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die ganze V c r a n t w o r t u n g! Wird Hitler jetzt nicht Kanzler, dann wird er es in vier Monaten. Er kann warten." * Einigungsversuche in der nationalen Front. Wie ein Berliner Blatt meldet, seien Bemühungen im Gange, eine Annäherung zwischen National- sozialisten nnd D e u t s ch n a t i o n a l e n herbei zuführen, die nach Möglichkeit auch auf die Deutsche Volkspartei und den Stahlhelm ausgedehnt werden soll. Diese Bestrebungen sollen bezwecken, eine Basis zu suchen, von der aus ein neues P r ä s i d i a l k a b i n e t t sich auf breitere Volkskreise als bisher stützen könnte. In diesem Sinne schreibt auch ein Blatt in Essen, eine Verständigung zwischen Nationalsozialisten und Deutschnationalen sei die einzig reale Möglichkeit. Käme diese Verständigung jetzt zustande, so wäre damit eine Staatsführung auf autoritärer Grundlage erreicht, die zugleich eine Verwurzelung im Volk hätte. Die Kölnische Volkszeitung über die Lage Köln, 32. November. Die „Kölnische Volkszeitung" schreibt in ihrem Berliner Leitartikel zur Lage u. a.: Die Ent wickelung habe sich auf einen gefährlichen Punkt zugespitzt, und das alles trotz der starken Kräfte, die am.Werke seien, um Hitler den Weg zur Regierung zu ebnen. Die Nationalsozia listen arbeiteten denen in die Hände, die von vornherein keine Aenderung in den Regierungsmethoden wünschten und des halb alles daran gesetzt hätten, die Bemühungen auf Schaf fung einer volksverbundenen Regierung zu durchkreuzen. So wenig die Taktik der Nationalsozialisten zu verstehen sei, müsse man doch feststellen, daß man ihnen die Aufgabe, sich ver trauensvoll an der Regierung zu beteiligen, nicht leicht gemacht habe. Das dunkle Kapitel der unterirdischen Kräfte, die mit Erfolg an der Sabotage einer Regierung der nationalen Konzentration arbeiteten, müsse noch geschrieben werden. Die Denkschrift Hitlers. Berlin, 33. November. Die Denkschrift, die Adolf Hitler am Mittwoch dem Reichspräsidenten überreichen lassen wird, ist, wie die „D.A.Z." berichtet, am Dienstag abend von einer Kommission, an der Strasser, Frick und Goebbels maßgebend beteiligt waren, entworfen und noch in der Nacht Hitler vorgelegt worden, der abends der Meistersinger-Auf führung in der Staatsoper beiwohnte. Wie die „D.A.Z." wei ter erfährt, werde die Forderung nach dem Präsidialkabinett den zweiten Teil der Denkschrit ausfüllen. Hierfür werden po sitive Vorschläge gemacht werden, die eor allem davon aus gingen, daß die Nationalsozialisten eine autoritäre Regierung stets für notwendig gehalten hätten und sich nun auch prak tisch für eine solche Lösung zur Verfügung stellen wollten. — Die „Börsenzeitung" glaubt, daß der Führer der NSDAP, trotz berechtigter Zweifel an der Durchführbarkeit des Ver suches einer parlamentarischen Lösung gut tun würde, wenn er den Versuch wagen und Verhandlungen mit anderen Par teien im Sinne des Auftrages Hindenburgs einleiten würde. Schon deshalb, damit seine Bedenken wegen der praktischen Durchführbarkeit der parlamentarischen Lösungen eventuell be stätigt würden Erst in de« Nachmittagsstundsn Berlin. Hitlers Stellungnahme auf das gestrige Schrei ben des Staatssekretärs Dr. Meißner ist, wie von zuständiger naüonal'Malistischer Seite mitgeteilt wird, erst für die frühen Pachmillagsstunden zu erwarten. Die letzte Entscheidung über Hitlers Stellungnahme ist noch nicht gefallen. Es wird noch in der Leitung der NSDAP, darüber beraten. Grundsätzlich dürf te aber schon soviel festslehen, daß Hiller auch jetzt den Auf trag des Reichspräsidenten nicht direkt ablehnen, sondern