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MsdmfferTageblatt Donnerstag, den 27. Oktober 1932 Nr. 253 — 91. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts. gertchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das Wilsdruffer Tageblatt" ericheini -u -Nen Werktagen nachmittags 5 Udr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. re, Haus, bei Poftbestellung 1,80 RM. zu Lglich Bestellgeld. Einzelnummern to Apfg. Alle Postanstallen, Post- «^-"-^Mjed''«'^-i^Be. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend K-lle höherer «-wall, - ——2-2 Krieg "oder sonstig-- B-- »i-b-störung-n besteht kein Anspruch auf Lt-jerung der Geltung oder Kürzung des Dezugspreijes. — Rücksendung -ingei-ndler Echrifistück« ersolgi NU,, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. 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Wenn sogar der General Nöller, der einstmals Vorsitzender der interalliierten Kontrollkommission in Berlin und dann 1924 Kriegsminister Herriots gewesen war, soeben erklärte: „Ich glaube deshalb, daß sür die unmittelbare Gegenwart jede Beunruhigung in Frankreich überflüssig ist", — dann sollte das eigentlich genügen, um dem ständigen „Unsicherheits"gerede der französischen Politiker ein Ende zu machen. Aber in der Sonderkom mission, die mit der Ausarbeitung des neuen fran zösischen „S i ch e r h e i t s" p l a n e s beauftragt war, sollen die Meinungen der Politiker und der Gene räle recht heftig aufeinandergeplatzt sein, weil Herriot und seine Minister irgendwie mit ihrem Plan Anschluß an die Abrüstungsvorschläge Hoovers finden wollten. Der Grundgedanke dieses Planes des amerikanischen Präsi denten ist ja der, daß jedem Lande nur eine solche mili tärische Rüstung bleiben sollte, die ausreichend wäre, um die Verteidigung durchzuführen. Herriot will mit aller Gewalt in feinem jetzt fertiggestellten „Sicherheits"plan vor allem den Anschein vermeiden, als beabsichtige Frank reich eine Sabotage der Abrüstung, während seine Mili tärs mit aller Energie jedes Bataillon, jede schwere Bat terie, jedes Bomben- und Jagdflugzeug verteidigen. Viel leicht würden sie den Deutschen sogar eine kleine, zahlen mäßige Aufrüstung bewilligen, wenn sie dadurch nur er reichen würden, das französische Heer in seiner bis herigen Stärke erhalten zu können. Denn sie wissen aanz genau, daß auch bei einer Vermehrung der deutschen Heercsstärke etwa auf die früheren 200 000 Mann die deutsche Armee dann, wie Rollet sagt, „an Zahl und inne rem Aufbau glatt demjenigen von 1914 unterlegen ist, selbst wenn Deutschland die Verträge umgangen hat". Aber die eigentliche Grundlage oder, wenn man will, das Hauptziel des Herriot-Planes ist weniger die Ab rüstung als die Lösung des „S t ch e r h e i 1 s"- Problems im französischen Sinne. Es scheint so, als habe er nicht viel Zutrauen dazu, hierfür auf der Ab rüstungskonferenz die Idee durchzusetzen, daß der Völker bund zur Sicherung des allgemeinen Friedens eine mehr oder minder große „E x e k u ti o n s a rm e e" erhält. Herriot dürste die Lösung vielmehr auf einem anderen Wege suchen. Wahrscheinlich will er ein System von Schiedsgerichtsverträgen zwischen den ein zelnen Staaten empfehlen, wobei dann eine Defensiv klausel derart hereingenommen wird., daß eine gegenseitige militärische Hilfeleistung bei unberechtigten Angriffen einer dritten Macht zu erfolgen bat. Der Witz der ganzen Geschichte ist nun der, daß die eigentliche Abrüstung in ihrem Fortgang verknüpft werden soll mit dem Entstehen und der Weiterentwicklung des Schiedsgerichtsvertrags- svstems, so