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«MM si, «Maß Beilage zu Nr. 7. Sonnabend, 15. Januar 1810. Denksprüche für Gemüt und Verstand. Sohn, halt an deinen Ort an deinem Glaubenswort, Und laß an ihrigen die andern halten dort. Betrachtung für den 2. Ssnntag nach Lxrphania. Matth. 17, 8. Da sie aber die Auaen austaten, sahen sie niemand denn Jesum allein. So hefßts in der herrlichen Geschichte von der Ver klärung Christi. Eine wunderbare Geschichte, die uns so recht in die Tiefen der Gottheit und großen Barmherzig keit des Erlösers blicken läßt. Denn in ihr leuchtete im Dunkel der Nacht auch einmal sichtbarlich die Herrlichkeit des Gottessohnes aus der verborgenen Menschheits hülle hervor, eine Stärkung für den Erlöser wie für seine drei Jünger Petrus, Johannes und Jakobus, die allein gewürdigt wurden, an dem einzigartigen Vorgang teilzunehmen. Der Erlöser selbst sollte vor seinem Gange in die tiefsten Leidenstiefen eine besondere Stärkung durch seinen Vater bekommen. Moses und Elias, welche erschienen, reden mit ihm von dem Aus gang, welchen er sollte erfüllen zu I rusalem. Kommen doch von nun an infolge dieser, dazu Kraft gebenden Worte die Leidensverkündigungen Jesu an die Jünger häufiger und deutlicher. Aber auch die Jünger sollten für alle Zeit eine Stärkung für ihren Glauben an die Herrlichkeit des Heilandes haben, den hier der Vater wie bei seiner Taufe hörbar bezeugt als seinen Sohn. Um so fester sollten sie ihr Vertrauen auf ihn allein setzen, wenn es nun nach der Verklärung wieder in Wege ging, in die sie sich nicht leicht finden konnten. Dich aber kann die Geschichte in einer Zeit, in der man den Sünderheiland aller seiner wahren göttlichen Herlichkeit entkleiden will, von neuem stärken in deinem Glauben an ihn. Weil er der wahrhaftige Gott, vom Vater in Ewigkeit geboren, und auch wahrhaftiger Mensch, von der Jungfrau Maria geboren, ist, wie gerade auch diese Geschichte deutlich beweist, siehst du in den Kämpfen dieser Zeit und in den Kämpfen deines Lebens auf niemand denn Jesum allein, und er erweist sich als der Weg, die Wahrheit und das Leben, als die Auferstehung und das Leben, als dein Herr, der dir allein Frieden gibt im Hinblick auf Zeit und Ewigkeit. Wilsdruff, den 14. Januar. Die neue Dresdner Augustusbrücke soll am 1. September dem Verkehr übergeben werden. Da sich für die Jnterimsbrücke bereits Interessenten gefunden haben, beschloß der Rat, Liese Brücke zum Verkauf öffentlich auszuschreiben. Von dem Ausfall der Aus schreibung wird es abhängen, ob die Jnterimsbrücke weiterverkauft oder zu einer Verbindung zwischen der Schlachthofsinsel und dem jenseitigen Elbufer verwendet Wird. Ein größeres Schadenfeuer wütete in der Nacht zum Mittwoch in Seifersdorf bei Rabenau. Gegen ^11 Uhr kam das Feuer zum Ausbruch, dem das Gut des Guts besitzers Ernst Zimmermann und die Scheunen der Guts besitzer Paul Neubert und Ernst Börner mit sämtlichen Erntevorräten zum Opfer fielen. Das Vieh konnte ge rettet werden. Zur Hilfeleistung eilten herbei die Feuer wehren von Rabenau und Dippoldiswalde sowie noch neun auswärtige Gemeindespritzen. Die Abgebrannten haben versichert. Die Entstehungsursache ist vorläufig noch nicht bekannt. Laute Hilferufe ertönten am Sonntag abend, wie man aus Herrnskretschen mitteilt, vom Elisabethfelsen herab. Die Gendarmeriebeamten machten sich mit Lichtern un - Laternen sofort auf die Suche und fanden hart am Fklsenrande unterhalb