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1274 PAPIER-ZEITUNG. No. 43. Das Geschäftsbuch. Von C. Riefenstahl. [Fortsetzung zu Nr. 42.] Helten. Zwirn oder Draht? Mit Zwirn geheftete Bücher legen sich leichter auf und liegen leichter glatt im Rücken, weil die Bogen nicht, wie bei der Draht heftung, aagenietet sind und verhältnissmässig schmales Band erfordern. Doch schieben sich die Bogen, wenn sie recht weit aus dem Rücken treten, leicht auf und ab, wodurch die Haltbarkeit des Buches in Frage gestellt wird. Bei dünnen Büchern, die man weich im Rücken halten will, dürfte Zwirnheftung immer noch am Platze sein. Seit einer Reihe von Jahren hat sich die Draht heftung eingebürgert, und mit Recht, denn die Haltbarkeit ist dadurch entschieden erhöht worden. Aber auch diese Heftart birgt Uebelstände; durch den hinten liegenden Draht und die breiten Bänder, welche erforderlich sind, entsteht eine gewisse Steifheit und Härte im Rücken. Diese breiten Bänder bewirken auch, dass zu wenig Fläche für die Leimung des Buches bleibt, und so die einzelnen Lagen nur wenig miteinander verbunden werden. Grosse Dauerhaftigkeit ist deshalb nur zu erzielen, wenn zwischen jede Lage ein feiner Leinenstreifen gelegt wird — eine sehr zeitraubende Arbeit, da jeder Streifen einzeln mit Kleister eingelegt werden und antrocknen muss, ehe man den zweiten legen kann. Wenn nun auch durch die vielen Materialien auf den Rücken der Lagen letztere sich beim Aufschlagen des Buches nicht leicht so weit herausheben, als mit Zwirn geheftete, so ist dagegen die Haltbarkeit grösser als bei Zwirnheftung. In neuerer Zeit ist in England eine Heftmaschine gebaut worden, die wieder zur Zwirnheftung zurückführen soll. Jeder Bund und jeder Faden wird mit dieser Maschine derartig ver schlungen und befestigt, dass ein Vergleich mit der frülieren Handheftung ausgeschlossen ist. Die Haltbarkeit gegen die frühere Zwirnheftung ist dadurch weit grösser, dass jeder Bund für sich allein befestigt und ein Aufgehen des Fadens bei dem einen Bunde für den andern ohne Nachtheil ist, dass also nicht die ganze Lage lose werden kann, wie dies bei Handheftung zu weilen vorkommt. Doch entstehen durch das Ein- und Ausgehen der Nadel sehr grosse Löcher, durch welche der Leim übermässig eindringt und hässliche Flecke verursacht. Es ist wohl möglich, dass diese Maschine, wenn sie noch mehr vervollkommnet wird, die Drahtheftung wieder aus dem Felde schlägt. (Soweit uns bekannt ist, arbeitet eine solche Maschine in der Reichsdruckerei in Berlin. D. Red.) Ist das Buch geheftet, gut geleimt, auf dem Rücken mit weichen, zähen Stoffen überklebt und beschnitten, so dürfte auch bei schweren Büchern ein Bestechen des Kapitals am Platze sein, weil beim Umschlagen der Blätter die oben und unten vom Draht ab freiliegenden Enden sich häufig umlegen; eine Ecke des Blattes legt sich um die andere, das Buch wird an diesen Stellen stärker, kann nicht mehr in den Deckel, und muss zu Grunde gehen. Dies wird besonders durch ungeschicktes Umblättern beim Nach schlagen hervorgerufen. Das Bestechen des Kapitals, also das Umnähen der äussersten Enden der Lagen, hat wiederum nur Zweck, wenn das beste Papier verwendet und in die Mitte der Lagen noch ein Leinenstreifen gelegt ist. Selbstverständlich darf nur bester starker Hanfzwirn oder Drehseide zum Nähen verwendet werden. Deckel. Ist das Buch geheftet, so folgt das Ansetzen der Pappen. Zuerst ist eine dünne Pappe in etwas feuchtem Zustande anzu bringen, dann auf diese so viel stärkere, als die Dicke des Buches dies fordert. Die innere Pappe soll deshalb ein wenig feucht sein, um durch das Zusammentrocknen den Deckel, welcher stets Neigung hat, nach aussen rund zu werden, nach innen zu halten. Die Pappen sollen von gutem Material, aber nicht zu fest satinirt sein. Scharf satinirte Pappen werfen sich leicht nach, allen Richtungen. Das Werfen der Deckel ist ein Uebelstand, dem man nicht genug Aufmerksamkeit widmen kann. Werfen sich doch oft Deckel von Büchern, welche ganz trocken waren und lange auf Lager gelegen haben, besonders, wenn sie dem Temperatur wechsel ausgesetzt sind; am gefährlichsten ist den Büchern über mässige Dampfheizung. Werden Bücher in die Nähe der Heiz rohren oder gar auf die Verkleidung derselben gelegt und nicht gehörig beschwert, so ist das Werfen der Deckel, sowie Kraus werden der Papiere kaum