Volltext Seite (XML)
No. 34 PAPIER-ZEITUNG. 997 4. Der angepresste, über den Buchblock hervorstehende Kücken falz a (Fig. 3) dient den Deckeln, die bei b angesetzt werden, als Stütze. Bei Halbfranzbänden liegen die Deckel — wie Fig. 1 B erkennen lässt — fest an den Rückenfalz angedrückt; sie finden hier ihren Stützpunkt und bewegen sich, durch die Bünde wie durch Scharniere festgehalten, ähnlich wie eine Thür in ihren Angeln. Der hervorstehende Falz ver hindert ferner die Deckel über den Rücken zurückzutreten, was von besonderer Wichtigkeit bei unserer Aufbewahrungsart in Bücherbrettern ist. Die Bücher werden hier hochgestellt, und würde der Rückenfalz nicht vorhanden sein, so würden schwere Bücher durch ihr Gewicht allmälig aus der Buchdecke nach vorn zu herausbrechen. Das sind die Hauptgründe, welche die Buchbinder veranlassen, ihre Bücher abzupressen. Jeder einsichtsvolle Leser wird erkennen, dass dabei von einer muthwilligen Misshandlung des Buches nicht die Rede sein kann; das Abpressen ist dem Buche so unerlässlich nöthig, wie einem Hause die Grundmauer, und ein dickes Buch, welches nicht abgepresst ist, gleicht einer Miethskaserne, die auf Sand gebaut wurde. Das Abpressen unterlässt der Buchbinder nur bei sehr dünnen Büchern, die mit einem einfachen Einbande versehen werden. Ferner presst er Geschäftsbücher mit Sprungrücken-Einband so ab, dass kein hervorstehender Falz entsteht. Dafür werden aber auch die Einbände an Geschäftsbüchern viel umständlicher und schwerfälliger gearbeitet, und die Stütze, welche an Halbfranz bänden der Rückenfalz gewährt, wird durch kräftige Leinenfälze und eingeklebte dünne Pappdeckel ersetzt. Herr X. wünscht aber das Abpressen nicht, und die Deckel, welche der Buchbinder sorgsam vor dem Zurücktreten durch den Rückenfalz sichert, will er über den Rückenfalz hinaus angesetzt wissen. Wie der Buchbinder die Deckel bei dieser Neuerung be festigen soll, giebt er nicht an. Ich könnte vielleicht eine Be festigungsart angeben, aber ich will nicht behilflich sein, den Ozean leer zu schöpfen. Ich will nur kurz erklären, welche Folgen diese Bindeweise hätte: Zunächst liesse sich ein Buch, welches nach dem Verlangen des Herrn X. mit über den Rückenabschluss hinausreichenden Deckeln angesetzt wäre, an den Anfangs- und Endbogen überhaupt gar nicht öffnen! Nachstehende Zeichnungen Figg. 5 und 6 mögen das erklären. Fig. 5 zeigt ein nach jenem Verlangen angesetztes Buch mit Ein ¬ lagerücken, Fig. 6 ein solches ohne Einlagerücken mit aufge schlagenem Deckel. A ist der Buchkörper, a a sind die Deckel, b ist der Einlagerücken. Die Deckel a a sind über den Rückenabschluss c c bis zu d d hinaus angesetzt. Der Einlagerücken b kann infolgedessen den Buchkörper am Rücken nicht umschliessen, er steht bei d d ab und hängt nur am Buchkörper, damit ein Rücken daran ist. Den wichtigen Zweck, den die Rücken sonst haben, kann er nicht er füllen. Er ist nicht imstande, den Buchblock aus der Decke herauszudrängen, er ist aber auch nicht imstande, ihn umschliessend wieder in die Decke zurückzuziehen. Er ist eben nur noch das fünfte Rad am Wagen und beim Oeffnen des Buchdeckels sogar im Wege. Die Deckel a a können am Buche nur da befestigt werden, wo die Heftbünde überstehen, also am Rückenabschlusse bei c. Die Drehungsachse der Buchdeckel befindet sich demnach nicht am Ende derselben bei d d, sondern im Buchdeckel bei c. Dadurch gewinnen wir einen Hebel, der nicht besser ausgedacht werden könnte, wenn es gelten sollte, die ersten Bogen vom Buche ab zusprengen. So weit, wie Deckel a bei Fig. 6 geöffnet ist, lässt die Rundung des Rückens das Oeffnen zu. Soll der Deckel aber weiter geöffnet werden, wie z. B. bei a l , so muss er entweder zer brechen, oder die ersten Bogen werden vom Buche abgerissen. Denn bei d drückt er auf den Rücken, bei c aber ist er am Buche befestigt und kann sich nicht erheben; also heisst es nun: biegen oder brechen. Den Deckel eines