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Wilsdruffer Tageblatt I 2. Blatt Nr. 200 — Freitag, den 26. August 1932 I Tagesspruch. Sache des Staates ist es, das Nützliche, Aufgabe des ein zelnen, das Schöne heworzubringen. O. Wilde. * Es kommt immer ganz anders! Das ist das wahrste Wort und im Grunde zugleich auch der beste Trost, der dem Men schen auf seinem Erdenleben mit auf den Weg gegeben wor den ist. M. Raabe. Gold und Silber lieb ich sehr... Was alte sächsische Sagen erzählen. Etwas Köstliches ist das Sagengut eines Volkes. Da lebt seine Seele darin; Gedanken, Hosfnungen, Wünsche, Erinne rungen, die man sich scheut, im Alltag auszusprechen, die aber lies im Herzen ihre Statt haben, kommen in den Sagen an das Licht. Ein Volk, das viel Gemüt hat, wird auch viele Sagen sein eigen nennen, — und kaum ein anderes Volk ist so sagenreich wie das deutsche. Und jeder deutsche Stamm wieder verfügt über seine eigenen Sagen. Zahlreich sind die Sagen vor allem auch in unserem Sachsenlande; jede Stadt, jedes Dorf kennt sie. „Was rauscht mit Hellem Klang empor zu Tage? Ein Wunderborn: des Volkes hcil'ge Sage!" Schatzsagen haben zu allen Zeiten die Phantasie des Volkes beschäftigt. Mühselig ist das Leben der Menschen immer ge wesen, und gar zu gerne träumen sie von einer besseren Zeit, die ihnen alle Sorgen nimmt. Gold und Silber befreien von mancher Not, aber nur durch eine Art Wunder sind sie meistens zu gewinnen. Nun, solche Wunder soll es ja schon gegeben haben . . . Eine Frau in Bermsgrün hat einmal eins erlebt. Im Walde fand sie mehrere wohl geordnete Häuschen rund licher Fichtenrindenstückchen, die man in der dortigen Gegend „Kutter" nennt. Sie dachte, hier hätten Kinder gespielt, und sie nahm für ihre eigenen Kinder ein paar der Kutter mit nach Hause. Als sie in ihrer Stube ihren Korb aufdeckte und die Kutter herausnehmen wollte, fand sie an deren Stelle lauter glänzende Goldstücke. Nun eilte sie in den Wald zurück, um auch die anderen Kutter zu holen, aber keine waren mehr zu finden. In Lößnitz wieder träumte einem Mann, daß im Walde zwischen Schloß Stein und Niederschlema an einem Weißen Felsen eine große goldene Kette liege. Um Mitternacht begab er sich auf die Suche. Er hatte auch Glück und fand die Kette, fo groß wie eine Hemmkette war sie. Und schwer! Er mußte sie am ersten Gliede anpacken und hinter sich her schleppen. Auf dem Nachhausewege hörte er neben sich allerlei greulichen Lärm und sah wunderliche und grausige Gestalten. Aber er sah sich nicht um und setzte unentwegt seinen Gang fort. Als er seine Hanstüre erreicht hatte, wurde der Lärm immer furchtbarer, und da warf er endlich einen Blick zurück. Und nun wurde plötzlich alles still, aber auch die Kelte war verschwunden! Nur das erste Glied hielt er noch in der Hand. Es war jedoch genug, um ihn znm wohlhaben den Manne zu machen. Leicht ist es ja überhaupt nicht, Schätze zu gewinnen. Mancher ist schon nahe daran gewesen und hat im letzten Augenblick doch noch verzichten müssen. Eine Frau aus Königs- Walde ging mit zwei Nachbarinnen zur Kräutersuchc an den Bärenstein. Sic sah, wie sich der Berg austat und darinnen eitel Silber uud Gold lagen. Da rief sie die anderen Frauen — und schon schloß sich der Berg wieder. Auf dem Nodigberg bei Nossen bcsindct sich ein großer Rundwall, in dem einmal eine Burg gestanden haben soll. Dort gibt es manche Stellen, die unter dem Tritt hohl klingen. Und hier soll ein großer Schatz liegen; um Mitternacht haben an diesen Stellen ver schiedene Leute schon blaue Flämmchcn Hüpfen sehen. Zur Mitternachtsstnnde am Christabend soll man den Schatz heben können; aber wie man das im einzelnen anfangcn mutz, weiß niemand. Ähnlich ist es am Burgwartsbcrge bei Pesterwitz. Dort steht zuweilen ein Licht, das eine hier liegende ver zauberte Braupfanne mit Gold anzeigt. Noch niemand hat sie zu heben verstanden. Die Stadtpfeifer von Geyer haben dagegen Glück gehabt. Sie