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Tagesspruch. Nicht wolle deinen Sinn auf Dinge richten, Die nur durch allzu harte Mühsal glücken, Bei denen du verletzen mußt die Michten Und in den Staub vor deinen Feind dich bücken. (Indisch.) Schärfste Kampfansage der Christlichen Gewerkschaften. „Die Erregung aus dem Siedepunkt." Auf dem Kongreß der Christlichen Gewerk schaften in Düsseldorf wurde die Aussprache fort gesetzt. Der jüngsten Notverordnung wurde schärfster Kampf angesagt. Besonders bemerkenswert waren die Ausführungen des Zentrumsabgeordnetcn Becker-Arns berg, der aufforderte, den leidenschaftlichen Kumpf gegen die soziale Reaktion bis zur Reichstagsneuwahl durch zuführen. Die Arbeiterschaft müsse aufgehetzt und aufgepeitscht werden in einer Form, daß die Polizei nicht in der Lage sei, die Wahlversammlungen der Arbeiter aufzulösen. Gegenüber den scharfen Forderungen Beckers wies Fischer darauf hin, daß es einer Hetze nicht bedürfe, da die Erregung schon auf dem Siedepunkt an gelangt sei. Gegenüber einer neuen Lohnabbauwelle könnten die Verbände kaum noch eine Gewähr für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung über nehmen. Prälat Dr. Pieper erklärte, die soziale Reaktion versuche, die Arbeiterschaft als politisch unzu verlässig zu verleumden. Diese Herabsetzung sei das schwerste Unrecht, das der Arbeiterschaft, die ihre nationale Zuverlässigkeit im Kriege und in der Nachkriegszeit unter Beweis gestellt habe, zugefügt werden könne. Kurze politische Nachrichten. Uber die Besprechungen zwischen dem Reichs kanzler, dem Ministerpräsidenten Held und dem Staatsrat Schäffer ist beiderseits vollkommene Ver traulichkeit vereinbart worden, die, wie von zuständiger Stelle ausdrücklich erklärt wird, auch gehalten worden 'ist. Die in der Presse verbreiteten Nachrichten über den Ver lauf der Besprechung treffen nicht zn. Es handelt sich durchweg um reine Mutmaßungen. * Von der Reichskanzlei wird mitgeteilt: Dem Reichs kanzler ist aus Anlaß des Regierungspro gramms eine so ungemein große Anzahl von Zu stimmungserklärungen aus allen Teilen des Landes zu gegangen, daß er sich zu seinem Bedauern außerstande sieht, sie alle persönlich zu beantworten. Er übermittelt daher auf diesem Wege seinen herzlichen Dank allen denen, die sich in der Not des Vaterlandes mit heißem Herzen als Kämpfer in die Reihen der Front „mit Hinden burg für Deutschlands Erneuerung" stellen. * Amtlich wird mitgeteilt: Der Betrieb von Güter fernverkehr mit Kraftfahrzeugen ohne Genehmigung ist strafrechtlich zu verfolgen, das Fahrzeug des Unternehmers kann erngezogen werden. Daneben unterliegt die Unterbietung des Reichskraft- wagentarifes der Verhängung eines Strafgeldes durch die Verwaltungsbehörden. -i- Jn der Note, die die chinesische Regierung anläßlich der Anerkennung der Mandschurei durch Japan an England und die anderen Unterzeichnerstaaten des Neunmächteabkommens gerichtet hat, wird zum Aus druck gebracht, daß Japan China vergewaltige, die Welt meinung bewußt hintergehe und seine heiligen Verpflich tungen den anderen Staaten gegenüber nicht einhalte. Die chinesische Regierung fordert die Unterzeichnerstaaten auf, die im Vertrage vorgesehenen Gegenmaßnahmen zu er greifen. iMellMöec'gMir (17. Fortsetzung.) Als das Frühjahr kam, überraschte Udo seine Mutter mit den ersten Schritten. Gleich einem ungeschickten Teddybär kam er auf sie zugewackelt, mit den Händchen nach der Kante der Bank greifend und in den Augen ein ständiges Suchen, wo er Halt fände. Sie riß ihn an sich und küßte ihn, bis sie beide keinen Atem mehr fanden. Und wieder lachte Gunnar Bosanyi. Raja hatte so etwas gebraucht, das ihre Tage ausfüllte und