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WsdrufferTageblatt T^ageb^ti ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitzen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die «gespaltene Naumzeile 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige. die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Borge- schriebene Erscheinungs- cmm tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wllsdrufs Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.10 Uhr. - - - —— Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch ' Klage eingezogen werden muff oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das .Wilsdruffer Tagebla!!» «scheint an allen Werktagen nachmittags 8 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. Irei Hau-, bei Postdestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Lll- Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. . . Geschäftsstelle, nehmen zu jeder Zelt Bestellungen ent. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend gegen. Im Falle höherer Gewalt,Krieg od. sonstiger — - Betriebsstörungen besteht «ein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. Nr. 174 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 28. Juli 1933 Klappernde Maschinen. Wieder spricht man heute — doch nicht mit dem früher so berechtigten und verständlichen Stolz — vom „Siegeszug der Maschine". Heute denkt man daran, daß dieser Siegeszug so vielen Millionen Menschen das Recht auf ein menschenwürdiges Dasein geraubt hat. Aber unser Maschinenzeitalter spie nicht bloß Maschinen überall dorthin aus, wo der Mensch wirtschaftet und arbei tet, sondern es — sratz auch Maschinen! Neue Erfindungen zerschlugen tagaus, tagein diese oder jene Maschine, die im rasenden Konkurrenzkampf zurückblicb. Aber die Maschine frißt sich auch selbst, ganz, immer aber stückweise. Sie nutzt sich ab, verlangt völligen oder zum mindesten teilweisen Ersatz. Und sie ist hierin ganz außer ordentlich gefräßig; normalerweise müßte die deutsche Wirtschaft für die Ersatzbeschaffungen bzw. für die natür liche Bedarfserweiterung an Maschinen für neue oder sich ausdehnende Betriebe alljährlich 1,9 Milliarden ausgeben. Und zwar an einen überaus wichtigen Teil der deutschen Industrie: Die Fabriken für neue Maschinen und für Ersatzteile bei vorhandenen Maschinen. Das Letztere ist sogar noch wichtiger, weil fast zwei Drittel der Gesamterzeugung unserer Maschinenbau-Industrie auf diese Ersatzteile ent fällt, auf den Bau neuer Maschinen aber nur ein Drittel. Aber was ist aus diesem Zweig der deutschen In dustrie, der 1929 noch für damals über 4,5 Milliarden umsetzen und über 660 900 Arbeiter und Angestellte be schäftigte, seitdem geworden! Neben dem Preisrückgang, der diese Erzeugnisse natürlich auch mit harter Hand an packte, ist eilte gewaltige Einschrumpfung des Um satzes einhergegangen, so daß 1932 die ganze deutsche Volkswirtschaft nur noch für 765 Millionen Mark neue Maschinen oder Ersatzteile gekauft hat. Rechnet man die Preise von 1929 auf die von hente um, dann muß man einen Umsatzrückgang ans weniger als 30 Prozent des damaligen Umfanges feststellen. Upd ebenso stark sank natürlich die Zahl der Arbeiter und Ange stellten in dieser Industrie; Hunderttausend^ wurden erwerbslos. Dieser Zusammenbruch in der Maschinen industrie selbst hatte, entsprechend d^r Bedeutung, die sie ini deutschen Wirtschaftsleben besitzt, aber auch noch ge waltige und nicht minder katastrophale „Neben wirkungen": All die Industrien, die dem Maschinen bau die Rohmaterialien liefern oder für sie die Hilss stoffe Herstellen — von der Kohle