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14638 Börsenblatt f. V. Dtschn. Suchhanoe^. Nichtamtlicher TeU. 274, 26. November iLio. Kochstr. 28/29, am 29. und 30. November 1910 der Nachlaß von Josef Kainz versteigert. Josef Kainz war kein Sammler, wie es Matkowsky gewesen ist; sein Nachlaß enthält keine eigentlichen Museumsstücke, mit Ausnahme eines glücklichen Erwerbes, der sich als ein van Dyk herausstellte. Es sind alles Gegenstände, die zu seiner persönlichen Geschichte gehören; sie geben den dekorativen Rahmen zu der glänzenden Häuslichkeit, die dieser Grandseigneur des Theaters führte. Sein Arbeitszimmer in Rot und Gold hatte die schwere Pracht der Louis XIV-Zeit, eine Neigung, die er von seinem königlichen Freunde Ludwig von Bayern angenommen hatte. Von diesem stammt u. a. die berühmte Zigarrenspitze, in ihrer monumentalen Ausdehnung mehr zum Ansehen als zum Gebrauch, mit der von acht Pferden gezogenen Equipage des Sonnenkönigs in Elfenbeinschnitzerei. Das Eßzimmer hatte schwere deutsche Renaissance, der Salon einen leichten graziösen Louis XV. - Charakter, das Schlafzimmer dagegen die traulichen Formen der Alt-Wiener Biedermeier zeit. Das Ganze diente dem Bedürfnis und dem Ge schmack eines vornehmen Privatmanns. Den verstorbenen Künstler selbst verherrlicht ein stattliches Kniestück von Grvrg Ludwig Meyn, dem der Künstler den Hamletcharakter gegeben hat. Aus derselben Berliner Zeit stammt eine Zeichnung von C. W. Allers, die Kainz im vertrauten Kreise am Kaffeetisch plaudernd darstellt. Kainz' Interesse an der Theatergeschichte erweisen Wiener Lithographien aus den heroischen Zeiten des alten Burgtheaters. Er besaß die Hogarthschen Stiche, die Garrick in seinen Shakespearerollen verewigen, darunter Richard III., den Kainz diesen Winter selbst spielen wollte. Es sind die Kostüme da, in die er die Schlankheit seines Hamlet, seines Romeo kleidete, die Laute, mit der er sich als Mephisto begleitete, viele Erinnerungen seines künstlerischen und privaten Lebens, Geschenke und Widmungen, von Freunden und Be wunderern dargebracht, wie er selbst mit fürstlicher Freigebigkeit zu schenken Pflegte. — Ein Katalog wird nicht herausgegeben werden, dagegen findet die Ausstellung am 27. und 28. No vember 1910, vormittags von 10—2 Uhr, in den Räumen des genannten Institutes statt. (Nach: »Vossische Zeitung«.) sL. Vom Reichsgericht. Nachdruck eines Scherz gedichtes. (Nachdruck verboten.) — Der Buchdruckereibesitzer B., Redakteur einer rheinischen Weinbauer-Zeitung, veröffentlichte in seiner Zeitschrift ein »Sankt Bureaukratismus am Rheine« be titeltes scherzhaftes Gedicht eines Schriftstellers, der seine Werke unter dem Pseudonym »Rheinischer Hannes« zu veröffentlichen pflegte, ohne dessen Erlaubnis. In diesem Scherzgedicht schilderte der Verfasser unter Ziehung der möglichen Konsequenzen daraus folgenden Vorfall: Ein Weinhändler in Geisenheim wandte sich an die Stadt Rüdesheim mit einer Postkarte um Lieferung von Gaskoks, ohne jedoch auf der Adresse ausdrücklich hinzu zusetzen: Rüdesheim am Rhein. Da es nun in der Rhein gegend noch ein zweites Rüdesheim gibt, was jedoch offenbar nicht gemeint sein konnte, wurde die Karte von der Stadt Rüdesheim zurückgesandt. Der »Rheinische Hannes« knüpfte hieran scherzhafte Ratschläge und Schlußfolgerungen. Als B. nun dieses Gedicht unter Weglassung einer Zeile wörtlich in seiner Zeitung veröffentlichte, erhob der Verfasser Klage gegen ihn wegen Verletzung des Urheberrechts durch Nachdruck beim Landgericht Wiesbaden. — Dieses erachtete den Angeklagten für schuldig. Er sei nicht zum Nachdruck berechtigt gewesen, da es sich nicht um einen Artikel tatsächlichen Inhalts oder um eine Tagesneuigkeit im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Urhebergesetzes (ß 45) handle. Durch die Fassung in Gedicht form habe der Vorfall den Charakter einer Ausarbeitung unter haltenden Inhalts erhalten, und deren Nachdruck sei nach § 18 Absatz 2 des in Frage kommenden Gesetzes verboten. Wenn der Angeklagte behaupte, er habe an die Erlaubnis des Ver fassers geglaubt, so befreie ihn dieser Umstand auch nicht; er habe in diesem Falle mit eventuellem Vorsatz gehandelt. B. wurde demgemäß zu 20 Geldstrafe und Zahlung einer Buße von 18 ^ an den Nebenkläger verurteilt. — In seiner Revision vor dem Reichsgericht wandte B. ein, die Auffassung, das Gedicht stelle einen unterhaltenden Artikel dar, sei rechtsirrig. Der Leser nehme von dem Gedichte in erster Linie aus tatsäch lichem Interesse Kenntnis. Im übrigen sei die Schilderung tat sächlicher Vorgänge in Gedichtform in der kleinen Presse gang und gäbe. Der ß 18 des Urheberrechtsgesetzes sei also zu Unrecht angewandt worden. Der höchste Gerichtshof vertrat jedoch die selbe Ansicht wie die Vorinstanz und verwarf das Rechtsmittel als unbegründet. (Urteil des R.