ihre Nächte licht machte; etwas, das sie lieben durfte im Ueberschwang. Der andere war vergessen. Er hätte Schwüre darauf geleistet, daß es so sei. Als die ersten warmen Sommertage kamen, erschien Janos und erbat sich das Kind zurück. Rajas Gesicht erblaßte zu schneeiger Weiße. Bosanyi schalt. „Laß es ihr doch!" Die Hände des Mädchens hoben sich. Ihre Augen bettel ten in die seinen. Als der Gutsherr für einen Moment aus dem Zimmer gerufen wurde, raunte er ihr leise zu: „Ueber acht Tage kommt Guido Horvath zurück. Ich weiß es von seiner Großmutter. Soll er das Kind bei dir finden? Er würde es nicht glauben, daß es nicht das deine ist und wenn du einen Berg von Lügen für ihn bereit hältst." Raja wurde unsicher. Die Folge war, daß sie nach zwei Tagen fürchterlichen Kampfes mit sich selbst den Knaben in Janos Hütte trug und ihn wiederum der Fürsorge des Hirten übergab. Bosanyi wunderte sich. Aber Frauen waren oft unberechenbar. Die Sorge wegen Guido Horvaths Kommen war un begründet gewesen. Er blieb nur zwei Tage. Ein einziges Mal kreuzten sich seine und Rajas Wege. Er blieb stehen, und zog den Hut bis zur Erde. Mit einem hochmütigen Zurückwerfen der Schultern ging sie an ihm vorüber. Er machte einen Schritt auf sie zu, sah, Krieg im Frieden. Hindenburg beim Herbstmanöver. Jubelnder Empfang des General feldmarschalls. In Fürstenberg a. d. Oder traf Reichspräsident von Hindenburg in Begleitung eines kleinen Stabes mit einem fahrplanmäßigen Zuge ein. Der Reichspräsi dent in der Uniform des Generalfeld marschalls machte einen, außerordentlich frischen Eindruck. Nach kurzer Begrüßung durch Rcichswehrkommandeurc, Be hörden und vaterländische Verbände, die einen großen Empfang vorbereitet hatten, begab sich der Reichspräsi dent im Auto unter dem Jubel einer nach Zehntausendcn zählenden Menschenmenge zu den Truppen auf das Manöverseld. Manöverbilder. Pferde und Motore. Bei den Herbstmanövern in der Gegend von Frank furt a. d. Oder tritt immer klarer hervor, welche Überlegen heit in der Bestimmung der beiderseitigen Entschlüsse die Zusammenarbeit von Kavallerie und Motorisie rung gegenüber der für die deutsche Wehrmacht fest gesetzten Truppengliederung hat. Haben motorisierte Truppen eine Marschgeschwindigkeit von 20 bis 25 Kilo meter je Stunde, so kommt die übliche Infanteriedivision auf höchstens 5 Kilometer. Dementsprechend hat das rote Kavalleriekorps, das durch Zusammenziehung fast aller motorisierten Truppenteile aus dem ganzen Reich einiger maßen moderne Aufklärungs- und Angriffsarbeit mar kieren kann, die blaue dritte Division bereits zur Änderung der Absichten gezwungen. Die flinke rote Aufklärung hatte auf beiden Oderufern bis kurz vor Frankfurt herangefühlt. Die Masse des Kavalleriekorps drückte einerseits im Bogen zwischen Oder und Warthe auf Kttstrin, hatte hier aber etwa 20 Kilometer östlich Frankfurt die geschlossenen Formationen vor sich. Darum wurde gleichzeitig zur Auf rollung des Oderabschnitts bei Küstrin der Oderübe r- gang bei Fürstenberg — nach der Annahme sind alle Brücken gesprengt — in Angriff genommen. Blau hatte bei dem Fehlen der Motorisieruna ans die Absicht der Reichspräsident von Hindenburg führt zum Manöver. Oderstcherung zwischen der polnischen Grenze und Frank furt verzichten müssen und bereitete eine für die marschie renden Truppen außerordentlich anstrengende Um gruppierung vor, nm nach Brückenschlag bei L e b u s dem Gegner auch westlich der Oder im Süden Frankfurts ent gegentreten zu können. Gasmaske und Kompagnie-Troddel. Der Eindruck hinter und in der blauen Front bestätigt auch die gewaltigen Unterschiede in Bewaffnung und Ausrüstung. Hier sind die dem Frontsoldaten ge läufigen