein, ohne das Messer abzustellen, und dadurch sind so schwere Unfälle entstanden, dass die Querschneider thatsächlich auf mehr als 438 kamen. Diese Ziffer ist wegen der kleinen Zahl (60) der daran beschäftigten Arbeiter und der Unzuverlässigkeit der hierauf gegründeten Statistik auf 250 herabgesetzt worden. Der Tarif wird einstimmig angenommen. Der Kommission, bestehend aus Herren Hellriegel als Vor sitzenden, Komm.-Räthen Krause, Meissner, Adt, Dr. Gerschei, welche sich der grossen Mühe der Ausarbeitung mit Liebe und Ausdauer unterzogen hatte, wird auf Antrag des Vorsitzenden der Dank der Genossenschaft ausgesprochen. 8. Auf Antrag des Vorstandes wird von Aenderung der Satzungen Abstand genommen. Die Genossenschafts-Versammlung erklärt den § 20 des Statuts dahin, dass bezüglich der Vertretung der in Berlin wohnenden, in einem Wahlgang gewählten Mitglieder für jedes Mitglied nicht ein bestimmter Ersatzmann als gewählt gilt, und dass somit jeder dieser Ersatzmänner nach Bedürfniss durch den Vorsitzenden zur Vertretung berufen werden kann. 9. Die Versammlung beschliesst einer Anregung des Reichs versicherungsamts zufolge durch Zuruf, dass bei der nächsten Umlage um so viel weniger umgelegt werde, als der Betriebs fonds die Summe von 100 000 M. übersteigt. Der Vorsitzende berichtet über den von dem Vorsitzenden der Sektion III und von den Delegirten der Sektion III ein gebrachten Antrag auf Trennung der Verwaltung der Sektion I von der Verwaltung des Genossenschafts-Vorstandes. Sektion III trage 300 M. zur Miethe und 1200 M. zu den Bureau-Kosten der Genossenschaft bei. Sie vermindere dadurch deren Ausgaben um ebensoviel, da weder Wohnungsmiethe noch Unkosten geringer würden, wenn Sektion I ein besonderes Bureau hätte. Die Mit verwaltung der Sektion I durch das Personal des Genossenschafts- Vorstandes sei nur auf einstimmigen Beschluss eingeführt worden und habe sich bewährt. Wenn darin eine Aenderung getroffen werden solle, so hätte ein diesbezüglicher Antrag rechtzeitig ein gereicht werden müssen. Der vorliegende Antrag der Sektion III sei in der gestrigen Vorstandssitzung eingehend erörtert worden. Da er zu spät eingebracht sei, so könne nach den Satzungen nicht darüber beschlossen werden, und er halte unter diesen Um ständen eine Berathung darüber zur Zeit für unnütz. Die Ver sammlung beschliesst mit Mehrheit, dem Herrn Kommerzienrath Meissner, welcher um das Wort ersucht hat, zu diesem Gegenstand das Wort nicht zu geben. Kommerzienrath Meissner und die anwesenden Delegirten der Sektion III erheben hiergegen Protest und verlassen die Ver sammlung. Müller erklärt, dass ihm vor der Genossenschafts-Versamm lung der Antrag der Delegirten der Sektion III nicht zugegangen sei, und dass deshalb eine Diskussion über denselben unzulässig gewesen wäre. Die Versammlung wählt sodann als Unterzeichner des Pro tokolls die Herren Behrens, Blanke, Kommerzienrath Krause. Auf Antrag des Herrn Orthaus spricht die Versammlung dem Vorsitzenden und dem Vorstande den Dank für seine Thätigkeit aus, und hofft, dass derselbe noch lange an jetziger Stelle bleiben möge. Die Versammlung stimmt durch Erheben von den Sitzen zu. Der Vorsitzende dankt im Namen des Vorstandes, dessen eifrige Mitarbeit ihm die Arbeit sehr erleichtere. Er finde in der Anerkennung der Genossen seinen einzigen Lohn. Schluss gegen 2 Uhr. Festmahl. Zu dem gemeinsamen Mittagsmahl im Reichshof, Wilhelm- Strasse 70a, hatten sich etwa 45 Herren und Damen eingefunden und waren durch die vorzüglichen Speisen und Getränke, sowie die Tafelmusik bald in heiterste Stimmung versetzt. Das Ehe paar Selle trug hierzu durch Vortrag von Solo-Gesängen und Duetten vorzüglich bei, und eine von der Papier-Zeitung gelieferte poetische Wiedergabe der Tagesordnung wurde gemeinsam ge sungen. Die bei jedem Gedeck liegende Speisenfolge war von Herrn Max Krause geliefert, und Herr Plumpe, i. F. Emil Petersen, hatte eine in allen Farben leuchtende Prachtfregatte auf die Tafel ge stellt, die nachher herumgereicht und von den Anwesenden aus-