-G. vom 24. XI. 1910.) W. Bertelsmann Verlag in Bielefeld. — W Bertelsmann Verlag Gesellschaft m. b. H. in Biele feld. — In unser Handelsregister ist heute folgendes eingetragen worden: Bei Nr. 393 der Abteilung (Firma W. Bertelsmann Verlag in Bielefeld): Das Geschäft ist übergegangen auf die Gesellschaft unter der Firma »W. Bertelsmann Verlag Gesellschaft mit beschränkter Haftung« in Bielefeld und daher die Firma hier erloschen. Unter Nr. 86 der Abteilung 6 die Gesellschaft unter der Firma: W. Bertelsmann Verlag Gesellschaft mit be schränkter Haftung in Bielefeld. Gegenstand des Unter nehmens ist: Betrieb einer Buchdruckerei mit Formularverlag, Fabrikation und Vertrieb von Lehrmitteln. Das Stammkapital beträgt 200000 Geschäftsführer sind: Friedrich Carl Bertelsmann, Kaufmann, Bielefeld, Heinrich Pauck, Kauf mann, Bielefeld. Den Herren Ernst Pauck in Bielefeld und August Milsmann in Bielefeld ist Gesamtprokura erteilt in der Weise, daß beide gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sind. Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Ge- sellschastsvertrag ist am 24. September 1910, ein Zusatz zu dem selben am 1. November 1910 abgeschlossen. Zur Vertretung der Gesellschaft werden ein oder mehrere Geschäftsführer bestellt. Sind mehrere bestellt, so sind im allgemeinen je zwei derselben oder einer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt, die jetzt bestellten beiden Geschäftsführer sind jedoch jeder für sich allein zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt. Aus dem nicht eingetragenen Inhalt des Gesellschafts vertrages wird folgendes bekannt gemacht: Der Gesellschafter Kaufmann Friedrich Carl Bertelsmann in Bielefeld bringt in Anrechnung auf seine Stammeinlage von 140 000 -k das bisher von ihm unter der Firma »W. Bertelsmann Verlag« in Bielefeld geführte Geschäft, insbesondere die vollständige Druckerei einrichtung mit Nebenbetrieben, das Warenlager, die ausstehenden Forderungen, die Patente unter den Nummern 180 443 und 215957, die Gebrauchsmuster unter den Nummern 238334, 249080, 249809, 264007, 376734, 407321 und die Warenzeichen unter den Nummern 61 237 und 81066, wovon das Patent Nummer 180 443, die Gebrauchsmuster Nummern 238 334 und 407 321 und das Warenzeichen Nummer 61 237 auf seinen Namen, die übrigen auf den Namen der genannten Firma eingetragen sind, zum vereinbarten Preise von 156 973 — Einhundertsechsundfünfzig- tausendneunhundertdreiundsiebzig — Mark 59 Pfennig in die Ge sellschaft ein. Den seine Stammeinlage übersteigenden Betrag beläßt er der Gesellschaft als ein mit 5 Prozent verzinsliches, in den ersten 5 Jahren unkündbares, danach aber nach sechs monatiger Kündigung rückzahlbares Darlehn. Bielefeld, den 15. November 1910. (gez.) Königliches Amtsgericht. (Deutscher Reichsanzeiger Nr. 274 vom 22. November 1910.) * Post. Briefsendungeu nach Tamoa. — Nach dem Ab- gange des für den 9. Dezember vorgesehenen Briefpostversandes aus Deutschland nach Samoa — über New Dork—San Francisco — wird die Briefpost für oieses Schutzgebiet nicht mehr auf dem Wege über San Francisco, sondern über New Aork— Van- couver befördert. Die Weitersendung erfolgt von Vancouver bis Suva (Fidschi-Inseln) mit dem jeden Freitag (30. Dezember usw.) von Vancouver nach Sydney abgehenden Dampfer der 6ä,n3.ckian-^u8tralian üo^g.1 Ng.il Ltsamsbix 6oraxg.n^ und von Suva bis Apia mit dem Dampfer »Motusa«, der seine Reise unmittel bar nach Übernahme der Post von dem erstbezeichneten Dampfer antritt. Die Beförderung von Deutschland nach Samoa wird auf dem neuen Wege rund 34 Tage dauern. Briefsendungen aus Deutschland für Samoa müssen spätestens 14 Tage vor der Abfahrt des Dampfers aus Vancouver, dem nach jeden vierten Freitag — 16. Dezember usw. — mit den Zügen