des Pr menadenweges eine weibliche Person, die sich verirrt hatte. Mit vieler Mühe konnte sie gerettet und zu Tal gebracht werden. Der junge Aviatiker Schüler unternahm am Dienstag mittag seinen ersten Flugversuch mit einem neukonstruierten Aeroplan auf dem Exerzierplätze in Chemnitz. Er stieg drei Meter hoch, wurde aber an einem weiteren Flug durch starken Wind gehindert. Infolge falschen Manö- verieiens brachen bei der Landung einige Stangen des Apparats entzwei. Der Schaden kann jedoch innerhalb weniger Tage behoben werden. Schüler blieb unverletzt. Der an einem Schädelbruch unheilbar erkrankte, schon einmal in einer Heilstätte untergebracht gewesene Maurer Albin Günther in Bernsbach i. E. entfernte sich abends in einem Anfall von Geistesstörung aus der Wohnung seiner Eltern. Er schloß die Türe hinter sich ab, damit ihm niemand folgen konnte und irrte, nur mit einem Schwitzer bekleidet, im Freien umher. Erst am anderen Tage wurde er auf dem Teufelsteinfelsen in 150 Meter Höhe, auf einem kleinen Felsvolsprnng sitzend, entdeckt. Man konnte ihm nicht anders Hilfe bringen, als daß man die Feuerwehr herbeirief. Zwei Feuerwehrleute wurden angeseilt und etwa 20 Meter tief zu ihm herab gelassen. Sie brachten den Unglücklichen, der jeden Augen blick abzustürzen drohte, in Sicherheit. Die Leipziger Verkehrsordnung wird von den Geschirrführern nicht immer genügend befolgt. Aus diesem Grunde wurde dieser Tage die Hälfte der Schutzmannschaft, größtenteils in Zivil gekleidet, aufgeboten, um einmal ganz scharfe Kontrolle zu üben. Das Resultat dieser Maß regel wurde am Dienstag bekannt gegeben: 242 Ge schirrführer wurde auf der Stelle mit 1 Mark gestraft, gegen 100 andere Geschirrführer wurde schriftliche Anzeige erstattet. Bei Eulenhammer, zwischen Asch und Rehau, wurde am Sonnabend eine alte eiserne Eisenbahnbrücke innerhalb 2'/, Stunden durch eine neue ersetzt. Um ^12 Uhr passierte die Brücke noch der von Rehau nach Asch fahrende Zug. Im folgte ein Extrazug, der die fertig montierte neue Brücke brachte. In 2'/, Stunden nahm sie die Stelle der alten ein, und um 2 Uhr 18 Niinuten fuhr unter dem lauten Beifall einer zahlreichen Menschen menge der von Asch kommende Personenzug darüber. Es fiel nur ein Güterzug aus. Atirze Lhronik. Liebesdrama in Berlin. In einer vornehmen Pension unweit der Linden erschoß Montag nacht der 39jährige, aus Peru gebürtige Dr. jur. Alfredo Neuhaus seine Geliebte, eine 17 Jahre alte Näherin. Die Mutter des Mädchens war gegen das Verhältnis, trotzdem der Peruaner angeblich ernste Absichten hatte. Durch eine „Freundin" wurde Neuhaus brieflich darauf aufmerksam gemacht, daß das Mädchen auch mit anderen Männern Verhältnisse unterhalten sollte. Es kam zu heftigen Aus einandersetzungen. In der Nacht schoß dann Neuhaus seiner Geliebten in einem Eifersuchtsanfall eine Kugel in den Kopf, verletzte das Mädchen aber nur leicht. Er selbst machte dann seinem Leben durch einen Schuß in die Schläfe ein Ende. Verhaftung eines schweren Jungen. Der Schlächtergeselle Warpulski ist in Berlin verhaftet worden. Er wird beschuldigt, an den Museumsdiebstählen in Reichenberg i. B. im vorigen Jahre beteiligt gewesen zu sein, auch wird ihm die Teilnahme an den großen Kirchen diebstählen im Norden Böhmens nachgesagt. Wegen des letzteren Deliktes hat das Landgericht I Berlin bereits ein Urteil gegen den Komplizen des Warpulski gefällt. Gesühnte Bluttat. Der russische Arbeiter Sigis