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MMe Gleitung. Amts- und AnzeLgehlstt für das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. 17. Schandau, Sonnabend, den 27. Februar 1886. Die Polenfrage im preußischen Abgeordnetcnhanse. Fast die ganze Woche hindurch hat sich das preu ßische Abgeordnetenhaus mit der Polcnfrage und de» vier darauf bezügliche» Gesetzentwürfen beschäftig welche bekanntlich den Zweck verfolgen, durch Ansicdcl uug deutscher Colouisten das i» den Ostprovinzc» bc drängte Dcnlschthum zn schützen. Ma» darf sagen, daß wohl noch niemals Gesetz entwürfe in einem Parlamente mehr imgercchtcn An griffen, Verdächtigungen und schiefen Benrlhcilungc anSgcsetzt worden sind, als jene Vorlagen im Preuß scheu Abgeordnetenhaus«!. Die Polcnführcr zeterten von einem wahren Vertilgungsplnnc, de» die preu ßische Negierung gegen die Polen im Schilde führe, während es eine Thatsachc ist, daß in die Bcsitzvcr- hältnisse der polnischen Bauern wie Großgrundbesitzer nicht mit Gewalt cingcgriffc», sondern nur deren Grundbesitz, soweit er im Wege des Concnrscö oder des freiwilligen Verkaufes veräußert wird, nugckauft uud zur Ansiedelung deutscher Bauer» bciiutzl werde» soll, lieber dieses Gezeter der Polen darf man also nur lachen, da dem Jammergeschrei jeder ernste Grund fehlt, denn Niemand denkt daran, den Polen ihre staatsbürgerlichen Rechte zu schmälern. Recht betrübend ist es dagegen, wen» sowohl die Führer der Ccntrnmspartci als anch diejenige» der Dcntschfreisinnigcn i» de» Vorlage» eine Art Vcr- fassungsvcrlctzinig erblicke», indem dadurch doch ei» gewisser Eingriff in die Rechte der Polen als deutsche, rcsp. preußische Bürger stattfindc, den» die Regierung bezwecke mit den Vorlagen, den Polen allmählig ihre Sprache und Rationalität zn nehmen. Der Abgeord nete l)r. Windihorst gab anch dem Gedanken Naum, daß cö der Negierung weniger an Germanisirnng als an Prolcstanisirung der östlichen Provinzen liege und brachte damit das Culturkampfthcma glücklich wieder in die Debatte. Weiter führten die Abgeordneten Vr. Windthorst und vr. Hänel auch aus, daß durch die Colouisationövorlage der innere Friede gefährdet und außerdem das dafür nölhigc Geld zum Fenster hinaus geworfen werde, denn man werde mit der Colonisirung weder wirthschaftlich noch politisch das erwünschte Ziel erreichen. lieber die Wirksamkeit der Colouisatioucn muß nun allerdings erst die Praxis entscheiden und wolle» wir über dieselbe deshalb jetzt lein Urthcil fälle», daß diese Eolo»isatio»cn aber de» i»»crc» Friede» gefährden sollen, zeigt eine ganz wnndcrbarc Schluß folgerung der CenlrumSmänner und Freisinnige» und außerdem eine Verkennung oder Vertuschung der Sach- läge. Denn wenn eine dcntschc Negierung in ihren LandcSthcilen, in denen sic das dcntschc Element durch eine fremde Nationalität bedroht sieht, dadurch, daß sic Maßregel» zur Stärkung der deutschen Elemente ergreift, denn inneren Frieden bedrohen soll, Hütte die Negierung in ihrem eigenen Hause kein Recht mehr. Die Bedrohung des inneren Friedens geht vielmehr von den Polen in Posen und Wcstprcnßen ans, denn cs besteht dort seit langen Jahren die polnische Agi tation fort nud fort und hat sich gerade in der Gegen wart eine bedenkliche Spannnng zwischen der deutschen und polnischen Bevölkerung jener Provinzen ausge bildet. Den von der preußischen Negierung beabsich tigten Maßregeln eine fricdcnstörende Wirkung anzu dichten, ist also lediglich eine Verdrehung, eine Ver wechselung vön Ursache und Wirkung. Keinem deut schen Untcrthau polnischer Abkunft wird ein Härchen gekrümmt, noch eine Krnmc seiner