daß dann — man hat in Frankreich auch schon ein Schlagwort dafür gefunden — eine „Paralleli tät" zwischen Sicherheit und Abrüstung herauskommt. Es sieht dann auch so aus, als versteife sich Frankreich nicht mehr auf den seit Versailles festgehaltenen Grundsatz: Erst Sicherheit, dann Abrüstung. Aber wenn man ge nauer hinsieht, so ist der ganze Plan Herriots nichts weiter als der Versuch einer Verwirklichung des berüch tigten Genfer Sicherheitsprotokolls von 1924, gegen das Deutschland Einspruch erhoben hat, weil es seinerseits nur bei wirklicher militärischer Gleich berechtigung durchgeführt werden könnte. Politisch gesehen, bedeutet nun aber dieser Plan Herriots zur Schaffung einer derartig unterbauten Sicher heit noch etwas ganz anderes: die Schaffung einer Grenzsicherung. Denn da die Schiedsgerichts verträge naturgemäß auch eine gegenseitige Garantie der heute bestehenden Grenzen enthalten würden, so würde die Durchführung dieses Systems nichts anderes darstellen als die Sicherung der bis- gerigen Grenzen, also — eine Sicherung des Versailler Diktats und der später in dessen Sinne getroffenen Grenzziehungen. In diesem Punkt stoßen aber die deutschen und die franzö sischen Anschauungen unmittelbar auf einander. Deutschland lehnt jedes derartige Ziel verfolgende französische Sicherheitssystem ab, weil es eine neue Unterschrift unter die Versailler Bestimmungen west von sich weisen muß. Was wir wollen, ist gerade das Gegenteil des in Herriots Plan steckenden Grund gedankens: Nicht Sicherheit sür Versailles, sondern Sicher heit für den Frieden in Europa durch Revision von Versailles. „Das Gaargebiet ist deutsch!" Eine verdiente Abfuhr für Frankreichs Fremdenlegionäre in Saarlouis. Im Saargebiet, wo am 13. November -Ge- weinderatswahlen stattfindcn, hat der separatistische, von Frankreich ausgehaltene „Saarbund" die Dreistigkeit besessen, im Kreise Saarlouis eine sogenannte „Unabhän gige Bürger- und Bauernpartei" für seine landesverräte- tischen Machenschaften aufzuziehen. Eine Gründungs- perjammlung dieser „Partei" nahm nun folgenden Aus- Iss JuWMder in Preußen. Die Reichsregierung wird sich voraussichtlich erst am Freitag offiziell init dem Urteil des Staatsgerichtshofes Kasten Nachdem eine Beschlußfassung der Reichs- reaieruna vorliegcn Wird, wird Reichskanzler von Papen d-m Rächsp-siid-.-t^ erst dann wird feststehen, ob der Reichspräsident irgend welche neuen Maßnahmen treffen wird. .... In politischen Kreisen wird auf das unmogliche Nebeneinander hingewiesen, das durch den Leip ziger Urteilsspruch in Preußen hcrvorgerufen wird. Eine Rückgängigmachung der Verordnung vom 20. Juli d. I., durch die der Ncichskommissar in Preußen eingesetzt worden ist, ist nach Ansicht zuständiger Regierungsstellen im Reich erst dann möglich, wenn die Voraussetzungen der damaligen Aktion wegfallen. Weiterhin müsse nach Ansicht des Reiches a b s o l u t e E i n h e i t l i ch k e i t z w i s ch e n der preußischen und der Reichspolitik ge währleistet sein. Werde diese Einheitlichkeit gestört, so würde das nach Ansicht der Reichsregierung eine neue erhebliche Gefährdung der Ruhe und Ordnung darstcllen. In politischen Kreisen wird es weiter als Pflicht der Neichsregicrung erachtet, die Frage zu prüfen, mit welchen verfassungsrechtlichen Mitteln der für die Praxis völlig ungeeignete Spruch des Staatsgerichtshofes durchgeführt werden kann. Leipziger Urteil und Reichsreform. Wie die Münchener Zeitung mitteilt, neige man in den maßgebenden Regierungskreisen Münchens der Auf fassung zu, daß das Ergebnis der einzuleitenden Verhand lungen