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MMufferTageblatl Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Ela?t für Sürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die «gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reichs Pfennige, die «gespaltene Aeklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Borge, schricbenc E'scheinnngs- „ tage und Platzvorschrijten werden nach Möglichkert F e r tt s p r e tt) e r. Attrt Bsi l e- b r I! is dir. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bisvorm.lnubr. s^llr die Richtigkeit' der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, LLLSSL W°ch°nbl»u für Wilsdruff u. Umgegend WSLStzLr kein Ä7T7I 77 — Betriebsstörungen besteht nein Anspruch auf Lieserung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. Nr. 277 — 91. Jahrgang Teiegr.-Adr.-. .Amtsblatt" Wilsdruff-DreSden Postscheck: Dresden 2840 Sonnabend, den 26. November 1932 Den zwerwu -rer. Ses Weges vom Auftrag bis zum Bruch stellt Hüler, auch letzt wieder mit dem unbedingten Ziel der Kanzlerschaft ,m Slugc, unter den Vorschlag eines P r ä s i d i a l k a b i n e 1 t s unter seiner Führung, das sich einerseits natürlich auf das unbedingte, mittels des Artikels 48 zu betätigende Vertrauen des Reichspräsidenten stützen sollte, andererseits zwar über eine große An hängerschaft im Reichstag verfügen würde, ohne aller dings dort aber eine Mehrheit zu erreichen. .Hitler wollte damit den Gedanken der „nationalen Konzentration" ver wirklichen, die sich unter seiner Führung auf alle aufbau willigen Kräfte innerhalb und außerhalb des Parlaments stützen wollte. Dabei hätte natürlich die nationalsoziali stische Bewegung den Kern abgebeu sollen, und hieraus Krisen im Kreise. Rings um die deutsche Gleichberechtigung — Zwischen Hindenburg und Hitler — Letzter Lösungsversuch. „Mitten im Strome die Pferde zu wechseln" und sich nach einem neuen Gespann für den Staatswagcn umzu sehen ist immer bedenklich. Besonders aber dann, wenn mit diesem Wagen nicht — allzuviel Staat zu machen ist. Und noch weniger mit den auf ihm sitzenden Parteien der Staatsbürger, die ja durch den Strom ans rettende Ufer hinübcrgcbracht werden sollen. Wir Deutsche haben uns diesen bedenklichen „Luxus" des Pserdcwcchsels schon des öfteren geleistet, und zwar in der Regel dann, wenn der Strom politischen Lebens besonders reißend dahin schoß und gefährliche Trümmer und Balken mit sich führte. Seit drei Monaten gingen rund um Deutschland herum die Verhandlungen über unsere Forderung nach grundsätzlicher Gleichberechtigung und Sicherheit; heraus gekommen sind dabei zwei Abrüstungs- und Sicherheits pläne, die zwar den anderen Sicherheit verschaffen sollen, uns aber nicht, die die anderen vor einer entschiedenen Abrüstung bewahren sollen, uns aber eine unsere Sicherheit gewährleistende Rüstung ver sagen wollen. Außerdem kam noch eine Entschließung heraus: Deutschland solle doch wieder an der Abrüstungs konferenz teilnehmen, deren „vorbereitender" Ausschuß in den nächsten Wochen wieder Zusammentritt, nachdem das jetzt tagende Büro dieses Ausschusses am Ende seines Lateins augclangt ist. Man kam in Genf also zu der Ansicht, daß eine Konferenz der fünf Großmächte — ein schließlich Amerikas — vonnöten sei, um die kommende Arbeit jenes Ausschusses vorzubereiten. Zn diesem Zweck müßte nran sich aber auf der Konferenz nun wirklich ein mal einigen. Und nm dafür gewisse Aussichten zn schaffen, muß man gber durch Sonderverhandlungey zwischen den in Genf weilenden Staatsmännern der Großmächte nun diese Konferenz erst wieder gründlich vorbereiten! Deutsch land ist grundsätzlich bereit, an ihr teilzunehmen, genau