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Wilsdruffer Tageblatt : 13.12.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193212134
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19321213
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19321213
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-12
- Tag 1932-12-13
-
Monat
1932-12
-
Jahr
1932
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 13.12.1932
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Wilsdruffer Tageblatt 2. Blatt Nr. 291 — Dienstag, den 13. Dezember 1932 TageSspruch. Findest du deine Zeit, so steigst du; findest du sie nicht, so taumelst du wurzlos umher. Lavtse. * Unerhört ist manches, was die Zeit ins Leben treibt, die nimmer rastende! L. Uhland. m einen uilbMimtM kerrikkollegM Von Arno Bierast, Leipzig, Vorsteher des Gaues Sachsen im Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband. Lieber Standesbruder! In Unterredungen mit Angehörigen aller Berufe und aller politischen Richtungen bin ich in letzter Zeit wiederholt auf eine im Nachstehenden scharf formuliert dargestellte Auffassung gestoben: „Rund 7 Millionen deutsche Arbeiter und Angestellte, Akademiker, Gewerbetreibende, kurz Angehörige aller Be rufe, sind zur Zeit arbeitslos. Einerlei, ob sie etwas gelernt Haden oder nicht, ob sie fleißig oder faul, klug oder weniger begabt, sie stehen außerhalb des Kreises der Schaffenden und niemand weiß, ob und wann sie wieder eingereiht wer den können. Was nützt diesen Millionen noch die Verbun denheit mit ihrem Beruf, den sie ja doch nicht ausüben kön nen und von dem sie vielleicht ihr ganzes Leben getrennt sein werden. Diese Millionen haben — so scheint es — eine andere schicksalsschwerere Aufgabe. Losgelöst vom Sinn des Lebens, der Arbeit, haben sie die Verpflichtung, die erstarr ten Formen unseres gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, staat lichen Lebens zu lösen oder zu zerschlagen und andere, bes sere, allen gerechter werdende Grundsätze an ihre Stelle zu fetzen. Und die noch in Arbeit Befindlichen, was kann ihnen der Berufsverband noch sein? Können sie nicht auch morgen schon hineingestoßen werden in die Siebenmillionenarmee der Berufslosen? Auch ihnen gegenüber sind die aufwüh lenden, mitreißenden Kräfte der großen politischen Refor mationen stärker als die Bindungen des Berufes. Nicht mehr der Beruf, die ^Politik bedingt heute sowohl das Schick sal des Einzelnen, als auch das Schicksal des Ganzen. Mö gen die Philister sich im Beruf erfüllen. Mögen die schwa chen Charaktere in Seele und Körper zermürbenden War ten auf Arbeit verzweifeln. Die, die noch einen starken Le benswillen haben, die sich nicht unterkriegen lassen wollen von einem widrigen Geschick, die werden Soldaten der poli tischen Reformation. Sie erfüllen sich im parteipolitischen Tageskampf. Sie kennen nichts Anderes und wollen nichts Anderes mehr kennen. " Da eine Auseinandersetzung mit dieser Auffassung allgemein interessieren dürste, wende ich mich aus diesem Weg an alle die, die so denken wie vorstehend skizziert und eröffne damit dis Aussprache über das sich hier zeigende Problem. Große politische Bewegungen, die den Durchbruch neuer Ideen und Grundsätze vorbereiten oder durchführen, sind zu allen Zeiten bewußt und gewollt, ja man kann sagen natur- haft bedingt, einseitig, absolut, mit weit gespannten Herrsckafts- ansprüchen, mit die Massen faszinierenden und fesselnden Wor ten und mit einem grenzenlosen Selbstbewußtsein aufgetreten. Sie wollten niemals Entwicklung, sondern stets Anfang aller Entwicklungen sein. Anfang einer ganz neuen, noch nie dage wesenen Zeitepoche, die viel größer, viel gewaltiger, viel be deutungsvoller, viel edler, gerechter als alles vorher Gewesene und alles Bestehende sein würde. Dieser mit ungestümer Kraft vorgetragene Glaube an die Zaubermacht einer Idee, dieser riesige, oftmals recht geräuschvolle Aufmarsch neuer Plane, der den ruheliebenden Zeitgenossen oder den jeweiligen Nutznießern der bestehenden