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Tagesspruch. Vielfach ist der Menschen Streben, Ihre Anruh, ihr Verdruß; Auch ist manches Gut gegeben, Mancher liebliche Genuß; Doch das größte Glück im Leben And der reichlichste Gewinn Ist ein guter, leichter Sinn. Der „Geburisiag" -es Gustav-A-ols-Bereins. Die Liebesgaben des evangelischen Deutschland. Die Schlußsitzung der Reichstagung des Gustav-Adolf- Vereins in Leipzig brachte die Überreichung der Liebesgaben. Die Gaben sind im Altarraum der Kirche aufgebaut: Man erblickt zwei neue Glocken, ein silbernes Kruzifix, Altargeräte, Altardecken und manches andere. Die Versammlung wurde mit der Verlesung eines Telegramms des Reichspräsidenten eröffnet. Reichspräsident von Hindenburg wünscht dem Verein weitere segensreiche Arbeit im Dienste der evangelischen Kirche. Die erste Gabe ist die „Sachsengab e" im Gesamt beträge von 150 000 Mark. Dann folgt die Spende sächsi scher Frauenvereine, die aus drei vollständigen Altartischen, einem Kruzifix und anderem besteht. Zwei Vogtländerinnen in Landestracht überreichten zwei Teppiche für ein Diasporagotteshaus. Für die Gabe des Gustav-Adolf-Frauen-Vereins im Betrage von 25 000 Mark ist zum erstenmal in größerem Umfange auch außer halb der Reichsgrenzen gesammelt worden. Am Ende der langen Reihe steht die in Tausenden von Kindergottes diensten gesammelte Gustav-Adolf-K i n d e r g a b e, die in einem Betrage von 29 000 Mark überreicht wurde. Der Präsident nahm die Gaben mit Worten der Freude und des Dankes entgegen. Als Ort der nächsten Tagung des Gustav-Adolf- Vereins wurde Königsberg bestimmt. Mit dem Ge sang des letzten Verses des Liedes „Nun danket alle Gott" fand die Jahrhundertfeier des Gustav-Adolf-Vereins ihren Abschluß. Verbandstag -er Post- und Telegraphenbeamten. Der 21. Verbandstag des Reichsverbandes Deutscher Post- und Telegraphenbeamten findet dieser Tage in Berlin statt. Die rund 150 000 Beamten, vor allem des unteren und mittleren Dienstes bei der Reichspost, die Mitglieder des Reichsverbandes sind, werden durch über 160 Abgesandte aus allen Teilen des Reiches vertreten. Nach einer Begrüßungsansprache des Verbandsvorsitzen den K U g l c r, der im Zusammenhang mit der Begrüßung von Vertretern der französischen Bruderorganisation der Hoffnung Ausdruck gab, daß das deutsche Verlangen nach Gleichberechtigung bald in Erfüllung gehen möge, über brachte der Bundesvorsitzende Flügel der Tagung die Grüße der Spitzenorganisation. Er trat besonders für die Notwendigkeit des geschlossenen und parteipolitisch neutralen Wirkens der Beamtenorganisationen ein, deren Fürsorge vor allem auch den wirtschaftlich Schwachen gelte. Kurze politische Nachrichten. Der Reichskanzler wird am Donnerstagabend um 19 Uhr über alle deutschen Sender über die Winter hilfe sprechen. * Die Wirtschaftskonferenz von Stresa ist geschlossen worden. Es wurde ein Bericht angenommen, dessen Hauptpunkte in einer Reihe von „Empfehlungen" bestehen. Ein Erfolg wurde nicht erzielt. Hindenburg harrt aus bis zum Manöverschluß. Der Reichspräsident nimmt an der Kritik teil. Reichspräsident von Hindenburg begab sich von Für stenberg aus an die Oder, um den Übergang von Teilen der 1. und 2. Kavalleriedivision über den Strom zu be sichtigen. Dann besuchte er die motorisierten Aufklärungs truppen der roten Partei bei dem Brückenkopf Müllrose, auf dem zwischen Müllrose und Frankfurt gelegenen Gefechtsselde wohnte er Kämpfen zwischen der Auf klärungsabteilung der 4. Kavalleriebrigade und dem Infanterieregiment 9 bei und begab sich dann nach Neu hardenberg, wo er die Nacht verbringt. Der Reichs präsident wirv auch dem Abschluß des Manövers am Donnerstag