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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt» erscheint -n allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. Irei Haus, bei Postbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Apsg. All- Postanstalten und Poft- »oten.unser-Austräg-ru. 4--^. -- „ . Geschäftsstelle, nehmen zu jeder Zeit Bestellungen ent, Wochenblatt fllk WllsdkUff U. UMgegeNd gegen. Im Falle höherer Gewalt, Aricgod. sonstiger Betriebsstörungen besteht «ein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto bestiegt. für Bürgertum, Beamte. Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs» Pfennige, die 3 gespaltene Rcklamczcile im textlichen Teile l RM. Nachweisungsgebühr 2» Reichspsennige. 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Mit nur sehr geringen Hoffnungen hatte vor acht Lagen, «ach Eintreffen des deutschen Außenministers in Genf, die Fünf-Mächte-Konferenz begonnen, und ihr Ver lauf war fast die ganze vergangene Woche hindurch nicht geeignet, diese Hoffnungen zu stärken; die Unvereinbarkeit des deutschen und des französischen Standpunktes schien so unüberwindbar zu sein, daß sich namentlich die Eng länder vergebens bemühten, dem französischen Minister präsidenten und feinem Kollegen und Adjutanten, Paul- Boncour, auch nur das geringste abzuhandeln. Anderer seits dürfte es aber auch zu einem recht erheblichen Druck auf den deutsches Vertreter gekommen sein, so daß es bis weilen aussah, als ob Deutschland nicht bloß außen politisch isoliert, sondern auch mit der Schuld für ein endgültiges Scheitern der Abrüstungskonferenz belastet werden würde. Man suchte und erfand Formeln und Formulierungen, zwischen denen sich nachgerad« nur die Sachverständigsten zurechtfanden, — und dock wäre vielleicht alles ein vergebliches Mühen gewesen, wenn nicht der Druck von außen her die Starrheit der Franzosen gemildert und diese zu einem Entgegenkommen veranlaßt hätte. Dieser Druck ging von der Kriegsschulden frage aus. Seit Jahren hatte man in Washington diese Kriegsschulden der ehemaligen Verbündeten und die Abrüstung in engsten Zusammenhang gebracht; würde Europa in der Abrüstungsfrage wirklich und energisch Vorgehen, dann würde Amerika in der Schuldenfrage mit sich reden lassen. Tatsächlichen Eindruck hatte allerdings diese Washingtoner Politik zwar bisher nicht gemacht, doch wurde das in dem Augenblick ganz anders, als aus der Schulden frage eine Schulden bezahluug wurde und Frankreich einsehen mußte, daß es weder eine Ein heitsfront der Schuldner zusammenbringen, noch über haupt ein Verhandeln Amerikas in der Schuldenfrage herbeiführen könnte, wenn nicht die Abrüstungskonferenz wieder in Gang gebracht wird. Und das konnte eben nur geschehen durch ein Entgegenkommen Deutschland gegen über, so daß am letzten Tage der vergangenen Woche ein Umschwung erfolgte. Noch vor anderthalb Jahren hatte Briand als französischer Außenminister ausdrücklich erklärt, und zwar in einer Note an das Generalsekretariat des Völkerbundes selbst, daß die uneingeschränkte Aufrechterhaltung des Teiles V des Versailler Friedensver trages mit ihren Entwaffnungsbestimmungen ein« selbstverständliche und unumgängliche Voraussetzung da für sei, daß Frankreich überhaupt an eine Herabsetzung seiner Rüstungen denken könne. Jetzt aber wird zum Prinzip, also zum Ausgangspunkt der kommenden Verhandlungen endlich jener Grundsatz