Rücksichten der kriegsmäßigen Erleichterung für jeden einzelnen Mann voll maßgebend. Zumal durch die neue, zur Unschädlichmachung moderner Gase bei Er leichterung des Atmens eingeführte Gasmaske sowieso eine zusätzliche Belastung entstanden ist, wird um jedes Gramm Gewicht für den Infanteristen gekämpft; auch die Kompagnie-Troddel soll deshalb in Fortfall kommen. „Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln." Die Truppen, die auch nachts kriegsmäßig im Ge lände bleiben, haben bei so plötzlichen Änderungen der Lage, wie sie der Kampf gegen motorisierte Kräfte bringt, große Marschleistungen zu bewältigen, nach dem alten Manövermotto: „Nin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln". Dabei kann man die neue Marschordnung in D r e i e r r e i h e n, jeweils drei Gruppen (im Gänsemarsch nebeneinander) beobachten, die sofortige Kampfentwicklung gestattet. Die Ausrüstung ist durch die vielfältig neue, meist schon im Laufe des Krieges eingeführte moderne Waffe vervollkommnet. Insbesondere gilt das bei allen Waffen, vor allem bei der Artillerie, von den Nachrichtenmitteln. Dazu hat die Truppe stets nicht nur Deckung gegen den Feind zu nehmen, son dern auch gegen die angenommenen Flieger, wobei jedes überhaupt zufällig das Gelände überfliegende Verkehrsflugzeug als feindlich zu betrachten ist. Begeisterte Schuljugend. Für die Schuljugend aus der weiteren Um gebung Frankfurts, die in Scharen unter Begleitung ihrer Lehrer dem Manöver zusieht, sind die Truppenübungen eine willkommene Unterbrechung ihres Unterrichts. * Mlorttuvpen setzen über die Oder. Vor scharfen Kämpfen südlich Frankfurts. Im Lause des zweiten Manövertages hat sich eine etwas engere Gefechtsfühlung zwischen Blau und Rot er geben. Neben der motorisierten Aufklärung haben auch schwache Teile der roten Kavallerie in den Kampf 20 Kilo meter östlich Frankfurts bei Reppen eingegriffen. Un mittelbar südöstlich von Frankfurt auf dem historischen Schlachtfelde von Kunnersdorf haben rote Kraftfahrer, die mit schweren Verlusten zurückgeschlagen wurden, ange griffen. Dabei hat cs sich gezeigt, daß von dem Augenblick der unmittelbaren Gefechtsberührung an die technischen Vorteile der schnell beweglichen Motorisierung nicht mehr gelten. Der Hauptanziehungspunkt des Tages war nach dem begeisterten Empfang Hindenburgs im festlich beflaggten Fürstenberg das Übersetzen der motorisierten roten Auf klärung südlich Fürstenbergs über die Oder. Während die Kavallcriemacht fünf bis zwanzig Kilometer östlich der Oder zusammengezogen ist, ist bis zum Abend fast die ganze motorisierte Aufklärung übergesetzt, nm westlich der Oder über den Friedrich-Wilhelm-Kanal vorzufühlen. Ferner hat am Abend unter dem Schutz der vom Gegner noch nicht behelligten Molortruppen der erste Teil der Kavallerie hart nördlich Fürstenbergs mit dem überwin den des Stromes begonnen. Inzwischen Hai Blau bei Lebus eine Schiffsbrücke über die Oder geschlagen und schafft starke Kräfte auf das Westuser,die südlich Frankfurts die übergegangene rote Aufklärung zurückdrücken sollen. Der Mittwoch wird also voraussichtlich scharfe Kämpfe beiderseits der Oder südlich Frankfurts bringen. wie ihr Blick ihn verächtlich streifte, wandte sich um und ging den Weg zurück, den er gekommen war. Bosanyi hatte also die Wahrheit gesprochen: Sie haßte ihn, haßte ihn um einer Schuld willen, die er gutzumachen bereit gewesen war. Wahrhaftig, sie machte es ihm nicht schwer, das Wort zu halten, das er Bosanyi gegeben hatte, ihre Wege nie mehr zu kreuzen. Zwei Tage später reiste er wieder. Und abermals ging der Sommer. Rosmarie hatte nur ein paar Wochen in der Steppe ver bracht und die übrige Zeit bei einer