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Sächsische EldMung. Amts- und AnzeigeUatt für das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. 31. Schandau, Sonnabend, den 17. April 1886. Die Entscheidung im Herrenhanse. Nach zweitägigen bewegten Debatte», denen man wohl nicht »nr in Deutschland mit allgemeiner Spann ung folgte, hat das preußische Herrenhaus am Schluß der DieustagSsitzung sei» Botin» über die kirchcu- politische Vortage abgegeben. Dasselbe ist so nnö. gefallen, wie man cö nach dem kräftigen wiederholten Eintreten des Ministerpräsidenten Fllrstcn Bismarck, welcher in beiden denkwürdigen Sitzungen zngegen war, für die Vorlage nud für die Anbahnung eines danerndcu Einvernehmens mit Nom kann, anders erwarten konnte: Mit großer Majorität wurde in der Schlußbcstimmuug das ganze Gesetz meist in der CommissionSfassnng mit den bekannten Amcndemeulö des Bischofs Kopp, soweit diese schließlich in der Specialberathnng die Zustimmung des Hanseö fanden, angenommen. Vorher hatten eine Reihe von Ab stimmungen über die einzelnen Artikel in der Com Missionsfassung sowohl, als auch mit den ans der Milte des Hanseö gestellte» ModificatiouSa»trägcu n»d über die cbe»fallö mehrfach veränderte» »nd amcildirte» Kopp'sche» Zusätze stattgcsuudcu, wodurch sich der Schlußihcil der Aerathuug recht complicirt gestaltete. Zunächst genehmigte daö Haus Art. 1 in der Commissiousfassnug (Wegfall der wissenschafllicheu Staatsprüfung); bei Art. 1» (Wiedereröffnung der kirchlichen Scminaricu) lagen verschiedene Amende ments vor, erstlich beantragte Bischof Kopp, daß die Bestimmung der Vorlage, wonach Personen, welche dem Staate minder angenehm sind, als Leiter und Lehrer der geistlichen Seminare nicht angcstcllt werde» köu«c«, zu streichen sei, weiter lag ein Antrag des Bürger Meisters Dietze (Elberfeld) vor, wonach die Lehrer au den Pricslcrscmiuarcu in deu Diöcescu Gncscn-Poscu und Kulm Deutsche sei» müssen nnd endlich beantragte v. ZoltowSki die Bestimmung, daß die Ervffmmg letztgenannter Seminare lant königlicher Verordnung zn erfolgen habe, zu streichen. Letzterer Antrag wurde abgclchnt, dagegen der Antrag Dietze mit großer Majorität angenommen nnd ebenso das Amendement Kopp, dieses in nnmcntlichcr Abstimmung mit 123 gegen 40 Stimmen; Fürst Bismarck stimmte mit der Mehrheit. Die Artikel 7 bis 14 (Berufung au den Staat) waren bekanntlich von der Commission wesent lich im Sinne der Curie modificirt worden; hierzu lag uun ebenfalls ein Amendement des Bischofs Kopp vor, welches einfach vorschlägt, die bisherigen Be stimmungen über die Berufung au den Staat auf- zuhcbcu. Auch dieses Amendement wurde iu nament licher Abstimmung mit 116 gegen 4l) Stimmen gc- nchmigt, wobei Fürst Bismarck gleichfalls wieder mit der Majorität stimmte. Endlich wurden »och die vo» der Commission beliebten Znsntzartikcl mit der einzigen Abänderung, daß daö Mcssclesen nnd Sakramente- spenden überhaupt frei sein soll, genehmigt, worauf daö gcsammlc, dergestalt abgeändcrtc Gesetz mit großer Majorität votirt wurde. Die Bcrcuth'schc Resolution auf Erlaß eines anderweitigen Gcsetzcutwnrfcö zog der Antragsteller infolge dessen ißicdcr znrück. Uebcrblickt man »och ci»mal das Gesnmmtrcsultat dieser bcdcutu»gövollc» Abstimm»ngc«, so ergicbt sich, daß gerade i» zwei