zu vermeiden. Hauptsächlich ist im Winter der Temperaturwechsel in scharf geheizten Räumen die Ursache, während im Sommer bei vorsichtig gefertigten Büchern das Werfen nicht vorkommen wird. Sprungrücken. Mit den Pappen zugleich wird der Rücken angebracht. Der Sprungrücken ist der wesentlichste Theil des Einbandes; deshalb wollen wir denselben etwas genauer betrachten. Der Rücken hat nicht allein den Zweck, das Buch zu schützen, sondern muss es beim Aufschlagen soweit herausdrücken, dass es womöglich ganz flach liegt. Um dies zu erreichen, muss der Rücken weit auf die erste Pappe hinauf fassen und eine über halbrunde Form haben; er muss aus zähem Stoff bestehen, damit er Federkraft besitzt. Beim Aufschlagen wird ein solcher Rücken ziemlich flach gedrückt. Ist das Buch ganz offen, so soll er in seine ursprüngliche Form zurückfedern und dabei das Buch herausdrängen. Ein derartiger Rücken lässt sich nicht so leicht fabrikationsmässig herstellen, sondern muss einzeln, dem Buch entsprechend, gearbeitet und in frischem Zustande angebracht werden, andernfalls wird er sich nicht so anschmiegen, wie es nöthig ist. Zu verwerfen sind ganz entschieden die harten, schmalen Rücken, welche fabrikmässig fertiggestellt werden, beim Oeffnen des Buches dasselbe krachend herauswerfen und doch kein Flach liegen bewirken. Ein richtig gearbeiteter Rücken muss das Buch gut ein- und auslassen und es genügend heben. Im Jahre 1890 oder 1891 machten die Fleischhacker’schen Roh hautrücken viel von sich reden. (Vergl. a. P.-Z.) Dieselben bestanden aus alaungarem, starkem Rindleder (Pergament), welches in überhalb runde Form gebracht wurde. Dies war allerdings ein vorzügliches, unverwüstliches Material; aber nicht dieses, war das Epoche machende bei der Sache, sondern die überhalbrunde Form der Rücken, also die Methode. Doch haben die Rohhautrücken auch ihre Uebelstände. Wenn z. B. der Wuchs des Leders der Länge nach läuft, so kommt es wohl vor, dass der Rücken sich einbiegt. Auch lässt sich kein Ansehen des Buches am Kapital erzielen, die Rücken sehen zu dünn aus, und eine Verstärkung mit anderm Material vertragen sie schlecht. In neuerer Zeit fertigt Karl Krause in Leipzig Maschinen zur Herstellung überhalbrunder Papprücken; die Einführung dieser Art Rücken dürfte jetzt eine allgemeine werden. Erwähnen möchte ich noch die losschichtigen Rücken. Der Rücken soll fest sein, das ist die erste Regel, deshalb sind los schichtige Rücken in den meisten Fällen nicht am Platze. Bei starken Büchern dagegen würde, wenn man den Rücken des An sehens wegen so stark wie den Deckel macht, eine zu grosse Härte entstehen. Um einen losenRücken zu erzielen ist es angebracht, in gewisser Breite Papierstreifen auf die angeschmierte Pappe zu legen, sodass nur die Kanten des Pappstreifens kleben können. Regeln lassen sich hierbei aber nicht aufstellen, sondern es muss je nach Stärke und Material des Buches verfahren werden. Ueberzug. Nachdem Rücken und Deckel hergerichtet sind, wird das Buch überzogen, erst der Rücken und die Ecken, dann die Kanten. Hauptsächlich die untern Kanten sind am meisten zu schützen, daher mit festem Material zu versehen. Als besonders geeignet zum Ueberziehen hat sich Moleskin (starkes baumwollenes Gewebe) bewährt, besser freilich dürfte Rind-, Juchten-, noch dauer hafter Schweinsleder sein. Letztere Materialien erhöhen aberdenPreis des Buches ganz wesentlich, weshalb man, um die Dauerhaftigkeit des Moleskin-Einbandes zu erhöhen, nur die Kanten mit diesen Lederarten besetzt. Auch wendet man Messingschienen- oder -Ecken und Kapitale an, doch sind diese wenig zweckmässig. Sie zerstossen sich leicht, werden beulig, unansehnlich und zer reissen die Pultüberzüge. Solche Messingbeschläge hindern den Rücken am Federn und können dadurch sehr nachtheilig für die Haltbarkeit des Buches sein; sie sind durchaus nicht zu empfehlen. (Schluss folgt.) Eisenbahntarif für Lumpen. Die Harburger Handelskammer sagt in ihrem Jahresbericht: Nicht unterlassen wollen wir, auch in diesem Jahre unsern Wunsch betreffend Tarifirung des Artikels »Lumpen « und aller verwandten Artikel unter Spezialtarif III zu wiederholen. Diese Wünsche sind von uns mehrfach begründet worden und können nur als billige bezeichnet werden, zumal bei dem in Frage kommenden, meistens sehr niedrig im Preise stehenden Artikel die Fracht eine grosse Rolle spielt.