mund Turba, der am 8. März 1909 den Gutsinspektor des Gutes Damrath, Spitzings, erschoß, ist in Königs berg t. Pr. durch den Scharfrichter Schwietz aus Breslau enthauptet worden. Ein heftiger Südweststurm hat in der Nacht zum Mittwoch in den ausgedehnten Waldungen zwischen der Main-Weser-Bahnstrecke und der Strecke Fulda-Bebra kilometerlange Fichtenbestände arg beschädigt und mächtige Tannen direkt über dem Erdboden umgeknickt. In mehreren Ortschaften am Knüllgebirge sind Neubauten, die im Ent stehen begriffen waren, umgeweht worden. Mord. An der Landstraße bei Weibern (Rheinland) wurde ein Bewohner jener Gegend ermordet aufgefunden. Anscheinend liegt Raubmord vor. Fünf Bergleute schwer verletzt. Im Schacht der Bergbaugesellschaft „Teutonia" bei Wustrow wurden durch einen verspätet losgcgangenen Sprengschuß fünf Arbeiter schwer verletzt. Beim Fußballspielen getötet. In Hohenlimburg (West alen) wurde beim Fußballspielen der 10jährige Schüler Fritz Schüngel vom Ball mit voller Wucht gegen den Unterleib getroffen. Der Knabe brach bewußtlos zusammen und starb alsbald an den erlittenen inneren Verletzungen. Selbstmord aus Gram. Eine durch den rasch aufeinander erfolgten Tod ihres Mannes und ihres Sohnes trübsinnig gewordene Bäuerin in Altbornbach (Rheinpfalz) gab ihr Geld den Verwandten, verbrannte ihre Habseligkei en und tötete sich dann durch Beilhiebe auf den Schädel. Familiendrama. Dienstag nachmittag versuchte in Darmstadt der 47 Jahre alte Straßenkehrer Emil Lauer sich und seine zwei Kinder, Mädchen im Alter von drei und vier Jahren, mit Lysol zu vergiften. Alle drei konnten noch gerettet werden. k!n llerkSrM. Originalroman von Hans Wachenhusen. 49 „Bewahren Sie Schweigen und üben wir Selbstjustiz, wenn Sie gestatten, unter meinem Vorsitz! Ich verant worte sie, denn ich erkannte lroh seiner gelungenen Biaeke diesen falschen Spieler, der an der Riviera schon von den italienischen und französischen Behörden verfolgt wird" Ruhig und lächelnd nahm er den Platz des Verschwun denen ein, blickte dann vor sich auf den vor ihm liegen den Haufen von Gold und Banknoten und öffnete das dicke Portefeuille. „Er scheint für alle Fälle sein ganzes erbeutetes Ver mögen bei sich getragen zu l aben!" Lcbimmelpfennig blickte vergnügt zu den Herren auf, die sich beruhigt vm ihm am Tisch gesammelt. „Die Karten hier werden wir untersuchen lassen, was das Geld betrifft", er zog ein Crayon hervor und legte eine Karte mit der Rückleike nach oben vor sich; „jeder der Herren wird mir feinen heutigen baaren Verlust nennen und ihn sofort zurück erhalten. Was übrig bleibt, darüber werden wir beschlie ßen. Vor Allem aber unverbrüchliches Schweigen, damit -je Sache nicht an die Öffentlichkeit dringt." Er raffte die Summen zusammen, und jetzt begann jeder der jungen Wärmer, zwar beschämt, aber zufrieden, zu beichten, was er verloren. Schimmelpfennig nokirke das auf der Karle und summirle es endlich kopfschüttelnd. „Ein kleines Vermögen!" rief er. „Otto, wo bist Du? Komm her und Helse mir zahlen!" Dieser, der teiln ahmslos dagestanden, trat bereitwillig ^^Mrine Herren, es ist großer Überschuß da!" rief der alle Herr danach nut einer Handvoll im Portefeuille übrig gebliebener Banknoten. „Wollen Sie mir ein Keines Benefiz gewähren, so gestatten Sie, daß ich auch meinem Reffen die zwanugtan^end Wark davon gebe, die er an diesen Gauner so leichtsinnig verspielte.'' „Es waren nur Fünfzehnlauiend, Onkel!" Ottos