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Lü. Das Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel und Kundgebungen ist für den 1., 2. und 3. Ok tober für ganz Deutschland aufgehoben, sofern es sich urü Versammlungen und Kundgebungen handelt, die aus An laß des 85. Geburtstages des Reichspräsidenten be absichtigt sind. Hindenburgs SS. Geburistag Die Vorbereitungen des Festprogramms. Herbltgedanken. Stoppeln jetzt auf weiten Flächen, die zur Menschenseele sprechen: Jedes Ding währt seine Zeit! Wo erst Halme körnerschwer, ist der Acker öd und leer, denn der Winter ist nicht weit. Doch wir wissen, Frucht der Aehren, wird nicht Nahrung nur gewähren, auch die Saat für nächstes Jahr. Wes dreht sich stets im Kreise, unsichtbar gelenkt und weise, wie's seit Weltenanfang war. Stoppeln auch wo Wirtschaftsleben Aufstieg uns und Kraft gegeben einst in einer guten Zeit. Hände ruhen, notgetrieben, jedoch seid getrost, ihr Lieben, auch vorüber geht das Leid. Denn es liegt ein Geistessamen, den aus guter Zeit wir nahmen, saatbereit im deutschen Blut. Saatgut aus der Väter Zeiten, streuet aus auf Ackerbreiten und es geht uns wieder gut. Sin Appell des AkiLwittschastsminislers an die Unternehmer. Bei der Einweihnng des Industrie- und Handels kammer-Neubaues in Köln hielt der Reichswirtschafts- minister Dr. Warmbold eine Rede, in der er u. a. ausführte: Es ist unmöglich, in einem so dicht bevölkerten Lande wie Deutschland ohne hinreichende eigene Rohstoffquellen allen Menschen Arbeit nnd Brot zn geben, wenn man sich Die Vorbereitungen für die Feier des 85. Geburts- Hages des Reichspräsidenten stehen vor ihrem Abschluß. .Der Reichspräsident beabsichtigt, diesmal in Berlin zu bleiben, während er sonst seine Geburtstage meistens auf dem Lande verlebt hat. Er hat aber den Wunsch, den Ge burtstag in aller Zurückgezogenheit zu verbringen. In folgedessen finden keine öffentlichen Feiern in Gegenwart des Reichspräsidenten statt. Es ist nach dem sonntäglichen Kirchgang ein Empfang des Reichskanzlers vorgesehen. Die Reichswehr schließt sich mit einem Auf marsch der Fahnenkompagnie an. Auch wird sie, wie verlautet, in den Garnisonorten im ganzen Reiche Matzkonzerte veranstalten. Die Reichspost gibt zum 2. Oktober eine besondere Kindenburg-Po st karte heraus. Sie ist nach Art der Gedenkkarte für den früheren Postminister Stephan ausgestaltet; auf der linken Seite zeigt sie das Bild des Reichspräsidenten. Die eingedruckte Briefmarke ist ein besonderes Muster, das die Umrisse des Tannenbergdenk mals zeigt. Die Reichspost wird ferner die Hindenburg- Wohlfahrtsbriefmarke am 1. November in einer neuen Ausführung herausbringen, die den Kopf des Reichs- Präsidenten im Profil zeigt. I Wilsdruffer Tageblatt I ö 2. Blatt Nr.228 — Mittwoch, den 28. September 1932 I ausschließlich auf die Hilfsquellen des e i g e n e » Landes einstellen wollte. Die Arbeitsgelegenheit muß durch Leistungen für das Ausland vermehrt werden. Dar unter darf aber niemals die Ausnutzung aller Möglich keiten, die der heimische Boden bietet, leiden. Unser Ziel muß sein, die höchste Ausnutzung des Bodens mit der Erhaltung der industriellen Arbeitsstätten und mit der Pflege von Handel und Verkehr zu verbinden. Die Ent wicklung in der Welt ist in den letzten Jahren in einer Richtung gelaufen, welche diesen deutschen Lebensnol- wendigkeiten entgegen