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Der Zusammenbruch der SPD. vor der Zweiten Znternationaie. Lächerliche Ausflüchte Wels' und Stampfers. Die ZweiteInternationalehat sich in Paris ein Stelldichein gegeben, um über die Lage zu beraten. Deutschland, Italien, Rußland sind auf der Pariser Tagung nur durch Flüchtlinge vertreten, die kaum jemanden hinter sich haben. In den Reihen der fran zösischen Sozialisten wird ein heftiger Kampf geführt. Von einer Verständigung mit der dritten kommunisti schen Internationale kann keine Rede sein. Die kommu nistische „Humanits" stellt vielmehr anläßlich der Tagung höhnisch den Zusammenbruch der Zweiten Internatio nale fest. Den Auftakt der Tagung bildeten die Beratungen des Vollzugsausschusses. Wels erstattete Bericht über die Ereignisse in Deutschland, wobei er den Ge werkschaften die Verantwortung dafür zuschiebt, daß ein Teil der Sozialdemokraten sich Hitler angeschlossen habe. Ein italienischer Sozialist richtete die Frage an die deutschen Vertreter Wels, Stampfer und Ollen- hauer — in den Beratungsräumen sah man auch Breitscheid und Hilferding —, ob sie dem Natio nalsozialismus nicht besser hätten Widerstand leisten können. Der ehemalige „Vorwärts"-Redakteur Stampfer antwortete auf die Frage, daß bei dem Staatsstreich, als Papen die preußische Regierung stürzte, die Kommunisten sich mit den Nationalsozialisten verbündet hätten, und daß gegen die Polizei und die Reichswehr nichts hätte ausgerichtet werden können. (!) Kurze politische Aachrichten. Nach amtlicher Mitteilung hat der Reichsverkehrs- mmister die Gebühren, die den amtlichen Sachverständigen Mr die Prüfung von Kraftfahrzeugen, 'Kraftfahrzeugführern, Fahrlehrern, Lehrwagen und Lehr mitteln zustehen, wesentlich gesenkt. Die neue Gebühren ordnung wird vom Reichsverkehrsminister in dem vor aussichtlich am Freitag, dem 25. August, erscheinenden Reichsministerialblatt veröffentlicht. * Wie die Rcichspressestelle der NSDAP, meldet, ist nach einem Bericht aus dem Traunsteiner Krankenhaus der weitere Krankheitsverlauf bei Gruppenführer Brückner günstig. Der Wundschmerz hat wesentlich nachgelassen. Ein Verbandwechsel am Kopf ergab erfreuliche Fortschritte der Wundheilung. Das Bewußt sein ist völlig klar. Der Regierungspräsident in Lüneburg hat auf An'rag des Magistrats gegen den früheren Oberbürger meister von Harburg-Wilhelmsburg, Dr. Dudeck, der von seinen Dienstgeschäften entbunden worden war, ein Dienststrafverfahren mit dem Ziel der Dienst- c -.tlassung eingeleitet. s In der ungarsschen Hauptstadt Budapest fand an läßlich des St.-Stdphanstages, des ungarischen National feiertages, der traditionelle St.-Stephansumzug unter größter Beteiligung statt. Die 80 Hitler jun gen, die in ihren braunen Uniformen das größte Interesse des Publikums hervorriefen, hatten Gelegenheit, von be sonderen Ehrenplätzen aus den Umzug zu besichtigen. Bettragsherabsetzungen bei Krankenkassen. Der Reichsarbeitsminister hatte für sämtliche würt - tembergischen Krankenkassen einen Kom missar eingesetzt. Dem Reichskommissar ist es innerhalb von drei Monaten gelungen, bei über 40 Prozent der reichsgesetzlichen Krankenkassen Württembergs den Bei tragssatz größtenteils erheblich herabzufetzen. Bei fortschreitender Belebung