daß er erst feststellen will, daß Hindenburgs Austrag in der erteil ten Form nicht durchführbar ist. Wahrscheilich werden dann noch Gegenvorschläge gemacht werden, die aber dem Sinne nach wieder darauf hinauslaufen dürften, daß Hitler mit der Bildung eines Präsidialkabinettes beauftragt werden will, was jedoch nach dem bekannten Standpunkte des Reichspräsidenten nicht möglich ist. Die Entscheidung dürfte also Hindenburg zu- ge'chvben werden, Ler sich voraussichtlich durch die Antwort Hitlers veranlaßt sehen dürte, sestzustellen, daß Hitler die Durchführung des ihm vom Reichspräsidenten erteilten Auf trages für unmöglich erklärt und damit den Auftrag ablehnt. Ad. Hitler'bezeichnet die Bildung einer parlamen tarischen Mehrheitsregie- rung für unmöglich. Berlin. Die Antwort Adolf Hitlers an Staatssekretär Meißner wird, wie nunmehr feststeht, gegen 3 Uhr im Büro des Reichspräsidenten übergeben werden. Sie wird darauf Hin weisen, daß die Bildung einer parlamentarischen Regierung nach Auffassung des Führers der NSDAP, unmöglich ist und daß es auch überhaupt nicht erwünscht ist, den parteipolitischen Boden wieder zu betreten, nachdem man ihn glücklicherweise einmal verlassen hätte. Die Antwort bedeutet also dem Sinne nach, eine Ablehnung des Auftrages Hindenburgs an Adolf Hitler zur Bildung einer parlamentarischen Mehrheits regierung. Adolf Hitler wird sich aber in seinem Schreiben für eine präsidiale Lösung der Krise in weitestem Umfange zur Ver fügung stellen. Jedenfalls wird durch diese Antwort nach na tionalsozialistischer Auffassung die Tür zu weiteren Verhand lungen nicht zugeworfen. Man glaubt, daß die Verhandlungen die jetzt aus parlamentarischer Grundlage sich als unmöglich erwiesen hätten, auf der Grundlage der Bildung eines Präfi- dialkabinetts durchaus möglich sind und auch bald in Gang kommen dürften. WeMg Sher die LegMWrage. Mailand, 23. November. Arturo Farinacci, der erste faschistische Parteisekretär, hatte mit Alfred Rosenberg, dem Chrefredakteur des Völkischen Beobachters in Rom eine Unter redung, die am Dienstag in Farinaccis Blatt II Regime Fas- cista wiedergegeben wird. Farinacci erklärte Rosenberg, daß man unter den revolutionären italienischen Faschisten für bas Zögern der Hitlerbewegung und ihre Weigerung, selbst in dem Augenblick, atz auch parlamentarisch eine Mehrheit für sie vor handen gewesen sei, resolut zuzugreifen, absolut kein Verständ nis aufbringen könne. Hitler habe offenbar eine historische Stunde ungenützt gelassen. Demgegenüber wies Rosenberg dar auf hin, daß ein brüskes Vorgehen der Hitlerbewegung nicht nur in Deutschland höchst gefährliche Erschütterungen schaffen würde. Hitler sei zu klug, sein Vaterland in Abenteuer zu stür zen. Die deutsche Innenpolitik sei immer noch von der Außen politik gebremst und kontrolliert. Außerdem beständen ganz be sondere Beziehungen zwischen der Hitlerbewegung und der Regierung Hindenburg. Es handele, sich im Grunde nicht um zwei entgegengesetzte und feindliche Richtungen. Wie die Na tionalsozialisten sei auch Hindenburg von heißer Liebe zu dem Vaterland und von dem ernstlichen Willen beseelt, die deutsche Nation in ihrer Größe wieder aufzurichten. Deutschland aber sei auch kein guter Boden für revolutionäre Bewegungen. Auf eine weitere Frage Farinaccis, die sich auf das Ausdehnungs- bedürfnis beider Vöker bezog, und eine Anspielung auf Süd tirol enthielt, so habe er den Erklärungen Hitlers nichts hinzu zufügen, der das Mißfallen gewisser irredentistischer österreichi scher Kreise auf sich gezogen habe, indem er versicherte, daß das Problem der deutschen Minderheiten