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No. 87. PAPIER-ZEITUNG. 1083 Normalpapier. Wir bitten um gefl. Aufnahme und Beantwortung folgender Anfrage in Ihrem geschätzten Blatte: Eine Berechtigung ist ja nicht abzuerkennen, aber ist eine Behörde verpflichtet, ein Normalpapier, welches in allen übrigen Eigenschaften den Vorschriften genügt und nur im »Widerstand gegen Zerknittern« statt gross, ziemlich gross ergeben hat, zurückzuweisen, bezw. in die nächst niedere Klasse einzureihen? Antwort: Wenn die Behörde die Vorschriften des Staats ministeriums vom 17. November 1891 genau befolgen will, muss sie den Widerstand gegen Zerknittern für ebenso wichtig halten, wie die anderen Eigenschaften. Ob sie aber streng die Vorschriften befolgen will oder nicht, wird vom Willen des Vorstehers ab hängen. Wir hörten schon von Fällen, wo die Behörden die Vor schriften ganz und theilweise unbeachtet liessen, wissen aber nicht, ob und welche Folgen diese Nichtbeachtung hatte. Leimfestigkeit des Papiers und scharfe Tinte. Klagen über zu geringe Leimfestigkeit des Papiers sind mir ebenso wie dem Einsender H. in Nr. 34 vorgekommen, und regel mässig war es der Fall, wenn die sogenannte Kaisertinte ver wendet wurde. Die Klagen liessen erst nach, als man in der Papierfabrik zum Prüfen des Papiers auch diese Tinte benützte und das Papier so leimte, dass es ihr Widerstand leistete. Dass diese Tinte aus dem Verkehr ausgeschlossen wird, ist nicht anzu nehmen, weil sie dünn aus der Feder fliesst, keinen oder nur ge ringen Rückstand in der Feder lässt, überhaupt allen Anforde rungen entspricht, die an gute Tinte gestellt werden. Noch schlimmer verhält sich eine rothe sogenannte Karmintinte, die aus einer am moniakalischen Lösung von Cochenille hergestellt ist, wie deren schwacher Ammoniakgeruch erkennen lässt. Beim Schreiben mit solcher Tinte verliert das mit Harz geleimte Papier durch Ein wirkung von Ammoniak seine Leimfestigkeit, wenn nicht für beste Leimung gesorgt ist. Die Schärfe der Kaisertinte konnte ich nur darin finden, dass diese ungeheuer dünnflüssig ist und dadurch in das Papier dringt, wenn dessen Zwischenräume nicht dicht mit Leimstoff gefüllt oder alle Fasern in solchen gehüllt sind. Auf der Oberfläche, also thierisch geleimte Papiere leisteten beiden Tinten in den mir bekannten Fällen immer Widerstand. Da aber durch diese Leimung der Preis des Papiers zu sehr vertheuert wird, so bleibt nichts übrig, als durch Erfahrung die beste Harzleimung zu ermitteln. Bei der Kaisertinte schlug die Schrift weniger durch, als derselben etwas Essig zugesetzt wurde. Dieser Zusatz wird zum Verdünnen der Kopirtinte empfohlen, wenn diese durch Ein trocknen zu dick wird, was aber in vorliegendem Falle nicht nöthig war, da die Kaiser-Tinte meines Wissens als Kopirtinte nicht geliefert wird. Hier scheint die saure Reaktion zu bewirken, dass der Harzleim des Papiers nicht zersetzt wird, und dass die im Papier damit ausgefüllten Zwischenräume auch geschlossen bleiben und die Tinte am Eindringen ins Papier verhindern. Die Klage über Kaiser-Tinte wird von vielen Papier-Fabri kanten getheilt, doch glaube ich nicht, dass sich durch Erlasse und Normaltinten Abhilfe schaffen lässt, sondern nur durch grössere Leimfestigkeit des Papiers. M. . . Dass alkalische Tinten in harzgeleimtes Papier dringen, ist erklärlich, wenn man bedenkt, dass sich Harz in Alkali löst. Kommt eine alkalische Flüssigkeit mit Harz in Berührung, so bildet sich wahrscheinlich an dessen Oberfläche eine ganz schwache Lösung oder doch eine solche Aenderung, dass Wasser nicht mehr wie vorher davon abgestossen wird, sondern daran entlang fliessen kann. In geleimtem Papier sind aber die Räume zwischen den Fasern mit fein vertheiltem Harz verschlossen, welches Wasser und saure Flüssigkeiten abstösst. Damit solches Papier auch gegen schwach alkalische Tinte leimfest bleibt, müssen die Räume zwischen den Fasern mehr als gewöhnlich mit Harzleim ausgefüllt sein. Ob es möglich ist, Papier mit Harz gegen stark alkalische