bis zum Anschlußgleis, vom Edelstahl bis zum Treibriemen —, schrumpften ebenso ein, so daß sie gleichfalls zu weitestgehendem Personal abbau schreiten mußten oder überhaupt zusammenbrachen; aus der einen Seite büßte der Staat Hunderte von Mil lionen an Steuern, Sozialbeiträgen, Beförderungs geldern usw. ein, mutzte aber andererseits für die arbeits los gewordenen Hunderttausende sorgen. Ein kleiner Lichtschimmer dabei war es noch, datz wenigstens der sehr beträchtliche Absatz deutscher Ma schinen und Ersatzteile an das Auslan d nicht ganz so stark zurückging wie der Jnlandsabsatz, der übrigens 1932 nur noch genau so groß gewesen ist, wie der Ver kauf an das Ausland, zeitweise sogar noch unter den Wert der Ausfuhr unserer Maschinenbau-Industrie gesunken ist; aber in der letzten Zeit sind die Be stellungen von dorther geradezu katastrophal zurück gegangen, und dieser Ausfall konnte durch den wieder langsam ansteigenden Binnenabsatz bei weitem nicht wettgemacht werden, so daß in der ersten Hälfte 1933 wiederum eine Einschrumpfung der Gesamterzeugung in der deutschen Maschinenbau-Industrie eingetreten ist. An die 550 000 Arbeitslose leiden speziell unter dem Rückgang der Aufträge für die deutsche Maschinenindustrie. Verwunderlich war es ja nicht, daß die Industrie, aber auch das heute vielfach mit Maschinen arbeitende Gewerbe so überaus zurückhaltend geworden war mit der Bestellung neuer Maschinen, ja auch mit der von Ersatz teilen für schon im Gebrauch befindliche. Das kostete erstens Gsld — das man nicht hatte — und zweitens wußte man nicht, ob man die Mehrerzeugung absetzen konnte, die mit der neuen Maschine erzielt worden wäre. Was nützt es dem Schuhmacher, wenn er ein paar kleine Maschinen kauft oder sie arbeiten läßt, aber — die Kunden immer seltener werden? Da half man sich eben mit den alten Maschinen, sparte an Ersatzteilen und — ließ die Dinge treiben, solange es eben ging, auch wenn die Maschine noch so laut klappernd nach Ersatz schrie. Genau so wie seit langem das Sinken unseres allge meinen Lebenszuschnittes auf ein unnatürlich tiefes Niveau — infolge des Schwindens der Masscnkaufkraft — den wirklichen Bedarf an Konsumgütcrn riesengroß hat werden lassen, ist die Ersatznotwcndigkeit für die „Produktions mittel", vor allem die Maschinen in der deutschen Wirt schaft, gewaltig angewachsen. In der Industrie und dem Gewerbe ebenso wie in der L a n d w i rt s ch a f t. Und 550 000 Arbeiter der deutschen Maschinenindustrie stehen untätig auf der Straße. Hier mußte etwas Durchgreifendes geschehen. Sicher heit und neues Vertrauen war mit dem Sieg und der Arbeit der Reichsreaieruna unter Adolf Hitlers M Mkii -er LM« MskW. „Eine große Enttäuschung!" Die Beerdigung der Weltwirtschafts konferenz. Die Weltwirtfchastskonferenz in Lon don, die nach monatelangcn Ankündigungen und mit großem Pomp eröffnet wurde, ist ziemlich sang- und klanglos mit einer „Beerdigung 1. Klasse" zu Grabe getragen worden. Nicht einmal der Satz, datz man über die Toten nur Gutes sagen soll, wurde befolgt, und die Schlussreden der Delegierten klangen fast alle aus in den Klageruf: „Eine große Enttäuschung!" Den qualitativ geringen Leistungen der Kon ferenz steht eine ungeheure quantitative Leistung des Schreibbüros gegenüber. Dieses hat in den 38 Arbeitstagen der Konferenz acht Tonnen an Denk schriften und insgesamt zwei Millionen gedruckte Exem plare hcrvorgebracht. Die gesamten K o st e n, die der englischen Regie rung durch die Londoner Konferenz entstanden sind, belaufen sich auf rund eine Million Mark. Die Stadt London hat rund 400 000 Marl allein für gesell