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782 Ungarns Papierhandel und Papier-Industrie. Obwohl der Ungar dem Oesterreicher nichts weniger als freundlich gesinnt ist, so ist er doch dessen guter Kunde. Aller dings der Noth gehorchend, nicht dem eigenen Triebe. Denn selbst abgesehen von den Zöllen kann das Korn, Vieh und Wein erzeugende Ungarn von seinen Nachbarn im Osten, Norden und Süden nichts holen, weil diese selbst Ackerbau treiben und keine Ausfuhr-Industrie haben. Und der Verkehr zur See über den Hafen von Fiume, mit dessen Hilfe man so gern den ungarischen Aussenhandel, namentlich in Konkurrenz mit Triest, selbständiger gestalten möchte, und dem zulieb sogar der Vertrag mit der österreichisch - ungarischen Lloydgesellschaft gelöst wurde, ist zwar im Wachsen, hat aber doch keine rechte Art, weil die Einfuhr, welche zudem meist aus nächster Nähe, Istrien, Dal matien, Italien kommt, weit hinter der Ausfuhr zurücksteht. Da nun das Gedeihen der Schifffahrt bekanntlich von dem Gleich gewicht zwischen den Mengen der Ausfuhr und der Einfuhr ab hängig ist, fehlt die gesunde Grundlage. So muss der Ungar, ob er will oder nicht, bei seinen cisleithanischen Verbündeten kaufen, und ausgedehnte Eisenbahnnetze nebst von Jahr zu Jahr verbesserten Wasserstrassen machen den Verkehr leicht. Derselbe umfasste 1891 einen Ausfuhrwerth von 491 Millionen Gulden oder 90 pCt. der gesammten Ausfuhr Ungarns und einen Einfuhrwerth von 355 Millionen Gulden, oder 71 pCt. der Gesammt-Einfuhr. Wenn nun aber nach der ungarischen Handelsstatistik im Jahre 1891 aus Oesterreich für 420 Millionen Gulden, aus Deutschland dagegen nur für 20 Millionen Gulden, d. i. 83,6 und 3,9 pCt. der Gesammteinfuhr, nach Ungarn eingeführt wurde, so heisst das eben nur, dass für soviel Waaren der letzte Aufgabeort in Oesterreich lag. Das Ursprungsland der Waaren wird dadurch aber keines wegs kenntlich gemacht. Das gilt im Einzelnen auch von Papier. Ungarn führte 1891 für 8 339 717 Gulden Papier und Papierwaaren ein, davon aus Oesterreich für 8 154 054 Gulden, also fast das Ganze, aus Deutsch land dagegen für nur 129 394 Gulden. Man darf aber wohl an nehmen, dass von der deutschen Papierausfuhr nach Oesterreich- Ungarn für rund 3 Millionen M. der grösste Theil nach Ungarn gegangen ist. Genaueres ist darüber freilich nicht zu ermitteln. Im Einzelnen bezog Ungarn 1000 Millionen Doppel-Centner Gulden Papierzeug 27 0,4 Packpapier 73 1,8 Pappendeckel ........ 30 0,6 Schreib-, Brief- und Zeichenpapier . 23 1,3 Druckpapier . . 79 2,2 Lithogr., bedr. und rastrirtes Papier 2 0,3 Tapeten I 0,2 Formarbeiten aus Papier .... 9 1,4 Spielkarten 0,2 0,09 Feine Papeterie- u.Kartonnagewaaren 0,4 0,09 Zusammen . . 246 8,3 Zum Nachweis der Steigerung des Bedarfs sei angegeben, dass in den Jahren 1890 bis 1886 der Werth betrug: 7,7 — 7,5 6,8 — 6,4 — 5,8 Millionen Gulden. Die Ausfuhr ist nur nennenswerth in Schreib-, Brief- und Zeichenpapier für 0.6 Mill. Gulden, und in Formarbeiten aus Papier für 0,4 Millionen Gulden, und geht grösstentheils nach den Balkan staaten. Von Bedeutung ist bekanntlich die Ausfuhr von Hadern und Papierzeug. Sie betrug in ersteren 128 146 Doppelcentner für 1 136967 Gulden, in letzterem 46363 Doppelcentner für 1 159075 Gulden. Die Hadern-Ausfuhr geht immer mehr zurück, nicht weil es weniger Lumpen giebt, sondern weil im Inlande selbst mehr verbraucht werden. 1886 wurden noch 147 741 Doppel centner für 1328000 Gulden Hadern exportirt. Dagegen ist die Ausfuhr von Papierzeug in diesen fünf Jahren um das Dreifache gestiegen, sie betrug 1886 14 540 Doppelcentner für 364000 Gulden. Der ungarischen Papier-Industrie geht es wie einem Kauf mann, der es ruhig mit ansehen muss, wie die von ihm den Kunden vorgelegten Waaren einfach bei Seite geschoben werden von einem stärkeren Konkurrenten, welcher dafür seine eigenen Fabrikate vorlegt und verkauft, ohne dass ihm der Zutritt erschwert oder verwehrt werden könnte. Das ist um so empfindlicher, als die Papier-Industrie Ungarns allen Anspruch hat, Erfolge zu erzielen. Rohstoffe sind in aus reichender Menge im Lande. Der inländische Bedarf steht dem der westlichen Länder nicht viel nach. Die