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Neuer MnltensW iu Preußen. Versonalveränderungen in der preußischen Verwaltung. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, hat das preußische Staatsministerium folgende Personalver änderungen beschlossen: Mit der kommissarischen Verwaltung der Oberpräsidien werden beauftragt: In Königsberg Regierungspräsident a. D. Kutscher, in Breslau der Landrat in Reichenbach, Graf von Degenfeld, in Kiel der Vizepräsident des Oberpräsidiums Kiel, Dr. Thon, in Kassel der Kurator der Universität Marburg, Ge heimer Obcrrcgierungsrat Dr. Dr. Dr. von Hülsen. Der frühere Vizepräsident der Regierung in Merse burg, Fehrmann, wird zum Vizepräsidenten des Ober präsidiums in Magdeburg ernannt. Der bisher mit der Vertretung des Vizepräsidenten beim Oberpräsidium in der Provinz Sachsen in Magde burg beauftragte Landrat Mengel wird in gleicher Amts eigenschast dem Oberpräsidium der Provinz Brandenburg in Berlin-Charlottenburg zur Verfügung gestellt. Der Vizepräsident des Oberpräsidiums in Koblenz, Gutzke, wird beauftragt. Mit der Wahrnehmung der Ge schäfte des Vizepräsidenten des Obcrpräsidiums in Ko blenz wird vertretungsweise Oberregicrungsrat Flach vom Oberpräsidium daselbst beauftraat. Dr. Pünder. Dr. Kutscher. Der Regierungspräsident in Erfurt, Dr. Freysong, wird in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Zu kommissarischen Regierungspräsi denten werden ernannt: In Stettin der Landrat in Itzehoe, Göppert, in Magdeburg der Ministerialrat im preußischen Finanzministerium Zachariae, in Erfurt der Ministerialdirigent im preußischen Ministerium des Innern, Bachmann, in Münster der frühere Staatssekretär in der Reichs kanzlei, Dr. Pünder. Regierungspräsident Dr. Abegg in Schleswig wird auf seinen Wunsch in gleicher Eigenschaft in einem Regie rungsbezirk in Mitteldeutschland verwendet werden. Als sein Nachfolger ist der Landrat in Flensburg, Dr. Wall roth, in Aussicht genommen. Er wird ihn während eines bereits genehmigten Urlaubs vertreten. Regierungsvizepräsident Fischenich in Erfurt wird in den einstweiligen Ruhestand versetzt, aber gleichzeitig mit der vertretungsweisen Verwaltung des Kreises Grevenbroich-Neuß beauftragt. Zum Regierungspräsidenten in Erfurt wird der Landrat des Kreises Grevenbroich-Neuß, von Chamier- Gliseinski, ernannt. Die Regierungsvizepräsidenten Ellinghaus in Gum binnen und Wagner in Breslau werden beurlaubt. Mit der vertretungsweisen Verwaltung der Stelle des Vize präsidenten der Negierung in Gumbinnen wird der Ober regierungsrat von Braumüller in Allenstein, mit der des Vizepräsidenten der Regierung in Breslau der Verwal tungsdirektor von Scheller, zur Zeit bei der Regierung in Schneidemühl, beauftragt. Der Oberregicrungsrat bei der Negierung in Köslin, von Hoffmann, wird zum Rcgierungsvizepräsidcnten in Marienwerder ernannt. Der Polizeipräsident in Harburg-Wilhelmsburg, Wentker, wird in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Zu Polizeipräsidenten werden ernannt die bisherigen kommissarischen Polizeipräsidenten in Königsberg Landrat Berner, in Elbing Oüerregierungsrat von KlinÄowström, in Magdeburg Oberregierungsrat Freiherr von Nordenflycht, in Kiel Landrat Graf zu Rantzau, in Altona Regierungsrat Dr. Diefenbach, in Essen Polizeipräsident Dr. Wiesmann, in Köln Polizeikommandeur Lingens, in Kassel Regierungsrat von Kottwitz. Zu kommissarischen Polizeipräsidenten werden er nannt: In Oppeln der Regierungsrat beim Oberpräsidium in Breslau, Dr. Horstmann, ' in Gleiwitz der Landrat des Kreises Falkenberg, Wackerzapp, in Erfurt Regierungsrat Rabe von Pappenheim. Der Polizeipräsident in Gleiwitz, Danehl, wird in gleicher Amtseigenschaft an das Polizeipräsidium in Har burg-Wilhelmsburg versetzt. Der mit der kommissarischen Verwaltung des Polizei präsidiums in Erfurt