Hauptpunkten — in der Wahl der Lehrer und Leiter für die geistlichen Seminare nud in der Berufung an den Staat — die Vorlage durchaus nach den Wünschen der Curie aus den Bc- rathuugcn des Herrenhauses hcrvorgegaugen ist, ganz zn schweigen von dem Wegfall der wissenschaftlichen Staatsprüfung und der unbeschränkten Gestattung des Mcssclcscnö und SacramcnlcspcndcnS, dem gegenüber die Bestimmung, daß die Lehrer an den Priesterscmi- narcn in Posen und Westprenßen nur Deutsche sei» solle», nicht genügend ins Gewicht fällt. Aber die Mehrheit des Herrenhauses staud offenbar unter dem Eindrücke des warmen, zum Friede» und zur Nach giebigkeit mahucudcu Appells, de» Fürst Bismarck am Montag an daö Hans gerichtet hatte und somit er- folgte denn die Genehmigung des Gesetzes, welches bestimmt ist, de» endlichen kirchlichen Frieden in Preu ßen hcrbeizuführcn, fast durchweg nach den seitens dcö VaticanS geäußerten Wünschen und Anschauungen. Daß auch das Abgeordnetenhaus dem Kirchcugcsetz in seiner jetzigen Fassung zustimmcn wird, bezweifelt man in unterrichteten Kreisen nicht nnd somit wäre es als dann an dem päpstlichen Stnhle, seinerseits nunmehr die von ihm in Betreffs der Anzeigepflicht in Aus sicht gestellte» Zugcstäuduisse z» verwirkliche» mid so mit z» zeige», daß mau auch in Nom von aufrichtiger Friedensliebe erfüllt ist. Man kann mir hoffen nud wünschen, daß sich Fürst Bismarck in seinem so offen ausgesprochenen Vertrauen auf die Friedensliebe und Versöhnlichkeit spcciell des jetzigen Propstes nicht ge täuscht scheu mag und daß der Friede zwischen Preu ße» uud Nom nicht mehr als ei» Schattenbild erscheint, sondern sich als ein positives Werk erweise. T n g e s q e s ch i ch t e. Sachse». Schauda». Nachdem cs seit einigen Tagen zeitweise, milnnter recht stark geregnet hat, ist unsere Elbe abermals nicht unbedeutend angcschwollcn und aus dem Ufer getreten. — Als am Dienstag früh in der zweiten Stunde Sc. Maj der König anf der Fahrt znr Aucrhahn- jagd anf dem hiesigen Bahnhofe cintraf, erfuhr der Monarch, daß Ihre Kgl. Hoheit die Prinzessin Ma thilde in Kurzem mit einem Zuge von Bodenbach durchfahren werde. Sc. Majestät beschloß darauf, das Eintreffen dieses Zuges abzuwartcu, um seine Nichte gleich hier begrüßen zu köuucu. Nach 12 Mi nuten langte der Zng anf dem Bahnhöfe an, aber da die Prinzessin, wie gemeldet ward, noch schlief, befahl Sc. Majestät, sie nicht zu wecken, gab aber zugleich den Auftrag, ihr iu Dresden zu sagen, daß er sie in Schandau habe begrüßen wollen. — lieber den Wasserstand der Elbe und ihrer Nebenflüsse sind am 15. April folgende telegraphische Nachrichten cingcgangcu: Prag gestern 8 Uhr Vorm. 100 ein über Null, hente 8 Uhr Vorm. 226 em über Null. Pardubitz gestern 8 Uhr Vorm. 122 em über Null, heute 8 Uhr Vorm. 220 cm über Null. Leit- mcritz gestern 8 Uhr Vorm. 123 em über Nnll, heute 4 Uhr Nachm. 