der Völkerbund, satzung gemacht, der eine Gleichheit der Sicherheit sm alle Mitgliedsstaaten des Völkerbundes festlegt. Wenn man dies von einer anderen Seite her be trachtet, so ergibt sich aus dem Artikel 1 der Fünf-Mächte- Erklärung, daß Frankreich nicht mehr die Wahrung seiner Sicherheit allein darin erblicken darf, daß zum mindeste« der in Versailles festgelegte Abstand des deutschen vor dem französischen Rüstungsstand gewahrt bleibt. Jetzt iß der Abrüstungskonferenz nnr das eine Ziel gesetzt, di« endliche Erfüllung jenes Artikels 8 der Völkerbund satzung, der allen Staaten und nicht bloß einige« Sicherheit verschaffen bzw. Vorbehalten will. Mindestens ein dutzendmal hat die deutsche Reichs regierung in aller Öffentlichkeit erklärt, daß sie das Zu geständnis der moralischen, juristischen und effektiven Gleichberechtigung keineswegs etwa in dem Sinne benutzen wolle, um nun zu einer Auf- rüstung zu schreiten, und sie hat sich wiederholt auf den Standpunkt der englischen sogenannten Simon-Note ge stellt, daß es widersinnig wäre, Deutschland wiederum zur Teilnahme an der Abrüstungskonferenz zu gewinnen durch ein Zugeständnis der Gleichberechtigung und Sicher heit, wenn dieses eine Aufrüstung herbeiführen würde. Im Sinne der Gleichberechtigung liegt es aber nun doch auch, daß Deutschland selbstverständlich für sich jene Massen als verboten betrachtet, die bisher oder künftig auch den anderen Staaten durch die Abrüstungskonferenz verboten wurden oder werden, genau so wie wir eben grundsätzlich jetzt für uns das gleiche Maß von Sicherheit verlangen können, wie die anderen es haben oder fordern. Auf einen kurzen Satz in der Vereinbarung von Genf soll hier aber noch ganz besonders verwiesen werden: Deutschland hat in Genf nicht nur für sich selbst ge fochten, sondern auch für „die anderen durch die Verträge abgerüsteten Staaten", also für Österreich, für Ungarn und für Bulgarien, unsere früheren Bundesgenossen; was die Reichsregierung in Genf für Deutschland erreicht hat, erreichte es auch für jene anderen Staaten. Und wenn auf diese Weise die Entwaffnungs bestimmungen der Pariser „Vorort"-Diktate gelockert und dem Grundsatz nach beseitigt sein sollten, so wäre damit ein Stoß gegen das ganze „System von 1919" erfolgt. Gebt zu der Winterhilfe! Die Winterhilfe soll kommen. ilnentgeNiche AalurMiefenmgen. Der Umfang der Weihnachts- und Winterhilfe. Der Haushaltsausschuß des Reichstages beschäftigte sich zunächst mit der finanziellen Auswirkung der vom Sozialpolitischen Ausschuß einstimmig gefaßten Beschlüsse über Winterhilfemaßnahmen. Ministerialdirektor Dr. Krohn vom Reichsarbeits- ministerium führte aus, auf Grund örtlicher Verhand lungen würden für alle wichtigen Lebens- und Bedarfsmittel Preis nachlässe für den in Betracht kommenden Personenkreis erzielt. Die Rcichsregierung habe Mittel zur Durchführung der Fleischverbilligung zur Verfügung gestellt. Jeder Be rechtigte erhalte monatlich zwei Pfund verbilligtes Fleisch, Haushalte mit vier und mehr Zuschlagsempfängern be kämen das doppelte Quantum. Diese Aktion solle nur ein erster Schritt sein. Reichsfinanzminister Graf Schwerin-Krosigk betonte, daß die Entschließung des Sozialpolitischen Aus schusses durch eine Reihe von Anträgen ergänzt worden sei, Sie eine Mehrbelastung in Höhe von einigen hundert Millionen Mark ausmachten. Es sei klar, daß eine solche Mehrausgabe ohne Deckung nicht geleistet