noch beiwobnen und gegen Mittaa an der Schlußbesprechung im Schützenhause zu Frankfurt (Oder) teilnehmen. Der Reichspräsident im Manüvergelände, links von ihm stehend der Ches der Heeresleitung General von Hammerstein. Amterzusammenlegung in Rheinland-Westfalen. Durch Erlaß des preußischen Ministers des Innern vom 15. September mit Wirkung vom 1. Oktober 1932 ist die Zusammenlegung einer Reihe rheinischer und west fälischer Ämter in den Kreisen Cochem, Düren, Prüm, Wittlich, Daun und Wittgen st ein ver fügt worden. Hierdurch wird die Zahl der Ämter in den betreffenden Gebieten von 33 auf 14 vermindert. Diese Zusammenlegung, die im Einvernehmen mit den zuständigen Bezirksausschüssen und im wesentlichen auch im Einverständnis mit den Vertretungskörperschaften der beteiligten Kreise, Ämter und Gemeinden erfolgt, be zweckt eine durchgreifende Verbilligung der Verwaltung. Nach vorsichtiger Schätzung wird selbst diese nicht allzu weitgehende Zusammenlegung schon Ersparnisse in Höhe von mindestens 100 000 Mark bringen, denen irgendwie erhebliche Erschwernisse für die Bevölkerung nicht gegen- überftehen. Die Negierung ist gewillt, so heißt es in der amtlichen Mitteilung, die cingeleitete Vereinfachung der Verwaltung des flachen Landes in den beiden W e st p r o - vinzen fortzu setzen und die heute unbedingt er forderliche Verbilligung der ländlichen Verwaltung als bald zum Abschluß zu bringen. Der Veamtenausschuß des Preußischen Landtages richtete an den Reichskommissar das Ersuchen, bei der Neu gliederung von Landkreisen dafür zu sorgen, daß die Kün digungen von Angestellten der Landkreise und Amtsgerichtsbezirke sofort rückgängig gemacht und An gestellte vor Entlassung durch Unterbringung in andere Verwaltungen geschützt werden. Entschließungen -er Christlichen Gewerkschaften. In der Schlußsitzung des Kongresses der Christlichen Gewerkschaften wurde eine Reihe von Entschließungen angenommen, die sich gegen die Notverordnungen der Re gierung Papen, gegen die Arbeiierentlassungen bei der Reichsbahn, für Erhaltung eines sozialen Arbeitsrechts, für Steuergerechtigkeit, für Wiederherstellung der Rechts grundlage in der Sozialversicherung, für stärkere Fürsorge der arbeitslosen Jugendlichen, für gerechtere Entlohnung der weiblichen Arbeiter und endlich für einen intensiven Aufbau des freiwilligen Arbeitsdienstes aussprachen. Die Autarkiebestrebungen der Grünen Front, die den Lebens raum und die Existenzmöglichkeiten der Arbeiterschaft in gefahrdrohender Weise beschränkten, wurden entschieden abgelehnt. An die Regierung wurde die Warnung ge richtet, in ihren wirtschaftspolitischen Entscheidungen sich nicht von einseitiger Jnteressenwirtschaft leiten zu lassen. Der Hauptvorstand wurde ermächtigt, in einem be sonderen Protesttelegramm an die Reichsregierung dieser Willensmeinung des Kongresses Ausdruck zu geben. Rund 12 Millionen Wohlsahrts- briefmarlen verlaust. Eine neue Markenausgabe in Sicht. Von den Wohlfahrtsbriefmarken der Ausgabe 1931/32 zugunsten der Deutschen Nothilfe sind insgesamt 11917 000 Stück verkauft worden. Der Ertrag, der zum größten Teile bereits von den örtlichen Wohlfahrtsstellen zur Linderung der Wintersnot verwendet wurde, beläuft sich auf 610 00 Mark. Die Vorbereitungen für den Ver trieb der diesjährigen Wohlfahrtsbriefmarken für die Deutsche Nothilfe sind im Gange. Der Wohlfahrtsbrief markenverkauf wird wiederum einen Teil des großen deutschen Winterhilfswerkes bilden. Konkurs einer Berliner Vaugesellschasl. 