Ordnung immer erheblich auf die Nerven fällt, ist aber durchaus notwendig, um das Beharrungsver mögen der Massen, der Institutionen zu überwinden, die Mas sen zu aktivieren, zu fanatisieren, um so einen meistens nur be scheidenen Teil der neuen Gedanken durchsuchen. Immer werden in solch unruhigen politischen Zeiten Milli onen Mühseliger und Beladener, Millionen, die mit ihrem eigenen Latein zu Ende sind und keinen Ausweg mehr wissen, von dem Glauben an die unbegrenzten Möglichkeiten politi scher Gestaltungskraft, von dem Glauben an die Schaffung einer Ordnung, in der es keine Ungerechtigkeiten, keine Not und kein Elend, keinen Kampf zwischen den Einzelnen und den Ständen, keinen Bewährungszwang für den Einzelnen gibt, erfaßt. Und immer gesellen sich zu ihnen Hunderttausende von Idealisten, die überall dabei sind, wo große Ideen oder auch nur Worte Begeisterung wecken, Romantiker, politische Aben teurer, beruflich Unbefriedigte, wirtschaftlich Bedrängte, gesell schaftlich Deklassierte, ehrgeizige Konjunkturpolitiker usw., die ganz erfMt werden oder sich erfüllen lassen von der Kraft und Gewalt der neuen Gedanken, die eine neue politische Aera auch zum Ausgangspunkt eines neuen, vorher vielleicht verpfusch ten Lebens machen möchten, die alles um sich herum vergessen und nur noch das eine Einzige sehen, hören oder glauben, eben die neue Idee, die sich ganz herauslösen aus den Bin dungen, denen sie bis zur Erfüllung mit dem neuen Geist un terstanden und die deshalb auch kein Organ mehr haben, um das Mögliche vom Unmöglichen, das Vorübergehende vom Dauernden, das Wertvolle vom Wertlosen, die Propaganda vom Programm und wirklichen politischen Wollen zu unter scheiden. Eine solche Faszinierung von Hunderttaufenden oder Mil lionen ist der Beweis vom Vorhandensein wirklich echter po litischer Ideen, die früher oder später auf ihre Brauchbarkeit hin geprüft, sich durchsetzen oder verworfen werden. Ist der Durchbruch der neuen Kräfte gelungen, sind die Formen ge wandelt worden, unter denen die Gesellschaft lebt, durch die der Ablauf des politischen und wirtschaftlichen Geschehens be einflußt wird, ist der politische Spannungszustand vorüber und nimmt die Welt wieder ihr Alltagsgesicht an, dann erst zeigt sich, wie groß die Opfer waren, die von den Anhängern der neuen Idee gebracht wurden. Viele von ihnen, die nur im Zei ten der politischen Gärung, im Zeichen eines gefahrvollen po litischen Kampfes zur Geltung gelangen konnten, sinken nach Erreichung des Zieles zurück in das Heer der Namenlosen, aus dem sie kamen. Nach jedem großen Umsturz gibt es Tau sende solcher Vergessenen, die sich grollend zurückziehen, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen, derweilen sie nur den An teil überschätzten, der ihnen im Rahmen des geschichtlichen Ab laufs zugewiesen war. Indessen,, niemand nimmt von ihnen dann noch Notiz und, sofern sie sich nicht selber helfen können, sofern sie ettva gar Ansprüche erheben auf Grund ihrer Ver- dieuKe, .»etzde» sie mitleidlos abgeschüttelt; denn die Träger der neuen Ideen stehen im Falle eines siegreichen Durchbruchs ihrer Gedanken selbst vor den schwersten Kämpfen ihres Lebens. Wehe, wenn sie dann weithin sichtbar dem Volke, be jubelt noch von den Einen, gehaßt von den Anderen, mit ihren Plänen und Ideen nicht bestehen. Aufstieg oder Untergang, Ehre oder Schimpf, Glan; oder Elend wohnen auf dem poli tischen Schlachtfeld immer sehr dicht beieinander. Nach der Eroberung der Macht gibt es deshalb für politische Führer nur eine ausschließliche und vordringliche Aufgabe, sich zu be währen. Diesem Zwang zum Bewähren ist keiner der großen politischen Sieger entronnen. Dieser Zwang führt automatisch nach der Schlacht zum Einschalten anderer Kräfte, als sie vor und während des Kampfes um die Macht ausschließlich ge braucht werden. Diese anderen Kräfte aber, mit denen sich die neuen politischen Gewalten nunmehr vermählen müssen, ohne die ein Neuaufbau nicht möglich, ohne die die neuen Formen sinnlos sein