Ackerscholle gc- nommcn, Nccht mid Gesetz bleibt für sie, wie für jeden Staatsbürger in Kraft, aber von ihrem Hausrcchtc, das Dcntschthum gegen daS Polenthnm durch gesetzliche Maßregeln in Posen und Wcstprcnßen zu schützen, macht die preußische Negierung voll und ganz Gebrauch. Dies ist der klare Zweck der betreffenden Gesetzent würfe, welche der preußische Landtag genehmigen soll. Vom Landtag. Sitzung der zweiten Kammer am 23. Febr. in Anwesenheit des Cultusminister von Gerber. Zur Berathung kommt der Bericht der Finanzdeputation ckc über Capitel 88—102, Zuschüsse für 1886/87 zum Departement des CultuS und öffentlichen Unterrichts betr. Der jährliche Zuschuß beträgt 8122971 M., 807110 Mark mehr als un Voretat. Nicht eingerechnet sind Cap. 89 für die Landesshnode 1SO0O Mark, für den Neubau eines Bibliothekgebäudes in Leipzig als jährliche Nate 150000 M., einer Landesschnle in Grimma 200000 M., einer Wasserleitung in Nossen 16320 Mark. Von« laufenden Etat erfordern mehr die Unwcrsität 62800 Mark, die evangelischen Kirchen, sPen sionens 26000 Mark, die Gymnasien (Erhöhung der Gehälter 131500 Mark, die Scminarien (Erhöhung der Gehälter 59000 Mark, die Volksschulen 45700 Mark. Der Bericht für Capitel 88—94 und 100—102 beantragt, folgende Zuschüsse zu bewilligen: Für das Ministerium 212730 M., für das evan gelische Landesconsistorium 120775 Mark, für die katholischen geistlichen Behörden 24858 Mark, für die Universität Leipzig 1321428 Mark, für das Polytechnikum in Dresden 278596 M., für die evangelischen Kirchen 1800873 Mark, für Gymnasien, Realgymnasien und Realschulen 698035 Mark und als allge meinen Fonds 329249 Mark, für stiftungSmäßige und privat rechtliche Leistungen der Staatskasse für Kirchen- und Schnl- zwccke 32346 Mark, für allgemeine Ausgaben 39900 Mk., für Reservefonds der Cultusministerialcaffe 12000 Mark, welcher letzteren Summe aber eine gleiche Einnahme gegenübersteht. Folgende weitere Anträge entnehmen wir noch dem Berichte: I) Die Kammer wolle die Genehmigung ertheilen zur Verwend ung von 405950 Mark aus den Kaufgeldcrn für den alte» bo tanischen Garten in Leipzig zur Erbauung und Ausstattung eines pharmakolog. Instituts mit den Räumlichkeiten für die medicimsche und chirurgische Poliklinik; 2) die Kammer wolle die Negierung ersuchen, auf Vereinbarungen mit den anderen deutschen Staaten betr. Anerkennung der Reifezeugnisse des sächs. Polytechnikums und der sächs. Realgymnasien in derselben Weise, wie diese für andere öffentliche Lehranstalten bereits be steht, hinzuwirken; 3) Die Kammer wolle die Petition des Can tor Fischer und Genossen um Beitritt zu einer vom Slaate unterhaltenen öffentlichen Pensionskasse auf sich beruhen lassen; 4) Die Kgl. StaatSregierung wird ermächtigt, u. die Aushebung des Realgymnasiums in Plauen einzuleiten, b. mit dem Nathe der Stadt behufs Ueberlcitung der Realgymnasiums in eine unter städtischer Verwaltung stehende Realschule zu verhandeln und bezüglich abzuschlicßen, o. der nächsten Ständeversammlung Mitthcüung über die definitive Ordnung dieser Angelegenheit zugehen zu lassen; 5s die Petition der städtischen Collegien zu Schneeberg um Errichtung eines Gymnasiums daselbst soll der Negierung zur Erwägung übergeben werden; 6) eine gleichlau tende der städtischen Collegien in Marienberg auf sich beruhen zu lassen ; 7) Dasselbe soll geschehen mit der Petition der Ver tretung Bornas, zur Unterhaltung deö das. bestehenden Real gymnasiums einen höheren Zuschuß als bisher, zu gewähren und 8) mit der Petition der städtischen Collegien in Freiberg zur Unterhaltung des Realgymnasiums einen