werden könne. Die von den Sozialdemokraten gemachten Deckungsvorschläge seien optimistische Schätzungen, insbesondere, soweit von der Beitreibung der rückständigen Steuern des Bergbaues ge sprochen werde. Aber die kommunistische Forderung, die Mehrkosten aus dem Wehrhaushalt zu nehmen, brauche er Wohl nicht viel zu sagen. Der nationalsozialistische Antrag, die Steuerschulden der Landwirtschaft in Naturalien zahlen zu lassen, sei schon früher erörtert worden. Versuche dieser Art, wie sie z. B. in Oldenburg gemacht worden seien, hätten aber kein befriedigendes Ergebnis gehabt. Dennoch wolle er diesen Gedanken nicht rundweg ablehnen. Die Reichsregierung kenne die große Not und sei gewillt, ihr im Rahmen des finanziell Möglichen entgegenzutreten. Vor allem gelte es jetzt aber, die Gemeinden über Wasser zu halten. Mit den 80 Millionen, die das Reich den Gemeinden jetzt zuweise, trage es bereits 85 Prozent der Wohlfahrts erwerbslosenhilfe. Wie sollten angesichts der Notwendig keit der Betreuung der Wohlfahrtserwerbslosen die Ge meinden gehindert werden, ihnen sonst noch überwiesene Mittel nicht für die Winterhilfe, sondern für die Deckung ihres Finanzbedarfs zu verwenden? Hauptsache für die Reichsregierung fei, den Erwerbslosen Arbeit zu ver schaffen. Der Minister schloß mit der Bitte an den Aus schuß, deshalb nichts zu verlangen, was die Reichsregie rung beim besten Willen nicht erfüllen könne. Weiter teilte der Reichsfinanzminister bei Erörterung der Deckungsvorfchläge für die ' Winterhilfemaßnahmen noch mit, daß vom 1. Januar 1933 ab die Benzinabgabe wieder «mf den alten Satz von 3,80 Mark erhöht werden solle. Ein Mehraufkommen ergebe sich daraus aber nicht, da diese Abgabe im Haushalt mit 13 Millionen angesetzt sei und höchstens 7 Millionen aufkommen würden. Eine Befeitigung des Spritbeimischungs zwanges würde wohl im Haushaltsjahr 1932 etwa 5 bis 6 Millionen mehr ergeben, dafür aber den Zusammen bruch der Brennereien und des Ausfalls ihrer Steuern nach sich ziehen. Nach längerer Aussprache erhielt b^i der Abstimmung die von dem Sozialpolitischen Ausschuß vorgeschlagene Entschließung über die Winterhilfeaktion eine etwas ge änderte Fassung: Die Neichsregierung wird ersucht, alsbald durch greifende Maßnahmen zu treffen, durch die den großen Massen der notleidenden Bevölkerung eine an gemessene Weihnachts- und Winterhilfe gewährt wird. Es soll dabei u. a. folgendes verwirklicht werden: Für den kommenden Winter wird für alle Arten von Empfängern öffentlicher Unterstützung und Renten eine zusätzliche Winterhilfe ge schaffen. Ihre Durchführung wird den Gemeinden Überlassen. Sie besteht in unentgeltlicher Belieferung mit solchen Naturalien, mit denen je nach den ört lichen Verhältnissen der Notlage am besten gesteuert werden kann und darf nicht zu einer Ver minderung der Geldunter st ützung führen. Vom Dezember bis April sind für jeden unterstützungsberechtigten Haushalt vier Pfund Brot, ein Pfund Fleisch wöchentlich sowie zwanzig Zentner Kohlen zu liefern. Die Mittel für die Durchführung der Winterhilfe, von der auch die Alleinstehenden nicht ausgenommen werden dürfen, stellt das Reich den Gemeinden zur Ver fügung. Sie dürfen für andere Zwecke als der Wohl fahrtspflege weder vom Reich verrechnet noch von den Gemeinden verwandt werden. Annahme fand auch der nationalsozialistische An trag, den Landwirten, dem gewerblichen Mittelstand und dem Kohlenbergbau