hatten im Thümer Ratssaale. Musik gemacht und traten Llissbstk ei'obsnt siek öss Qlüek Koman von ^orgsoots änkolmsnn Lop^rigirt bv dlartin keuedtvaager Hallo (Laale- s16 „Oh, Fräulein Pfilipp!" sagte das Mädchen. „Wir hatten schon solche Sorge um Sie, weil Sie gestern nicht gekommen waren. Die gnädige Frau wird glücklich sein, daß Sie endlich da sind." Das Mädchen führte Elisabeth ins Haus, eine kurze, teppichbelegte Treppe hinauf, in eine gemütlich ein gerichtete Diele. Hier wartete Elisabeth klopfenden Herzens auf das, was nun weiter folgen würde. Wenige Minuten später erschien eine ältere Dame. Sie streckte Elisabeth beide Hände entgegen. „Oh, wie gut, daß Sie da sind, Fräulein Pfilipp! Wir hatten solche Sorge um Sie. Ich bin Frau Schelmer, eine Tante des Herrn von Eckertsburg. Er hat mich ge beten, mich Ihrer anzunehmen, und ich freue mich, daß wir Hausgenoffen werden. Ich habe schon viel Gutes von Ihnen gehört, und ich hoffe, wir werden sehr gute Freunde werden. Ich führe Sie gleich in Ihr Zimmer, damit Sie sich zurechtmachen können. Ich hole Sie dann bald zum Frühstück, und Sie er zählen mir, was eigentlich mit Ihnen los war." Elisabeths einsames Herz hatte sich vom ersten Augen blick an der warmherzigen, mütterlichen Frau erschlossen, die sie so liebevoll empfangen hatte. Wie dumm sie ge wesen war, daß sie nicht gleich hierher gekommen. Mit dieser Frau würde sie sicher gut zusammenleben können. Willig ließ sie sich von Frau Schelmer führen. Es ging wieder eine kleine Treppe hinauf. Frau Schelmer öffnete eine Tür. Elisabeth konnte einen Ausruf des Entzückens kaum -unterdrücken. Vor ihr lag ein Helles, luftiges Zimmer mit dann den Heimweg over den Memnnem an. Der erschien ihnen in der Mondnacht besonders schön, und sie beschlossen, ihm zu Ehren eine muntere Weise zu blasen. Beim Abstieg dann sahen sie große Zinnstufen am Wege liegen, die im Mondenschein glänzten. Sie meinten, der letzte Gewitterregen habe sie ausgewaschen. Sie hoben die Stufen und steckten sie in ihre Rucksäcke. Als ihre Frauen am nächsten Morgen die Säcke durchsuchten, weil sie hofften, der Mann habe ein Stück Brot oder Wurst mitgebracht, fanden sie die Stufen, und sie brachten sie zum Schmclzermcister. Der aber erkannte sie als reines Silber und zahlte reichlich dafür. Von Dauer ist der Segen freilich nicht gewesen: das viele Geld ist rasch durch die durstigen Musikerkchlen geflossen... Ruhe und Arbeit. Zwei naturgemäße Heilmittel. Von vr. meä. G. Kausmann-Dresden. Leben ist Bewegung. Zielgerichtete Bewegung ist Arbeit. Selbst der ruhende, in tiefem Schlaf befindliche Körper leistet noch Arbeit, denn die lebenswichtigen Organe, Lungen und Herz bleiben m Tätigkeit, alle Drüsen, die den Stoffwechsel regeln, bleiben im Gang, wenn auch in veränderter Form. Eine völlige Ruhe herrscht also niemals. Was wir Ruhe nennen, ist ein relativer Begriff und beschränkt sich in erster Linie auf den Bewegungsapparat, also auf die Muskeln und Gelenke. Der gesunde Körper des Menschen braucht einen beständigen Wechsel von relativer Ruhe und Bewegung. Wird unser Bcwegungsastparat lange Zeit völlig ruhig gestellt, so verliert er seine Leistungsfähigkeit. Andauernde Arbeit führt zur Erschöpfung. Ist der Mensch erkrankt, so bedarf das Wechselspiel zwischen Ruhe und Bewegung einer besonderen Anpassung an die Art der Erkrankung. Im allgemeinen gilt dabei der Grundsatz, daß jede schwere, Plötzlich auftretende, sogenannte akute Krankheit zunächst eine möglichste Ruhigstellung des ganzen Körpers erfordert, während langdaucrude, chronische Leiden immer ein gewisses Maß von Bewegung wünschens wert machen. Die Abmessung des richtigen Maßes der Dosis gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Arztes. Ein einfaches Beispiel für die Wichtigkeit dieser Fragen gibt uns ein Knochenbruch. Wir wissen alle, daß die Vorbedingung der Heilung die Ruhigstellung des verletzten Gliedes ist, um eine möglichst schmerzfreie