202 cm über Null im Steigen. — Der erste der diesjährigen Pcrsoncn-Extrazügc zu ermäßigten Fahrpreise» von Dresden nach Berlin wird seilens der Gcncraldircction der Staatöciscubnhncn am ersten Oslerfeicrtagc, den 25. April d. I. in Ver kehr gesetzt, und zwar wird derselbe Vormittags 6 Uhr 45 Min. voll Dresden-Ältst., Böhm. Bahnhof, 7 Uhr von Dresden,Ncnst., Leipziger Bahnhof, abfahrcn und Vormittags 11 Uhr 15 Min. auf den, Anhalter Bahn- Hofe in Berlin cintrcffcn. Zn diesem Extrazngc wer den Billets 2. und 3. Wagenklassc zn dem sehr er- mäßigtcn Fahrpreise von 9 Mark in 2. Wagenklassc nnd 6 Mark in 3. Wagenklassc anf allen vorbczcich- ncteu Stationen anögcgeben. Die Billets haben eine achttägige Giltigkeit nnd berechtigen zur Rückfahrt be liebig über Zosscn-Grvßenhain-Cossebande oder Jüter bog Nödcrau bei allen Pcrsvnenzügcu; bei Conricr- zügcn nur gegen Zulösnug eines Billets 4. Klasse. Fahrtunterbrechung ist nicht gestattet, anch wird Frei gepäck nicht gewährt. Vor Antritt der Rückreise müssen die Billets in Berlin bei der Billetcxpeditiou abge stempelt werden. — Von jetzt ab bis zum 9. Jnni dürfcu folgende Fische weder gefangen »och fcilgebotcu werden: Stör, Zander, Blei, Maifisch, Finde, Alant, Barbe, Döbel, Schlei, Asch, Karausche, Nothfedcr, Barsch, Nothaugc, Schmcrl uud Weißfisch. Auch der Lachöfang iu der Elbe ist für die gleiche Zeit verboten. Die Schon zeit der Krebse dauert noch April und Mai. — Bereits seit längerer Zeit schweben bekanntlich wischen den deutsche» Bundesregierungen Vcrhaud. »»gen Wege» Eiurichlu»g eines gemeinsamen Buß tages im ganzen deutschen Reiche. Wie nun neuer dings in dieser schon vielbesprochenen Angelegenheit verlantct, dürfte ein Abschluß dieser Angelegenheit noch Jahre ans sich warten lasse»; wenigstens für Prcn- zeu seien noch sehr langwierige Schritte nöthig, da >cr Bußtag „alle christlichen Coufessioncn nnd alle onsligcn Religionsgemeinschaften umfassen solle", die atholische Kirche aber die Feier des Bußtages nnr dadurch ermögliche, daß au dem betreffenden Tage daö Fest eines Heiligen zur Feier komme, wozu lange Unterhandlungen mit den Bischöfen und schließlich die Bestätigung dcö Papstes' nothwcndig seien. — Eine freudige Ueberraschnug, schreibt das „Ziv. Wchnbl.", wurde neulich einem alten Ehepaar in einer kleine» sächsischen Stadt zu Theil. Dasselbe sollte in der vergangenen Woche den Tag senier goldenen Hochzeit begehen, da es aber allein steht, denn seine Kinder waren theilS gestorben, theilS verschollen, so dachte cs nicht daran, das seltene Fest zu feiern, sondern wollte in stiller Zurückgezogenheit der Tage der Vergangenheit ge denken. Am frühen Morgen aber schon brachte der Gesang verein des Ortes seinem ehemaligen verdienstvollen Leiter em Ständchen, und kurz darauf nahte sich eine Deputation der Schuljugend, um dem früheren geliebten Lehrer — denn dieser war der Jubilar — den Dank und die besten Segenswünsche darzubringcn. Die größte Freude und ein nngcahnteS Glück sollte dem ehrwürdigen Paare aber noch bevorstehen. Kurz vor Mittag ließ sich ein fremder Herr melden, der am Morgen in einem Gasthause des OrtcS abgesticgcn war. Kaum konnte der Fremde beim Anblick der greisen Leute seine Rührung ver bergen; um sie aber durch die allzuplötzlichc Ueberrascbung nicht zu erschrecken, stellte er sich als einen Freund des nach Amerika gegangenen jüngsten Sohnes der beiden Alten vor, der bereits seit zwei Jahren kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben hatte und für todt gehalten worden war. Sofort luden die frendig erregten Eltern den Fremden zu Tische ein und baten ihn, auch seine Familie, welche im Gasthause zurückgeblieben war, zu holen. Wer beschreibt nun das