schaftliche Veranstaltungen ausgegeben. Die Schlußsitzung. Die Schlußsitzung der Weltwirtschafts konferenz in London wurde durch MacDonald eröffnet. Der Präsident des Währungsausschusses, der Amerikaner Cox, erklärte u. a., daß der Weltkrieg 165 Milliarden Dollar gekostet habe, während er zu Vor kriegspreisen nur 65 Milliarden Dollar gekostet haben würde. Die größte Aufgabe sei die Beseitigung der Arbeitslosigkeit, und ein Land, das alles an diese Aufgabe setze, müsse mit Sympathie betrachtet werden. Schließlich erklärte sich Cox optimistisch über die Aussichten der Konferenz. Nach der Rede von Cox legte Runciman den Bericht über die Arbeiten des Wirtschaftsausschusses vor und erklärte, daß seiner Ansicht nach auf wirtschaftlichem Gebiete nützliche Arbeit geleistet worden sei. Der holländische Minsterpräsident Colijn, der Präsident des Wirtschaftsausschusses, der mit großem Bei fall empfangen wurde, erklärte, daß der Beifall seiner An sicht nach nicht angebracht sei, da die Konferenz keinerlei endgültige Ergebnisse gezeitigt habe. Die ganze Kon ferenz sei eine große Enttäuschung. Als erster Ländervertreter sprach der Italiener Jung. Die Klarstellung der großen Meinungs verschiedenheiten und eine Vertagung der Konferenz sei besser, als wenn man sich hinter nichtssagenden Ent schließungen versteckt hätte. Abschließend bemerkte er, daß sich die politische Atmosphäre verbessert habe, und daß bei weiterer Besserung der politischen Lage die Lösung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Völkern leichter sein werde. Der englische Schatzkanzler Chamberlain brachte seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, daß die Konferenz so wenig Fortschritte gezeitigt hübe. „Die große Lehre." Reichsbankpräsident Dr. Schacht führte im Namen der deutschen Abordnung in deutscher Sprache folgendes aus: Als vor einem Jahr in Lausanne die Einberufung dieser Konferenz beschlossen wurde, lag das Programm in den Hauptzügen bereits fest. Im weiteren Verlauf der Vorbereitungen einigte man sich darüber, keine bloße Sachverständigenkonferenz, sondern eine Zusammenkunft von Regierungsvertretern zu berufen, die in der Lage Führung auch für die Wirtschaft gekommen; mit größerer Hoffnung und von gefestigterem Boden aus schaut sie in die Zukunft. Man spürt die Wieder belebung und rüstet sich, an ihr teilzunehmen; da regt sich auch der Unternehmungsgeist. Ihm kommt das Gesetz über die Steuererleichterung für Ersatzbeschaffung ent gegen; denn nun dürfen unter gewissen Bedingungen bei der Ermittlung des Gewinns für die Einkommen-, Körper schafts- und Gewerbesteuer jene Aufwendungen voll ab gezogen werden, die für die Anschaffung oder Herstellung von Maschinen, Geräten oder ähnlichen Gegenständen in den gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieben ge macht werden. Wohlgemcrkt: Es handelt sich dabei um Ersatzbeschaffungen, und wichtigste Bedingung ist, daß ihre Verwendung nicht etwa zu einer M i u d e r b - s ch ä f - tigung von Arbeitskräften führt. Denn dann würde man mit der einen Hand nur nehmen, was man mit der anderen gegeben hat. seien, verbindliche Abmachungen zu treffen. Nach mehr als sechs Wochen anstrengender Arbeit ist leider festzustellen, daß kaum ein Punkt des Programms zu Abmachungen geführt hat. Die Resolutionen, die schließlich aus den Ausschüssen her vorgegangen sind, stellen lediglich allgemeine Ansichten und Empfehlungen dar, wie wir sie seit der Brüsseler Konferenz von 1920 auf jeder internationalen Zusammen kunft registrieren konnten. Es würde abwegig fein, irgendeinem einzelnen die Schuld für diesen Ausgang der Konferenz