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stehende Schwierigkeit hinwegzusetzen; sie findet auch beim Publikum mehr Anklang, als dies bezüglich der Accidenzen an fänglich der Fall war. Deshalb soll der Anzeigensetzer auch hier nur frisch hineingreifen, denn an Geschäfts-Anzeigen ist nichts »zu schwer«, wenn den vermeintlichen schweren Zeilen Licht und Luft gelassen wird. Ebenso wie beim Accidenzsatz muss der Setzer sich nach Betrachten des Manuskripts einer Anzeige darüber schlüssig machen, auf welche Zeilen er das Hauptgewicht zu legen hat, auf die Firma, das Fach oder auf beides zugleich. Er muss sich sozusagen eine Skizze in Gedanken zurechtmachen, ehe er mit dem Satz beginnt, sofern er nicht vorzieht, eine solche auf dem Papier, natürlich nur in rohen Umrissen, zu fertigen, was bei einem darin geübten Setzer nicht mehr Zeit in Anspruch nimmt, als das unter Umständen vergebliche Setzen und Wieder ablegen einer Steckschriftzeile. Was auf dem Gebiete der Zeitungs-Einfassung seitens der Schriftgiessereien noch geleistet werden könnte, will ich hier, weil ich augenblicklich mit praktischen Vorschlägen nicht auf warten kann, nicht weiter erörtern. Es kann aber manches bisher als »Anzeigen-Einfassung« Empfohlene unbedenklich in die Zeug kiste wandern. Es war daher lebhaft zu begrüssen, dass von einigen Giessereien Sachen geboten Wurden, die nicht gerade als »Einfassung« bezeichnet werden können, wohl aber gewissen Anspruch auf die Bezeichnung »Anzeigenschmuck« haben. Es sind dies neben den schwarzen Kreisen den hochkant gestellten schwarzen Quadraten usw. namentlich die schwarzen gleichschenkligen und ungleich schenkligen Dreiecke, die eckigen und gewölbten Aufsätze, die schwarzen Quadrate und Rechtecke grösserer Grade usw., aus denen sich unter Anwendung fetter Linien von Halb petit an aufwärts recht wirkungsvolle Anzeigen setzen lassen, sofern es im Setzersaale weder an Schönheitssinn noch Denkkraft mangelt. (Fortsetzung folgt.) Berliner Typographische Gesellschaft. Der Vorsitzende, Herr Messenzehl, eröffnete die Sitzung vom 18. April mit der Mittheilung, dass Herr Buchdruckereibesitzer Adolf Zumpe als Mitglied aufgenommen sei und Herr C. Kulbe im Hause Wilhelm Woellmer sich zum Beitritt gemeldet habe. Im Anschluss an die in den Sitzungen vom 8. und 21. Februar stattgehabten Vorträge und Verhandlungen über Zeitungs-Herstellung gab Herr Messenzehl sodann einen weiteren Einblick in dieses für die Kultur-Entwickelung der Menschheit bedeutsam gewordene Gebiet. Er verwies auf den fördernden Einfluss, welchen die Zeitungsherstellung auf die Fortbildung der Rotationsmaschinen ausgeübt habe, und auf die grossen Fortschritte, welche die Stereotypie unter dem Tagesbedarf der Zeitungen gemacht habe. Redner verweilte bei der Zeitungsstereotypie und stellte für gedeihliche Ausnutzung derselben folgende Forderungen auf. Der Raum, in welchem stereotypirt wird, soll hell, geräumig und mit Vorrichtungen zum Entfernen der schädlichen Bleigase versehen sein. Es ist von grosser Wichtigkeit, dass er in möglichst enge Ver bindung mit der Setzerei gebracht wird. Je näher die Verbindung, desto besser für den Geschäftsbetrieb. Die räumliche Trennung sollte höchstens aus einer von Thüren und Fenstern reichlich unterbrochenen Wand bestehen, und die Verbindung möglichst durch einen von dem einen Raume in den andern hinüberleitenden Tisch mit Schliessplatte in die bequemsten Formen gebracht werden. Man findet nicht selten die Stereotypie in den schlechtesten und unfreundlichsten Raum der Druckerei verwiesen, oft fehlt es auch darin an auskömmlichen Schliess platten. Hierin darf aber am wenigsten gespart werden, denn für rasche Arbeit und guten Ausfall der Abformungen sind reichlich vorhandene grosse Schliessplatten unerlässlich. Die Beziehungen des Stereotypeurs zum Setzer sind enger als die jenigen zum Maschinenmeister. Es ist daher falsch, die Stereotypie in der Nähe des Maschinensaales oder gar in demselben unterzubringen, wie man es nicht selten findet. Der Setzer soll der nächste Nachbar des Stereotypeurs sein, damit rasche Verständigung möglich und bei eintretenden Schwierigkeiten der berufene Helfer rasch bei der Hand ist. Grössere Entfernung der Stereotypie vom Maschinensaale schadet nicht, denn was von der Stereotypie nach dem Maschinensaale geschafft wird, sind Platten, deren Beförderung auch von Stockwerk zu Stock werk weder schwierig noch gefährlich ist, während die Beförderung