einer Revision der Weimarer Verfassung im Sinne einer Beseitigung des Dualismus zwischen dem Reich und Preußen nicht entgegenstehcn werde. Gerade den grund sätzlichen Feststellungen des Staatsgerichtshofes hinsicht lich der Länderrechte werde die Eigenschaft zuerkannt, eine Brücke zwischen der Reichsregierung und den Länder- regierungen in der Frage der Reichsreform zu schlagen. Zwischen dem bayerischen Ministerpräsidenten und dem bayerischen Innenminister einerseits und dem Reichs innenminister andererseits habe sich in der vergangenen Woche auf der Ostmarkreise erneut volle Einmütigkeit darüber ergeben, daß das Reich überhaupt keine Vorlage über die Neichsreform an den Reichsrat oder an den Reichstag bringen werde, bevor über eine solche Vorlage nicht eingehend mit der bayerischen Staatsregierung ver handelt worden sei. Die Erklärung des Reichskanzlers, daß der neue Reichstag bei seinem Zusammentritt die Reichsreformvorlage vorfinden werde, fei nicht dahin zu verstehen, daß der Reichstag gleich in die praktische Er ledigung der Reichsreformvorlage eintreten solle. Es stehe heute bereits fest, daß der Reichstag die Beratung dieser Vorlage erst im nächsten Jahre in Angriff nehmen könne. Line Erklärung -er Regierung Braun-Severing. Die alte preußische Staatsregierung hat vor der Presse ihre Ausfassung über das Urteil des Staats gerichtshofes und über die Konsequenzen, die aus diesem Urteil zu ziehen sind, dargelegt. Nach kurzen einleitenden Worten von Ministerpräsident Braun gab Ministerial direktor Dr. Brecht, der bekanntlich die alte Preußen regierung in Leipzig vertreten hat, noch einmal eine Dar legung des Urteils und der Gründe, die zu diesem Urteil geführt haben. Er betonte einleitend, daß dieses Urteil Deutsch- landsRuf,einRechtsstaatzu sein, erhalten habe. In der Deutung des Urteils macht er besonders darauf aufmerksam, daß es heißt, die vorübergehende Entziehung von Amtsbefugnissen und nicht die vorübergehende Ent ziehung der Ämtsbefugnisse. Dadurch sei klar zum Aus druck gebracht, daß die Befugnisse nur in bestimmten Gren zen den preußischen Ministern entzogen werden dürften. Dr. Brecht erklärte, die Notverordnung der Reichsregie rung über die Absetzung der preußischen Regierung stehe so, wie sie erlassen wurde, mit der Reichsverfassung nicht im Einklang. Das hätte die Entscheidung in Leipzig er geben. In dieser Entscheidung sei auch klar ansgedrückt, daß Preußen seine Pflichten nicht verletzt babe. , Damit gang: Die Bewohner von Saarlouis, und zwar An gehörige aller Parteien, die zu der Versammlung er schienen waren, nahmen einstimmig eine Entschließung an, in der feierlich Einspruch gegen die Versuche, unter an geblich neutraler Flagge in Saarlouis oder anderen Orten des Saargebietes eine separatistische Liste für die Ge meinderatswahlen aufzustellen, erhoben wird. Es heißt dann: „Die Versammelten weisen alle separatistischen Machenschaften in offener oder versteckter Form mit Ent - rüstung zurück und geloben, in Einmütigkeit für die deutschen Interessen des Saargebietes im Rahmen der deutschen Parteien einzutreten. Das Saargebietist deutsch und wird deutsch bleiben für alle Z esle u I" seien die Vorwürfe der Reichsregierung gegen die pren- tzische Regierung zurückgewiesen. Moralisch wie rechtlich sei dies für Preußen das Wichtigste. Dr. Brecht ging dann noch auf die Einzelheiten der Auslegung des Artikels 48 ein und machte besonders auf den Schluß der Urteilsbegründung aufmerksam, wo über die Frage gesprochen wird, was eigentlich ein Reichs kommissar ist. Während die Neichsregicrung auf dem Standpunkt