zuzuschreiben. Der Fehler liegt im System. Der Gedanke, durch generelle Empfehlungen oder Be schlüsse gleichzeitig die Lage von 64 völlig ver schieden gearteten Ländern bestimmen zu wollen, hat sich als undurchführbar erwiesen. Sosehr man im Interesse des internationalen Güteraustausches eine solche Politik bedauern mag, so wenig kann man einem souveränen Staat das Recht ab sprechen, alle diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die er zur Wahrung seiner wirtschaftlichen Lebensrechle für nötig hält. Es ist deshalb erfreulich, daß in den Resolutionen, die diese Konferenz gefaßt hat, jedes Werturteil über solche Politik unterblieben ist; denn alle Kritik findet ihre Begrenzung an dem Leistungsvermögen und an den Lcbensrechten der einzelnen Nation. Solange die Einzelnationen nicht in sich ein gewisses wirtschaftliches Gleichgewicht wiedergefunden haben, wird der Erfolg einer neuen Weltwirtschastskonfe- rcnz zweifelhaft bleiben. Das ist die große Lehre, die uns diese Konferenz mitgibt. Internationale Zusammenarbeit wird erst dann zur praktischen Wirklichkeit werden, wenn sich nicht mehr der eine auf den anderen verläßt, fondern wenn jeder zunächst aus eigener Kraft alles daran setzt, um der wirtschaftlichen Krise Herr zu werden. Die bisher leider gebräuchliche ungesunde Methode, durch internationale Kreditinanspruchnahme die Wirt schaftslage für den Augenblick zu erleichtern, mutz dem Willen weichen, aus eigener Kraft eine gewisse wirtschaft liche Stabilität herzustellen. In solcher Anstrengung liegt dw größte Bürgschaft dafür, datz die Ansprüche der internationalen Kreditgeber im Laufe der Entwicklung ihre Befriedigung finden nacy Matzgabe dessen, was wirtschaftlich und mo^- lisch vertretbar ist. Sowenig nämlich solche leichtherzige Kredit annahme gebilligt werden kann, so unberechtigt wäre es, jede Kredit h e r g a b e von feiten eines Gläu bigers ohne weiteres als wirtschaftlich und moralisch berechtigt hinzustellen. Ein erheblicher Teil der in der Vergangenheit gegebenen und zum Teil von politischen Kräften gcför- dertcn Kredite ist in sich ungesund gewesen. Die deutsche Neichsbank hat in der Vergangenheit immer wieder auf die Schwierigkeiten hingewiescn, die aus einem Übermaß von ausländischer Kreditgewährung erwachsen mußten. In den Reden, die wir auf dieser Konferenz gehört haben, sind immer wieder zwei Gedankengänge durch gedrungen: erstens, datz Schulden nur mit Warenexport und Dienst leistungen bezahlt werden können, und zweitens, daß durch die Ereignisse der letzten Jahre die Schulden ein solches Mißverhältnis zur Zahlungsfähigkeit angenommen haben, daß eine Ad>u- stierung notwendig geworden ist. Es ist selbstverständlich, datz eine solche Adjustierung nur erfolgen kann unter Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Länder sowie unter größtmöglicher Wahrung der Inter essen der individuellen Gläubiger. Alle zu treffenden Schuldenregelungen müssen unterstützt werden von einer Wirtschaftspolitik, die die Erwerbskraft des Schuldnerlandes erhält. Nur wenn die Erwcrbskrast des Schuldners intakt bleibt, wird der Gläubiger zu seinem Gelde kommen. Es erhebt sich deshalb die Frage, ob wir die Menscbbeit mit produktiver Tätigkeit beschäftigen wollen, selbst auf die Gefahr hin, daß von dem bisher investierten Kapital einiges vcrlorengcht, oder wir tatenlos warten wollen, bis uns die soziale Krise in das Chaos stürzt. Zu den Aufgaben der künftigen internationalen Wirt schaftspolitik wird es gehören müssen, unsere Arbeitskräfte auch dadurch wieder in Gang zu setzen, daß wir den Ländern, die bisher einen rückständigen Lebens-