jährlichen Zuschu von I8000 Mark zu gewähren; 9> Für Förderung des Hand- sertigkeitsunterrichts sollen 5000 Mark bewilligt werden. Der Bericht zu Cap. 95—99 beantragt, für die Lehrerseminarien den Zuschuß von 945426 Mark und als allgemeinen Fonds 16120 M. zu bewilligen, ebenso für Volksschulen 1746148 M., ür katholische Kirchen und wohlthätige Anstalten 40901 Mk., ür sonstige Culturzwecke 4050 Mark, für Taubstummenanstalten 216636 Mark. Ani Schluffe der Sitzung werden alle Anträge zu den verhandelten Capitel» so angenommen, wie sic die De putation im Berichte gestellt. In der Sitzung der ersten Kammer am 23. Febr. wurde der Etat der Staatscisenbahncn mit denselben Positionen und Anträgen zu Petitionen, Ivie in der zweiten Kammer bewilligt. Für Erweiterung des Bahnhofes in Crimmitschau und Greiz genehmigte man 660000 und 450000 Mark und beschloß, die Petition der städtischen Behörden in erstgenannter Stadt an die kgl. StaatSregierung zur Erwägung abzugcbcn. Zuletzt wurde der Antrag der dritten Deputation angenommen: Die Kammer wolle in Uebereinstimmung mit der zweiten beschließen, sich durch den mittelst Allerhöchsten Decrets erstatteten Bericht über den Stand der kgl. Altersrenteubank für befriedigt zu erklären. Sitzung der zweiten Kammer am 24. Febr. in Anwesen heit der Minister von Abeken, v. Nostitz-Wallwitz, v. Könneritz. Tagesordnung: 1. Bericht der Beschwerde- und Pctitionsdepn- tation, die Petition des Lohnkellners Hoffbauer in Chemnitz und der Ehefrau desselben uni Gewährung einer Entschädigung aus Staatsmitteln wegen schuldlos erlittener Strafhaft des Ersteren; 2. dcsgl. über die Petition des landwirthschaftlichen Vereins zu Aue u. (200) Anschlußerkläruugen wegen Einführung der vertrags mäßigen Doppelwährung. Die Petition Hoffbauers wird nach längerer Debatte mit 50 gegen 20 Stimmen abgelehnt. Der Dcputationsantrag zu Punkt 2 wird angenommen. T a g e s q e s ch i ch t e. Sachsen. Schandau. Die bevorstehende Jnbel- Her des GcwcrbevcrcinS verspricht einen durchaus cstlichcn und der Bedeutsamkeit des Tages angcmes cncn Verlauf zn nehmen. Mit großer Befriedigung erfüllt cö namentlich, daß man diesmal, im Unterschiede von den Stiflnngöfcstfciern der letzten Jahre die Mit glieder, deren der Verein jetzt 315 zählt, zum erste» Male zu einer gemeinsamen Festtafel vereinigt sehen wird, an der thcilznnchmcn jedem Mitglicdc infolge >er auö der gutsituirtcn VcrciuScassc gewährten Ver- iinstigung lmd deö nicht bestehenden Wcinzwanges dic Möglichkeit geboten ist. Aus allen Acrnfökrciscn, aus den verschicdeustcu GcscllschaftScirkcln wird sich eine ansehnliche Fcstvcrsammlung zu einer schönen Feier zusammcnfindcn, die zwar, entsprechend dem ernsten Zwecke des Vereins, znuächst eine ernste sein wird, die sich aber, wie der weitere Verlauf zeigen dürste, zu einer überaus freudigen gestalten wird. Höchst vlinschenSwerth ist cs, daß dic für die Bethciligung am Festmahle nöthigcn Tafclmarken bei dem Schrift» wart des Vereins, Herr» Julins Anders, bis zu dem festgesetzten Termine (4. März) gelöst werden. Es liegt dies ebensosehr im Interesse des WirlheS, wie jedes Theilnehmers selbst. In freundlicher Weise hat der Gesangverein „Licderkranz" auf geschehenes An suchen seine Mitwirknng bei dem dem Festessen vor- anSgchendcn Actns zugcsagt; die hiesige Capelle wird ihre fröhlichen Weisen während deö Mahles ertöne» lassen; wahrscheinlicher Weise wird cö — der Gewcrbc- verci» thiit cö bei seinen Stiftungsfesten mm einmal nicht anders — auch nicht an Einlagen humoristischer Art fehlen. Dazu kommt u. a., daß dic von dem ebenso rührigen, als entgegenkommenden