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Zeitungssatz. Fortsetzung zu Nr. 37. Die für den Accidenzsatz als selbstverständlich erachtete Einheit in den Schriftcharakteren lässt sich im Anzeigensatz schwer durchführen. In besseren Fachblättern, sowie in den Anzeigen theilen unserer grossen bildergeschmückten Unterhaltungsblätter ist dies auch nur bis zu einem gewissen Grade erreicht worden, d. h. insoweit, als man Antiqua nicht mit Fraktur vermischt hat, und umgekehrt. Die auf den Anzeigensatz in den einfachsten Formen ange wandte freie Richtung hilft über manche Klippe hinweg, die sich aus dem Mangel einer in Bezug auf Breite geeigneten Schrift dem Setzer entgegenstellt. Sandelsgärfnerei und riedrichstrafe so Samenhandlung Beispiel 42. Vorstehende Zeilen -Anordnung erfolgte aus Mangel an einer schmalen Schrift von frakturähnlichem Schnitt, sie ergab aber auch gleichzeitig die Möglichkeit, die Lage der Handelsgärtnerei und Samenhandlung an einer vortheilhaften Stelle hervortreten zu lassen, was jedenfalls dem Auftraggeber, besonders wenn er einen Konkurrenten in einem anderen Stadttheil hat, nur angenehm sein kann. Da ich in vorstehendem Beispiele das Wort »Friedrich strasse 80« unterstrichen habe, möchte ich erwähnen, dass hin sichtlich des Unterstreichens von Wörtern oder ganzen Zeilen in einer Anzeige sehr oft in Bezug auf das Verhältniss der Stärke zwischen Schrift und Linie gefehlt wird. Es ist meines Erachtens ver kehrt, wenn man eine aus fetter Text-Antiqua gesetzte Zeile mit einer fetten oder halbfetten Viertelpetitlinie unterstreicht, dies hat keine Wirkung; die als Unterstrich gelten sollende Linie muss mindestens die Stärke des Grundstriches derjenigen Schrift haben, die durch Unterstreichen ausgezeichnet werden soll. Oft findet man auch fette Zeilen mehrfach durch feine Linien unterstrichen. Die hierdurch beabsichtigte Wirkung wird dabei aber nie erreicht werden. Von den hier folgenden Beispielen a 2uchdrucierei Buchdruckerei Buchdruckerei b c Beispiel 43. kann a als richtig, b und c als falsch (? D. Red.) bezeichnet werden. Nicht auf einem Seil soll die Schrift tanzen, sondern auf einem soliden Balken soll sie ruhen, welcher ihr den Charakter des Starken, der Festigkeit verleihen soll. Verständnissvolle Ausnutzung der sich aus dem Wortlaut der Anzeigen ergebenden Zufälligkeiten kann zwar nicht gelehrt werden, sie ist aber eine unschätzbare Eigenschaft guter Anzeigen setzer. So wird man in einer zweispaltigen Konzert-Anzeige die Zeile »Konzert« wegen Mangel an einer passenden, recht breit laufenden frakturähnlichen Schrift aus Antiqua, unter Umständen sogar aus Versalien setzen müssen, um sie auf die richtige Breite zu bringen. Soll es aber heissen »Grosses Militär-Konzert«, so kann diese Zeile aus einer frakturartigen Schrift (Fraktur, Gothisch, Kanzlei u. dgl.) gesetzt werden, die je nach der Spaltenbreite weder breit noch schmal zu sein braucht. Hier lässt sich ohne Noth die Antiqua entbehren. Man hüte sich, in aus Antiqua als Textschrift gesetzten Anzeigen Fraktur-Auszeichnungsschriften zu verwenden. Die von vielen Anzeigensetzern beabsichtigte Auszeichnung fetter Frakturzeilen durch Einfügung fetter Antiquaworte ist als gänzlich verfehlt zu bezeichnen. Der Antiqua als Auszeichnungsschrift sollte stets eine be sondere Zeile eingeräumt werden. Das Missverhältniss zwischen zwei Schriftcharakteren tritt desto schärfer hervor, je grösser die Schriftgrade sind, denn in den seltensten Fällen wird die Antiqua mit der Fraktur Linie halten, auch ist mitunter