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MsdmfferTaMblatl Nr. 272 — 91. Jahrgang Wilsdruff-DreSden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 21. November 1932 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8xefs olirr, 2 orn^eilk S pjs., die ^gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V S eictis- ,2. - ro ^S^paltene Deklamezeile im tertlichen Teile 1 RMK. Stachweifungsgebühr 20 Neichspfennige. Dor» Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 -nnahmeblSvoim.IVUHr. — - Mr di- Richtigdei, d-> durch Fernruf übermiileliei^ Anz-Itzr» übcrn. wir Kerne v aranur. Jeder ^adallan,pruch «rliicht, wenn der B-Iron d-red Klage eingczogen werden mich oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. frei Haus, bei Postdestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanstalten, Post» Ln^S Wochenblatt für Wilsdruff ».Umgegend Falle höherer Gewalt, ' Krieg oder sonstiger Be- riebrstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezu;srreifer. — Rücksendung eingelandter Schriftstücke erioipi nur. wenn Porto beiliegt. politischer Brückenbau. In der Wilhelmstraße, am Palais des Reichskanzlers, wo zur Zeit auch der Reichspräsident wohnt, drängten sich die Menschen in dichten Scharen. Man wartete und hoffte darauf, irgendeinen jener Männer zu sehen, mit denen Hindenburg die Weiterentwicklung d« sich überhastenden innenpolitischen Geschehnisse besprechen wollte. Man mußte warten, — denn zweckmäßigerweise war vom Reichspräsidenten verfügt worden, daß diese Be sprechungen möglichst fern vom Beifall oder von der Kritik Politisch interessierter Zuschauermassen vor sich gehen sollen. In der Stille des Verhandlungszimmers soll nur die sachliche Erwägung von Tatsächlichem und von Not wendigkeiten sprechen dürfen, nicht aber Wünsche utopischer Art. Von den Parteiführern selbst wollte Hindenburg hören, ob und wieweit sie das in Durchführung begriffene politische und wirtschaftliche Programm unterstützen wollen. Und es bedeutete nur eine äußere Dokumentie rung des Wunsches nach einer von außen her möglichst unbeeinflußten Behandlung der innenpolitischen Pro bleme, wenn Hindenburg der Notverordnung zur Siche rung des inneren Friedens die Geltungsdauer bis zum 2. Januar nächsten Jahres verlängerte- Zum zweitenmal hat Hitler als Führer der größten deutschen Partei vor dem Reichspräsi denten gestanden, nachdem er dreieinhalb Monate früher als der eigentliche Sieger des 31. Juli zu Hinden burg geladen worden war. Damals schieden die beiden Männer in kaum verhülltem Bruch voneinander, und daran schlossen sich die bekannten scharfen Auseinander setzungen zwischen der Negierung Papen einerseits, der nationalsozialistischen Führung andererseits. Bis sich alles auf die dramatischen Ereignisse der Reichstagssitzung vom 12. September zuspitzte, es zur offenen Kriegs erklärung zwischen Regierung und Neichstagsmehr- heit kam! Jetzt stand Hitler wieder vor dem Reichs präsidenten. Inzwischen hat der 6. November gezeigt, daß das Ziel der nationalsozialistischen Bewegung, die Mehrheit des deutschen Volkes zu gewinnen, Nicht verwirk licht worden ist. Hitler verlor zwei Millionen, die ihm am 31. Juli die Stimme gegeben hatten. Trotzdem nimmt die Fraktion der Nationalsozialisten immer noch e i n Drittel der Reichstagssitze ein, und ist damit die stärkste Partei im Reichstag. Hindenburgs Besprechungen mit den Parteiführern sollen den Versuch darstellen, die Kluft zu überbrücken, die während der letzten drei Monate zwischen dem Präsidial kabinett und der Reichstagsmehrheit — und damit dem in diesen Parteien sich zusammenschließenden Volksteil — immer breiter ausgetan hatte. Der „Brückenbau", wenn man dies so nennen darf, mnß nun aber von einer Reichs- tagsmehrheit aus versucht werden, da sich die daran be teiligten Parteien ausdrücklich oder stillschweigend darüber einig sind, den Gedanken des Präsidial kabinetts zu erhalten. Denn jede der einzelnen Parteien dürfte sich darüber klar sein, daß die Staats aufgaben der Gegenwart und näheren Zukunft gigantisch sind und die Staatsführung daher eine Zusammen fassung der politischen Kräfte braucht. Aber diese Konzentrierung ist gerade die Aufgabe, die der Reichsvräsident den Parteiführern gestellt hat, eine Zu sammenfassung auf dem Boden der nationalen Notwendig keiten, des sachlich und