des Arbeitsmarktes werden wahrscheinlich noch weitere Beitragsherabsetzungen möglich sein. Treffen der Hitlerjugend in Bayern. Ein großes Treffen der Hitlerjugend fand in München statt. Auf unserem Bild sieht man eine der jugendlichen Trommlergruppen. pottiische Häftlinge in Innsbruck ausgebrochen. Aus einer Massenzelle im Gefängnis des Landgerichts Innsbruck sind nachts fünf Häftlinge ausge brochen. Sie zerstörten die Bänke, hoben mit den Trümmern den Fensterblock aus und gelangten über die Mauer des Hofes in das Freie. Es wurden sofort starke Polizeikräfte aufgeboten, denen es schließlich auch geglückt ist, noch in der Nacht wenigstens drei Häftlinge wie der zu fassen. In Vorarlberg hat der Sicherheitsdirektor verfügt, daß aus ehemaligen Mitgliedern der Nationalsozialisti schen Partei sogenannte „Putzscharen" gebildet werden müßten, die auf Wänden und Häusern aufgemalte Hakenkreuze zu entfernen haben. Ein Reichs- deutscherlehntedie Mitwirkung bei der Entfernung von Hakenkreuzen a b. Er wurde verhaftet und hat nun schwere Strafe zu gewärtigen. Da in den letzten Tagen auf den Bergen um Inns bruck wieder Hakenkreuzfeuer abgebrannt wurden, nahmen die Behörden wieder Verhaftungen von Nationalsozia listen als Geiseln vor. Deutsche Ostmcsse eröffnet In Königsberg wurde die 21. Deutsche Ostmesse eröffnet. Zu der Eröffnungsfeierlichkeit erschien Reichswirtschafts- minister Schmitt tauf unserem Bild mit Mantel und Hut in der Hand). Rechts neben ihm Oberpräsident Gau leiter Koch. Dollfuß' neue Romreise. Drei Besprechungen mit Mussolini. Der österreichische Bundeskanzler Dollfuß hatte sich im Flugzeug nach Italien begeben, wo er in Riccione mit dem italienischen Regierungschef zusammentraf und drei Besprechungen hatte. Dem Vernehmen nach hat die Reise des österreichischen Bundeskanzlers, der be kanntlich erst Ostern mit Mussolini zusammengetroffen war, in erster Linie wirtschaftlichen Erörte rungen gedient. Dollfuß hat dabei u. a. auch erklärt, er wolle mit allen Nachbarn Österreichs in Frieden arbei ten, auch mit Deutschland, „sobald dies möglich sei". Die Verlautbarungen über die Besprechungen in Nic- cione sind im übrigen wenig aufschlußreich. Da sie auch in der Formulierung der in solchen Fällen üblichen Be kundung der beiderseitigen Übereinstimmung sehr vor sichtig gehalten sind, ist kaum anzunehmen, daß der öster reichische Bundeskanzler wesentliche Erfolge von seiner neuen Romreise mitgebracht hat. Auflösung -er „Blauhemden" in Irland. Von de Valera angekündigt. Die Feldgottesdienste der „Blauhemden" sind Ä gaW Irland mit Ausnahme eines Zwischenfalls in Cork, wo die Republikanische Armee in das Gebäude der Blau hemden eindrang und eine Flagge zerriß, ohne Zwischen fälle verlaufen. Ministerpräsident de Valera erklärte, daß er nun mehr die Drohung der Regierung verwirklichen und die Blauhemdenorganisation auflösenundverbieten werde. Demgegenüber äußerte sich General O'Duffy dahin, daß ein Verbot seiner Blauhemden „ein Akt der Gewalt" sein würde. Seine Organisation werde W nicht auflösen lassen. Vom „Weltrekord" ins Krankenhaus. Zusammenbruch einer Dauerschwimmerin. Die Hern er Schwimmern Ruth Litzig wurde nach fast 79stündigem Aufenthalt im Wasser — mit Schwimmen hatte das nichts mehr zu tun — völlig er