steht, daß der Ncichskommissar an Stelle der Landesregierung tritt, also gewissermaßen Landesregie rung wird, steht die Preußenregierung auf dem Stand punkt, daß der Reichskommissar niemals Landesregierung sein kann und auch nicht vorübergehend die Landes regierung ersetzen kann. Dr. Brecht betonte zum Schluß, die Preußenregierung werde nicht eine Art feind liche Nebenregierung neben dem Reichskommissar errichten. Hierauf äußerte sich Ministerpräsident Dr. Braun über seine Auffassung. Die Preußenregierung sei der Auf- fassung, daß man sich jetzt auf den Boden des Urteils stellen müsse und an der loyalen Ausfüh rung dieses Urteils arbeiten müsse. Die Zurückweisung der Vorwürfe gegen Preußen habe die Atmosphäre etwas gereinigt. Braun macht bei dieser Gelegenheit einen Vor wurf gegen den Reichspräsidenten, da der Reichspräsident ihn nicht vorher gerufen und mit ihm die preußische Frage besprochen habe, bevor die Notverord nung gegen Preußen beschlossen wurde. Nach döm Urteil, so fuhr der Ministerpräsident fort, besteht nun eine Teilung der Gewalten. Die Abgrenzung der Befugnisse wird in der Praxis sehr schwer fallen. Auf jeden Fall aber müssen die Schwierig keiten überwunden werden. Er sei der Auffassung, daß die Reichsrcgierung ebenfalls wie die preußische Regie rung das Urteil anerkennen und sich bemühen werde und bemühen müsse, den Weg zu einem Ausgleich zu finden. Die alte preußische Regierung könne z. B. weder im Land tag noch im Staatsrat Rechenschaft geben, noch könne sie ihre Vertreter im Reichsrat instruieren, wenn sie den Verwaltungsapparat nicht mehr in der Hand habe. Die Reichsregierung werde sich die Frage vorlegen müssen, ob es weiterhin notwendig ist, den preußischen Ministern die Amtsbefugnisse in dem bisherigen Umfang z« ent ziehen. Zum Schluß erklärte Dr. Braun, es wäre am besten, wenn man aus dem jetzigen Urteil die Lehre ziehe und sich zusammensetze, um durch eine Zusammenfassung preußischer und Reichszentralstellen etwas für die Reform zu erreichen. * Oie Gehorsamspflicht -er Beamten. »Der Wortlaut des Erlasses des Reichs- k o m m i s s a r s. Der mit der Wahrnehmung der Befugnisse des preu ßischen Ministerpräsidenten beauftragte Reichskom missar für das Land Preußen hat an alle preußischen Behörden folgenden Erlaß gerichtet: „Die Gehorsa ms- pflicht der preußischen Beamten gegenüber dem durch die Verordnung des Reichspräsidenten vom 20. Juli 1932 eingesetzten Reichskommissar und den von ihm bestellten Vertretern steht nach dem Urteil des Staatsgerichtshofes vom 25. Oktober 1932 fest." . Erste Fühlungnahme zwischen Reich und Preußen. Besprechung zwischen Staatssekretär Meißner und Ministerialdirektor Brecht. Zwischen dem Staatssekretär des Reichspräsidenten, Meißner, und dem Vertreter Preußens vor dem Staats- gerichtshof, Ministerialdirektor Dr. Brecht, hat eine Be sprechung stattgcfunden, die sich, wie verlautet, um die Ausführung des Leipziger Urteils drehte. Das Reichskabinett wird sich voraussichtlich erst am Freitag mit dem Problem Preußen—Reich befassen. Lau dwirtschastsführer beim Reichspräsidenten. Amtlich wird mitgeteilt: Der Reichspräsident empfing den Vorsitzenden des Schlesischen Land bundes, Rittergutsbesitzer von Rohr-Manze, und den Präsidenten der Landwirtschastskammer Niederschlesien, Schneider, zu einem Vortrag über die Lage der schlesischen Landwirtschaft. Ferner empfing der Reichspräsident den Vorsitzenden der Landwirtschastskammer für die Rhein provinz, Freiherrn von Lüninck, der ihm über die landwirtschaftliche Lage in den westdeutschen bäuerlichen Bezirken Vortrag hielt,