Wangen glühten vor freudiger Überraschung. Er konnte seinen heutigen Wechsel bezahlen! Riik herzlichem Dank umringten den allen Herrn die jungen Männer, als er sich erhob, nachdem er die übrig gebliebene Summe gezahlt und genannt, auch ihre Zustim mung begehrt, dieselbe bis auf Weiteres bei einem Bankier zu deponieren, am besten: zu Gunsten der Armen, wie er hinzufügte, bis sich das Weitere ergebe. Otto wollte ibn freudig umarmen. „Nur fachte!" rief der Oheim abwehrend. ,,Für einige Tage wirst Du wieder flott fein. Aber zu helfen ist Pir damit nicht, so viel ich bis jetzt schon erfahren", setzte er halblaut hinzu. Er zog, geneigt zum Plaudern, die Offiziere an den andern Tisch und diese hörten ihm, noch aufgeregt, aber dankbar zu. „Dieser Hochstapler ist mir heule schon zum dritten Mal begegnet, zum ersten Mal vor fünf Fahren in Ost ende, wo er für kurze Zeit eine Rolle in der Gesellschaft spielte, unter den Ramen eines Herrn von Bauer. Er gab sich als reicher Mann, und seine vollendet aristokra tische Haltung machte ihn so beliebt, daß er bald einen Kreis von Lebemännern aller Rationen um sich hatte. Er schlug vor oder bestimmte und die Andern folgten ihm; natürlich auch zum Spiel, in welchem er große Summen gewann. Niemand wagte es, seine Ehrenhaf tigkeit in Zweifel zu ziehen, denn er war stets der galanteste Kavalier, der namentlich die Damen zu unter halten verstand und von den vornehmsten derselben im Familienkreise empfangen wurde. In diese führte er auch einen Reffen ein, einen jungen Elegant der feinsten Tournure, der sich einen Diplomaten nannte und Glück bei den jungen Damen machte. Seit dessen Erscheinen sprach der Herr von Bayer von seiner notwendigen Abreise; man erwarte ihn in Trouville. Und diese geschah denn auch ganz plötzlich. Sein Reffe übernahm es, den Oheim periönlich bei den Familien mit triftigen Gründen abzumelden. Am Tage seiner Abreise, abends, entstand große Unruhe im Hotel Continental, in der Wohnung einer russischen Gräfin, bei welcher der Herr von Bayer aus- und eingegangen. Es war derselben ein Brillantschmuck von hohem Werte gestohlen worden. Ganz untröstlich geberdek sich der Reffe, der am Rachmittag bei der Gräfin gewesen, um ihr das Adieu des Oheims zu bringen, dem er unverweilt nach Trouville zu folgen versprochen. Niemand wagte, gegen ihn Verdacht zu fassen; kaum aber war auch er abgereist, als von London ein Steck brief hinter einem jungen Abenteurer einlraf, dessen Sig nalement ein genaues Porträt des jungen Reffen enthielt, obgleich der Name, den er hier geführt, ein ganz anderer. Man telegraphierte nach Trouville, aber weder Oheim noch Neffe waren dort angekommen. Der Letztere war verdächtig, einem Konsortium anzugehören, den man Dieb stähle der verwegenste nArt zuschrieb. Das Verschwinden der Beiden belastete sie in hohem Grade; der Oheim, so nahm man an, hatte dem Reffen den Weg in vornehme Familien geöffnet. „Ich verließ Ostende und hörte nichts weiter über den Vorfall, wurde aber wiederholt an ihn erinnert durch die Zeitungsnachrichten über eine internationale Diebs- und Einbrecherbande, die, als Gentlemann gekleidet, in England und auf dem Kontinent die verwegensten Loups ausgeführt hatte." „Im letzten Winter nun — man schlägt ja auch als alter Herr zuweilen einmal hinken aus — ließ ich mich in Rizza von einigen Bekannten verführen, ein Restau rant zu betreten, in welchem es nachts im Karneval sehr lustig zugehen sollte.