Freundin in der Schweiz geweilt. Sie ging in ihr Achtzehntes und war kein kleines Mädchen mehr Aga mußte das wohl oder übel einsehen und ihr in vielen Dingen freien Willen lassen. So wurde es Herbst und abermals Winter. Klein-Udo trug die ersten Hosen, saß wie ein Prinz auf dem Rücken der kleinen Stute, die Ianos für ihn ausgesucht hatte und brüllte, wenn ihn einer festhielt. „Er hat Rasse," lobte Bosanyi. „Aus dem Burschen wird etwas." Rajas Herz schrie auf. Wie sein Vater! Es war Schreck und Freude zugleich in ihr. Die Sonne hatte den letzten Schnee weggeküßt und der Föhn leckte die wenigen Reste gierig auf. Unmerklich glitten die Wochen in den Sommer hinüber. Rosmarie stand im Hellen, flatternden Kleide auf den Fel dern und-.sammelte Feuernelken, die an den Rainen wucher ten. Scharen von Krähen und Elstern saßen auf den frisch gestürzten Aeckern Nicht weit davon hoben sich die Rücken der Pferde ab. Sie erschienen wie eine einzige Decke dunkel farbenen Samts. Rosmarie höhlte die Finger und ließ ein langgedehntes Signal hinüber gehen. Ein Hengst hob den Kopf, stutzte, löste sich von der Koppel und kam in gestrecktem Galopp zu ihr herübergesprengt. Sie tätschelte den dampfenden Leib und schwang sich auf seinen Rücken. „Lauf, Bela, lauf!" Janos stand mit lachendem Gesicht, hob die Arme, als dos Tier an ihm vorübersprengte und sing Rosmarie sicher und ohne irgendwelche Hast an den Tag zu legen, auf. Als sie mit leuchtenden Augen vor ihm stand, warnte er: „Nimm dich in acht, Rosmariel Der Vela ist toll vor Liebe." „Ist er da so gefährlich?" fragte sie verwundert. Er bejahte und schob den Pfeifenstummel von dem rechten nach dem linken Mundwinkel hinüber. „Dann weiß er nicht mehr, was er tut. Es könnte sein, daß er dich in seinem Rausche an einen der Zäune schleudert, und daß du keinen ganzen Knochen mehr in deinem Leibe findest." Ein nachdenklicher Ausdruck kam in ihr Gesicht. Sie setzte sich ins Gras und sah zu ihm auf. „Gestern bin ich achtzehn gewesen, Janos." „AchtzehnI — Der junge Szengeryi wird schauen, wenn er zurückkommt." „Weshalb?" „Es wird ihm gehen wie dem Pferde. Er wird toll sein vor Liebe " Ein brennendes Rot jagte über ihre Wangen. Sie senkte den Kopf und tätschelte den Wolfshund, der mit. komischen Sprüngen um sie kreiste. Der Hirte sah mitleidig auf sie herab. „Dann wird es dir gehen wie all den andern, Rosmarie: Du wirst erst schreien vor Wonnen und dann kriechen vor Leid!" „Janos!" würgte sie hervor. „Warum kriechen vor Leid?" Er strich sich langsam das grauborstige Haar aus den Schläfen. „Rosmarie, wenn ein Mädchen achtzehn Jahre ist, sollte man es nicht machen wie die Aga und einen Zaun um es herum bauen, daß es nichts zu hören und zu sehen bekommt, was rundum vor sich geht. Das ist nicht gut." Rosmarie verteidigte erregt: „Sie erzählt mir vieles, was ich noch nicht weiß " „Ja?" Er lachte. „Tut sie das? Bringt sie das fertig, daß sie dir sagt, warum die Hündinnen jetzt entlausen und sich in der Wildnis eine Grube scharren?" Sie hielt noch immer den Kopf gesenkt. Mit scheuen Fingern strich sie ihr glänzendes Haar zurück. Der Hirte sah unentwegt auf sie herab. „Ich habe Bela auf den Armen getragen und dich auch Vor zwanzig Jahren hab ich dem Szengeryi das Reiten beigebracht und vor zehn Jahren dir. Aber lieben, Rosmarie, lieben, das lernt jedes von selbst. Da braucht keiner einen anderen dazu." Das Mädchen sah auf Die Augen des Alten gingen in weitem Schauen über Rosmarie hinweg. An seinem ver schlossenen Mantel entlang tastend, griff eine Hand nach seiner herabhängenden Rechten. „Janos!" „Ja, Kindchen!" „Ich freu mich so unsagbar, wenn er kommtl" „Der junge Szengeryi?" „Jal" (Fortsetzung folgt) i