so wie vor zwei. Monaten an der für London geplanten, dann nach Lausanne „verschobenen" und schließlich gär nicht zustande gekommenen Konferenz. Um aber dieses wechselvolle Spiel nicht noch einmal mitmachen zu müssen, verlangte der Reichsaußenminister von Neurath gewisse Garantien dafür, daß auf jener geplanten Konferenz der fünf Großmächte die Frage der deutschen Gleichberechti gung grundsätzlich auf bejahenden Boden gestellt wird. * Während also für Deutschland unmittelbar schädi gende Wirkungen außenpolitischer Art durch den „Wechsel der Pferde mitten im Strom" für die außenpoli tischen Interessen Deutschlands kaum entstehen dürften, sieht es auf innenpolitischem Gebiete ganz anders aus. Die ersten acht Tage der Krise standen völlig unter dem Eindruck der Verhandlungen zwischen Hinden burg und Hitler. Diese Verhandlungen endeten mit einem Bruch zwischen beiden Von Beginn dieser Verhandlungen an bis zu ihrem Schluß hat Hitler unbedingt auf das Ziel hingestrebt, Reichskanzler zu werden, und zwar als Führer der stärksten Fraktion in der Volksvertretung. Nach Ansicht des Reichspräsidenten hat Hitler zuerst geglaubt, dieses Ziel erreichen zu können durch Bildung einer Re gierung, die eine Reichstags Mehrheit besitzen würde. Festzustellen aber, ob dies letztere der Fall sein würde, war Sipn und Zweck des ihm gewordenen Auf trages. Ebenso ausdrücklich wurde vom Reichspräsidenten erklärt, daß seine bekannten „Vorbehalte" einerseits eine Selbstverständlichkeit für den Präsidenten des Deutschen Reiches als solchen sein müßten, sie andererseits für eine Mehrheitsbildnng kein Hindernis bedeuten würden, da sich alle Parteiführer Hindenburg gegenüber mit ihnen einverstanden erklärt hatten. Offiziell ist es aber nun zu E" dahingehenden Probe aufs Erempel insofern nicht gekommen, als offizielle Verhandlungen zwischen Vitter und den anderen Parteiführern nicht stattgcfunden den Versuch zu einer parlamentarischen Mehrheit Knldmm gar nicht gemacht habe. Sehr bald ließ hingegen der sichrer der Nationalsozialisten durchblicken, eines Kabinetts mit parlamentarischer Mehrheit ihm überhaupt nicht wünschenswert erscheine und erne „innere Unmöglichkeit" sein müsse, wenn gleichzeitig die Vorbehalte des Reichspräsidenten eine unbedingte Geltung haben sollten. Jie AMW abermals verlast. Kaas verhandelt mit den Rechts parteien. Die politischen Verhandlungen des Freitags zur Be hebung der Regierungskrise konzentrierten sich namentlich auf die Besprechungen, die der Führer der Zentrumspartei, Prälat Dr. Kaas, mit den verschiedenen Parteiführern hatte. Als erster erschien der Führer der Deutschen Volls partei, D r. Dingeldey, bei Dr. Kaas. Sodann hatte Dr. Kaas eine eingehende Aussprache mit dem Partei führer der Deutschnationalen, Dr. Hugenberg, in der der Standpunkt der Deutschnationalen in der Frage des Dualismus Reich—Preußen und des Parlamentarismus zum Ausdruck kann In den Mittagsstunden hatte Kaas eine Besprechung mit dem Führer der Nationalsozialisten, Hitler, im Ge bäude der Reichskanzlei. Die Besprechung dauerte etwa zwei Stunden. In politischen Kreisen wird die Aus sprache zwischen Kaas und Hitler lebhaft kommentiert. Man hält es nicht für ausgeschlossen, daß durch sie noch neue Verhandlungen über eine Mehrheitsbildung, die Hitler sür sich abgelehnt hatte, wieder in Gang gebracht werden. Prälat Dr. Kaas suchte am Freitagabend den Reichs präsidenten wieder auf, um ihm über seine Besprechungen Bericht zu erstatten. Man rechnet allgemein damit, daß spätestens am Sonnabend die Entscheidung darüber fallen wird, wer vom Reichspräsidenten an die Spitze der neuen Regierung gestellt werden wird. Auch die Bemühungen