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*/,1 Uhr nach vier anstrengenden Unterrichtsstunde» wieder zu Hause. Es wird gegessen, manchmal sind noch Be- forgungen und kleinere Arbeiten zu verrichten und dann geht es wieder in die Schule. Um Uhr setzt sich die kleine, geplagte Seele endlich einmal mit Wonnegefühl zum Kaffeetrinken nieder. An Ruhe ist noch nicht zu denken; das Kind muß die häuslichen Arbeiten noch an- fertigen, auf die die Schule gewiß nicht ganz verzichten will und auch nicht kann. Rechnen wir für dieselben eine Stunde, so entspricht das Ganze einem Normalarbeits tage von zehn Stunden und das für kleine Kinder. Wo bleibt da Zeit zum Ausruhen? Das Gehirn der kleinen Kinder wird dreimal ernstlich in Anspruch genommen (Vormittagsunterricht, Nachmittagsunterricht und häusliche Arbeiten). (Fortsetzung folgt.) R«rze Chronik. Eine nächtliche Kriminalsitzung im Mord- prozetz Jünemann. Der in der Kriminalgeschichte ungewöhnliche Fall einer nächtlichen Kriminalfitzung am Tatort eines Verbrechens ereignete sich Donnerstag an der Stelle der Verkäuferin Rackowski durch den Friseur Jünemann. Um 11 Uhr abends fanden sich in dem Bäckerladen, in dem die Rackowski ermordet wurde, der Vorsitzende des Schwurgerichts, der Staatsanwalt, die Geschworenen, der Verteidiger des Angeklagten, der Gr- richtsarzt und verschiedene Kriminalkommissare ein. Der Angeklagte erschien gefesselt von zwei Kriminalbeamten geführt und mußte den Hergang der Bluttat schildern. Um die gleiche Beleuchtung wie in der Nacht des Mordes herzustellen, wurden zeitweise die Gasflammen auSgedreht. Das Gericht besichtigte auch die oberen Räume des Hauses, um festzustellen, ob der Todesschret der Nackowski in ihnen gehört werden konnte. Unter Hinterlassung einer Schuldenlast von über lüüvvü Mk. ist ein Bauunternehmer aus Berlin- Südende flüchtig geworden, der seit Jahren dort ansässig war und zahlreiche Bauten in Südende und Umgegend ausgeführt hat. Die Flucht muß von langer Hand vor bereitet sein, denn Frau und Kind hat der jetzt Flüchtige nach Posen zu den Schwiegereltern geschafft. Eine vierköpfige Diebes- uud Einbrecher bande ist in Berlin verhaftet worden. Es wurde ein großes Lager gestohlener Waren entdeckt, die zusammen einen Wert von 20000 Mk. darstellen. Ein schwerer Eisenbahnunfall ereignete sich Sonnabend früh V,7 Uhr an dem Bahnübergang der Städtebahn an der Milower Chaussee bei Rathenow. Der Tischlermeister Hecker und sein Lehrling wurden mit dem Gespann vom Zuge erfaßt. Hecker ist tot und schwer verstümmelt, der Lehrling schwer verletzt. DaS Fuhrwerk wurde zertrümmert. Das Pferd blieb unverletzt. Entflohener Verbrecher. Aus dem Fuldaer Gefängnis ist in der vergangenen Nacht ein schwerer Verbrecher namens Ullrich aus Eiterfeldt entflohen. Der Flüchtling hat die Mauer seiner Zelle durchbrochen und sich an einer Leine aus dem dritten Stockwerk herunter gelassen. Schweres AutomobtlunglüS. Ein von Aachen kommendes Automobil, das von vier Personen besetzt war, fuhr in der Nähe des Kölner Stadtwaldes mit solcher Wucht gegen einen Baum, daß die Insassen herausgeschleudert wurden. DaS Automobil wurde zertrümmert. Ein Insasse wurde sofort getötet, ein anderer schwer verletzt, ein dritter erlitt einen Beinbruch. Der Chauffeur ist leicht verletzt. Die Platinadiebe wieder an der Arbeit! Wie wir bereits berichtet hatten, waren wiederholt Platina- diebe