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1208 PAPIER-ZEITUNG. No. 41. erwerben; erst am 19. Juni desselben Jahres erklärte er, das Verfahren nicht erwerben zu wollen. g) Die Herren Professoren Stohmann und von Meyer sagen in einem Gutachten, das sie als vom Landgericht Kolmar vereidigte Sachver ständige abgaben (imBesitz der »Red. der Papier-Zeitung«): »In dieser Beschreibung (des Patents 4179) sind alle Einzelheiten enthalten, sodass ein geschickter Ingenieur eine Zellstofffabrik danach zu errichten im Stande sein würde«. Wie stimmt mit diesen Thatsachen die Verwahrung des Herrn Kellner dagegen, dass er ein Nachahmer meines Verfahrens sei, und mit dem Nachfolgenden: Im Centralblatt für die Oestr.-Ungarische Papier industrie, Nr. 18 des v. J., steht in einem Bericht, welcher augen scheinlich durch Herrn Kellner veranlasst, jedenfalls nicht von ihm richtiggestellt ist, Folgendes: »Es gereicht uns zur Freude, konstatiren zu können, dass es ein Oesterreicher war, der diesen Prozess (Sulfit prozess) entdeckte. Herr Dr. Karl Kellner fand gelegentlich seiner Arbeiten mit schwefliger Säure die Wirkung der schwefligen Säure bei höherer Temperatur auf Holz.« 2. Weiter muss ich bemerken: Das deutsche Patentamt hat einem Nichtigkeitsprozess gegenüber die Darstellung der Sulfitablauge nach Anspruch II von Patent 4179 als neu und patentfähig festgehalten. Das von Kellner erwähnte Material (der Ueberrieselungsthurm von Gossage usw.) hat selbstverständlich dem Patentamt vorgelegen; es waren die Käufer des sogenannten Ritter-Kellner’schen Verfahrens zum grössten Theil die Nichtigkeitskläger. Auch habe ich nie das allgemeine Absorptions verfahren durch einen Thurm als meine Erfindung beansprucht, was Herr Kellner mir unterlegen will, sondern das spezielle Verfahren der Herstellung des doppeltschwefligsauren Kalkes in dem Thurm. 3. Weil, wie die Herren Professoren Dr. Stohmann und von Meyer in dem erwähnten Gutachten (S. 11) anführen, »nach dem Tilghman’schen Verfahren überhaupt nicht gearbeitet werden konnte, da es niemals zur Ausbildung gelangt ist«, so kann von einer Nachahmung des Tilgh man’schen Verfahrens meinerseits nicht die Rede sein. 4. Es ist ein Irrthum, dass ich gegen die Patente von Ritter-Kellner Annullirungsklage eingereicht hätte; es geschah dies nur gegen einen Theil des Patentes vom 2. August 1883, welches geheim gehalten wurde und mir nur wenig bekannt war. Herr Dr. Netti hatte die Nichtigkeits klage angestrengt, um nachzuweisen, dass dieses nachgesuchtc Patent ein sogenanntes Abhängigkeits-Patent ist, und dies ist ihm auch voll kommen gelungen. (Siehe Chemikerzeitung 1885, Nr. 36.) Dass aber das Lösungsverfahren des Herrn Kellner unter meinen Anspruch II von Patent 4179 fällt, geht aus einem Prozess hervor, den ich gegen die Freiberger Papierfabrik, eine Käuferin des Ritter-Kellner’schen Ver fahrens, führte. Dieselbe wurde zur Einstellung des Betriebes ver- urtheilt. 5. Es ist Herrn Kellner wohl bekannt, dass in dem in Oesterreich gegen mich geführten Nichtigkeitsprozess die Nichtigkeits-Erklärung nur daraufhin erfolgte, weil mein Verfahren in Deutschland, vor der Anmeldung in Oesterreich, von mir benutzt war. Es ist demnach in dieser Entscheidung nichts Nachtheiliges über den Werth meiner Er findung enthalten. Ob Herr Kellner oder sein Anwalt mit oder ohne seinen ausdrücklichen Auftrag die Entscheidung nach Möglichkeit ver breitet hat, dürfte wohl gleichgiltig sein; jedenfalls hat der Anwalt im Sinne des Herrn Kellner gehandelt. 