Dr. Kaas erfolglos. Amtlich wird gemeldet: „Reichspräsident von Hindenburg empfing am Freitagnachmittag um 5 Uhr den Führer des Zentrums, den Prälaten Kaas, der ihm über seine Besprechungen mit den Vorsitzenden der Nationalsozialistischen Partei, der Deutschnationalen Volkspartei, der Bayerischen Volks- Partei und der Deutschen Volkspartei über die etwa noch vorhandene» Möglichkeiten zur Bildung einer Not- un d Arbeitsmehrheil berichtete. Prälat Kaas hat in diesen Besprechungen an die Führer der Parteien in erster Linie die Frage gerichtet, ob sie ebenso wie das Zentrum sich an Beratungen über ein sachliches Not- und Arbeits programm für eine Mehrheitsregierung be teiligen würden. Diese Frage ist von dem Vorsitzenden der Bayerischen Volkspartei und der Deutschen Volks partei bejahend beantwortet worden. Der Vorsitzende der Deutschnationalen Volkspariei hat die Beteili gung an solchen Beratungen als im Widerspruch mit der Gesamthaltung seiner Partei stehend nicht zngcsagt. Der Vorsitzende der NSDAP, erklärte, an sich ent spräche die Feststellung der sachlichen - Grundlage für eine etwaige Mehrhcitsrcgierung durchaus seiner Auf fassung. Auf Grund der Erfahrungen der vergangenen Tage und auf Grund der Überzeugung, daß auch einem positiven Ergebnis dieser Beratungen seitens einfluß reicher Stellen keineFolge gegeben würde, halte er eine Beteiligung seinerseits nicht in ehrfürvertretbar. Auf Grund dieser Feststellungen bat Prälat Kaas den Herrn Reichspräsidenten, von einer weiteren Fühlung nahme mit den Parteien absehen zu dürfen. Der Herr Reichspräsident dankte dem Prälaten für seine Bemühun gen." Es ist anznnthmcn, daß der Reichspräsident nun von jedem weiteren Versuch einer parlamentarischen Mehr- hcitsbildung ab sicht, und spätestens am Sonnabend einen Mann seines Vertrauens mit der Bildung einer Prasidiakregierung beauftragen wird. leitete Hitler ja auch den Anspruch aus die Kanzlerschaft ab. In diesem Punkt stießen nun aber die Ansichten und Absichten des Reichspräsidenten auf der einen, Hitlers als des Führers der Nationalsozialisten auf der anderen Seite schon in einem frühen Stadium der Verhandlungen aufeinander, und dieser Gegensatz steigerte sich schließlich bis zum endgültigen Bruch. Denn Hindenburg hatte bereits auf die ersten Andeutungen Hitlers hin erklärt, daß er notfalls den -Gedanken des Präsidialkabinetts wieder klar in Erscheinung und Wirklichkeit treten lassen würde, daß aber in dem Wesen eines Präsidialkabinetts dieAußer-und Überparteilichkeit dessen läge, der an der Spitze eines solchen Kabinetts stehe. Daher käme Hitler als der Führer der nationalsozialistischen Partei nicht dafür in Frage. Trotz dieser klaren Stel lungnahme hat Hitler an seiner Ansicht bis zu dem Augen blick festgehalten, als er nun dem Reichspräsidenten die Antwort auf seine Beauftragung gegeben hat. Das „Nein" Hindenburgs machte dann bedingungslos diesem Teil der innenpolitischen Krise ein Ende. Sine Erklärung der DMHnationalen. Zu dem amtlichen Bericht über das V e r h a n d l u n g s e r a e b n» s von Dr. Kaas. Zu der amtlichen Veröffentlichung des Berichts, den Prälat KaaS über das Ergebnis der mit den Partei führern geführten Besprechungen an den Reichspräsidenten erstattet hat, wird von feiten der Deutschuationalen Volks partei folgendes mitgeteilt: „Über die Besprechung zwischen dem Prälaten Kaas und Dr. Hugenberg ist bereits eine Pressemitteilung erschienen, die den Verlauf der Besprechungen, soweit die Äußerungen von Dr. Hugenberg in Frage kommen, zu treffend wicdcrgibt. Soweit betanntgegeben, handelt es sich bei dem Auftrag des Prälaten Kaas um die Frage der „Möglichkeit einer Mehrheitsbildung im