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WwmfferÄgeM Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. srei Haus, bei Postbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Npfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. . Geschäftsstelle, nehmen zu jederZeitBestellungenent. Wochenblatt für Wllsdruff u. Umgegend gegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg od. sonstiger ' " « - - ' Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Aaumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige. die »gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. 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Und diese Vermutung stimmt ganz sicher in solchen Fällen, wo die Politik oder vielmehr die Politiker in peinlicher Verant wortungslosigkeit aus der furchtbaren Not der Gegenwart parteipolitisches Kapital zu schlagen versuchen, wenn näm lich „für die Notleidenden" drauflos beschlossen wird ohne Rücksicht darauf, ob sich die Beschlüsse auch durchführen lassen. Die Verantwortung dafür überläßt man freund lichst der Reichsregierung, den Ländern und namentlich den Gemeinden. „Der Staat" wird den Notleidenden damit als so etwas wieder Weihnachtsmann hin- gestellt, der nur in den prallgefüllten Sack hineinzugreifen braucht, um alle Wünsche zu erfüllen. Tut er es nicht — weil er es gar nicht kann —, dann fällt man wütig über ihn her und wirft verächtlich die wenigen, aber nach bestem Vermögen gespendeten Gaben beiseite. Unter solchen leider wieder einmal eingetretenen Um ständen erhält die „Winterhilfe", soweit die parlamen tarischen Körperschaften mitwirken, vielfach einen pein lich-bitteren Beigeschmack. Nicht etwa daß der Staat als Organisation des ganzen Volkes auf Dank rechnet oder Dank beansprucht, wenn er seinen notleidenden Mit gliedern hilft; aber er darf doch Wohl verlangen, daß man daran denkt, w-e furchtbar groß das Heer der Notleiden den ist und wie tief bei den meisten von ihnen die materielle und seelische Not! Gewiß ist es auch Pflicht des Staates, aus allen Kräften besonders dann zu helfen, wenn im Winter die Not noch stärker in die Erscheinung tritt und empfunden wird als sonst. Aber auch ihm und seiner Hilfeleistung sind von der Notwendigkeit Grenzen gezogen, das Allgemeine nicht zuletzt im Interesse der zukünftigen Überwindung unserer Not nicht schädigen zu lassen. Das Mitlciden, die werktätige Liebe, die die Rot mildern will, wird zur Tragik, wenn sie sie nicht mildern kann, überall in den Zeitungen liest man die Aufrufe zu Spenden an die großen Wohltätigkeits anstalten, fast immer gleich mit einer Darstellung des breiten Stromes von Notleidenden, die besonders zu Weihnachten diese Anstalten überfluten. Um so spärlicher fließen heute die Gaben, denn die Zahl derer ist klein geworden, die nicht mit dem Pfennig rechnen müssen und hilflos am Ufer jenes breiten Stromes stehen. Aber gerade dieser Anblick sollte sie nochmals eindringlich mahnen, lieber selbst auf Ersehntes zu verzichten und dem zu spenden, der noch viel ärmer ist und dessen Notruf heute selbst durch eine "och so fest verschlossene Tür hindurch dringt. Wer we^ denn, ob er nicht selbst eines furcht baren Tages — draußen steht! Wer ist denn heute sicher davor, daß ihn jener Strom der Not nicht gleichfalls vom Ufer herunterreißt und davonträgt! Nicht „der Staat" allein kann und soll helfen, sondern alle müssen und sollen es tun, soweit sie nur dazu imstande sind. Und wie oft übersieht man noch nächstliegende Not, nur weil diese sich uns nicht gleich in ihrer Blöße zeigt! Wo man aber bei einigem Nachdenken helfen kann. In jenem breiten Strom der Not treiben auch große Teile des kaufmännischen und gewerblichen Mittelstandes, und unter weiteren Teilen bröckelt das Ufer oder sie sind schon im Versinken. Das gilt für zahl reiche derartige Existenzen gerade in den mittleren und kleineren Städten. Bangend sehen sie dem „Weihnachtsgeschäft" entgegen, das ihnen ein wenig Aufatmen bringen soll, vielleicht die Rettung vor dem Versinken. Sie wollen nichts geschenkt haben, sie wollen noch kämpfen und ringen gegen den Untergang, — sie dürfen aber von dem Nachbar verlangen, daß er nicht bei ihnen vorbeigeht, wenn er