6. Die Fabrik Waldhof arbeitet nach ihrer eigenen Angabe (siehe Güntter-Staib, 13. Auflage u. ff.) nicht nach Ritter-Kellner, sondern nach eigenem Verfahren. (Durch gerichtliche Verhandlung wird es bald festgestellt werden, welches Verfahren in Waldhof benutzt wird.) Die Anlernung des Direktor Lenz von Waldhof bat wochenlang im März 1882 in meiner Fabrik in Münden stattgefunden, und dürfte es wahrschein licher sein, dass Herr Lenz in Podgora den Herrn Kellner angelernt hat, als umgekehrt. Jedenfalls bedurfte Herr Lenz nicht der Anlernung, da er schon lange Zeit vor seinem Besuche in Podgora die Fabrik von Herrn Meissner in Raths-Damnitz eingerichtet und mit sehr gutem Er folg geleitet hatte. 7. Die Bemerkung des Herrn Kellner, dass Zellstofffabrikanten nach meinem Verfahren von Anfang an nicht mit gutem Nutzen gearbeitet hätten, ist vollständig unrichtig, da mir zuallererst etwas davon bekannt sein müsste. Nur eine einzige Fabrik nach meinem Verfahren hat Wasser mangels wegen den Betrieb einstellen müssen; alle anderen Zellstoff- fabriken (selbstverständlich Misserfolge bei den damit verbundenen Papierfabriken ausgeschlossen), haben mit gutem Erfolg gearbeitet, während mir eine Anzahl an mich gerichteter Mittheilungen vorliegt, nach denen die Zellstofffabriken nach Ritter-Kellner fast alle mit den grössten Schwierigkeiten gekämpft haben. (Beglaubigte Abschriften von Stellen aus Briefen sind der Redaktion übergeben.) Es liegt dies nicht nur an den Zeitverhältnissen, sondern an der Art. der Einzelheiten des Ver fahrens. Ein Bericht des Herrn Dr. Schall an mich vom 13. Mai 1889 über eine am 9. Mai desselben Jahres stattgehabte Versammlung des grössten Theiles der Fabrikanten nach Ritter-Kellner fasst die Sachlage nach den Aeusserungen dieser Herren so zusammen: »Im ganzen ge nommen haben ja die Herren auch Ihnen gegenüber kein anderes Un recht begangen, als dass sie sich von Ritter-Kellner haben lassen und mit schwerem Schaden ein Verfahren erworben haben, welches ihnen dieser als gegen kein Patent verstossend angepriesen hatte.« Freiburc/ i. Br., 16. Mai 1893. A. Mitscherlich. Braunwerden holzschlifffreien Druckpapiers. Ich erhielt Papierproben mit der Frage zugesandt, weshalb das zuerst weisse Papier, nachdem es bedruckt war und einige Zeit an der Luft gelegen hatte, sich dunkler, d. h. etwas bräunlich färbte. Als Stoffmischung wurde angegeben: 45 pCt. Sulfatzellstoff, 35 pCt. Baumwolle, 8 pCt. Leinen, 12 pCt. Strohstoff und 15 kg China Clay, geleimt mit Harz. Das Papier wog 100—110 g das □ m, hatte Griff und solche Saugfähigkeit, wie es sogenannter Werkdruck verlangt. Die Farbe des Papiers hatte einen starken Stich ins Graue, der mit Ultramarin und Roth getont wurde. Das bedruckte Papier bestand aus einem Bogen, dessen äussere Seiten oder Flächen stark bräunliches Aussehen hatten, während die inneren Flächen dem ursprünglichen Papier umso näher kamen, je mehr sie bei dem zusammengelegten Bogen nach innen zu lagen, auch die Ränder hatten das Aussehen der oben- liegenden Flächen. Probe auf Holzschliff mit Schwefels. Anilin oder Phloroglucin, liess solchen nicht erkennen. Beim Bestreichen des Papiers mit verdünnter Salzsäure entstand ein stark gelblich gefärbter Strich, der auch nach dem Trocknen die gelbliche Farbe behielt. Da der gelbliche Strich auf Eisenchlorid schliessen liess, so wurde er mit einer Lösung aus Rhodanammonium überfahren, wobei sofort die bordeauxrothe Eisenreaktion sich zeigte. Dass das Papier, an der freien Luft liegend, bräunliches Aussehen annahm, ist also