ist. Wir wollen hoffen, daß die Er kenntnis, daß das deutsche Interesse gleichgerichtet ist mit den Interessen der übrigen Welt, auf der kommenden Weltwirtschaftskonferenz sich praktisch aus wirkt. Unsere Lage erlaubt es uns jedoch nicht, bis zu diesem Zeitpunkt zu warten. Die Reichsregierung mußte daher den Versuch machen, durch eine Reihe von Maß nahmen die Überwindung des gegenwärtigen Notstandes zu erleichtern. Das Gelingen des Wirt schaftsprogramms hängt von der Mitwirkung der ganzen deutschen Wirtschaft ab, ganz besonders dürfen die mittleren und kleineren Betriebe ihre Mitwirkung nicht versagen. Ich möchte an das ge samte deutsche Unternehmertum den Appell richten, die gebotenen Möglichkeiten weitestgehend auszunutzen. Der Redner schloß mit dem Wunsche, daß stets der Glaube an eine bessere Zukunft lebendig sein möge, und daß über allen Gegenwartsnöten nicht vergessen werde, daß noch immer, auch im Wirtschaftlichen, auf Krankheit und Depression Erholung und Aufstieg gefolgt sind. Auch Reichsbankpräsident Dr. Luther richtete in seiner Rede bei den KölnerEinweihungsfeierlichkeiten einen Appell an die Wirtschaft, sich aus innerer Überzeugung dem Regierungsprogramm einzufügen und sich nicht in der Kritik an Einzelheiten zu verlieren. Mit Nachdruck betonte er, daß es eine Gefahr für die Währung nicht gebe. Im übrigen mahnte er, die Bedeutung unserer Aus landsbeziehungen für die Entwicklung unserer Industrie nicht zu unterschätzen. Vrachl über die Stellung der Polizei. Vor dem Vorstand und Ausschuß des Verbandes Preußischer Polizeibeamten erklärte der kom missarische preußische Innenminister Dr. Bracht in einer Rede über die Stellung des Polizeibeamten im Staate, die Polizei stehe auf der Linie, aus der sich Staat und Volk berührten, und von ihrer Haltung hänge es in hohem Maße ab, daß zwischen Staat und Volk keine Kluft bestehe. Je mehr es gelinge, auf rechte und ihrer Überzeugung treue Männer in der Polizei zu einem von keiner Partei beeinflußten Beamtenkörper zu verschmelzen, desto stärker werde die Stellung der Polizei im Gesamtrahmen des Staates sein. Die Ent scheidung in Personalangelegenheiten dürfe keine Angelegenheit der Parlam ente sein, auch keine Angelegenheit der Verbände. Die Fragen des Wahl rechtes und der Koalitionsfreiheit bezeichnete der Minister als noch nicht spruchreif, er erklärte jedoch, die Einschränkung solcher Rechte für Männer, die an hervorragender Stelle dem Staate zu dienen berirfen seien, dürfte nie eine deklassierende Maßnahme, sondern allein das Zeichen einer besonderen Einstellung im Staate sein. Dem Treueid auf die Verfassung sei und bleibe die Beamtenschaft verpflichtet. „Der Weg in die Zukunft", so schloß Dr. Bracht, „stellt uns vor die Aufgabe, durch eine zweckmäßigere Form der Verfassung neue Formen einer Willensbildung des Volkes und damit einer tätigen Mitarbeit des Volkes an den öffentlichen Angelegenheiten zu finden." * Keine Aussagegenehmigung vor -em Landlagsausschuß. Der Ausschuß des Preußischen Landtags zur Untersuchung der Vorwürfe gegen diePolizei bei politischen Vorkommnissen und Veranstaltungen hat seine Tätigkeit wieder ausgenommen. Zur Untersuchung stehen zur Zeit die Vorgänge beim Aufziehen der Skagerrak-Marinewache in Berlin. Die Na tionalsozialisten machen der Polizei den Vorwurf, daß sie gegen die der Wache zujubelnde Volksmenge in