in Universitäten und anderen Hochschulen auf getreten. Trotz der vielen Warnungen durch die Presse ist jetzt auch die Hochschule in Karlsruhe von den Spitz buben heimgesucht worden. Dort erschienen zwei elegant gekleidete Herren, die französisch sprachen, sich für Chemiker ausgaben und darum nachsuchten, die Schule besichtigen zu dürfen. Dieser Wunsch wurde ihnen gewährt. Als die Leute sich wieder entfernt hatte», wurden in den! Schulräumen zwei mit Stemmeisen erbrochene Schreib tische vorgefunden, aus denen eine große Anzahl Gegen stände aus Platin entwendet waren. Der eine Spitz bube stand im Alter von 30 Jahren, war übermittelgroß, schlank, aber kräftig gebaut, hatte energische Gesichtszüge, dunkle Haare, kleinen Schnurrbart, während sein Begleiter mittelgroß war. Ein Bettler mit 8«WO Mk. Vermögen. Nach der „Augsb. Postzeitung" soll der im Alter von 67 Jahren in Augsburg verstorbene ledige, ehemalige Zimmermann Johann Mayr, ein stadtbekannter Bettler, 80000 Mk. Vermögen hinterlassen haben, das mangels erbberechtigter Verwandten dem Fiskus zufällt.. Verzweiflungstat. Aus unbekannten Gründen durchschnitt die Ehefrau des Bergmanns Andrä in Bollingen in Abwesenheit ihres Mannes ihren vier Kindern und sich selbst den Hals. Die Mutter und zwei der Kinder sind schwer verletzt, ein Kind ist tot, eins leicht verletzt. Der Siegeszug der Elektrizität im Eisen bahnverkehr.. In unserem Nachbarstaat Oesterreich wurden im vergangenen Jahre von 491 Kilometern neue Eisenbahnlinien 132 Kilometer für den elektrischen Betrieb eröffnet. Die Einführung deS elektrischen Betriebes auf Strecken der preußischen Staatsbahnverwaltung dürfte in absehbarer Zeit ebenfalls gute Fortschritte machen. Auf der Strecke Dessau-Bitterfeld wird die elektrische Zug- förderung noch im Laufe diese- Jahres beginnen. Eine Millionen-Zollftrafe. Ueber die amerika nische Firma Ahrenfeld in Karlsbad wurde, wie aus Wien gemeldet wird, auf Anzeige eines früheren Proku- risten eine Zollstrafe von mehreren Millionen Kronen verhängt. Wegen Diebstahls wurden 22 Unterbeamte der Warschauer Eisenbahn verhaftet. Sie haben syste- matisch während vieler Jahre in den zwischen den Stationen Kolyschka und Skarshisko verkehrenden Zügen Diebstähle begangen, speziell an den Vieh- und Geflügelsendungen. Feuersbrunst. In der Nacht zum Sonntag brach in einem bei Veile (Dänemark) gelegenen Gehöft Feuer aus, das das ganze Anwesen in Asche legte. Zwei Be wohner sind verbrannt, einer wurde schwer verletzt. Schreckliches Unglück. In Pola machten in einem Stall zwei Kinder Feuer an, als plötzlich das Dach einstürzte. Die Kinder wurden erschlagen. Angesichts der verstümmelten Leichen machte die Mutter einen Selbst- Mordversuch. 12 Hotelgäste in ihren Betten verbrannt. In Corwall (Ontario) brannte daS Roffmore-Hotel ab. Zwölf Gäste verbrannten in den Betten, zwanzig wurden verletzt. Viele sprangen in Bettdecken gehüllt auS dem Fenster auf Sprungtücher. Rätsel-Ecke. Zahlenquadrat. In die Felder des nebenstehende« Quadrats sind 25 verschiedene Zahlen emzutragen, die in einer bestimmte« Progression aufeinander folgen. Die Summe jeder wagerechten Reihe von s—b bis c—ä. sowie jeder senkrechten von a—c bis b—ä und jeder der beiden Ouerrethen a—ä und b—c muß 250 sein. Homogramm. » OOO O 1. weiblicher Vorname » » » » » 2. Nahrungsmittel » w w w » 3. Insel im Norden Europas. « » » Die Buchstaben L, 1.1,, H bl, ? sk, k, 8 8, PP, ll D, w w sind nach dem Muster obiger Figur derart zu ordnen, daß die drei wagerechten Reihe« gleich lautend mit den drei senkrechten sind und Wörter von der beigefügten Bedeutung ergeben. Vexierbild. Wo ist der Europäer? Lösungen ix Nächster Nummer. Auflösungen der Rätsel aus voriger Nummer. Worträtsel: Geizhals. Steigerungsscherze: 1. Walze, Walzer; 2. Ehe, eher 3. Fleisch, Fleischer; 4.Knappe, knapper; 5.Schill,Schiller Nossener Produktenbörse am 29. April 1910. 