beauftragte Oberregierungsrat Kretzschmar wird unter Ernennung zum Regierungs direktor an das Polizeipräsidium in Berlin versetzt. Der kommissarische Polizeidirektor in Schneidemühl, Negierungsrat Mock, wird zum Polizeidirektor in Schneidemühl ernannt. Mit der vertretungsweisen Verwaltung des Land ratsamtes in Itzehoe wird der Landrat Dr. Ide in Weißensee beauftragt. Mit der vertretungsweisen Verwaltung des Land ratsamtes in Weißensee wird der zur Zeit mit der Ver waltung des Polizeipräsidiums in Oppeln beauftragte Regierungsrat Hüter beauftragt. Der Ministerialrat im preußischen Finanzministerium, Dr. Ahrendts, wird in gleicher Amtseigenschaft in das Ministerium für Volkswohlfahrt versetzt. Der Regierungspräsident i. e. N., Dr. von Bahrfeldt, wird zum Kurator der Universität Breslau ernannt. Der Generalstaatsanwalt und Präsident des Straf- llollzugsamtes in Marienwerder, Wichmann, wird als Generalstaatsanwalt an das Oberlandesgericht in Düssel dorf versetzt. Der Oberstaatsanwalt Janßen in Aachen wird zum Generalstaatsanwalt und Präsidenten des Strafvollzugs amtes in Marienwerder ernannt. Acht Personen ertrunken. Im Finnischen Meerbusen hat ein Schifss- Unglück acht Menschenleben gekostet. Ein ausländisches Schiff erbat von dem russischen Dampfer „Prijemny" einen Lotsen. Ein mit acht Personen besetztes Boot sollte den Lotsen hinüberbringcn. Das Boot stieß jedoch mit dem Dampfer zusammen und sank. Alle acht Insassen ertranken. Sächsische Wirtschastsnachrichten. 8200 Neucinstellungcn in sechs Tagen. In den Schlichterbezirken Bayern, Westfalen und Mitteldeutschland sind in den Tagen vom 28. September bis 3. Oktober insgesamt 8200 Neueinstellungen erfolgt. Davon entfallen aus den Schlichterbezirk Mitteldeutschland rund 3200 Neueinstellungen. Diese verteilen sich in der Hauptsache auf die Textilindustrie, die Industrie der Steine und Erden, die Lederindustrie, die Metallindustrie und das Baugewerbe. Einstweilige Verfügung gegen einen Streik. In Sachen eines Streiks in der Leipziger Großbuch binderei Sieke, in dessen Verfolg bereits die Aussper rung in allen Großbuchbindereien beantragt worden ist, hat der Verband der Deutschen Buchbinderei besitzer gegen den Verband der Buchbinder und Papier verarbeiter Deutschlands eine Klage beim Arbeitsgericht eingereicht. Das Arbeitsgericht Berlin hat nunmehr folgende einstweilige Verfügung erlassen: Dem Antraggetzner (Verband der Buchbinder und Papierverarbeiter) wird jede direkte oder indirekte tatsäch liche moralische oder finanzielle Unterstützung der in den Streik getretenen Arbeitnehmer verboten. Dem Antraggegner wird aufgegeben, es zu unterlassen, den Streik weiter zu organisieren und durchzuführen. Dem Antraggegner wird aufgegeben, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln darauf hinzuwirken, daß der tarifliche Zu st and durch Aufforderung der Mit glieder des Antraggegners zur Wiederaufnahme der Arbeit herbeigeführt wird. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe oder Gefängnis usw. bedroht. Bankier wegen Devisenvergehens zu Gefängnis verurteilt. Sein in Deutschland befindliches Vermögen beschlagnahmt. Mit einer eigenartigen, bisher noch unbekannten Methode hatte sich der Berliner Bankier K. gegen die Devisenverordnung vergangen, weshalb er sich vor dem Schnellschöffengerichl beim Berliner Amtsgericht verant worten mußte. Bankier K. hatte für zwei frühere Teil haber, die sich in Amsterdam niedergelassen hatten, in Ber lin Effekten von insgesamt 1 700 000 Mark verkauft und den Erlös auf ein Sperrkonto, wie es die Devisenbewirt schaftungsstelle vorschreibt, gebracht. Bankier K. hatte nun einer Anzahl Hintermännern aber in der glei chen Höhe Darlehen gewährt, die diese wiederum über die Grenze brachten, so daß praktisch tatsächlich die Devisen verordnung umgangen wurde und das Geld