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für die Lieferung und Prüfung von Papier zu amtlichen Zwecken« vom 17. November 1891 an zuständiger Stelle zu beantragen. Der Vorsteher hat vielmehr mehrfach Gelegenheit gehabt, auf die Un möglichkeit zu verweisen, an den bestehenden Vorschriften irgend etwas zu ändern, bevor nicht die gesammelten Erfahrungen die Nothwendigkeit hierzu erwiesen haben. Solche zwingenden Er fahrungen liegen aber noch nicht vor. Ganz besonders aber erscheint es zur Zeit unthunlich, an den festgesetzten Gewichten, oder den Bestimmungen über das Wasserzeichen zu ändern. Zugleich nimmt die Versuchsanstalt Gelegenheit, darauf zu verweisen, dass es ihr unmöglich gemacht wird, mit der Industrie in entgegenkommender Weise zu verkehren und ihr die hier ge sammelten Erfahrungen zur Verfügung zu stellen, wenn gesprächs weise Aeusserungen der Beamten in der in Nr. 38 der Papier- Zeitung benutzten Form veröffentlicht werden. Es kann für die Sache selbst gewiss nur förderlich sein, wenn der Versuchsanstalt die mit den »Vorschriften« gemachten Erfahrungen von allen Seiten mitgetheilt werden, nur dann wird sie in der Lage sein, seinerzeit etwa nothwendig werdende Aenderungen sachlich zu begründen. Deswegen muss die Versuchsanstalt bestrebt bleiben, auch mit der Industrie Fühlung zu erhalten. Sie werden ergebenst ersucht, dieses Schreiben in einer der nächsten Nummern der Papier-Zeitung zum Abdruck zu bringen. Königliche mechanisch-technische Versuchs-Anstalt. A. Martens. An den Herausgeber der Papier-Zeitung Herrn Carl Hofmann, Berlin W. Nach Chicago! Zernest (Ungarn), 11. Mai 1893. Es ist zu erwarten, dass anlässlich der Ausstellung in Chicago viele Fachgenossen aus Deutschland, Oesterreich und der Schweiz nach Amerika reisen werden. So auch mein Vater und ich selbst. Ich dächte nun, dass es Vielen angenehm wäre und noch mehr dazu an regte, wenn von irgend einer dazu berufenen Seite eine aus Papier fachgenossen bestehende Gesellschaftsreise veranstaltet würde. Gewöhnlich hörte ich zwar Papiermacher sagen, die Ausstellung usw. habe für uns Europäer garkeinen Zweck, da sowohl Absatz, als auch Arbeitsverhältnisse und Rohstoffe grösstentheils für uns fremdartig seien, und wir daher nichts lernen könnten. Ich stimme im grossen Ganzen bei, sage aber anderseits, dass wir Vieles sehen werden, was ins Euro päische übersetzt uns von grossem Vortheil sein kann, und meiner An sicht nach sollte daher kein Fabrikant, dem die Mittel dies erlauben, es verabsäumen, hinüberzufahren. Mein Programm ist ungefähr Folgendes und dürfte sich im Wesent lichen mit den Absichten jedes Papiermachers decken. In erster Reihe will ich Amerika flüchtig sehen und einen Theil davon — inbegriffen Niagara-Falls — kennen lernen. Will die Ausstellung und im speziellen die fachliche Seite davon genau studiren und nach Möglichkeit ver suchen, durch Empfehlungen einige amerikanische Papier- und Zellstoff- Fabriken zu besichtigen, besonders in Holyoke. Viele mit mir sprechen nicht englisch und würden daher gern mit sprachkundigen Fachgenossen diese Reise machen, um umso grösseren Nutzen davon zu ziehen. Die gegenseitige Anregung dürfte gewiss Jedem erwünscht sein, und ich glaube, dass sich auch die Besichtigungen von Fabriken leichter korporativ bewerkstelligen lassen, als es der Einzelne vermag. Einer Fachkorporation würden gewiss auch drüben die Fach genossen gern an der Hand sein, und eine entsprechend warme Aufnahme in amerikanischen Fachkreisen lässt sich höchst wahrscheinlich an nehmen. Ein weiterer Vortheil aber wäre bei einer Gesellschaftsreise, dass man sich während der 2 Monate auch gesellschaftlich und freund schaftlich unter einander näher kommt — was für unsere Industrie nach vielen Richtungen von Bedeutung sein kann. Ein letzter Nutzen liesse sich dadurch erzielen, dass man billiger und doch besser reisen könnte und stets in gleicher und angenehmer Gesellschaft wäre, weil Alle dasselbe Ziel anstreben. Vielleicht liesse es sich folgenderweise machen: Man verspricht irgend einem jungen Fachmann freie Fahrt und Verpflegung für die Dienst leistung als Reisemarschall. Perfekt englisch sprechen und einige Fach- kenntniss unbedingt nothwendig. Falls es Ihnen beliebt, von diesem Briefe und meinem Namen irgend Gebrauch zu machen, habe ich nichts dagegen. Traugott Copony, Direktor der Zernester Papierfabrik. Wir haben aus obigem Schreiben den Theil weggelassen, worin der Herausgeber d. Bl. ersucht wird, eine solche Gesellschafts reise zu veranstalten, weil wir dies nicht übernehmen können, finden aber den Vorschlag, einen geeigneten