die Weihnachts einkäufe erledigt. Wirklicher „Bürgergeist" gerade in den kleinen und mittleren Städten, wo dieser Geist von der flutenden Masse Zu- und Abströmender noch nicht ganz erstickt ist, darf der Mahnung des kämpfenden ünd ringen den Menschen nebenan das Ohr nicht verschließen. Muß nicht auch der Land wirt, der seine Erzeugnisse in der nächsten Stadt absetzen will, dort im „Güteraustausch" die eigenen Bedürfnisse decken? Gerade in diesem Punkt berühren sich am unmittelbarsten „Stadt und Land". Nur ein wenig — Nachdenken gehört dazu! Dann würde so manches gerade hierin besser werden. Ausgefallene Luxusbedürfnisse zu befriedigen können nur noch wenige; heute aber muß gerade in jenem angedeu- teten Punkte vieles erst noch besser werden. Und das ist auch möglich, wenn man nur ein wenig „guten Willens" ist. Umschwung in der Haltung Hoovers. Auch Schuldenrevision für Frankreich, wenn es nachträglich bezahlt. Präsident Hoover hat beschlossen, Frankreich eine Revision der Schulden zuzubilligen, falls es die De- zembcrrate nachträglich bezahlt. Die Haltung Hoovers wird in Kreisen Washingtons als eine Kapitu lation vor dem französischen Vorgehen angesehen. „Merung des inneren Friedens." -Mische Beschlüsse der Aeichsregiemng. Scharfe Maßnahmen gegen Ruhestörer. Das Reichslabinett hat in einer längeren Sitzung beschlossen, die politischen Verordnungen, so die Antiterrorvcrordnung und die Verordnung über die Einschränkung der Pressefreiheit, zum größten Teil auf gehoben. Die neue Verordnung, in der nur die allgemei nen Bestimmungen aus den bisherigen Verordnungen verblieben sind, erscheint in den nächsten Tagen. Diese Verordnung wird gleichzeitig den Rest der Bestimmungen des Republikschutzgesetzes enthalten. Auch die Fragen der Winterhilfe sind in der Kabinettssitzung zum größten Teil abgeschlossen. Es ist nach Ansicht unterrichteter Preise damit zu rechnen, daß die Winterhilsemaßnahmen roch vor Weihnachten in Kraft gefetzt werden. über die Beschlüsse der Reichsregierung wird im ein zelnen noch folgendes bekannt: Wahrscheinlich unter dem Titel: „Zur Förderung des inneren Friedens" wird An fang dieser Woche eine neue Verordnung des Reichs präsidenten, in der die neuen politischen Beschlüsse der Reichsregierung zusammengefaßt werden sollen, veröffent licht werden. In diese Verordnung werden auch Be stimmungen aus dem Republikschutzgesetz über nommen werden, das am 31. Dezember dieses Jahres abläuft und das nicht verlängert werden wird Aus dem allen Repubütschuygesetz werden in die neu« Verordnung folgende Maßnahmen übernommen: 1. Bestimmungen gegen Verbände, die den Zweck des politischen Terrors oder des politischen Mordes ver folgen, wahrscheinlich unter Aufrechterhaltung aller Straf- und Schutzbestimmungen des ersten Paragraphen des Republikschutzgesetzes, 2. Schutz des Reichspräsidenten. 3. Schutz der Staatsform, 4. Schutz der Reichsfarben. Außerdem wird in die Notverordnung eine besondere Bestimmung über den Schutz der Wehrmacht eingefügt werden. Daß der im ursprünglichen Republikschutzgcsetz ent haltene sogenannte Kaiser Paragraph nicht wieder ausgenommen wird, ist insofern ganz selbstverständlich, als bereits die Verlängerung des Gesetzes von 1930 diese Bestimmung nicht mehr enthielt. Sie hatte damals iin Reichstag leine Aussicht auf die erforderliche Zweidrittel mehrheit und wurde infolgedessen preisgegebcn. Mut maßungen mancher ausländischen Kreise, daß die Rückkehr des Kaisers jetzt ausdrücklich frcigegeben werden solle und daß hierin eine besondere politische Demonstration zu er blicken sei, gehen also völlig fehl. Es handelt sich über haupt um keine neue politische Entscheidung» sondern nur um die Beibehaltung eines praktisch schon vor mehreren Jahren geschaffenen Zustandes. Die Reichsregierunq wird auch in die neue Notver ordnung noch einige Bestimmungen aus der Anti - terrornotverordnung hereinnehmen. Es werden allerdings aus dieser Verordnung vom 9. August alle Bestimmungen über die verschärften Strafmaßnahmcn der Sondergerichte aufgehoben werden, vielleicht ein schließlich der gc nten Einrichtung der Sondergericküe. Außerdem wird ^.ie Juni-Notverordnung über die Presse aufgehoben werden und ferner das Demon