1000 Beamte geschädigt. Das Amtsgericht Berlin-Tempelhof hat über das Ver mögen der Heimbau-G. m. b. H., einer gemeinnützigen Beamtenstedlung, die mit Schulden in Höhe von über dreiviertel Millionen Mark zusammengebrochen ist, das Konkursverfahren eröffnet. Etwa 1000 Beamte, die Genossen der G. m. b. H. waren, sind um ihre Anteile in Höhe von 200 Mark geschädigt und werden voraussichtlich von« Konkursverwalter zur Zahlung von weiteren 200 Mark herangezogen werden Ob di« Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder irr irgendwelche: Weise zur Verantwortung gezogen werden, läßt sich nock nicht überblicken. Hilferuf aus Olvenbura. Ein Schreiben der Regierung an den Reichspräsidenten. Die oldenburgische Regierung wendet sich um Hilfe für die Landwirtschaft in einem Schreiben an den Reichs präsidenten. In dem Schreiben heißt es: Die Lage der oldenburgischen Landwirtschaft führe infolge unsittlich hoher Abgaben und Zinslasten zum Erliegen eines Be sitzes nach dem anderen. Höse würden zu Spott preisen verschleudert, und der einst seßhafte Bauer werde znm heimatlosen Bettler. Eine einzige Katastrophe sei das Schicksal der S i e d l e r. Was dort an Elend und Jammer heute zu finden sei, könne dem Reichspräsidenten einfach nicht bekannt sein, sonst hätte er dem unsittlichen Zustand längst ein Ende bereitet. Das Schreiben fordert dann: 1. eine sofortige Herabsetzung des Reichsbankdiskonts aus höchstens 2 Pro zent und des Privatdiskonts auf 3 Prozent, wobei jedes Nehmen von Unkostenzinsen oder Vermittlergebühren strengstens untersagt wird. Die Ausplünderung der Arbeit durch höhere als die gesetzlichen Zinsen mutz durch ein Wuchergesetz unter schwerste Strafe gestellt werden; 2. die Aussetzung aller Zwangsverkäufe und Ver steigerungen für ein volles Jahr, damit allen Eignern Zeit und Möglichkeit gegeben wird, aus ihrer in den meisten Fällen nur vorübergehenden Zwangslage heraus zukommen. iMMMöergMir >19. Fortsetzung.) Es wurde Nacht, und Guido und Rosmarie waren noch immer nicht zurück. Mit weit geöffneten Augen durchbohrte der Hirte die Dämmerung. War Horvath jo gewissenlos, daß ihm selbst ein Weib nicht heilig war, das noch den Stempel der Kindheit im Gesicht trug? Zweimal hatte Aga schon einen Knecht geschickt mit der Frage, ob er nicht wisse, wo Rosmarie zu suchen sei. Er hatte Aga immer wieder- vertrösten lassen. Dann endlich erklang der Hufschlag aus der Ferne, und es erschienen zwei dunkle Punkte, die merklich größer wur den. Nun eine jubelnde Stimme: „Janos, es war herrlich!" Rosmaries Augen strahlten ihn an. Ihre Wangen glühten vom scharfen Ritt, und die Flechten, die sie sonst immer hoch gesteckt trug, ruhten in schwerer Fülle auf ihrer Brust. Der Alte sah in Horvaths Gesicht, bemerkte 'den gütig liebevollen Blick, mit dem der Künstler das Mädchen um faßte und war beruhigt. Nein! Er hatte ihr nichts zuleid getan. Mit einem Aufatmen tätschelte er die Flanken des Hengstes, der Rosmarie getragen hatte. „Bist ein gutes Tier, Bela! Bist ein braver Kerl, mein Junge! Ich habe etwas für dich, Kindchen. Steig für ein paar Minuten ab, dann kannst du es sehen." „Darf ich mitkommen?" fragte Horvath bittend. „Wenn du willst, Guido." Ein Aufschrei Rosmaries. „Guido, sieh doch! Ist das nicht entzückend?'^ Strahlend vor Glückseligkeit stand sie über das schlafende Kind geneigt und streichelte über das Köpfchen. „Janos, wie kommst du zu diesem Kinde?" fragte Horvath. „Ich hab's geschenkt bekommen," sagte er gleichmütig. Horvath stand in schweigendem Schauen. „Geschenkt? — Willst du dich nicht deutlicher ausdrücken, Janos?" „Ich kann nicht anders sagen," beharrte der Alte. „Vor zwei Jahren, als die Steppe blühte, hat's vor meiner Tür gelegen. Mehr weiß ich nicht." »Und seine Mutter?" Ein Kopfschütteln. „Die hab ich nicht zu Gesicht gekriegt." Der Kleine hatte ausgeschlafen und reckte die feinen