Entzücken des Jubelpaares, als das jüngste der drei Kinder mit dem Rufe: „Großpapa!" und „Großmama!" in die Slnbe sprang. Der Sohu lag in den Armen seiner Eltern und feierte mit ihnen den 50jährigen Hoch zeitstag. , — Einer Mcldimg cmö Wie» zufolge ist em Gc- treidc-Exporteur Namens Franz Berger dort entflohen, nachdem er anf Grimd gefälschter Eiscnbahn-Frachten- Ncccpissc bei Bankinstituten 26100 Gulden hcrans- gelockt hatte. Der Betrüger ist 1855 zn Papa gc- borcn, ist groß, mager, hat bleiches, eingefallenes Ge sicht, schwarzes Kopfhaar nnd Vollbart. Von den Geschädigten sind zehn Proccnt von dem etwa wieder zur Stelle gebrachte» Gelde als Belohnung ausge setzt worden. Am Dienstag wurden die Ostcrprüfnngen in den vier Schulen der Parochie Nciuhardödorf beendet uud lieferten aufs Neue den Beweis, daß Lehrer nud Schüler mit allem Ernst und regem Fleiß gearbeitet. Die ansgclcgten Zeichnungen nud Bücher, sowie weib lichen Handarbeiten erwarben sich bei allen Besuchern reiche Anerkennung. Geprüft wurden von 8 Lehrern in 16 Schulklassen in rnndcr Snmme 800 Schüler nnd in 4 Fortbildnngöklasscn gegen 90 Schüler. Die Prüfungen der Letzteren zeigten, daß viele Schüler mit Ernst und Eifer den ihnen zum Segen eiugeführtcn Unterricht benützen. Der Lehrer und besonders der Schüler wegen ist nur zu wünsche», daß diese» Prüflinge» vo» Seite» der Elter», Lehrhcrrcn re. ei» noch reicherer Besuch zu Theil werden möchte. In Pirna wurde anf Verfügung des Dresdner Divisionsgcrichtö ein dortiger Cigarrcnarbcitcr ver haftet, welcher sich bei der letzten Coutrolvcrsamm- lung als Landwchrmami gegen den diensthabenden Compaguieführcr grober Snbordinalionsvergchen schul dig gemacht hatte. Der Betreffende wird jedenfalls vor ein Militärgericht gestellt und nach Lage der Sache schwer bestraft werden. Aus der Bczirköanstalt in Pirna haben sich in den letzten Tagen nicht weniger als 4 Correctionüre von ihrem Arbeitsplätze entfernt, von denen bis jetzt erst einer wieder erlangt werden konnte. Dresden. Von der 4. Strafkammer des Land gerichts wnrde am Mittwoch Nachmittag der 22 Jahre alte Fabrikarbeiter nud Pianofortcstimmer Ernst Wilhelm Sterl aus Königstein unter Ausschluß mildern der Umstände zn 7 Jahren Zuchthaus, zu 10 Jahre» Ehreiircchtövcrlust und Stellcmg unter Polizeiaufsicht vernrlheill. Der Angeklagte gehörte jener am 23. De- cember v. I. abgeurthcilleu Einbrechcrbande an, die m nnd nm Königstein eine Reihe von vollendeten und versuchten Einbrüchen rc. verübt und in einer Höhle am Pfaffcnstciu ei» ziemlich romantisches Leben gc- ührt hatte. Sterl war jedoch seinerzeit flüchtig zcwordcn, nud erst am 7. Fcbr. d. I. gelang cs, den Flüchtling iu Schlesien aufzngreifcn. — Dem Vernehmen nach hat der am 6. d. M. verstorbene Herr Professor Bertrand Se. Kgl. Hoheit den Prinzen Georg zum alleinigen Erben seines be deutenden Vermögens eingesetzt. Der Verstorbene war früher Lehrer Sr. Kgl. Hoheit. Die über die Höhe der Erbschaft umlaufenden Gerüchte beruhen nur ans Vcrmuthuugen. — Bei der in New-Orleanö stattgehabtcn Anö- 'tcllnng hat auch eine Dresdner Firma, die Knnst- nvbclfabrik von Reichel L Heinze, eine höchste Aus zeichnung, die goldnc Medaille erhalten. — Am Dienstag beging in Dresden ein Institut sein 25jährigeö Jubiläum, auf welches die Residenz