Fachmann als Reise führer anzustellen, sehr zweckmässig. Vielleicht veranlassen diese Zeilen Jemanden, eine solche Papiermacher-Reise geschäftlich ins Werk zu setzen und sofort die nöthigen Bekanntmachungen zu erlassen. D. Red. Wassermangel im Erzgebirge. Im sächsischen Erzgebirge wird das Wasser, wie die Lokal blätter berichten, schon wieder sehr knapp, und da alle Lager in Holzstoff, sowie in Papier geräumt sind, so wird dieses Jahr die Holzstoff- und Papiernoth grösser sein, als im wasserknappen Vor jahr. Es liegt daher nur im eigensten Interesse aller Holzstoff und Papierverbraucher, sich rechtzeitig zu decken. Schweden- Norwegen hat ebenfalls die Lager geräumt und kann dieses Jahr sicher nicht in dem Maasse aushelfen, wie im Vorjahre. Unter solchen Umständen werden die Preise unbedingt steigen. Breite Papiermaschine. In der Fabrik der Star Paper Company in Feniscowles bei Blackburn, England, wurde nach »The Paper Record« eine von Bentley & Jackson in Bury gebaute Papiermaschine in Betrieb ge setzt, die als die grösste und leistungsfähigste gelten dürfte. Das Sieb ist 40' lang und 146" breit, und die Maschine liefert eine 140", d. h. 3,51 m breite Papierbahn. Sie wird aus 4 Stoffbütten gespeist und ist mit 4 Knotenfängen nach Reinicke & Jasper’s Patent versehen. Die Brustwalze des Siebes hat 18", die Leit walze 12" (30 cm) und 147 " Länge, beide Gautschwalzen haben 20" Durchmesser und 12' Länge. Letztere sind aus Messing mit Stahl welle von 6" Durchmesser. Die drei Saugkasten sind mit Dampfsauger (ejector) versehen. Die unteren Walzen der beiden Nasspressen haben 20" Durchmesser, 12' Länge und Messing mantel, die oberen sind von gleicher Grösse aus Hartguss. Alle vier sind Antideflektions-Walzen nach Schürmann. Die Filzwalzen der ersten Presse bestehen aus saumlosen Kupferröhren, die der zweiten aus Pappelholz und sind für 40' lange Filze angeordnet. Der Trockner besteht aus 12 innen und aussen gedrehten und po- lirten Cylindern von 5 ' Durchmesser und 12' Länge mit bedeckten Köpfen zur Verhinderung der Wärme-Ausstrahlung. Alle 12 Cylin- der sind durch Zahnräder verbunden, werden von einem Guss stahlrädchen angetrieben, und zehn derselben sind mit drei Filzen versehen, die von ebensovielen besonderen Cylindern von 3 ' Durch messer getrocknet werden. Die Trockenfilz-Walzen bestehen aus gedrehten und polirten Stahlrohren mit eingeschweissten Köpfen. Das aus kreisförmigen Trägern zusammengesetzte Gestell ist auch gedreht und polirt. Die getrocknete Papierbahn wird gefeuchtet, ehe sie durch einen aus 4 Hartwalzen bestehenden Kalander geht. Die unterste dieser Walzen hat 20", eine 14" und zwei 16"Durch messer. Die Bahn geht dann durch den Längsschneider und wird in Rollen gewickelt. Die Maschine ist mit oben und unten ge hobelten gusseisernen Fundamentplatten versehen, die auf Mauer werk liegen. Die Haupt-Triebwelle liegt etwa 10 ‘ über dem Boden und treibt in bekannter Weise mittels Kegelscheiben und Kegelräder die mit Reibungskuppelungen versehenen einzelnen Theile. Zum Antrieb dient eine Hochdruck-Dampfmaschine mit Cylinder von 15" Durchmesser und 18" Hub. Als es bekannt wurde, dass eine Maschine von dieser Grösse gebaut werde, sollen die Amerikaner beschlossen haben, für die Ausstellung in Chicago eine noch grössere herzustellen. Nach Berathung wurde auch die Herstellung einer 160 " breiten Maschine als ausführbar erkannt — musste aber unterbleiben, weil kein amerikanischer Papierfabrikant sie kaufen wollte. Holzstoff als Ersatz für Hartgummi. Wie »The India Rubber World« berichtet, ist in Amerika ein Verfahren erfunden worden, den für elektrische Zwecke viel gebrauchten theuren Hartgummi durch eine aus Holzstoff und Schellack bestehende Masse zu ersetzen. Man hatte schon früher aus einem mineralischen Stoffe und Schellack 'eine recht brauch bare Masse hergestellt, die als »Diatit« in den Handel kam, sich aber infolge ihrer theuern Herstellungsweise nicht behaupten konnte. Die übrigen Erfindungen hatten mehr oder wenig Gummi zur Unterlage, so wurde z. B. auch Holzstoff mit alten Gummi- Abfällen als Ersatz für Hartgummi verwendet. Aber alle diese Mischungen boten weder in Bezug auf Brauchbarkeit noch Billig keit irgend welchen Vortheil, und wenn sie auch für verschiedene daraus erzeugte Waaren ganz geeignet erschienen, so rührte dies nur von dem darin befindlichen Gummi her. Die neue Masse aus Holzstoff und Schellack wird in East- Boston namentlich für Isolirungszwecke zu elektrischen Anlagen hergestellt. Die Fabrikation derselben soll in grossem Maasse betrieben werden, wenn die dazu nöthigen Kapitalien beschafft sind.