solchen Buches kann man niemals vollständig öffnen, ohne dass die ersten Bogen nachgezogen werden. In der Mitte öffnet es sich ebenso, wie jedes andere Buch; aber den Titel kann man nur lesen, wenn man ihn vom Deckel abhält. Ausser dem wäre es unmöglich, ein derartiges Buch auf dem Rücken zu vergolden, denn bei d d liegt der Lederrücken hohl und die Fileten fänden beim Druck keinen Widerstand. Also mit dieser Neuerung ist es nichts! Man könnte mit Herrn X hier sagen: »Wenn man schlecht aufschlagende Bücher absichtlich machen wollte, dann müsste es nach Fig. 4 (seiner Neuerung) geschehen.« (Fortsetzung folgt.) „Frei ist die Kunst!“ Als Zeichen der Zeit können folgende zwei Anzeigen gelten, die beide in Nr. 167 des Berliner Lokal-Anzeigers vom 11. April in der Abtheilung »Offene Stellen« standen. Eaufbursche, der in Buchdruckereien beschäftigt war und das Setzen gut versteht, wird ge- jucht Dresdenerstr. 121,8 . . . . Bostonpresse. Arbeitsbursche, welcher an der Tiegel- druc-resse Bescheid weis, etwas seen kann, verlangt Ruruspapier - Fabrik W . . . strasze 51. Besteller, welche den suchenden Geschäften Aufträge geben wollen, ersehen aus diesen Anzeigen, dass sie auf sachgemässe Ausführung die schönsten Hoffnungen setzen dürfen. R. Büchertisch. Die Neuerungen im Patentwesen von Dr.jur. Rhenius, Kaiserl. Regierungsrath und Abtheilungsvorsitzenden im Patentamt. Ijeipzig 1893. Verlag von Dunker & Humblot. Preis 80 Pf. Die in steifen Umschlag gehängte Schrift giebt auf 40 grossen Oktav- Seiten eine Begründung des Patentwesens, eine Geschichte des deutschen Patentgesetzes und -Amtes und eine Erklärung der Aenderungen, welche die Gesetze von 1891 brachten. Das Ganze ist mit grosser Sachkenntniss klar geschrieben und dürfte von Jedem mit Interesse gelesen werden, der sich für das Er findungswesen interessirt. Kaufmännisches Adressbuch für das Deutsche Reich 1893/94. Herausgegeben von W. & S. Loewenthal, Verlag des Berliner Adressbuchs, XIII. Jahrgang. (April 1893 bis April 1894.) Preis 6 M. 50 Pf. Das Adressbuch enthält im vorliegenden Jahrgang etwa 60000 Adressen kaufmännischer Firmen aus mehr als 2000 deutschen Orten, im ersten Theil nach Plätzen, im zweiten nach den Waarengattungen geordnet, welche sie vertreten. Ein dritter Theil enthält behufs Er leichterung des Nachschlagens noch ein alphabetisches Verzeichniss der im zweiten Theile vertretenen Gewerbszweige. Eine Anzahl Anzeigen ist im Texte eingestreut, und eine Anzahl Firmen gegen Vergütung durch doppelzeilige Schrift hervorgehoben. Die in diesem Buche ver einigte Firmen-Zusammenstellung hat sich bisher als zuverlässig er wiesen. Die Geschäftswelt ist zu genauen und pünktlichen Auskünften durch die streng durchgeführte Bestimmung veranlasst worden: »Wer auf den gesandten Fragebogen keine Auskunft ertheilt, wird nicht auf genommen «. Kleine Mittheilungen. Buchdrucker - Trust. In Cincinnati wird in den nächsten Wochen die Cincinnati Job Printing Association, eine Vereinigung der grösseren Accidenz-, Lithographie- und Kupferdruck-Firmen mit einem Kapital von 6 000 000 bis 10 000 000 Dollar in Thätig- keit treten, die in vielen Beziehungen dem Trust der amerikanischen Schriftgiesser ähnlich ist. Die Abmachungen wegen Abschätzungen und Entschädigungen sind zufriedenstellend für alle Betheiligten ausgefallen, die ungefähr die Hälfte der 150 Buchgewerbefirmen in Cincinnati darstellen. Geschickte Reklame. Eine Papierwaarenhandlung, zu deren Kunden viele Beamte, Schriftsteller und Gelehrte gehören, stellt diesen eine Anleitung zur regelrechten Anwendung der her kömmlichen Korrekturzeichen zur Verfügung, welche bekanntlich nur wenigen für den Druck schreibenden Personen im vollen Umfange geläufig sind. Die Anleitung wird gern entgegen genommen und nützt der ausgebenden Firma, denn der Text, an welchem die Korrektur-Zeichnungen veranschaulicht werden, ent hält eine geschickt geschriebene Geschäftsempfehlung derselben.