schöpft aus dem Essener Baldenaysee gezogen. Sie liegt zur Zeit in bedenklichem Zu st and im Essener Huyssen-Stift. Die Schwimmerin, die schon in den letzten Stunden sich kaum noch bewegen konnte, vollkommen teilnahmslos im Wasser trieb und nur durch Zurufe, Musik und Lärm immer wieder zum Be wußtsein gebracht wurde, mußte, in Watte und Tücher gepackt, sofort mit einem Krankenwagen der Feuerwehr ins Krankenhaus geschafft werden. Atemnot und Herzbeklemmungen gefährlichster Art sowie andere bedenkliche Krankheitserscheinungen sind die einstweilige Folge der unsinnigen „Rekordschwimmerei". Explofionskaiastrophe. — Zwei Todesopfer. In Alvensleben (Kreis Neuhaldenske-ens K-i eignete sich ein furchtbares Explosionsunglück. Als man in einer Scheune mit Dreschen beschäftigt war, explodierte plötzlich die zum Antrieb der Dresch maschine benutzte Lokomobile. Der Kessel flog mit ungeheurer Wucht durch das Scheunentor. Die Scheune wurde sofort in Brand gesetzt und brannte bis aus die Grundmauern nieder. Der Maschinist Gustav Seevogel, der an der Lokomobile beschäftigt war, wurde rück wärts in den Garten geschleudert und blieb sofort tot liegen. Beide Beine wurden ihm abgerissen. Eine Frau Kirmes, die an der Dreschmaschine tätig war, liegt noch totunterden Trümmern. Ein zweiter Maschinist Ernst Breyer und der Besitzer Ludolf Walter erlitten schwere Brandwunden und liegen in hoffnungs losem Zustande im Neuhaldenslebener Krankenhaus. änr-ü L. ^ckierwüllll ünms.nrentrLle Ztuttxart 22) „Ich weiß. Natürlich konnten Sie nicht anders. Eine gebildete junge Dame wie Sie wird sich doch nicht behandeln lassen wie eine Dirne! Aber er ist natürlich wütend! Erstens weil Sie ihn so abtrumpften und dann auch, weil er nachträglich wohl merkte, daß ich durch das offene Fenster alles gehört haben müsse!" „Sprach er mit Ihnen über die Sache?" „Nicht direkt natürlich. Er machte mir nur Vor würfe, daß ich ohne sein Wissen eine fremde Person hier angestellt, nannte das eine .bodenlose Eigenmächtig keit' und erklärte, er würde heute gleich mit Frau Hslleport sprechen und würde darauf dringen, daß Sie wieder entlassen werden. Acht Dienstboten genügten vollauf zur Arbeit, wir sollten uns nur ein wenig mehr plagen, das würde uns gar nicht schaden. Keinesfalls dulde er, daß hier das Geld so zum Fenster hinaus geworfen würde! Er betrachtet sich nämlich bereits ganz als Herr auf Lindenhof." „Duldet das Frau Helleport?" „Oh, vor ihr tut er es natürlich nicht. Da kriecht er in Demut und Ergebenheit, das ärgert mich ja so sehr! Wie oft hätte ich darüber schon gern ein offenes Wort mit der gnädigen Frau gesprochen, aber erstens mag man doch auch nicht geradezu Hetzen, und zweitens verachtet sie Kleinigkeiten! Wie ihr Neffe sich zu uns Dienstboten stellt, das schiene ihr keinesfalls der Mühe wert, darüber ein Wort zu verlieren." „Herr Laßwitz hat wohl einen großen Einfluß auf jeine Tante?" „In gewissen Dingen zweifellos, sonst würde sie ja wohl nach dem Tode ihres Bruders nicht darein ge willigt haben, ihm die Verwaltung ihres Vermögens zu übertragen. Auch hat er es ja damals ohne weiteres durchgesetzt, daß sie ihm und seiner Mutter das pracht volle Meervogelsche Palais in Budapest zur unum schränkten Benutzung überließ. Die Laßwitz's, die von Haus