wieder ins Ausland zurückfloß. Das Schnellschöffengericht verurteilte den Bankier K. zu einem Jahr sechs Monaten Gefängnis und 20 000 Mark Geldstrafe, ersatzweise 200 Tagen Ge fängnis. Der Haftbefehl gegen Bankier K. wurde aufrecht- , erhalten, außerdem wurde sein in Deutschland befindliches Vermögen beschlagnahmt. Die Strafanträge im Berliner Kommunistenprozeß. Die Angeklagten aus der Haft entlassen. In dem Berliner Sondergerichtsprozeß gegen neun Kommunisten, die des Überfalls auf ein nationalsozia listisches Verlehrslokal, in dessen Verlauf ein Nationalsozialist getötet und zwei weitere Nationalsozialisten schwer verletzt wurden, beschuldigt werden, hat Staatsan walts chasts- rat Dr. Wagner die Anklage wegen Totschlags und ver suchten Totschlags aus politischen Beweggründen fallen lassen und gegen den kaufmännischen Angestellten Werner Calm wegen Rädelsführerschaft beim Landfriedensbruch zehn Jahre Zuchthaus, gegen die Arbeiter Schall und Tobehn wegen Landfriedensbruchs je fünf Jahre Zuchthaus und gegen den Maler Fritz Zwerg und de» Arbeiter Fritz S erdt wegen Landfriedensbruchs j e zwei Jahre Zuchthaus beantragt. Gegen die übrigen vier Angeklagen beantragte der Staatsanwalt die Frei sprechung und die Haftentlassung. Rach längerer Beratung verkündete dann der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Tolk, folgenden Beschluß des Gerichts: Der Haftbefehl gegen sämtliche neun An geklagten wird aufgehoben, da ein dringender Tatver dacht nicht mehr besteht. Das Urteil wird wahrscheinlich am Freitag gefällt werden. UMMllckMfL-- (47. Fortsetzung.) Draußen über dem nebelüberzogenen Gelände, durch das man jetzt fuhr, lag ein eisengrauer Himmel. Schmutziges Ge wölk mit zackigen Rändern kämpfte gegen die kühle Brise, die vom Meere herstrich und endlich der Sonne zum Siege verhalf. Noch eine kurze Spanne Zeit, dann streckte sich das herrliche Dublin in der Ebene aus und dehnte sich an den malerischen Hügeln hin. Die Stadt lag gleich einer lockenden Oase, aber Calderon hatte kaum einen Blick für sie Er fieberte, von der schönen grünen Insel weg nach England hinüber zu kommen und von dort den Weg nach Göteborg zu nehmen, wo Bela Szengeryi auf ihn wartete. In London trank er mit Tordy noch einen Abschieds schoppen. Seine Pseudomännlichkeit wurde hier das erstemal auf eine harte Probe gestellt. Tordy forderte ihn auf, sein Gast für die Nacht zu sein. „Ich habe zwar nur eine kleine Junggesellenbude, erklärte er, „aber wir werden uns schon behelfen. Sie sollen das Bett haben, lieber Calderon und ich den Diwan." Alles Reden war zwecklos. Calderon verspürte plötzlich ein ganz klägliches Gefühl der Hilflosigkeit. Hatte er sich nicht doch etwas zugemutet, das auszuführen ihm nicht glücken würde? Als er am Morgen in Tordys Zimmer erwachte, stand dieser schon an dem eingebauten Waschtisch und machte Toilette. Geräuschlos drehte Calderon das Gesicht wieder nach der Wand, aber der Pilot hatte schon bemerkt, daß er die Augen offen hielt Sich den bloßen Oberkörper trocknend, kam er zu ihm herübergestelzt. „Gut geruht, lieber Calderon? Dann soll's mich freuen- In zwei Stunden müssen wir an der Mole fein " Der junge Mann schützte noch wichtige Besorgungen vor, was zur Folge hatte, daß man vereinbarte, sich eine halbe Stunde vor Abgang des Dampfers am Hafen zu treffen. Tordy war sehr pünktlich Er fühlte sich Lord Calderon für seine Gastfreundschaft verpflichtet und wollte sich dankbar erweisen, indem er dessen Neffen bis zur letzten Minute Ge sellschaft leistete. Aber von dem jungen Mister war nichts zu sehen Die Schiffssirenen heulten. Aufgeregte Menschen liefen die Brücke des Riesenkolofses hinauf, Gepäckträger schleppten unglaub liche Lasten herbei, Autos kamen herängesurrt, spien ihre In sassen aus und fauchten dann wieder nach der Stadt zurück Tordy sah