würden, sind aber nicht im Heer der Beruflosen, wie fälschlicherweise die Arbeitslosen heute oft bezeichnet wer den, nicht im Heer der nur vom Politischen her bewegten Kräfte zu süchen; denn diese Kräfte haben dann im wesentlichen ihre Ausgabe erfüllt. Sie werden nur noch — soweit sie jung genug dazu sind — zum Schutz des neuen Systems gebraucht. Die Kräfte, die nach der politischen Schlacht wieder voll zur Würdigung gelangen, die sind in den Berufsgemeinschaften versammelt und in der Leistungskrast der Einzelnen verankert. Die im Beruf gebundenen Elemente müssen dann aus eigenem Willen, aus eigener Hingabe, aus freiwilliger Anerkennung des Neuen, Diener des Neuen werden wollen, sonst geht es nicht. Daß diese Kräfte heute so wenig bedeuten, daß sie so sehr durch politische Gewalten verdrängt wurden, liegt in dem zur Zeit stark ausgeprägten Wollen der Einzelnen und der Stände, das Leben- und Berufsrisiko auf den Staat, auf die Allgemeinheit abzuwälzen, ihm als den großen Unbekannten alle Mühsal aufzuladen und selbst nach Möglichkeit ohne Kampf, ohne Risiko zu leben. Dieser wie eine Seuche alle Lebensenergien vernichtende Pazifismus ist nicht zuletzt Ursache der Tragödie, die sich jetzt vor unserer aller Augen abspielt. Die Berufsgemeinschaften sind in politisch bewegten Zei ten immer die ruhenden Pole in der Flucht der Erscheinungen. Der in ihnen gesammelte und bei ihnen hoch im Ansehen stehende Sachverstand, die überlieferten Berufserfahrungen, ihr nüchterner Sinn ist viel unentbehrlicher, als man das in Kriscnzeiten, wo solche Eigenschaften bagatellisiert werden und die Mortgewaltigen alles, die stillen Denker und Arbeiter, die Ueberlegsamen und Treuen nichts gelten, wahr haben will. Einerlei, wie immer die politischen Formen aussehen, die Be dürfnisse, Wünsche und Sorgen des Bauernstandes, der Aka demiker, der Beamten, der Gewerbetreibenden, des Handels, sie werben kaum nennenswerte Veränderungen erfahren. Das Gewicht ihres Berufswissens und ihres Könnens wird durch politische Wandlungen kaum berührt, und auch die neuen Mächte müssen diesem Können ihre Opfer bringen. Daran wird auch dadurch nichts geändert, daß in Zeiten gesteigerten parteipolitischen Kampfes in einzelnen öffentlich-rechtlichen be ruflichen Institutionen parteipolitische Kräfte zur Geltung kom men; denn diese vom Parteipolitischen her für die Wahrung der Standesbelange eingesetzten oder gewählten Persönlich keiten können sich im Nahmen ihrer ständischen Aufgabe nur behaupten, wenn sie ausreichende Berufskenntnisse besitzen und aus der Verantwortung und Verbundenheit gegenüber dem Stand handeln. Sobald sie weder über das eine verfügen, noch das andere tun, werden sie ganz automatisch nach kurzer Zeit wieder ausgeschifft, und andere Kräfte treten wieder an ihre Stelle; denn nur allein in Zeiten politischer Hochspannung kann der Glaube entstehen, daß allein vom Politischen her und nicht minder stark vom Beruf die Menschen bewegt, geformt und in ihren Einzelschicksalen bestimmt werden. In solchen Zeiten kann vorübergehend die Tatsache ver gessen werden, daß Politik nm den Rahmen schaffen kann für den Ablauf des wirtschaftlichen und politischen Ge schehens und für die soziologische Ordnung in einem Volk, daß Politik aber niemals den Einzelnen von der Notwen- drAeft entbinden kann, durch Einsatz aller Kräfte sich im Rahmen eines Arbeitsfeldes zu bewähren. Daß das politische Arbeitsfeld aber immer verhältnismäßig wenigen Vorbehalten bleibt — ganz abgesehen davon, daß die Ausfüllung einer Beamtenstellung in der Regel auch umfas sende Berufskenntnisse erfordert und der Versuch, diese Aemter nur nach Gesinnungswerten, nicht aber auch nach fachlichem Wissen zu besetzen (Parteibuchwirtschaft), die unerfreulichen Zeitverhältnisse mit heraufbeschworen hat —, ist wohl kaum zu bestreiten; denn Massenversammlungen mit fünfundzwanzig, dreißig, fünfzig oder mehr Tausend Menschen, Wahlen zwei-, drei-, vier- und mehrmals im Jahr, Parteipolitik in Kirche, Kunst, Schule, Werkstatt, kurz