in Italien keine un übersteigbare Präjudizialfrage im Hinblick auf das Problem einer politisch-wirtschaftlichen Annäherung zwischen der ita lienischen und deutschen Rasse sei. Auf die Anschlußfrage über gehend, bemerkte Rosenberg, daß ihm die in dieser Frage zu Tage getretene ablehnende Haltung Italiens nicht verständlich sei. Italien würde nichts verlieren, aber gewinnnen, zumal man doch auf diese Weise den Einfluß Frankreichs im Südosten Europas etwas ausschalten könne. Der Anschluß Oesterreichs an Deutschland würde grundsätzlich beim Nationalsozialismus kein Hindernis finden. Paris muß Karbe bekennen! Dle Gleichberechtigungsverhandlungen in Genf. — Neue Unterredung Neurath-Simon. Reichsaußenminister Freiherr von Neurath hatte in Genf erneut eine Unteredung mit dem englischen Außenminister Simon, in der Neurath wiederum mit großem Nachdruck den grundsätzlichen deutschen Stand punkt in der Gleichberechtigungsfrage dSr- gelegt hat, während Simon den deutschen Außenminister über seine Besprechungen mit den Vertretern Frankreichs und der Vereinigten Staaten unterrichtete. Sowohl auf deutscher wie auch auf amerikanischer und italienischer Seite betont man, daß die Verhandlungen in Genf zunächst auf der Grundlage desenglischenVor- schlages weiter fortgesetzt werden müssen. Die Haupt frage, die Stellungnahme Frankreichs, bleibt jedoch vorläufig offen. Äuf deutscher Seite erklärt man, daß die französische Regierung nunmehr eindeutig und klar zu der deutschen Gleichberechtigungsforderung Stellung nehmen müsse und daß von dieser Stellungnahme der Ausgang der Verhandlungen abhängig sei. Neurath hat Simon die Gleichberechtigungssvrderung gestellt. Von zuständiger deutscher Stelle wird zu der Unter redung zwischen Neurath und Simon in Genf festgestellt, daß hierbei die deutsche Gleichberechtigungsforderung klar und eindeutig gestellt und daß selbstverständlich der deutsche Vertreter in keinem Punkte von dieser Forderung ab gewichen sei. Jedoch biete nach deutscher Auffassung der englische Plan gewisse Möglichkeiten für weitere Verhandlungen, wenn auch in zahlreichen Punkten eine Klärung des eng lischen Planes unerläßlich sei. Neurath wird weiter Verhaudlungeu mit Henderson und Aloisi führen. Für eine optimistische Beurteilung der Lage liegt nach deutscher Auffassung keine Veranlassung vor, da der weitere Gang der Verhandlungen von der ungeklärten Haltung der französischen Regierung in her Gleichberechtigungssrage abhängt. Herriots Reise nach Genf auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Reise Herriots nach Genf, die ursprünglich auf den 23. November festgesetzt war, ist aus unbestimmte Zeit verschoben worden. Herriot hält seine Anwesenheit in Gens im Augenblick für unnötig, da die Arbeiten der Abrüstungskonferenz kaum vor dem 28. November be ginnen würden. Auch die Verhinderung MacDonalds, sich nach Genf zu begeben, soll bei dem Entschluß Herriots eine gewisse Nolle gespielt haben. Der ArbeiismarkL im Mich. Steigerung der Arbeitslosenzahl um 1 56 060. Amtlich wird mitgeteilt: Der Eintritt winterlichen Wetters führte, wie regelmäßig um diese Jahreszeit, in der ersten Hälfte des November zu einem Anwachsen der Arbeitslosigkeit. Am 15. November waren bei den Arbeitsämtern 5 265 000 Arbeitslose gemeldet. Die jahres zeitliche Verschlechterung, die bisher im Gegensatz zu den Vorjahren noch aufgchalten werden konnte, ist, wie zu er warten war, jetzt zum Durchbruch gekommen. Wenn die Zahl der Arbeitslosen in der ersten Hälfte November des Jahres 1931 um 220 000 und noch ein Jahr früher um 230 000 gestiegen war, so kamen darin u. a. auch