der Schnitt zweier auf diese Weise in eine Zeile gebrachter fetter Schriften derart, dass man in Zweifel ist, ob die Fraktur mehr auszeichnet oder die Antiqua. Beleg dafür bietet folgendes Beispiel: Carl Müller, dürfet Beispiel 44. Wo daher aus Mangel an Auszeichnungs - Schriften oder aus sonstigen Ursachen zu dem Hilfsmittel der Anwendung zweier Schriftarten in einer Zeile gegriffen werden muss, setze man lieber dasjenige, was weniger hervorzutreten braucht, aus einem kleineren Grade der nächstähnlichen Schrift: Carl Müller, Bäcker Beispiel 45. Hier bin ich an einem Punkte angelangt, der verschiedentlich in der Fachpresse berührt worden ist. Ich halte es nämlich, im vollen Einverständniss mit den Fachblättern, für richtiger, eine Schriftart in sämmtlichen Graden und in möglich grosser Menge anzuschaffen, als viele Schriftarten unter Ueberspringung einiger Grade und in kleinen Minimas. Eine Anzeigenkolumne soll keine Schriftgiessereiprobe darstellen, sondern die Anzeigen sollen durch verständige Anwendung der Schriften in Bezug auf ihren Grössen grad wirken. Wie in den meisten Accidenzschriften, so macht sich nun besonders in den Anzeigen-Auszeichnungsschriften das Fehlen des Doppelcicero-Kegels unangenehm fühlbar. Die Schriften werden von Nonparel an bis Tertia um je ein Viertelpetit stärker, über springen eine Viertelpetit bis zum Textgrade, plötzlich aber drei Viertelpetit bis zum Doppelmittelgrade, gehen auf Doppeltertia, drei Cicero, Doppeltext auf 31/2 Cicero über, auf vier, fünf Cicero usw. Zwischen keinem der hier aufgeführten Grade ist der Sprung so gross, wie zwischen Text und Doppelmittel. Einmal dabei, den Schriftgiessern einen wohlgemeinten Rath zu geben, will ich nicht unterlassen, hier einen zweiten anzufügen, nämlich den, die zu den Auszeichnungsschriften (besonders den fetten) von Petit bis Tertia oder Text nöthigen Interpunktions- Zeichen, Punkte, Komma und Theilungsstriche, in mindestens doppelter Menge den Paketen beizugeben. Diese Zeichen sind besonders in der Zeitung nicht nur einer stärkeren Abnutzung unterworfen, sondern sie kommen auch im Verhältniss zu den andern Buchstaben ungleich öfter zur Anwendung; sie fehlen regelmässig, wenn der Kasten etwas stärker in Anspruch genommen ist. Der Setzer greift dann, wenn z. B. in der fetten Antiqua die Punkte fehlen, zur halbfetten, und falls diese vielleicht schon anderweitig versetzt wurden, zur fetten oder halbfetten Fraktur oder auch zur gewöhnlichen. Diesem Nothbehelf begegnet man sehr oft in den Zeitungsspalten. Auch dieser Uebelstand tritt um so misslicher hervor, je grösser der Schriftgrad ist. Die meist zu Firmenbezeichnungen benutzten fetten Schriften erfordern besonders viele Punkte und Komma; man vergleiche z. B. den Bedarf an Punkten in der Firma-Zeile: E. W. Fernie & Comp., Wien. Hier sind vier Punkte und ein Komma nöthig, während e und n, die der Zahl nach die stärksten Buchstaben in den Schriftminimas sind, nur drei- bezw. zweimal vorkommen. Hinsichtlich der Verwendung von Interpunktionszeichen, be sonders bei grösseren Auszeichnungsschriften, sollte man sich auf das Allernoth wend igste beschränken. Man ist im Accidenzsatz schon lange zu der Einsicht gekommen, dass hinter alleinstehenden Zeilen die Komma, vielfach auch die Punkte, Doppelpunkte usw. entbehrlich sind. Carl Mannberger Sattler Frankfurt a. M. Beispiel 46. Man kann also getrost das Komma hinter den Wörtern Mann berger und Sattler weglassen, wenn es sich beispielsweise um den Satz des Beispiels 46 handelt. (Fortsetzung folgt.)