politisch geradezu Zwangsläufigen. Hindenburg jedenfalls macht den ehrlich gemeinten und ohne Rücksicht auf das „Persönliche" abgestellten Versuch, eine Lösung zu finden, die die Reichstagsmehrheit und eine künftige Reichsregierung zusammenbringen soll. Ob die mit der Aufgabe des politischen „Brückenbaus" be trauten Parteiführer zu einem Ergebnis kommen werden, das den Absichten des Reichspräsidenten entspricht, wird Hindenburg selbst erst entscheiden, wenn ihm dieses Ergebnis vorgelegt worden ist. Nur auf das Sachliche des Inhalts kommt es dabei an, nur darauf, daß eine un verkennbare politische Linie für die Staatsführung ge sunden wird. Hindenburg hat bisher nicht eine bestimmte Persönlichkeit damit beauftragt, diese Linie selbst zu ziehen und dann die Parteien auf dieser Linie znsammen- zubringen. Trotzdem sind sich die Parteiführer genau so wie alle Welt klar darüber, daß sie den Auftrag erhalten und nun den Versuch zu einer Konzentration der politischen Kräfte zn machen haben allein auf der Linie, deren Ausgangspunkt Hindenburg als des Reiches und des deutschen Volkes Präsident festgelegt hat. Braun will im preußischen Landtag sprechen. Das geschäftsführendc preußische Staatsministcrium beschäftigte sich mit der letzten Notverordnung des Reichs präsidenten. Als Ergebnis der Besprechungen wird eine amtliche Verlautbarung herausgegeben, in der es heißt: „Die preußische Staatsregiernng stellte einstimmig fest, daß die auf Antrag der Reichsrcgiernng erlassene Verordnung auf Grund von Artikel 48 Abs. 2 der Reichsvcrfassnng dem Wortlaut und Geist der Entscheidung des Staalsgcrichts- hofs nicht entspricht. Ministerpräsident Dr. Braun wird in der nächsten Vollsitzung des Landtages am Donnerstag, den 24. November, zu der dadurch geschaffenen Sachlage Stelluss nehmen." W Kein Auftrag Hindenburgs. Hitler erneut beim Reichspräsidenten. Unter vier Augen. über den Empfang Hitlers bei Hindenburg werden im übrigen noch folgende Einzelheiten bekannt: Bevor der Führer der Nationalsozialisten beim Reichs präsidenten erschien, hatte Reichstagspräsident Göring eine Unterredung mit dem Staatssekretär des Reichs präsidenten Dr. Meißner, die etwa eine Viertelstunde dauerte. Bei dem Empfang Hitlers bei Hindenburg war diesmal niemand zugegen. Erst in der letzten Stunde des Empfanges wurde Staatssekretär Meißner hinzngezogen. Die Herren, die Hitler zu dem Reichs präsidenten begleitet hatten, hatten während des ganzen Empfangs im Vorzimmer Platz genommen, ohne daß sie selbst zur Unterredung hinzugezogen wurden. Hitler war sowohl beim Betreten des Reichspräsidentenpalais wie auch bei seiner Abfahrt Gegenstand begeisterter Kundgebungen seiner Anhänger, die sich in großer Zahl vor dem Präsidentenpalais und vor dem Hotel „Kaiserhof" angesammelt hatten, wo Hitler während der Zeit seines Berliner Aufenthaltes Wohnung genommen hat. Im Zusammenhang mit dem Empfang Hitlers durch den Reichspräsidenten waren in Berlin bereits Gerüchte verbreitet, wonäk* auf Grund einer Unterredung zwischen dem General v. Schleicher und Hitler dieser bereit sein würde, zugunsten Schleichers auf das Kanzler amt zu verzichten. Diese Gerüchte entsprechen nicht den Tatsachen. Sie sind vielleicht darauf zurückzuführen, daß Hitler mit dem Reichswehrminister am Freitagabend eine längere Unterredung hatte, über deren Ergebnis jedoch nichts bekanntgeworden ist. In politischen Kreisen soll man übrigens einigen Optimismus an den Tag legen, daß es nicht ausgeschlossen erscheint, daß in absehbarer Zeit eine Regierung der nationalen Konzentration Zustandekommen wird. Wer diese Regierung führen wird, steht allerdings noch nicht fest. * Noch kein Auftrag Hindenburgs. Hitlers Fühlungnahme mit den anderen Parteiführern. Nachdem als letzter Staatsrat Schäffer für die Bayerische Volkspartei vom Reichspräsidenten v. Hindenburg empfangen wurde, muß festgestellt werden, daß der Reichspräsident einen Auftrag zu Verhand lungen an niemand gegeben, sondern den jeweils empfangenen Parteiführern gegenüber dem Sinne nach die Erwartung zum Ausdruck gebracht hat, daß sie sich nun mit den Führern der anderen Parteien über den Gedanken der nationalen Konzentration unterhalten wer den. Diese Erwartung hat der Reichspräsident auch Adolf Hitler gegenüber ausgesprochen und zu ver stehen gegeben, daß die Fühlungnahme Hitlers mit den