überall und auf allen Megen, das alles ist, so sehr es eine geschichtliche Mission erfüllt, so sehr es notwendig ist, daß auch die Masse zu staatspolitischem Denken erzogen wird, dennoch glücklicherweise nur Ausnahme zustand, vorübergehende Erscheinung, aber keineswegs Grund lage, auf der der eine oder andere seine Lebensziele aufbauen kann. Daher gibt es für den Mann, abgesehen von den weni gen, die aus echter Berufung politische Aemter verwalten, ab gesehen von der etwas größeren Schar, die im Zuge einer po litischen llmlagerung durch Staatsdienerstellungen belohnt werden müssen, nur eine Bewährungsmöglichkeit, und die liegt in seinem Beruf. Die Tausende, die die Menschen als Philister bezeichnen, die auch in unsrer Zeit sich bemühen, im Kleinen groß zu sein, die, obwohl auch sie einer sehr ungewissen Zu kunft entgegensehen, unverdrossen ihre Pflicht erfüllen, die glauben völkisch zu handeln, wenn sie gute, ehrliche, gewissen hafte Arbeit leisten und über Dinge nicht reden, die sie nicht verstehen, die Tausende, die solches Tun verspotten und sich allein als Idealisten, die Anderen aber als schnöde Realisten oder Philister betrachten, die werden in gar nicht all-ulanger Zeit zu der schmerzlichen Erkenntnis kommen, daß sie zwar über das beglückende Bewußtsein verfügen, einen Teil der Kraft mit dargestellt zu haben, die notwendig war, um über lebte Formen adzulösen, daß sie damit aber auch ihre Ausgabe erfüllt haben und im Augenblick des Erfolgs ihres politischen Einsatzes in eine Situation versetzt wurden, die der eines un gelernten Arbeiters nicht unähnlich sein wird, eines ungelern ten Arbeiters, der — man mag das beklagen oder nicht — noch immer und zu allen Zeiten und bei allen Völkern auf der vorletzten soziologischen Sprosse steht. Man vergesse nicht, daß die Menschen und ihre Einrich tungen — es wäre ein Unglück für die Menschheit, wenn es anders wäre — viel beharrlicher sind, als man das in unseren Zeiten denkt, und die Geschichte der Völker viel organischer und viel weniger sprunghast, als manche mei nen, und der Einfluß parteipolitischer Gewalten auf das Schicksal der Einzelnen wesentlich geringer, als der Ueber- schwang der Gefühle ihn zeigt. Wer ein neues Deutschland mit bauen will, muß sich des halb dauernd die Tatsache vor Augen halten, daß vom Poli tischen her nur der Rohbau gestaltet werden kann, der innere Ausbau aber ausschließlich durch die Stände erfolgt. Deshalb mögen die Widerwärtigkeiten, mit denen Wir zu kämpfen haben, die Zahl der um Arbeit Ringenden, der an ihrem Beruf Verzweifelnden noch so groß fein, die Be deutung der Berufsstände vorübergehend geschwächt oder gar geleugnet werden, der Beruf und sein Einfluß auf das Schicksal der Menschen behält seine Geltung. Gewiß, die fürchterliche tteberfüllung aller Berufe in unserer Zeit wird für Millionen einen Einsatz außerhalb ihres erlern ten Berufes bedingen. Wer aber zu diesem anderweitigen Ein satz bestimmt sein wird, das entscheidet nicht allein und aus schließlich — zumindestens nicht bei den Jungen — der gute oder böse Wille der Zeitgenossen, sondern eigene Tüchtigkeit, Initiative und berufliches Können. Die ständische Gemeinschaft, wir, die Angehörigen eines erst in den letzten hundert Jahren gewachsenen neuen Standes, werden sie in der Zukunst noch viel nötiger brauchen als in der Vergangenheit und Gegenwart. Ich habe auf die Lebenskraft der alten Stände hingewiesen, die alle politischen Stürme über dauert haben. Sie sind auch ohne Organisation tausendfältig durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Fäden zusammengehal- ten. Anders die jungen sozialen Stände. Bricht ihre Organisa tion auseinander, stehen sie wieder atomisiert den politischen und wirtschaftlichen Mächten gegenüber, dann sind und bleiben sie die Packesel der Nation, die Objekte der Zührungskrast an derer Stände, die beherrscht werden, weil sie noch nicht einmal die Kraft ausbringen, in ihren ureigensten Angelegenheiten Ge meinschaft zu bilden und weil sie nur dann