jedenfalls dem Eisenoxyd zuzuschreiben. Wie das in ziemlicher Menge im Papier enthaltene Eisen in dieses kam, habe ich nicht erfahren, doch ist es mit aller Bestimmtheit nachgewiesen. Dass es durch die zum Leimen verwendete schwefel saure Thonerde hineingekommen wäre, ist unwahrscheinlich, seine Menge war zu gross. Es scheint, dass das Fabrikationswasser stark eisenhaltig war. Das Eisen wurde nicht nur im bräunlich gewordenen Papier nachgewiesen, sondern in gleicher Menge auch in dem frisch gearbeiteten Papier, welches gräulich aussah. Die bordeauxrothe Färbung hatte bei beiden Proben gleiche Tiefe. Die gleich grosse Menge Eisen war also in beiden Proben vorhanden, nur in verschiedener Verbindung. Bei dem frisch gefertigten Papier war es eine Verbindung, die sich unter Einwirkung der Luft ver ändert. Diese Verbindung ist ursprünglich so wenig gefärbt, dass sie die Farbe des Papiers nicht so beeinflusst wie braun gefärbtes Eisenoxyd, welches in dem bräunlich gewordenen Papier vor handen war. Von den Eisensalzen hat nun das Schwefel-Eisen alle Eigenschaften, welche auf die geschehene Veränderung schliessen lassen. In blaugrauer Farbe mischt es sich mit dem Stoff und färbt ihn gräulich. Unter Einwirkung der Luft und Feuchtigkeit geht es in Eisenvitriol über, d. h. in schwefelsaures Eisen oxydul-Oxyd. Wenn das Papier unter Einfluss von Tempe ratur und Feuchtigkeit seinen Feuchtigkeitsgehalt öfters wechselt, so geht das Eisenvitriol nach und nach in Eisenoxyd über, und färbt das Papier bräunlich. Dass dieser Vorgang wirklich die Aenderung in dem eingesandten Papier veranlasste, hat die frisch angefertigte Papierprobe deutlich gezeigt. Die Papierprobe wurde zum Nach weis der Schwefelverbindung mit etwas neutralem salpetersaurem Silber befeuchtet, ohne dass Schwefelsilber entstand, welches die befeuchtete Stelle dunkelbraun bis schwarz hätte färben müssen. Wenn also eine Schwefelverbindung vorhanden war, so war die selbe nicht in Wasser löslich, also nicht als Schwefel-Calcium, -Natrium oder-Kalium. Als jedoch die mit Silberlösung befeuchtete Stelle mit etwas verdünnter Salpetersäure überstrichen wurde, entstand eine Färbung der Stelle, die immer dunkler wurde, da durch, dass das in Salpetersäure lösliche Schwefeleisen zersetzt wurde. Es bildete sich in verdünnten Säuren unlösliches Schwefelsilber. Nachdem erwiesen ist, dass das frisch gefertigte Papier Schwefel eisen enthält, ist dessen Umwandlung in Eisenoxyd anzunehmen, und damit auch die Ursache, weshalb das weisse, mit stark grauem Schein versehene Papier seine Farbe ändert und bräunlich wird. Da zu dem Papier in der Hauptsache Sulfatzellstoff genommen wurde, so dürfte am Vorhandensein einer löslichen Schwefel Verbindung nicht zu zweifeln sein. In der Kochlauge befinden sich beim Sulfat verfahren stets Schwefelverbindungen, die im Stoff bleiben, wenn auf das Auswaschen wenig Sorgfalt verwendet wird. Vorstehende Beobachtungen dürften sich auch andern Orts gefunden haben, und es wäre interessant, eine Bestätigung zu er fahren. Für den vorliegenden Fall ist freilich die Grundbedingung das Vorhandensein einer für weisses Papier unverhältnissmässig grossen Menge Eisen. Bei dem Dunklerfärben der Papier-Ober fläche mag auch mitwirken, dass es offenliegend den verschiedensten Verhältnissen ausgesetzt ist, sodass die in der Luft enthaltenen Stoffe wie Staub, Kohle usw., sich auf der rauhen Oberfläche fest setzen und sogar ins Papier dringen. Hauptsächlich hat aber der beschriebene chemische Vorgang die Aenderung verursacht. M..