anderen Parteiführern wohl inzwischen erfolgt sein werde, wenn die neue in Aussicht genommene Unterredung des Reichspräsidenten mit Hitler stattfinde. Aus der Sach lage heraus, daß demnach der Reichspräsident von der Bestellung eines Verhandlungsführers abgesehen hat, ergibt sich, daß die Initiative von feiten einer der Parteien erfolgen muß. * Adolf Hitler auf dem Wege zu Hindenburg. Der Führer der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter partei, Adolf Hitler (Mitte), verläßt mit Haupt mann Göring (links) und Alfred Ros nberg (rechts) das Hotel „Kaiserhof", um sich zum Reichs präsidenten zu begeben. AM Aussprache zwischen Hindenburg und Hitler. Reichspräsident von Hindenburg wird den Führer der NSDAP., Adolf Hitler, am Montag zu einer neuen Aussprache über die politische Lage empfangen. In Berlin haben am Sonntag verschiedene z w i s chenparteiltche Besprechungen über die innen politische Lage stattgesunden, die aber bisher noch keinerlei Ergebnisse gezeitigt haben. Wenn auch weder vom Zen trum noch von der NSDAP, offizielle Mitteilungen vor liegen, fo steht es doch fest, daß von nationalsozia listischer Seite aus versucht wurde, mit führenden Mitgliedern verschiedener Parteien, insbesondere des Zentrums, in Fühlung zu kommen. Diese Unterhand lungen sind zunächst von dem Abg. Göring in seiner Eigen schaft als noch amtierender Reichstagspräsident geführt worden. Auch mit den D e u t s ch n a t i o n a l en hat die NSDAP. Verhandlungen einzuleiten gesucht Göring hatte Dr. Hugenberg durch einen Mittelsmann zu sich bitten lassen. Der deutschnationale Führer ließ daraus mitteilen, daß er Adolf Hitler zu Besprechungen zur Ver fügung stehe, der Aufforderung Görings könne er jedoch nach den Vorgängen der letzten Wochen nicht entsprechen. Es fanden daher am Sonntag keine Besprechungen zwischen der DNVP. und der NSDAP, statt. * Hindenburgs Frage an Adolf Hitler. Berlin. Adolf Hitler hat sich zur Fortsetzung der Aus sprache über die Regierungsbildung heute vormittag 1V.30 Uhr zum Reichspräsidenten begeben. Die Unterredung war bereits 10.45 Uhr, beendet, hat also nur eine Viertelstunde gedauert. Berlin. Der Reichspräsident hat an Adolf Hitler die Ansrage gerichtet, ob er in der Lage sei, ein Kabinett mit par lamentarischer Mehrheit und festem Programm zu bilden. Adolf Hitler hat sich die Antwort bis heute nachmittag Vor behalten. * Die amtliche Mitteilung. Berlin. Amtlich wird mitgeteilt: Nachdem der Führer der NSDAP, dem Herrn Reichspräsidenten mit aller Be stimmtheit erklärt hatte, daß seine Partei nur in einer von ihm geführten Regierung Mitarbeiten könne, hat der Reichs präsident Herrn Hitler als dem Führer der stärksten Partei des Reichstages ersucht, festzustellen, ob und unter welchen Be dingungen eine von ihm geführte Regierung eine sichere arbeits fähige Mehrheit nktt einheitlichem Arbeitsprogramm im Reichs tag finden würde. Hitler erklärte, seine Antwort auf dieses Er suchen dem Reichspräsidenten heute nachmittag schriftlich zu überreichen. DynManWg auf Herriot. Die Explosion erfolgte jedoch vorzeitig. Auf den Zug, mit dem der französisch eMini- sterpräsident Paris verlassen hatte, um sich nach Nantes zu begeben, wurde am Sonntag früh ein Dyna - mitanschlag verübt. Unbekannte Täter hatten etwa 50 Kilometer vor Nantes unter die Schienen eine starke Dyuamitpatrone gelegt, die in dem Augenblick explodieren sollte, in dem der Zug die Strecke passierte. Die Explosion ereignete sich jedoch aus bisher noch nicht sestgestellten Gründen bereits eine Stunde vor dem Eintreffen des Zuges, so daß ei« unübersehbares Unglück vermieden werden konnte. Am Sonntag wurden die Bewohner der in der Nähe des Schienenstranges liegenden Häuser durch eine furcht- bare Explosion wachgemacht und stellten fest, daß die Schienen auf mehrere Meter aufgerissen waren. Nachdem die nächste Bahnhofswache unterrichtet worden war, konnte auch der Lokomotivführrr des Zuges, in dem der Ministerpräsident Platz genonnu»: hatte, recht zeitig benachrichtigt werden. Von dem Tät»r kehlt bishe noch jede Spur. * Die Deutschen sind natürlich schuld! Unerhörte Anschuldigungen Herriots im OnftrruMSuhang mtt dem Dunamitonschlna Im Zusammenhang mit dem Dvnamitanscvlag ans den Zug des französischen Ministerpräsidenten gab Herriot bei seiner Ankunft in Nantes Pressevertretern runge