die starken Tendenzen konjunkturellen Rück gangs vor einem Jahr und der hohe Anteil an Arbeits losmeldungen aus den Saisonberufen vor zwei Jahren zum Ausdruck. Die diesjährige Steigerung um 156 000 läßt den Schluß zu, daß im wesentlichen jahreszeit liche Ursachen wirksam gewesen sind. In der Arbeitslosenversicherung konnte sich der Zu gang an Arbeitslosen erst in geringem Umfange bemerkbar machen, da ein Teil von ihnen vor Beginn des Unter stützungsbezuges noch eine Wartezeit durchmachen muß. Die Zahl der Hauptunter st ützungs- cmpfänger war daher mit 592000 nur um 10O00 höher als Anfang des Monats. In der Krisenfür sorge ist die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger noch um 13 000 auf 1 126 000 zurückgegangen. Dieser Rück gang beruht nicht zuletzt auf Aussteuerungen, die jedoch durch Beschluß der Retchsregierung vom 28. No vember ab für den Rest des Winters ausgeschlossen sind. Über die im freiwilligen Arbeitsdienst beschäftigten A r b e i t s d i e n st w i l l i g e n, die in der Gesamtzahl der Arbeitslosen enthalten sind, wird Mitte des Monats keine zahlenmäßige Feststellung getroffen, doch dürfte der Ende Oktober erreichte Stand von einer Viertelmillion nicht unterschritten worden sein. In Notstands arbeiten waren Mitte November wie bisher annähernd 90 000 Arbeitslose beschäftigt. Freiwilliger Arbeitsdienst sür weibliche Lugend. Die Richtlinien des Reichskommissars- Der Reichskommissar für den Freiwilligen Arbeits dienst hat jetzt Richtlinien für die Durchführung des Frei willigen Arbeitsdienstes der weiblichen Jugend herausgegeben. In dem Erlaß heißt es, daß auch von der weiblichen Jugend im Freiwilligen Arbeitsdienst eine ernste Arbeitsleistung gefordert werden müsse. Als Auf gabenkreis wird vor allem das Erhalten und Pflegen von Sachgütern, das Umwandeln alter Gegenstände für neuen Gebrauch und hauswirtschaftliche Leistungen für Dienstwillige oder Notleidende bezeichnet. Um das Ziel der körperlichen und geistig-sittlichen Ertüchtigung zu er reichen, sollen Fortbildung und Feierstunden, Leseabende und Aussprache, Spiel und Gesang, Turnen nnd Wandern planmäßig abwechseln. Auch an die Errichtung von Arbeitslagern ist gedacht. Als Beispiel für die Praxis führt der Erlaß aus, daß zum Beispiel für mehrere benachbarte geschlossene männliche Arbeitslager dienst willige Mädchen in einem Werkheim in leicht erreichbarer Nähe der Lager untergebracht werden, um für die In standsetzung von Wäsche und Kleidung der dienstwilligen Männer zri sorgen. *444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444^ j Hus unserer Keimst 444444*44444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444« Wilsdruff, am 23. November 1932. Merkblatt sür den 24. November. Sonnenaufgang 7»- I Mondausgang 2" Sonnenuntergang 16°' j Monduntergang E 1632: Der Philosoph Baruch Spinoza geb. Kber Mutterliebe keine Liebe! Ein altes deutsches Sprichwo.rt ist das: mit schlichten Worten sagt es, daß es keine Liebe gebe, die größer wäre als die Liebe einer Mutter zu ihrem Kinde. Und nun halte man sich dies vor Augen: Eine in engen Verhältnissen lebende Mutter will ihr Leben verbessern, will sich auch einmal in schönen Gewändern zeigen können, und Weitz, um dieses Ziel zu erreichen, keinen anderen Weg, als das Leben ihres hilflosen, kaum sechs Jahre alten Kindes hoch zu versichern und sich dann durch ein Verbrechen des Kindes zu entledigen, um in den Genuß der Versicherung treten zu können. Mehrere Versuche macht sie, um das unglückliche Kind loszuwerden: sie läßt es Stecknadeln ver schlucken, wirft es zur Nachtzeit ein paarmal ins Wasser und