von Formen aus der Setzerei in abgelegene Stereotypieräume umständlich und immer mit einiger Gefahr für die schwere, bei der Beförderung leicht Schaden leidende Form verbunden ist. Das in der Stereotypie befindliche Setzmaterial muss der Setzerei immer noch zugänglich sein. Einrichtungen, welche rasche Herstellung einer Arbeit fördern sollen, müssen bequem und einfach sein. Auf die Technik der Stereotypie ging der Redner als auf ein den Anwesenden bekanntes Gebiet nicht ein, berührte nur die Kaltstereotypie und ihre Vorzüge für den Zeitungsbetrieb. Von allen grösseren deut schen Zeitungen benutzen gegenwärtig etwa 90 pCt. die Kaltstereotypie, deren zuverlässige Ausübung durch vervollkommnete Vorrichtungen gefördert wird. Was das Schliessen der Formen für die Stereotypie anlangt, so empfahl der Vortragende, dies ebensowenig dem Setzer zu überlassen, wie das Unterlegen der nicht ganz schrifthohen Klischees. Beides ist Sache des Stereotypeurs. Wie in allen Zweigen des Zeitungsbetriebes, muss auch bei der Stereotypie strenge Theilung der Arbeit durchgeführt sein. Nur wenn Jeder genau weiss, was er zu thun hat, wird die um Minuten geizende Anforderung der Zeitungsherstellung erfüllt. Wenn in der Stereotypie einer grossen Zeitung 6 bis 7 Mann einander in die Hände arbeiten, kann die geforderte Höchstleistung erzielt werden. Der Vortragende bedauert, dass im allgemeinen so wenig gelernte Setzer sich mit Stereotypie vertraut machen. Gerade diese seien der ge eignetste Stoff, aus welchem man Stereotypeure formt. Redner hat die Beobachtung gemacht, dass stellungslose Setzer, welchen Gelegenheit zur Ausbildung als Stereotypeur geboten wurde, aus Bequemlichkeit oder aus zunftmässiger Missachtung einer Thätigkeit, welche vielfach von früheren Schlossern, Giessern usw. ausgeübt wird, die schöne Gelegen heit, ihr Leistungsgebiet zu erweitern, verschmähten. Bessere Erfahrun gen wurden mit Setzerlehrlingen gemacht, von welchen sich mehrere sehr anstellig zeigten und gute Stereotypeure wurden. In dem darauf folgenden lebhaften Meinungs - Austausch theilte Herr Stadthagen mit, dass in der Druckerei Sittenfeld, welcher er als Faktor vorsteht, zum Abformen von Holzschnitten, Zinkätzungen usw. ein Stereotypieverfahren seit vielen Jahren in Anwendung ist, bei welchem eine Thonmasse zum Matriziren benutzt wird. Die Thon masse wird auf eine Metallplatte gestrichen, mit dieser auf den Satz gelegt und gepresst. Nach dem Trocknen wird im Giessapparat der Abguss in bekannter Weise gemacht. Gewöhnlich liefert die Thon- Matrize nur einen Guss, aber von befriedigender Reinheit und Schärfe. Als naheliegendes Thema kam auch das Wachsen und Schwinden der Schrift beim Stereotypiren zur Sprache. Man war im allge meinen der Ansicht, dass dieser Uebelstand wohl zu vermeiden sei, wenn man Vorsicht beim Erhitzen anwendet oder kalt stereotypirt. Auch schlecht zusammengesetztem Schriftmetall wurde die Schuld bei gemessen. Dieser Gegenstand ist im Jahrgang 1892, Seite 826 der Papier-Zeitung sehr ausführlich und sachverständig besprochen worden. Herr Smalian stellte fest, dass seit Anwendung der Kaltstereotypie die Zeitungsschriften lange nicht mehr so oft wegen Kegelveränderung umgegossen zu werden brauchen, als zur Zeit der Warmstereotypie. Das bei Warmstereotypie ab und zu auftretende auffallende Schwinden der Schrift sei dadurch zu erklären, dass porös gegossene Schrift in der Trockenpresse erst gewachsen und beim Erkalten im Volumen zurück gegangen ist. Durch den Fragekasten wurde eine Erörterung des Nutzens elek trischer Beleuchtung in Druckereien angeregt. Herr Messenzehl empfahl, um alle Schwankungen und Unregel mässigkeiten in der Licht-Erzeugung zu vermeiden, neben der direkten Lichtabgabe durch die Dynamo - Maschine noch die Einschaltung von Akkumulatoren. Die Letzteren könnten während der helleren Tages stunden, wo der Lichtbedarf gering ist, gespeist und abends bezw. des nachts mit der Dynamo-Maschine zusammen die Lichtversorgung über nehmen. Bei Störungen an der Dynamo-Maschine oder den Motoren können sie das elektrische Licht auch für kurze Zeit allein liefern, wie sie auch die Möglichkeit bieten, bei Stillstand der Maschinen (an Sonn- und Feiertagen, in früher Morgenzeit usw.) stets elektrisches Licht zu haben. Der weitere Meinungs-Austausch ergab, dass man mit Grlühlicht gute Erfahrungen gemacht hat, dass aber Bogenlicht in den meisten Fällen weder für die Setzerei noch für den Maschinenraum taugt.