Fabrikation selbst steht auf der Höhe moderner Technik und ist durchaus leistungsfähig, aber im Vergleich zu dem inländischen Verbrauch noch klein. Mit Einrechnung der Fabrik in Fiume waren Anfang 1892 zunächst sechs grosse modern ausgestattete Fabriks-Anlagen vor handen, die mit 12 Papiermaschinen versehen sind. Erzeugt wird geringes, mittelfeines und feines Maschinenpapier, sowie Seiden- und Cigarrettenpapier. Die tägliche Erzeugung beträgt etwa 300 Doppelcentner. Ferner bestehen in Ungarn 12 kleinere Fa briken, welche die Erzeugung von geschöpftem Papier und Stroh papier, sowie von geringem und besserem Packpapier betreiben und täglich etwa 100 Doppelcentner herstellen. In 17 Holz schleifereien sind 32 Holzschleifmaschinen in Betrieb, auch giebt es 2 Sulfit- und 1 Sulfat - Faserstoff - Fabrik. Diese Sulfit- Zellstoff-Fabriken fertigen täglich 140, die Sulfat-Fabriken aber 40—50 Doppelcentner, während die Tageserzeugung der Holz schleifereien zwischen 250—300 Doppelcentnern schwankt, je nach Gunst oder Ungunst des Wetters. Man sollte nun meinen, dass es diesen Fabriken leicht sein müsste, ihre Erzeugnisse gut abzusetzen, da das Land viel mehr verbraucht als sie liefern können, und dass erst für das Fehlende, abgesehen höchstens von einigen Sonder-Erzeugnissen, das Aus land, besonders Oesterreich, in Frage käme. Das ist aber nicht der Fall. Die grosse Ueberproduktion Oesterreichs überfluthete zunächst erklärlicherweise das günstige Absatzgebiet der anderen Hälfte der Monarchie, wohin Thür und Thor offen stand, und wo eine kaufkräftige Bevölkerung war. Mit dem steigenden Angebot fielen die Preise wie überall auch hier; und der ungarische Par tikularismus, der zu so vielen feurigen Reden begeistert, konnte nicht hindern, dass 1891 die ungarischen Staatsämter und selb ständigen Verwaltungskörper ihren Bedarf an Papier im Betrage von etwa 1,25 Millionen Gulden zur Hälfte aus Oesterreich be kamen, indem die Lieferanten die Bestimmung, wonach nur un garisches Fabrikat verwendet werden sollte, fast offenkundig um gingen. Wenn somit das inländische Absatzgebiet der ungarischen Papierfabriken beschränkt ist, und auch die Ausfuhr nicht wachsen kann, weil Rumänien zu hohe Zölle hat, und Serbien und Bulgarien nur wenig Bedarf und noch weniger Kreditsicherheit haben, so ist es erklärlich, dass das scheinbar sehr günstige Verhältniss zwischen Verbrauch und Erzeugung der Papierindustrie Ungarns nicht zu gute kommt. Als sehr erwünscht betonen die Inter essenten die Freigebung der Kolportage und die Beseitigung des Plakat- und Kalenderstempels. Die Lage der Buchbinderei in Ungarn ist nicht gut. Die Zahl Derjenigen, welche ihren selbständigen Betrieb aufgeben, um entweder als Lohnarbeiter in grösseren Werkstätten ein Unter kommen zu suchen oder zu anderer Thätigkeit überzugehen, wächst von Jahr zu Jahr. Der Aufschwung dieses Gewerbzweiges wird, nach dem Bericht der Handels- und Gewerbekammer in Budapest, auch dadurch gehemmt, dass die Einbanddecken zu grösseren Werken nach wie vor aus Deutschland bezogen werden, obgleich dieselben auch in Ungarn, angeblich in gleicher Güte und Schön heit, erzeugt werden können, freilich etwas theurer. Nicht wenig hat ausserdem das Buchbinder- Gewerbe darunter zu leiden, dass 4AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA4 3 E. L. FUCHS, Hoflieferant, Coburg 2 Geschäftsbücher-Fabrik. q Solidestes Fabrikat mit höchstem Rabattsatz für Wiederverkäufer. 4 Beste und billigste Bezugsquelle für 2 9x0 Copirbücher. exe [62760 4 Besondere Anfertigungen in kürzester Frist. Sieler & Vogel, Papier- Lager, Hamburg. Leipzig. Berlin SW. Eigene Fabriken in Gölzern u. Böhlen i. Sachsen feinste und mittelfeine Druck- und Notendruckpapiere, Bunt-, Licht- und Kupferdruckpapiere, farbige Umschlag- und Prospect- papiere, Post-, Schreib- und Conceptpapiere, Spitzenpapiere. >X EXPORT, %e [63355 die meisten Druckereien eine eigene Buchbinder - Werkstätte be sitzen, während früher die vorkommenden Arbeiten von mehreren kleinen Meistern erledigt wurden. In Geschäftsbüchern ist die Konkurrenz mit dem Auslande wegen der gefälligen Ausstattung meist erfolgreich. M. Bsmn. * * ► ► ► ► ► ► *