18,25 - 210, 12. -145, 150, 7,80 - 156, per 7,75 6,- Heu, alt Heu, neu Schüttstroh Gebuudstroh Kartoffeln neu - 50 . 50 . 50 . 50 - 4,50 ' 3,— - 2,50 , 2,10 —50 12,50 50 12, - Futter- Hafer alt - neu Futtermehl I . Il Wetzen nm Kock- » - alt » Roggen hies. nm - Gerste Brau- - 85 8011,60 70-,- 70-,- 50—,— 50 7,50 50 8,75 - -150,- 100 . 17,25 . - 15,25 . . 12,- Weizenkleie grob . Maiskörner grob - Maisschrot . 1000 Ks Mk. bis Mk. ln Mk. bis Mk. 215,- 85 17,85 -^" 6,25 6,- 8,50 9,50 k.-- 4,75 3M 2,75 2,40 - - - - - - 50 . —50 — 50 Kilo von Mk.—,— bi« Weizen Roggen Gerste Hafer geringe Qualität mittlere Qualität gute Qualität niedrigst, höchst, niedrigst, höchst, niedrigst, höchst ________ 21,40 21,70 — — — — 14,80 15,00 13,80 14,30 — — — — — — 15.40 15,70 15,80 16,00. Marktbericht. Meißen, am 30. April. Butter, 1 Kilo 2,70 biS 2,80 Mk.; Gänse, Pfund — Mk.; Hasen, Stück - M!.; Eier, 1 Stück 7 Pfg. Getreidepreise: den jm Verein britische und die grün-r»t-w«I bsr Mü»en von yelgolanü. Nam einer Novelle von Stanislaus v. Grabowsky. und in ersichtlicher Abneigung gegen das angeregte Tema der Unterhaltung ergriff er den Arin des Freundes mit den Worten: „Laß uns im Saale promenieren." Die beiden jungen Männer verdienten die Aufmerk samkeit manchen schönen Auges, daS sie auf ihrem Wege durch den Saal begleitete. Fran! Perry, ein hübscher Mann mit dunklen Locken nnd sehr sorgfältig gepflegtem Schnurrbart, mochte etwa achtundzwanzig Jahre alt sein. Von Jugend auf Soldat, wozu ihn als jüngeren Sohn einer alten reichen Familie, deren Erbteil mit der Peer?» würde nach dem englischen Gesetze ans den ältesten Sohn überging, seine Eltern bestimmten, hatte er sein ruheloses Leben abwechselnd in den Feldlagern nnd Barracken, oder in den Salons der Hauptstadt und auf den Gütern der Landedelleute zugebracht und Hilton, sein vertrautester Freund, behauptete oft kopfschüttelnd: er sei eigentlich wahrhaft edler Regungen nicht fähig, und im Stande, Alles seiner Laune, seinem Ehrgeize zum Opfer zu bringen. Aber Perry war ein angenehmer Gesellschafter, ein gefälliger und munterer Kamerad und seine Bekannten liebten ihn deswegen. „Sieh da." sagt- Perry, plötzlich lebhaft den Arm des Freundes drückend, das allerliebste Kind in dem weißen Kleide; das ist ja eine wahrhafte Schönheit." Der Ausruf galt Antye, die in Begleitung Tinas und ihres Vetters im Saal spazieren ging nnd in der Tat sah das junge Mädchen heute in dem weißen, von einer hell blauen Schärpe umschlossenen Kleide, das den roten Payk zum größten Teil bedeckte, reizender denn je aus und das schöne Gesicht strahlte von Glück und Vergnügen. „Wer ist aber der Begleiter? Hoffentlich nicht ihr Liebhaber? fuhr Perry fort und zog seinen Freund näher an die Beobachteten hergn und sah Antye so icharf in die Augen, daß sie betroffen errötete und sich von den Offi zieren abwandte. Hornsignale schallten