Reichstag". In der Unterredung mit Dr. Hugenberg war von feiten des Prälaten Kaas weder von der „Bildung einer Not- und Arbeitsgemeinschaft" des Reichstages noch von einem „Not- und Arbeitsprogramm" die Rede, sondern nur von einem sachlichen Programm für eine parla mentarische Mehrheitsregiernng. Das wäre die Wiederholung der Vorgänge von 1927 gewesen, als unter Zentrumsleitung die bekannten Richtlinien auf gestellt wurden, die damals die nationale Rechte lahm- legten. Das Spiel, das anscheinend in der Bericht erstattung des Prälaten Kaas liegt, erweckt den Eindruck, als. sollte den Dcntschnationalen für das Scheitern der Verhandlungen eine Mitschuld zugeschoben werden. Die Haltung der Deutschnationalen in der,ganzen Krisen woche zeigt klar das Ziel, in Übereinstimmung mit dem Willen des Reichspräsidenten eine starke Staats- führung auf der Grundlage einer wirklichen Zu sammenarbeit aller nationalen Kräfte zu ermöglichen." * Am das neue präsidialkabinett. In Kreisen der Parteien in Berlin hatte man den Eindruck, daß nach dem Scheitern der Versuche über die Bildung einer parlamentarischen Mehrheitsregierung ernsthaft eine Präsidialregierung in Erwägung stehe, die eine erheblich andere Zusammensetzung aufweise als die bisherige Negierung. Bei den Verhand lungen, die Prälat Kaas persönlich mit Adolf Hitler am Freitagnachmittag geführt hat, waren lediglich Reichs tagspräsident Göring und der nationalsozialistische Ab geordnete Frick zugegegen. Aus Zentrumskreisen ver lautet, daß man bei den Nationalsozialisten durch den Verlauf der Verhandlungen der letzten Tage so, verärgert und mißtrauisch geworden sei, daß eine irgendwie geartete praktische Zusammenarbeit nicht möglich schien. Im übrigen hat der Vorsitzende der Zentrumspartei Verhandlungen mit der SPD. nicht ge führt, weil sein Auftrag allein den Versuch einer Mehr heitsbildung betraf, und die SPD. bereits zu erkennen gegeben hatte, daß sie sich an einer Mehrheitsbildung nichtzu beteiligen gedenke. * Die Presse zur neuen Lage. Berlin, 26. November. Die Berliner Blätter nehmen zu der neuen Lage wieder ausführlich Stellung. Die „Germa nia" hebt hervor, die Besprechungen des Zentrumsführers hät ten gezeigt, daß auch außerhalb der Deutschnationalen Volks partei eine Mehrheitsbildung durchaus im Bereich des Mög lichen gelegen habe, wenn der Versuch einer parlamentarischen Lösung von Anfang an zielbewußt gemacht und nicht durch dir Taktik der letzten Tage verbaut worden wäre. Das Blatt hofft, daß der Reichspräsident neuen Männern die Chance geben werde, das vorhandene Mißtrauen zu mindern und um neues Vertrauen zu werben. Ein Zurück zu dem früheren Kabinett dürfe es auf keinen Fall geben. — Die „Tägliche Rundschau" stellt fest, daß es heute nur nach allem um die Person des kom menden Kanzlers gehe. Werde diese Persönlichkeit so gewählt, daß sie mehr Vertrauen im Volke finde, und werde in den nächsten Monaten sozialer regiert, dann ließe sich denken, daß auch die heutige ablehnende Haltung der NSDAP, sich mil dern könnte. Werde der bisherige Kurs fortgesetzt, so gingen wir einer gefährlichen Entwicklung entgegen. — Der „Lvkal- anzeiger" nennt noch folgende Namen, die in politischen Krei sen im Zusammenhang mit einer Neubesetzung des Kanzler postens im Präsidialkabinett genannt werden: Reichswehr minister v. Schleicher, Staatssekretär Dr. Meitzner, Dr. Eoer- deler und Außenminister v. Neurath. — Die „D.AZ." nennt außerdem noch Dr. Solf, Dr. Geßler und Dr. Bracht. — Dis „Dörsenzeitung" stellt demgegenüber fest, daß alles Kombina tionen seien, und daß bei der Kabinettsumbildung, die auf alle Fälle erforderlich werde, selbst wenn Herr von Papen betraut.