sich die Augen weh, kletterte die überfüllte Treppe zum Dampfer hinauf und spähte umher, wie ein Detektiv, der einen Verbrecher abzufangen hat, bevor dieser über die Grenze schlüpft. Es war alles vergeblich Als das letzte Zeichen der Sirenen über die Mole hin trompetete, stand er ratlos zwischen all den tücher- und hüte schwenkenden Menschen. Von Mister Calderon war nichts zu sehen. Er mußte sich verspätet haben. Den ganzen Nachmittag bis in die sinkende Nacht wagte Tordy nicht aus seiner Wohnung zu gehen, immer des Glaubens, der junge Mann würde kommen und ihm mitteilen, was ihn verhindert hatte, den Anschluß zu erreichen Aber kein Mister Calderon ließ sich blicken. Erst eli Uhr nachts lief ein Funktelegramm ein: „Auf hoher See. Vergeblich auf Ihr Kommen ge wartet. Caldero n." Tordy besah vom Diwan aus, wo er eben lag, sein Spiegel bild. Es zeigte einen Kretin, der über sich selber lachte. Zehn Eide konnte er ablegen, daß ihm kein Gesicht entgangen war. Und wenn — dann hätte doch Calderon ihn sehen müssen. Müssen! Er hatte sich wahrhaftig nicht im Hintergrund ge halten Warum drahtete er dann trotzdem, daß er vergeb lich gewartet habe? * Der junge Calderon stand an der Reling und ließ den Blick über die schäumenden Wasserberge schweifen. Das Wiegen und Schaukeln drohte sein ganzes Inneres von Grund auf umzustlllpen. Sich krampfhaft am Geländer hal tend, winkte er mit dem Kopfe dem Steward, der eben mit einer Platte Cocktails vorüberging, und stürzte zwei Gläser davon hinunter. Am Abend fehlte er an der Tafel. Aber es erregte kein Aufsehen, denn dreiviertel der Plätze waren unbesetzt. Todkrank kauerte er auf dem Rande seines Kajütbettes und hielt sich die Schläfen. So viel stand fest: Er würde Göte borg nicht lebendig erreichen. Er klingelte nach der Stewar» des. Sie kam und schickte dem jungen Irländer einen Steward. Als dieser ein paar Trostworte gesagl und gute Rat schläge gegeben hatte, riegelte Calderon die Türe hinter sich ab und fiel über das Bett. Ganz gleich, wenn man morgen früh statt eines Mannes ein totes Weib finden würde. Es war alles aus! Alles! Aber Calderon starb nicht- Am andern Tag sah ihm zwar ein gelbgrünes Gesicht aus dem Spiegel entgegen, und er mußte sich wie ein Gichtbrüchiger vom Bett nach dem Wasch tisch und von dort nach dem Kleiderschranke schleppen, aber der Mut zum Leben war wieder da, sogar ein ganz, ganz klein wenig Appetit und ein Durst nach frischer Luft und klarem Wässer Er fand sogar ein schüchternes Lächeln, als er an den Flieger Tordy dachte. Schulter an Schulter hatten sie ein ander gestreift Der Pilot hatte ihm keinen Blick geschenkt. Der Friseurkünstler von London-City hatte also sein Bestes getan. „Nicht einmal die eigene Mutter wird Sie erkennen/ hatte er wiederholt versichert. Der kleine Spitzbart, den er nun trug, war täuschend echt. Selbst Dr. Ley würde nichts daran zu tadeln finden. Wenn Onkel Calderon ihn so sehen könnte! Als er die Treppe zum Promenadendeck hinaufschritt, prallte er mit einem Herrn zusammen, bei defsen Anblick Calderon einen Schwindelanfall bekam, so daß der Fremde ihm rasch seinen Arm als Stütze leihen mußte. „Diese schreckliche Krankheit," tröstete eine Stimme, die Professor Török gehörte. „Gehen Sie an Deck, junger Mann, frische Luft ist das beste dafür " Seite an Seite ging er mir ihm die Stufen hinauf. Cal- dsron mußte sie Schritt für Schritt nehmen. Seins Lungen tobten wie die eines Schwindsüchtigen. Török war ganz Teilnahme Er deckte ihn fürsorglich mit seinem eignen Plaid zu, als sich der Kranke erschöpft in einen Stuhl fallen ließ. Man kam ins Gespräch und stellte sich gegenseitig vor Der junge Calderon berichtete, daß er nach Göteborg fahre, um dort mit dem Forscher Bela Szen geryi zusammenzutreffen, da er sich dessen Expedition an- schließen wolle. (Fortsetzung folgt.)