über die Insel; aus dem grünen Spielplätze der Kinder war ein Exerzierplatz geworden und aus dem alten Leuchtturme ein Arrestlokal. Die Helgo länder, die gerade nichts Besseres zu tun hatten, konnten sich an den Exerzitien der Rekruten belustigen oder das militärische Leben in den Baracken beobachten, und im Ganzen erwiesen sich die Fremden — freilich notgedrungen, weil die Disziplin streng aufrecht erhalten wurde — doch «icht so schlimm, als man befürchtet hatte. ' In den letzten Tagen des Monat Mai sollte, wie die Anschlagezettel eine geraume Zeit vorher besagten, ein Ball im Konversattonshause, dem im Unterlande gelegenen, zur Sommerszeit besuchtesten Lokale der Insel stattsinden und dieser Ball erregte ein besonderes Interesse, weil sich bei dieser Gelegenheit eine nähere Bekanntschaft »wischen dm Einwohnern und den Offizieren -er neuen Garnison anznknüpfen versprach und letztere berritwillig dar n« formierte MufikkorpS zur MitwirLnetz «n-Hot« hatte». In dem festlich geschmückt« md erleuchtet« Vallsaal«, M «it -W« Georgrnk«, « ^Hü-olav-S Ml«, »x! 3. Kapitel. Auf Helgoland war es lebendiger, als sonst zu dieser i ruhen Jahreszeit, denn eine Menge Leute waren beschäftigt, unter Aufsicht und Anleitung des gelandeten britischen Jngeuicnroffiziers die Barracken auszuschiffen, auf das Oberland zu transportieren und dort aus einem von der Negierung gekauften Platze unmittelbar am Städtchen auf zustellen, sodaß sich dort bald ein ansehnliches militärisches Lager erhob. Mit dem Frühjahre langten auch mehrere Offiziere auf der Insel an. Nie hier gehörte Kommandowörter und wegte sich das tanz- und schaulustige Völkchen in buntem Gemisch durcheinander, während die Klänge der Musik durch den hohen Naum schallten. Auf der rotausgeschla genen Estrade, die sich au der Wand herumzog hatten sich die älteren Gäste niedergelassen. Die jungen Leute pro menierten oder standen gruppenweise im Saale. In dem Nebenzimmer und am Buffet tönten mit heiterem Klange schon die Gläser und überall, wohin mau blickte, sah mau frohe, vergnügungslustige Gesichter und hörte muntere Scherzworte. Am Buffet standen zwei junge Offiziere, die gefüllten Gläser in der Hand, auf das bunte Gewühl vor sich un befangen blickend. Der eine von ihnen stand im Kapitäns-, der andere im Leutenantsrange. „Einen eigentümlich anziehenden Anblick, nm den uns mancher Kamerad in unseren londoner Salons beneiden würde, bietet diese Ballgesellschaft dar," sagte der Kapitän lächelnd zu seinem Kameraden. „Hättest Du wohl geglaubt, Hilton, als wir die Ordre nach Helgoland erhielten, daß diese Fischermädchen in ihren roten Payks so niedlich ans- sehen und gar unseren Damen in der Heimat gefährlich werden könnten?" „Ei, laß diese Bemerkung nicht Miß Ellen Saunders hören, bester Perry," lachte der Leutenant mit dein Finger drohend; ich würde Dich dann auch nicht um die liebens würdige Bußpredigt beneiden." „Ellen Saunders? — Das Anziehendste an ihr ist Sandlings-Park, das Landgut ihres Vaters und die fünf tausend Pfund Renten, mein Bester; im übrigen ist sie eine Kokette, ohne jedes wahre Gefühl." „Du urteilst für die kurze Zeit der Trennung ziemlich kühl. Soweit ich beobachtet habe, hast gerade Du ihr bei all« Gelegenheiten sehr stark den Hof gemacht und wur dest von ihr bevorzugt?" „Du vergißt wieder das Landgut und die fünftausend VH» Seat«," brummte der Kapitän etwas betroffen,