die Möglichkeit zu geben, rückständige Steuern durch Natnrallteferungen für diese Hilfsaktion abzugelten. Eine außerdem angenommene Entschließung des Zentrums ersucht die Reichsregierung, in einem Zweimonatsprogramm in eine praktische Winterhilfe einzutreten, die neben der Sicherung der Zahlungen für die Wohlfahrtserwerbslosen in den Gemeinden und neben der Arbeitsbeschaffung besondere Maßnahmen für die Wintermonate fordert. U. a. soll die Arbeits beschaffung beschleunigt werden. Der Ausschuß richtete dann noch an den Reichs- finanzminifter die Bitte, in der nächsten Sitzung des Ausschusses am Dienstgg Mitteilungen über den Reichs haushaltsplan für 1933 zu machen. Die Einigung in Genf. Was wir in Genf erreichten. »Eine wichtige Stellung errungen -- die Schlacht noch nichtgewonnen." Von zuständiger Stelle wird zu den in Genf ge troffene« Abmachungen erklärt, daß Deutschland in der Völkerbundstadt eine wichtige Stellung errungen habe, daß aber damit die Schlacht noch nicht gewonnen sei. Wenn man sich über das in Gens Erreichte ein klares Bild machen wolle, so müsse man aus den Stand der Dinge im Juli dieses Jahres zurüügreise«. Damals sei die deutsche Gleichberechtigung nur ein Programmpunkt gewesen, eine Forderung, die noch von niemand anerkannt worden fei. In Lausanne habe sich Herriot überhaupt geweigert, über die Gleichberechti- gungsfrage zu sprechen, da es sich nicht um einen Pro grammpunkt handele. Später sei von französischer Seite geltend gemacht worden, daß erst nach Abschluß des Abrüstungsabkommens, wenn sich das Ausmaß der Abrüstung übersehen lasse, über die Gleichberechtigungsfrage gefprochen werde« könne. Auch der Herriot-Plan vom 14. November hab« noch keine wesentliche Wendung erkennen lassen. Erst di« Reden des englischenAußenministers Simo« hätten einen Stimmungsumschwung herbeigeführt. Jetzt sei unsere Gleichberechtigung von den maßgeben den Mächten anerkannt worden. Diese feststehende Tat sache sei auch für alle anderen Staaten maßgebend. Be sonders erfreut ikt man a« zuständiger Berliner Stell, darüber, daß es gelungen ist, die Gleichberechtigung sü« die früheren Verbündeten Deutschlands mitzuerkämpfen. Es wird dann erklärt, daß Deutschlands Stellung in Falle eines Scheiterns der Abrüstungskonferenz un gleich stärker sei, als sie bisher War. Die französische Sicherheitsthese sei, das müsse besonders hervorgehoben werden, in dem abgeschlossenen Abkommen nicht endgültig anerkannt worden, fondern bleibe nur ein Verhandlungsgegenstand Was die in dem Abkommen erwähnte Frage der Sicher- heit angehe, so handele es sich keineswegs um den fran zösischen Plan. Wenn die Franzosen sich der Sicher, heitsfrage nicht annehmen würden, so wurde sie jedenfalls deutscherseits in den Vordergrund gestellt werden, wen« auch unter anderen Vorzeichen. Die deutsch, Sicherheitsthese lautet: Sicherheit durch Ab rüstung. Die im Teil 3 des Abkommens enthaltene Klausel „Keine Gewaltanwendung" habe eine Form, die für Deutschland durchaus annehinbai fei. Es handele sich hier nicht etwa um eine Gegenleistung für die Gleichberechtigung, fondern dieser Passus bezieh« sich auf alle Staaten. Was die Auswirkung der Gleichberechtigung an- gehe, so sei bereits im Absatz 2 gesagt, daß die Art uni Weife der Anwendung der Gleichberechtigung in der Kon ferenz felbst erörtert werden solle. Die Anwendung werd, also auf der Konferenz ausaekämvft werde« müsse«. Ma«