Flüssigkeit leimfest zu machen, erscheint fraglich. D. Red. Normalpapiere. Von W. Herzberg. (Mittheilungen aus den techn. Versuchs-Anstalten 1893, Heft 1.) Verfasser theilt die Erfahrungen mit, welche die Versuchs- Anstalt in Charlottenburg im Jahre 1892 bei den den Behörden gelieferten Papieren hinsichtlich der geforderten und vorhandenen Eigenschaften gesammelt hat. Ein geringer Bruchtheil der für Behörden gelieferten Papiere musste unberücksichtigt bleiben, weil eine bestimmte Stoff- und Festigkeitsklasse nicht vorgeschrieben war; das Gesammtbild wird aber hierdurch kaum verschoben. Im Jahre 1892 wurden im Ganzen 359 Papiere untersucht, deren Lieferungsbedingungen bekannt waren. Hiervon wurden 69 Papiere = 19,2 pCt. besser geliefert als verlangt, 188 „ = 52,4 » geliefert wie verlangt, und 102 » = 28,4 „ schlechter geliefert als verlangt. Vergleicht man diese Ergebnisse mit denen der Jahre 1889 bis 1891 (siehe Papier-Zeitung 1892, Nr. 68) unter Auseinander haltung der besser, beziehungsweise schlechter gelieferten Papiere in 3 Untergruppen, so ergiebt sich Folgendes: I. Zusammenstellung über die geforderten und vorhandenen Eigenschaften der in den Jahren 1889—1892 in der Versuchs-Anstalt im Auftrage von Behörden untersuchten Papiere. A. B. 8 Jahr © pCt. pCt. pCt. pCt. pCt. 1889 266 1890 453 1891 1892 41,7 39,7 44,8 52,4 1 2 3 4 440 359 8,3 7,1 7,5 3,0 24,8 19,0 15,4 19,8 1,9 3,8 1,7 6,0 3,9 I 4,5 0,8 4,5 15,4 17,0 13,9 5,6 | 2 1. Besser geliefert als verlangt II. Gelie fert wie ver langt 4,1 9,5 10,0 13,9 $ä III. Schlechter geliefert als verlangt 02 - 8 _:Ö3 bo 3-= s ge5 33 S g 2 2$ m F I pCt. I pCt. Insgesammt pCt. 9,8 17,2 18,4 19.2 .E a c I E I pCt. 41,7 39,7 44,8 52.4 i>Ct. pOt. pCt. 48,5 51,5 48,5 43,1 56,9 43,1 36,8 63,2 36,8 28,4 71,6! 28,4 Aus dieser Gegenüberstellung geht hervor, dass das Ver- hältniss der vorschriftsmässig gelieferten Papiere zu den nicht genügenden sich zwar auch im Jahre 1892 etwas gebessert hat, im ganzen aber auch jetzt noch als ungünstig bezeichnet werden muss. Nachfolgend sind einige Verstösse gegen die Lieferungs bedingungen mitgetheilt; auch in der Art der Verstösse ist eine geringe Besserung gegen das Vorjahr zu bemerken. II. Besonders schwere Verstösse gegen die Lieferungs-Bedingungen. E s Eigenschaften g verlangt j N fr pCt. pCt. III in 5 4 0,9 statt 4 3 5 260 4 3 4 Packpapier n IV 4 3 4 statt 6,4 670 0,4 Schreibpapier II IV Enth. Holzschl. 5 4 5 5,3 310 4 3 । Druckpapier I in 6 3 5 1220 12,0 0,5 3 Bei Lieferungen an Private waren im Jahre 1892 die Be- Insgesammt = B. | C. E = t Jahr $o %0± 1 E a- I A • pCt. pOt. pCt. 19,7 53,0 25,8 74,2 25,8 22,92 56,3 14,4 55,5 18,6 Enthält Holz-u. Stroh -Zellstoff 1 2 3 1 2 66 96 236 III II 3 3 4 5 1,3 1,6 0,2 0,6 1890 1891 1892 IV HI co pOt. E m 1,04 1,04 0,8 3,4 Abweichung bezüglich des Stoffgehaltes m • 8 8 vor handen Erhebl. mehr als 25pCt. Holz- Zellstoff Enth. Holzschl. Konzeptpapier Register auszüge Briefpapier Art des Papiers bezw. Verwendungs zweck g o 6 cd 56,3 18,7 81,3 18,7 55,5 25,9 74,1 25,9 etwas verschlechtert; indessen sind die vorgekommenen Ab weichungen minder schwer, als bei Behördenlieferungen. J. Den 8 Bedingungen E III. Schlechter geliefert als verlangt II. Gelie fert wie ver langt 00 330 000 .03 B— |i Widerstand gegen I Zerknittern und Reiben pCt. 1,5 ! 1,0 | 17,8 3,0 Bei Privatlieferungen haben sich die Verhältnisse also wieder PCt. 21,2 25,0 pCt. 53,0 PCt. 16,7 15,6 dingungen, soweit sie bekannt waren, nicht wesentlich besser er füllt, als bei Behördenlieferungen, während in den Vorjahren der Unterschied zu Gunsten der Privatlieferungen erheblich grösser war. Nachstehende Uebersicht zeigt dies deutlicher. III. Zusammenstellung über die geforderten und vorhandenen Eigenschaften der in den Jahren 1890—1892 in der Versuchs-Anstalt im Auftrage von Privaten untersuchten Papiere. F 8 d o — 6 pCt. 7,6 2,1 0 1,5 I. Besser geliefert als verlangt A. B. c. _ Bezügl. Stoff- 9 und Festig- • keitsklasse A Bezüglich F Stoff klasse . Bezüglich 9 Festigkeits- s klasse