unzu lässiger Weise vorgegangen sei. Gleich nach Eröffnung der Sitzung gab Ministerialdirektor Dr. Klausener eine E rk l ä r u n g ab, in der es heißt: Die Sitzungen des Aus schusses hätten ergeben, daß die Polizeibeamten als An geklagte daständen, denen man teilweise mit vor gefaßter Meinung gegenüberträte. Diese Umstände er zeugten in der Öffentlichkeit und in der Polizeibeantten- schaft eine außerordentliche Unruhe. In der Öffentlich keit entstehe der Eindruck, als sei die Polizei sinnlos vor gegangen, und bei der Beamtenschaft entstehe die Auf fassung, als nehme der Minister sie nicht für Handlungen in Schutz, die in Ausübung der ihnen gegebenen Befehle erfolgt seien. Es entstehe die Gefahr, daß die Beamten in der Ausübung ihrer Pflicht erlahmten und ängstlich würden, wenn sie sich beim Waffengebrauch stets vorAugen halten müßten, unter Umständen vor einen Untersuchungs ausschuß des Parlaments zu kommen. Dadurch werde die öffentliche Sicherheit erheblich gestört. Des halb sehe sich der Reichskommissar genötigt, die Aus sagegenehmigung diesen Beamten zuversagen. Er werde sich die Aussagegenehmigung an politische und Polizeiexekutivbeamte, die für die Befehlsgebung im einzelnen verantwortlich seien, von Fall zu Fall Vor behalten. Die Regierungserklärung wurde vom Ausschuß schweigend ausgenommen. Eröffnung -er Internationalen Photo-Ausstellung. Im Festsaal des Neuen Grassimuseums in Leipzig wurde die Deutsche und 1. Internationale Photographische Ausstellung feierlich eröffnet. Eine stattliche Anzahl von Ehrengästen, Vertretern der Behörden, des Auslandes waren neben den Mitgliedern des „Verbandes Deutscher Amateurphotographenvereine" und zahlreichen Berufs photographen zu dem festlichen Akt erschienen. Kameras wurden gezückt, schon als der Vorsitzende des „Verbandes Deutscher Amateurphotographenvereine", Professor Dr. O. Kröhnke (Berlin) an das Rednerpult trat; wurde doch im 25. Jahre des Bestehens dieser großen Amateurphoto graphenorganisation die erste internationale Ausstellung eröffnet. Landesgewerberat Dr. Grainer (München) sprach für die Gesellschaft „Deutscher Lichtbildner" als deren Vorsitzender. Hanns Geißler ging dann kurz auf den Inhalt der Ausstellung ein. Oberbürgermeister Dr. Goer- deler (Leipzig) überbrachte die Grüße der Stadt.- Vierfacher Giftmord aufgeklärt. Die Breslauer Mordkommission hat die Vernehmung des unter Tatverdacht verhafteten Schuhmachers Eduard Just im Gerichtsgefängnis in Hoyerswerda fortgesetzt. Nach stundenlangem Leugnen hat der Beschuldigte schließ lich ein umfassendes Geständnis abgelegt. Die Mord kommission hatte feststellen können, daß der Täter seinen Opfern nach und nach in stärker werdenden Dosendas Gift beigebracht hatte, um so eine Erkrankung wahrscheinlich zu machen, und daß das Gift aus einem Einbruch in den Vorratsraum einer Glashütte stammte. Diesen Beweisen gegenüber konnte der Beschuldigte seine irreführenden Angaben nicht aufrechterhalten; er gestand, die Familie Grobars - Vater, Mutter und Sohn — sowie seinen Schwiegervater ums Leben gebracht zu haben. LeSs WochenGesananis für eine Ohrfeige Ein Kaplan aus Grund der Notverordnung verurteilt. Am Abend Les 19. Juni d. I. ger-et der Kaplan Heinrich Steinmetz aus Koblenz-Moselweiß mit einem - Dentisten aus Koblenz, der der NSDAP, angehört, in eine politische Auseinandersetzung. Bei dem Wortwechsel