wirft es, als das alles nicht zum erwünschten Ziele führt, zuletzt von einem hohen Brückengeländer aus auf einen Eisenbahuschicnenstrang, wo das Kind mit halb zerschmetterten Gliedern und bewußtlos aufgefunden Wird. Eine Greuelgeschichte wäre dies? Eine Märchen geschichte von einer bösen Stiefmutter, die uns nur Angst und Grauen einjagen soll? O nein, leider nein! Es ist eine buchstäblich wahre Geschichte, die vor einigen Tagen in Berlin geschehen ist, und von der wir alle gehört oder gelesen haben. Und es geht hier nicht um eine „böse Stiefmutter", sondern um des Kindes richtige Mutter. Und noch immer gibt es das Sprichwort, das Wahrwort: Uber Mutterliebe keine Liebe! Wir können uns ja tatsächlich keine menschliche Liebe denken, die mehr wäre, die höher im Werte stünde als Mutterliebe. Dichter haben von ihr gesungen, Dichter aller Zeiten und aller Zungen, Künstler haben sie in rührenden Bildern und Bildwerken dargestellt, und es gibt wohl kein Volk auf der ganzen weiten Welt, das ihrer nicht in schönen Worten gedächte: „Unter allen Regungen des Herzens erkaltet einzig Mutterliebe nie, sondern geleitet uns mit immer gleicher Wärme bis ans Grab", heißt ein Wort, und solcher Worte über Mutter liebe gibt es viele, gibt es Hunderte. Und was solche Worte sagen, ist nicht leichtsinnig hingeschrieben, sondern ist nur Ausdruck alles dessen, was wir wirklich über die Liebe der Mutter zu ihrem Kinde denken und fühlen. Und wir denken so im allgemeinen, daß kein menschliches Wesen so entartet, so vertiert sein könne, daß es nicht eine fromme Scheu vor dem Worte Mutter empfände. Und finden nun trauernden Herzens und aufs tiefste erschüttert, daß es eine Mutter gibt, die auf die grausamste Weise ihr Kind beseitigen will, um in Putz und Flitter einhergehen zu können. Und hoffen und wünschen, daß es wirklich nur diese eine entartete Mutter gegeben haben möge, weil sonst unser inniger Glaube an die Mutterliebe, die mehr ist als jede andere Liebe, für immer dahin wäre! Betller-Eutscheine. Eine in anderen Orten bereits erprobte und als sehr lobenswert empfundene Einrichtung hat nunmehr auch die hiesige Geschäftswelt eingeführt: Bettler-Gutscheine. Sie lauten über einen Reichspfennig und können bis 31. Dez. 1934 in den Geschäften von Wilsdruff, Blankenstein, Höhn dorf, Kaufbach, Sachsdorf, Schmiedewalde, Klipphaufen, Tan neberg, Kleinfchonberg, Röhrsdorf, Unkersdorf, Limbach, Sora, Taubenheim, SeeligstaLt und Helbigsdorf in Zahlung gegeben werden. Das bedeutet, daß das hier und in der Umgebung zu sammengefochtene Geld, soweit es eben in Gutscheinen gegeben wurde, im Bezirke bleibt und hier in Maren umgesetzt werden muß. Dann kann es nicht mehr Vorkommen, daß zwei musika lisch befähigte Kerlchen Freitags und Sonnabends die hiesige Gegend abkloppen und am Sonntage mit ihren Püppchen eine Vergnügungsreise machen. Diese unsauberen Elemente bleiben unserer Stadt und seiner Umgebung dann fern, und den ande ren wirklich Bedürftigten ist mit Gutscheinen geholfen, für die sie in den Geschäften Lebensmittel und alles andere haben kön nen. Es bleibt freilich nur eine halbe Maßnahme, wenn sich nicht alle die, die heute noch einem Bettler Geld geben, an der Ausgabe dieser Gutscheine beteiligen. Weil sie nur aus einen Pfennig lauten, ist niemand gezwungen, nur einen zu geben, es können auch zwei oder fünf sein. Eine weitere Folge davon wird sein, daß das überhand genommene Bettelwesen in nor male Bahnen geleitet wird. Die Berufsfechter werden in Zu kunft einen großen Bogen um Wilsdruff machen, wenn es un möglich ist, Pinke-Pinke mit fortzunehmen. Bisher machten sie