etwas bedeute» können, wenn sie zu einer Leistungsgemcinschaft gleich den alten Ständen zusammenwachsen. Bestimmenden Einfluß im Staat können die Massen vielleicht vorübergehend durch den Einsatz ihres Lebeiw, durch blutigen Umsturz, ja vielleicht gar nur durch ihre Stimmzettel erobern, aber erhalten — und darauf kommt es an — werden sie den so erworbenen Einfluß nur kurze Zeit; denn regellos zusammengrballte Massen sind im be sten Falle politischer Werkstoff in den Händen kluger und lau terer oder gerissener, ehrgeiziger, politischer Mhrer. Die An hänger der jungen sozialen Stände, die man heute noch in Un mündigkeit hält, die Linnen genau so wie alle anderen Stande vor ihnen, die Adligen, die Beamten, die Bürger und die Bauern, nur zu Einfluß, zur gesellschaftlichen Beachtung kom men, wenn sie vom Beruf her sich zusammenschließen und durch Leistungen, durch freiwillig geübte Verantwortung, durch be rufliche Selbstzucht, durch stark entwickeltes Selbstgefühl und einen durch Opferbereilschast untermauerten Selbstbehauptungs willen sich Respekt, Anerkennung, Achtung ertrotzen. Neue Le bensformen und Gesetze werden sie in sich selber entwickeln müssen und nur von dorther dem Staat einen Teil ihres Ge sichts auszwingen können. Die alten Stände haben in Jahr hunderte alter Tradition ihre Bedeutung sür das Gemein wesen, ihre Selbstzucht, ihre kulturelle und wirtschaftliche Ge staltungskraft unter Beweis gestellt. Soll die Forderung der jungen, sozialen Stände, der Gemeinschaften der Arbeiter und Angestellten auf Gleichberechtigung, auf Mitverantwortung und Mitbestimmung daher mehr sein, als eine gut klingende, die Massen berauschende Phrase., dann muß hinter diesen An sprüchen auch der harte Wille dieser Stände stehen, mit eiser ner Konsequenz die einzelnen Standesangehörigen zur Verant wortung und zur Leistung zu erziehen. Nur so können die Ar beitnehmer aus Objekten der Obrigkeit zu Subjekten der Staatssöhrung werden. Weil bas — ohne alle Illusion und Phrase gesehen — so ist und immer so sein wird, deshalb glauben wir im Deutsch- nationalen Handlungsgehilfen-Verband fest und unerschütter lich an unsere Aufgabe. Deshalb arbeiten wir, obwohl alles in Zersetzung zu sein scheint, ruhig weiter am Ausbau unserer ständischen Gemeinschaft. Deshalb nehmen wir gelassen den Kampf mit den tausend Widerwärtigkeiten unserer Zeit auf. Deshalb glauben wir, unseren Freunden zu dienen, wenn wir sie immer wieder darum bitten, nicht nur auf die Sterne zu schauen, sondern auch auf die Steine in den engen Gassen des Lebens. Wem, wir die Zeichen der Zeit richtig verstehen, dann wird im Zuge neuer politischer Konzeptionen der Staat auf- hören müssen, die Gouvernante aller Untertanen zu sein. Der Staat wird sich im Gegenteil von den Alltagssorgen der Ein zelnen soweit als möglich entfernen müssen, um die Arme frei- zubelommen für seine ureigentliche Aufgabe, die in der Erhal tung oder Erkämpfung der Freiheit und eines ausreichenden Lebensraumes sür das deutsche Volk liegt. Die Berufsstände werden deshalb einen nicht geringen Teil der Aufgaben, die jetzt der Staat erfüllt, in ihre Selbstverwaltung übernehmen müssen, um io ein zwar nicht in allen Einzelheiten reglementier tes, zwar nicht von der Obrigkeit kommandiertes, aber nichts destoweniger zuverlässiges Organ der staatlichen Gemeinschaft zu werden. 46000 „Harzer Nöller" fahren nach Amerika. Amerikanische Schwärmerei für deutsche Kanarienvögel. 46 000 Harzer Kanarienvögel sind seit dem 1. Dezem ber zu Schiff nach Amerika gefahren. Die Harzer Roller sind nämlich drüben ein sehr begehrtes Weihnachtsgeschenk. Jeder der Transporte wurde von Wärtern betreut, die von morgens bis abends beschäftigt waren, die Käfige zu reinigen, ihre Pfleglinge mit Futter und frischem Wasser zu versorgen und sie vor Zugluft zu schützen. Dank dieser Sorgfalt ist zu hoffen, daß die Sänger bei ihrer Ankunft in U. S. A. gut bei Stimme sind, wie es einem harzer Roller" zukommt.
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