Glie- derchen, schloß aber die Augen sofort wieder, als blende ihn das Tageslicht. „Wie süß," flüsterte Rosmarie. „Guido, mach doch die Lider einmal zu — dann sieht er dir verblüffend ähnlich." Ein dunkles Rot kroch über Horvaths Antlitz bis an die Schläfen. Ohne ein Wort zu sagen, trat er aus der Hütte. Rosmarie folgte ihm und ließ sich in den Sattel heben. Sie hätte das Kind so gerne mit nach Hause genommen. Kaum hatte der Künstler das Mädchen bei Aga abgelie fert, jagte er zurück zu Janos, der an seiner Pfeife saugend vor der Hütte saß. „Hat's dich noch einmal hergetrieben?" forschte er, ohne den Geiger dabei anzusehen. „Wer ist das Kind?" „Wahrscheinlich eines, das zuviel ist." Es war die gleiche Antwort, die auch Bosann' erhalten hatte. „Ich weiß, wer seine Mutter ist." „Ja? Weißt du das?" „Janos!" Horvaths Augen brannten in die des Alten. Seine Hände hielten die pergamentenen des Alten um klammert. Die Stimme versagte vor Heisersein! „Janos! Sag, ob es mein Kind ist!" „Wie soll ich das wissen?" „Sag, ob es der Raja gehört?" „Ich weiß es nicht." „Janos!" schrie Horvath auf. „Sie hat mein Kind ver schenkt." Ueber die Wangen des Alten zitterte eine Träne. Guido lehnte das Gesicht gegen die morsche Bretterwand der Hütte und stöhnte in übergroßer Not. „So über alle Maßen haßt sie mich!" „Nein, so groß ist ihre Liebe, Guido." „Daß sie mein Fleisch und Blut vor fremder Leute Türen legt." „Ich bin kein Fremder, Guido! Sie kam zu mir in einer Stunde hoffnungslosester Verzweiflung. Ich wußte keinen Rat, um dich vor Bosanyis Händen und sie vor der Verach tung der Leute zu schützen, als daß ich ihr anbot, ich wollte das Kind in meine Obhut nehmen, bis sie es wieder zurück verlangt." „Janos!" Horvaths Finger quetschten die des Hirten, als ob er ihm die Gelenke zermalmen wollte, „Ich nehme den Raja Bosanyi kam über die Felder, den breitrandigen Strohhut über den Arm hängend, so daß die Nachmittags sonne voll aus ihr Gesicht brennen konnte. Unter dem Rot dornbaum der Grenzmarkung stand der Künstler und wartete auf sie. Er hatte sie kommen sehen. Seine Hände lagen in der Tasche des Rockes geballt, und das Zittern des Hemdes verriet die Erregung, die ihn durch wühlte. Sie wollte ohne Gruß und Blick an ihm vorüber, aber sein hohnvolles Auflachen riß ihr den Kopf zurück. Dann machte sie ein paar Schritte auf ihn zu. „Hast du ein Recht, mich zu verhöhnen?" „Ich denke." „Du?" „Ein Weib, das sein Kind verschenkt." Das mattgebräunte Gesicht vergilbte jählings. „Mein Kind hast du vor Janos Türe gelegt!" schrie er sie an. Er vermochte sich nicht mehr zu beherrschen Der Mensch, der vor Raja Bosanyi stand, war furchterregend. Ihre Hand zitterte nach dem blutleeren Gesicht empor. „Du hast kein Recht, mich so zu schmähen." „Das habe ich." „Vielleicht — wenn es dein Kind wäre! Aber es ist nicht das deine.'/ „Du lügst!" Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin lange fort gewesen, fast ein Jahr. In Wien ist es mir dann passiert! Ja, in Wien. Ich kenne nicht einmal seinen Namen." „Raja!" „Laß!" gebot sie, als er nach ihren Händen griff. „Nun kannst du gehen und meine Schande in die Steppe schreien. Ich fürchte' mich nicht mehr." „Raja!" Er wagte es nicht, ihr noch einen Schritt näher zu treten. „Ich will nichts, als daß du mir sagst, ob es mein Kind ist." (Fortsetzung solgt.) Knaben mit mir. Und werde mich vor aller Welt als sein Vater bekennen." „Und wenn man dich nach der Mutter fragt?" Der Künstler hielt die Fäuste gegen die Schläfen und stöhnte wie ein Tier. „Trag's, Guido, trag's!" mahnte der Alte. „Es wird noch Schwereres kommen." „Schwereres gibt es nicht mehr." Der Alte lächelte mitleidig, er wußte es besser.