Wirthe bei dem Feste gebotenen Weine von einer der besten Fir- mcn bezogen worden sind und daß die Biere und son, stigen Getränke vortrefflich sein werden; kurz wir ahnen, indem wir dabei noch au die gewiß nicht fehlenden Triuksprüche denken, daß dic Stimmung sehr bald den Cbaraclcr einer animirten annchmen wird. Also ans, liebe VcrciuSgcnosscn und kein zu großes Bange» vor „der Völker wogendem Gedränge." — Morgen Abend 6 Uhr findet in hiesiger Kirche Abendgottcsdicnst statt. — Am 2., 16. und 30. März werden beim hiesige» Amtsgericht Schöffc»sitz»ngcn und am 17. März Gerichtstag i» Hohnstein abgchalten. — Der JahreSabschlnß der königl. Altersrenten, bank in Dresden (Altstadt, Landhanöstraßc 16 im Land haus) für 1885, dessen Ergebnisse wir vor einiger Zeit mitlhciltcn, hat wiederum gezeigt, wie sehr dieses Institut seinem hauptsächlichen Berufe, daß dem min der bemittelten Theile der Bevölkerung Gelegenheit geboten werde, sich für das Altcr ein festes Einkommen zn sichern, in den letzten Jahren zugcführt worden ist Die königl. AltcrSrcntcnbank nimmt, wie nicht genug hervorgchoben werden kann, jederzeit Einlagen bis zn 1 Mk. herab an und verbucht für dieselbe» feste, durch Laudcsgcsctz bestimmte Neulcu, welche uameittlich für dic spütcrcu Lcbciiöjahrc eine, von keiner ähnlichen An» stakt gebotene Höhe erreichen. Außerdem gewährt die Bank für sofort beginnende Renten noch den Vorthcil, daß die erste Neutenzahlmig bereits am letzte» Tage deö auf dic Eiuzahluug folgenden Kalcnderguartals geleistet wird, während bei den auf Gegenseitigkeit be ruhenden Ncntcnanstaltcn die erste Rente erst nach zwei Jahren znr Auszahlung gelangt. — Das königl. Ministerium deö Innern hat auf Vorschlag des Plenums der BraudvcrsichcnmgS-Com- mission sich damit einverstanden erklärt, daß die Brand- versichcrnngö-Bciträgc für daö Jahr 1886 bei der Gcbäudc-Vcrsichcrnng unter Erlaß eines vollen Pfen nigs nur mit zwei Pfennigen von jeder Beitrags- Einheit erhoben werden. Es sind daher diese Bei träge an jedem Termine, dem 1. April und 1. Oc- lvbcr dieses Jahres, nnr mit je Einem Pfennig von der Beitrags-Einheit abzuführc». Bei der Abthcilung für freiwillige Versicherung findet eine Ermäßigung der VersichernngS-Bciträgc in diesem Jahre nicht statt. — Der Elbcvcrcin wählte in seiner in Aussig ab- halteucu 10. Gcucrlvcrsammlung in seinen VorstandS- auöschnß den Director der sächs.-böhm. Dampfschiff- fahrtögescllschaft, Herrn O. Röhrig. — Der bereits in Nr. 13. d. Bl. erwähnte große Congrcß der Maurergesellen ganz Deutschlands findet nun bestimmt am 22., 23. und 24. März in Dresden statt. Dic Regelung des Vorgehens bei ArbcitScin. stcllungen wird den Hauptgcgcnstand der Tagcsordnug bilden, denn cs solle» bereits wieder eine ganze An zahl von Arbeitscinstellimgeil in Aussicht stehen. Die Accordarbcit, die Wandcrnntcrstützung werden gleich falls Thcmata für dic Verhandlung bieten. Es wird licömal auf eine sehr starke Bethciligung gerechnet. — Die Post erhebt berechtigte Klage über daö oberflächliche Entwerfen von Brief-Adressen, wodurch das Auffiudcu der Adressaten erschwert nud den Be amten viel zeitraubendes Nachschlagcu in Adrcß- u. a. Büchern aufgcbürdet wird; sie legt cs daher Allen, welche Postvcrkchr unterhalten, an das Herz, Namen, Stand und Wohnung der Adressaten mit größter Ge- auigkcit auf den Briefumschlägen anzugcbcu! Daö jugefähr ist der Sinn deö Schreibens, welches die )resdncr Handels, und Gcwcrbckammer den Gcwerbc- vcrciusvorslündcn zngesendet hat, um mit dem Inhalt desselben ihre Mitglieder bekannt zu mache». In Königstein wurden am 19. d. M. auf An,