glaubte sich der Kaplan beleidigt und versetzte seinem Gegner eine Ohrfeige. Dieser erstattete An zeige, und der Kaplan hatte sich wegen Vergehens gegen 8 223 des Strafgesetzbuches und 8 12 der Not verordnung vom 14. Juni 1932 vor dem Koblenzer Schöffengericht zu verantworten. Das Gericht erkannte den Angeklagten nach der Beweisaufnahme für überführt und verurteilte ihn auf Grund der Notverordnung zu einer Gefängnisstrafe von sechs Wochen. Es geht allen gleich. Allen! Erst schreien sie vor Wonnen, in kriechen sie vor Leid." dann kriechen sie vor Rosmarie nickte, lehnte neben ihm an einem Pfosten des Zeltes und horchte auf Horvaths Stimme, der drinnen mit dem Kinde sprach. „So groß ist mein Junge schon! So groß! Aahl — Und einen Kuß kann er geben! Noch einen, Udo! Noch einen, ja!" Janos sah zu ihr auf. In dem pergamentenen Gesicht Statt einer Antwort kam ein tiefes Atemholen. „Guido, ich möchte so gerne wieder frei sein! Ganz frei von ihm!" „Rosmariest' „Ich möchte die Fesseln wieder abschütteln können, einem Manne Weib sein zu müssen, einem Manne, Guido, dem die Berühmtheit mehr gilt als all die Liebe, mit der ich ihn überschüttet habe." „Du bist ungerecht, Rosmarie!" „Ich habe geglaubt, ich sei ihm alles!" „Das bist du auch! Glaub mir's doch! Wir Männer sind nur anderer Art. Versuche dich in seine Lage zu denken." „Ich will nicht. Wenn ich dich geheiratet hätte, Guido, würdest du mich auch nach so kurzer Zeit schon allein zurück gelassen haben und über mich hinweggegangen sein?" In Horvaths Gesicht kamen und gingen die Farben. „Ros marie, bedenke." „Ach so." Sie sah mit müden Augen nach dem feinen Nebelstreifen, der den Horizont umrandete. „Das ist wieder eine Frage, auf die ein Mann lügen muß. Nein, sprich nicht! Ich schenke dir die Antwort." Er sah die aufeinandergepreßten Lippen und die Härte in ihrem Blick und neigte sich über ihre Hände. „Sein Beruf ist doch auch so ganz ein anderer als der meine," verteidigte er den abwesenden Freund. „Ich hätte dich selbstverständlich überallhin mitgenommen, wohin du mir hättest folgen wollen." „Durch die ganze Welt, Guido!" Seine Hände hingen zwischen den Knien zu Boden, und sein Rücken war tie^ nach vorn geneigt, damit sie sein Ge sicht, aus dem jede Farbe gewichen war, nicht zu sehen ver mochte. Nach einer Weile erhob er sich. „Kommst du mit? Ich gehe zu Ianos!" Sie schloß sich ihm an. Schweigend gingen sie zusammen über die Sturzäcker, den Rain entlang, nach der Hütte des Rinderhirten. Als sie vor dem Alten standen, hielt er die Augen zu einem Spalt geöffnet und blinzelte zu ihnen auf. spielte ein Lächeln. „Wenn du ein Kind hättest, Rosmariel Ueber einem Kinde vergißt man den Mann." Sie schauerte zusammen. „Um Gott, nur das nicht!" Sie fühlte, wie eine sengende Hitze ihren Körper durchjagte, und dann kam ein Frost, der sie gleichzeitig zu schütteln begann. „Nur das nicht!" Horvath kam aus der Hütte, den Kleinen an der Hand. „Wie ähnlich er dir ist," sagte Rosmarie ahnungslos, setzt« sich neben Janos auf ein Bündel Heu und nahm den Knaben auf den Schoß. „Ueberlaß ihn mir, Janos, er soll es gut bei mir haben." „Es geht ihm nicht schlecht," war die Erwiderung. „Wenn es kalt wird, schläft er bei Raja Bosanyi, und wenn er groß ist, kommt er zu seinem Vater in die Stadt." „Er hat einen Vater?" fragte die junge Frau und errötete, als der Hirte ein