aus nicht viel haben, leben dadurch wie die Für sten. Ich habe gehört, in Budapest betrachtet schon jetzt jedermann Bela Laßwitz als den eigentlichen Besitzer des Meervogel'schen Nachlasses." Sylvia dachte an den zweiten Neffen der Millio närin, der in Sturm und Regen und Sonnenbrand auf der Strecke einen Bahnbau leitete und von seiner Hände Arbeit eine alte Mutter mit erhalten mußte. Denn Trojans Vater hatte durch einen Bankzusammenbruch kurz vor seinem Tode sein gesamtes Vermögen eingebüßt und die Witwe nahezu mittellos hinterlassen. „Hat Frau Helleport denn außer Herrn Laßwitz und seiner Mutter keine anderen Verwandten?" fragte sie erstaunt. „Doch. Es lebt noch eine Kusine, die ihr in ihrer Jugend nahestand wie eine Schwester, eine Frau Elene Trojan. Sie war die Tochter eines Vetters Herrn Meer vogels, und da ihre Mutter früh gestorben war, wurde sie auf Schloß Tropolschitz gemeinsam mit Frau Helle port erzogen. Die beiden jungen Mädchen liebten sich leidenschaftlich und waren ein Herz und eine Seele." „Aber dann — warum —" „Ja, dann kamen sie eben auseinander! Elene hei ratete einen Ingenieur Trojan in Wien, meine Herrin etwas später den Bankier Helleport. Ihre Ehe gestaltete sich von Anfang an sehr unglücklich und führte bald zur Trennung. Frau Helleport.lebte dann meistens auf Reisen, wobei Horwarth und ich sie begleiten mußten." „Warum besuchte sie da ihre Kusine nicht?" . ^.Sie wollte es nicht. Frau Troian war sehr alücklick. wie sie schrieb, und hatte einen Knaben. Was soll ich dabei?" sagte meine arme Herrin, wenn ich ihr zu redete, doch Frau Elene zu besuchen. Ich, die weder Mann noch Kind hat! Für den Hungernden ist es besser, er betrachtet sich dis vollen Tafeln der andern gar nicht erst. Auch schäme ich mich vor Elena, daß ich nichts Besseres aus meinem Leben zu machen verstand, als eine herumzigeunernde Frau. Später dann. — Frau Gröger schwieg, blickte versonnen vor sich hin und fuhr nach einer Weile ernst fort: „Später dann kam eine glückliche Zeit, aber sie war kurz! Stieg auf und versank plötzlich wie ein strahlender Meteor — und was danach blieb, war erst recht Dunkel und Einsamkeit. Damals kaufte sie hier den Lindenhof und brach alle Verbindungen mit der Welt ab, so auch die Korrespon denz mit Elene Trojan. Die Laßwitz — Mutter und Sohn — waren ihr dabei eifrig behilflich. Ich konnte mich des Gedankens nie entschlagen, daß sie viel dazu beigetragen haben, Frau Helleports Leben so zu gestal ten, wie es jetzt ist — nämlich so völlig einsam und menschenfeindlich. Denn gerade das letztere war meine arme Herrin trotz allen Unglücks und aller Enttäuschun gen früher gar nicht. Aber den Laßwitz'paßte das ja ge rade in den Kram! Sie hatten es darauf abgesehen, in den Genuß der Meervogel'schen Millionen zu kommen, und seit dem Tod von Frau Helleports Bruder und Gat ten erst recht! Nun haben sie es erreicht und prassen aus dem Vollen!" schloß sie bitter. „Und die andern — Frau Trojan und ihr Sohn sind vielleicht arm! Und sehnen sich vielleicht, die zer rissenen Fäden mit Frau Helleport wieder an zuknüpfen!" „Vielleicht. Ich weiß nichts von ihnen, und Frau Helleport erlaubt auch nicht, daß ich von ihrer Kusine spreche, denn sie will durch nichts an die Vergangenheit erinnert werden." Gorts. folM