stration sv e r b o t. Auch die Bestimmungen des Nepublikschutzgesctzes über die Presse werden in der neuen Verordnung nicht wiederkehren. Damit fallen auch die Auflagenachrichtcn für die Presse fort. Das Kabinett hat außerdem die neue Verordnung vorbereitet, die in dem Augenblick erlassen werden soll, in dem der Reichspräsident oder die Regierung der Ansicht sind, daß der Versuch, der augenblicklichen Befriedung des innenpolitischen Lebens Rechnung zu tragen, fehlschlagen sollte. Jede Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung wird sofort mit dem Erlaß der schürfstenMaß» nahmen beantwortet werden. Das Kabinett wird weiter die agrarpolitischen Maßnahmen vorbereiten, die der Reichskanzler in seiner Rede angekündigt hat. Die Beratungen über die Winterhilfe wurden weitgehend gefördert. Sie konnten aber wegen der großen Schwierigkeiten, die in dieser Frage bestehen, noch nicht zum Abschluß gebracht werden. Das Reichskabinett wird sich voraussichtlich zur endgültigen Verabschiedung der Winterhilfemaßregeln Mitte dieser Woche noch einmal versammeln. Inzwischen sollen die Ressorts Teilmatz regeln, die bereits spruchreif geworden sind, in die Wege leiten. Das UM srauzWe Kabinett. Paul-Soncour nimmt an. Der französische Kriegsministcr Paul-Boncour hat den ihm vom Statsvräsidenten Lebrun übermittelten Auf trag mr Kabinettsbildung endgültig angenommen. Paul-Boncour erklärte nach seinem Besuch beim Staatspräsidenten, daß er sich entschlossen habe, so schnell wie möglich ein Kabinett aufzustellen, „das in seiner Zu sammensetzung wie auch in seinem Programm am wirk samsten der Vereinigung derLinken dient, die es dem Sande erlaubt, die augenblicklichen Schwierigkeiten zu überwinden". Die Sozialisten hätten allerdings sein Angebot, sich an der Verantwortung an der Regierung zn beteiligen, nicht angenommen, ihm jedoch Sympathie für seine Bemühungen bekundet. * pariser Kabinettbildung beendet. Paul-Boncour hat sein Ministerium am Sonntag abend endgültig gebildet; er begab sich zum Staatspräsi denten und unterbreitete diesem die Ministerlifte. * Das neue französische Kabinett. Paul-Boncour stellt sein Kabinett vor. Ministerpräsident Paul-Boncour hat sein neugebil detes Kabinett dem Staatspräsidenten vorgestellt. Die neue Regierung setzt sich folgendermaßen zusammen: Ministerpräsident und Auswärtiges: Paul-Boncour Innenministerium: Chautemps Justizministerium: Abel-Cardey (Senator, Radikal sozialist) Kriegsministerium: Daladier Kriegsmarineministerium: Leygues Lustfahrtministerium: Pailevö Kolonialministerium: Sarraut Finanzministerium u. Haushaltministerium: Chöraus Arbeitsministerium: Dalimier Handelsministerium: Löon-Meycr Unterrichtsministerium: de Monzic Wohlfahrtsministerium: Daniölou Postministerium: Laurant-Eynac Ministerium für öffentliche Arbeiten: George Bonnet Landwirtschastsministerium: Queuille Handelsministerium: Julien-Durand Pensionsministerum: Miellet. Dieser Liste zufolge hat Paul-Boncour den Stamm seines Kabinetts aus den Nadikalsozialisten, den sozialen Republikanern, der republikanischen Vereinigung des Se nats, der radikalen Linken und der Unabhängigen Linken zusammengesetzt. Kem Zweifel an -er herrischen Gleichberechtigung. Genfer Einigungsformel klar und ein deutig. Von französischer Seite ist in den letzten Tagen syste matisch versucht worden, die Genfer Einigungs- sormelin einer Weise auszulcgen, die eine völlige Ent wertung des Genfer Abkommens bedeuten würde. Drit- scherseits ist bereits darauf hingewiesen worden, dnö Vie seinerzeit in Genf veröffentlichte und von allen beteil -trn Mächten unterzeichnete Einigungsformel vollkommen klar und eindeutig sei. Die Auslegungsversuche der Franzosen könnten nichts an der Tatsache ändern, daß die deutsche Gleichberechtigung anerkannt worden sei. Der Artikel 53 des Abkommens der Vorbereitenden Abrüstungskonferenz hatte bekanntlich die Aufrechterhal tung des Rüstungsstandes der besiegten Mächte nach d- -n Versailler Vertrag als Voraussetzung für ein Abrüstu:"s- abkommen der übrigen Mächte vorgesehen. Dieser Artikel ist, was von keiner Seite zu bestreiten war und auch nicht bestritten wird, durch die Genfer Gleichberechtigungs formel endgültig gefallen.