leises Lachen anhub. Guido neigte sich zu dem Kinde herab und streichelte sein und Rosmaries Haar. Der Kleine strebte von ihrem Schoß und trabte mit dem Hunde, der den Pferch umkreiste. Der Künstler sah jeder seiner Bewegungen nach, verfolgte die dicken festen Beinchen, dis mit dem Tier Schritt zu halten trachteten und horchte auf das Jauchzen, das herüberklang, als er ein Füllen einzuholen suchte. Er hatte wahrhaftig nichts von seiner Mutter. Alles von ihm! Die Aehnlichkeit wurde mit jedem Sommer wahrnehm barer. Auch Rhythmus und Sinn für alles Schöne war dem Jungen angeboren. Vielleicht würde Naja diesmal seinen Bitten zugänglicher sein und das Kind seiner Obhut überlassen. Er sah auf Rosmarie herab und erwog blitzschnell, ob er sich ihr anvertrauen sollte. Aber sie würde sich vielleicht dann von ihm zurückziehen und es peinlich empfinden, oft mit ihm allein zu sein. Trotz ihres Weibtumes und des Leides, das sie jetzt erfuhr, war sie doch noch eine Frauenblüte, di« behütet sein wollte. Er hatte auch Furcht, ihr Vertrauen zu ver lieren. Am Abend wartete er, bis Raja zu Janos heraus kam, um dem Jungen gute Nacht zu sagen. Raja und Horvath sahen sich selten, oft vergingen Tage, bis sie sich zu Gesicht bekamen. Sie begrüßten sich mit einem schweigenden Nicken und hatten denselben knappen Gruß, wenn sie sich verabschiedeten. Niemals gingen sie gemeinsam nach Hause. In Rajas Ohr trompetete das Wort des Vaters: „Für einen Horvath und l eine Bosanyi gibt es keine Brücke." (Fortsetzung folgt.) , MMNeWchenM- ilWeiMröergekM <32. Fortsetzung.) „Rosmarie, ein Brief von deinem Mann! Der zwanzigste, glaube ich " Aga lachte und knüpfte die Schurzbänder über den breiten Hüsten. Sie blieb stehen, bis die junge Frau die Hülle ausgeschnitten hatte, die Zeilen las und dann, ohne ein Wort zu verlieren, die Blätter auf den Tisch zurücklegte. „Geht es ihm gut?" Aga verspürte seit kurzem, daß sie Nerven hatte und daß diese zappelig zu werden begannen. Rosmarie nickte gleichmütig. „Was sollte ihm fehlen?" Sie nahm den Brief, riß ihn in kleine Stücke und ließ sie in die Glut des Herdes fallen. Mit einem Kopfschütteln sah die Alte ihr nach, wie sie nach dem Garten ging. Wenn das ein gutes Ende nahm! Ros maries Vater war auch gegangen, sogar dreimal. Nie hatte die Mutter gezürnt. Und als er das drittemal zurückkehrte, war sie tot gewesen, gestorben an der Sehnsucht nach ihm. Rosmarie würde nicht an der Sehnsucht nach ihrem Manns sterben. Sie würde ihren Weg allein gehen, auch ohne ihn. Und wenn er wiederkehrte? Sie spähte durch das Fenster und sah die junge Frau im Schatten der Obstbäume sitzen und in den Himmel starren, so weit das Geäst ihn freigab. Schwalbenpaare schwirrten über sie hinweg, und ein Kranich strebte dem Süden zu. Am Haus vorüber eilte ein Schritt. „Horvath!" Die Alte fuhr mit dem Handrücken nach dem Munde, der den Namen gesprochen hatte. Rosmarie sah erst auf, als der Geiger dicht vor ihr stand. „Noch immer in Trauer, Kind?" Er nahm ihr dunkles Kleid sorgsam zur Seite, um neben ihr Platz zu finden. „Schreibt er auch fleißig, der böse Mann? Wieviel Schwüre der Treue hast du ihm schon geschickt?" „Keinen! Ich habe kaum zwei seiner Briefe beantwortet." ' Er wurde ernst. „Das darfst du nicht tun! Du weißt nicht, wie hart man wartet. Denn quälen, nicht wahr, ihn mit Absicht quälen, das willst du doch nicht!"