und richtige Heilung zu erzielen. Dazu dient der Verband. Im Bereich der Bruchstelle selbst herrscht keine Ruhe, sondern im Gegenteil eine gewaltige Tätigkeit der knochenbildenden Zellen der Knochenhaut und des Knochen marks. In wenigen Tagen hat sich bereits um die Bruchstelle ein Wulst aus Blut und neugebildetem Gewebe geformt, und alle Kräfte des Organismus sind eingesetzt, um diesen ersten Wall fester und widerstandsfähiger zu machen. Inzwischen sollen die Muskeln und Gelenke durch den festen äußeren Verband ruhig gehalten werden, und zwar in einer Stellung, welche die Bereinigung der Bruchendeu begünstigt, die Muskeln aber nicht unter unzweckmäßige Spannung setzt. Sobald Wie irgend möglich.sucht man jedoch schon Bewegung in das verletzte Glied zu bringen, die benachbarten Gliedmaßen Werden massiert und leicht bewegt, die Stellung des Gelenks so eingerichtet, daß keine Muskelverkürzungen eintreten und, sobald die Bruchstelle einigermaßen gefestigt ist, werden auch Bewegungen in der Gegend der Verletzung vorgenommen, erst passiv, durch Massage, später auch aktiv. Ist der Bruch ge heilt, so müssen trotz der Schmerzen im Anfang energische Uebungen Vorgenomnien werden, nm Versteifungen zu ver meiden und völlige Gebrauchsfähigkeit zu erzielen. Ein anderes Beispiel ist die Ruhigstellung der Lungen Lei Tuberkulose durch Einblasung von Luft in den Brustfell- raum. Ist nur eine Lungs erkrankt, so kann man das ganze Organ ruhigstellen. Muß aber die Luftcinblasung (Pneu mothorax) auf beiden Seiten vorgenommen werden, so darf die Lungenatmung nur eingeschränkt aber nicht ganz rrchig- gestellt werden, und die Kunst des Arztes bei dieser modernen Behandlung der Lungentuberkulose besteht eben darin, das richtige Maß von Ruhe und Beweglichkeit zu finden, um die Heilung zu begünstigen, ohne die lebensnotwendige Atmung allzu sehr einzuschränken. Bei allen frischen, fieberhaften Krankheiten muß zunächst Bettruhe verordnet werden. Handelt es sich jedoch um alte Leute, so sucht man diese Bettruhe möglichst abzukürzen und die bejahrten Patienten bald auf die Beine oder doch wenigstens zum Sitzen zu bringen, denn alternde Organe erholen sich schwerer von langer Ruüia- entzückenden, hellgelben Schleiflackmöbeln. In der Mitte der einen Wand stand ein großes, breites Bett mit einer blauseidenen Steppdecke und blendend weißer Wäsche. Das übrige Mobiliar des Zimmers bildete ein runder Tisch, mehrere Armsessel mit blauseidenen Polstern, eine große, geblumte Couche, ein entzückender Frisiertisch mit großem Spiegel. Ein großer Smyrnateppich bedeckte den Fuß boden, und überall standen Blumen. Noch nie hatte Elisabeth ein so reizendes Zimmer ge sehen, selbst die Räume der Larsenschen Töchter hatten sich mit diesem Zimmer nicht im entferntesten vergleichen lassen. Elisabeth kam alles vor wie ein Traum. Sie konnte es noch nicht begreifen, daß sie hier wohnen, daß das ihr Reich sein sollte. Frau Schelmer riß sie aus ihrem Entzücken. „Ich sehe an Ihrem Gesicht, Kindchen, daß es Ihnen gefällt. Mein Neffe und ich, wir haben uns auch die größte Mühe gegeben. Sie sollen sich recht wohl bei uns fühlen. So, jetzt lasse ich Sie allein. In einer halben Stunde hole ich Sie zum Frühstück. Ich weiß übrigens, daß Sie Ihr Gepäck noch nicht haben. Dort drüben in dem Schrank finden Sie einige Kleider. Ich habe sie für Sie ausgesucht. Hoffentlich finden Sie etwas Passendes. Sie werden froh sein, aus den Reise- kleidern herauszukommen. Ich werde Ihnen sofort Wanda schicken, damit sie Ihnen hilft. Auf Wiedersehen also, in einer halben Stunde!" Gleich darauf klopfte es an die Tür; das Stuben mädchen erschien. Elisabeth war noch ganz benommen von dem, was sich in dieser letzten halben Stunde ereignet hatte. Sie wäre am liebsten allein gewesen. Sie überlegte, wie sie das Stubenmädchen bald wieder fortschicken konnte. Zunächst mußte sie sich's gefallen lassen, daß Wanda ihre kleine Handtasche auspackle, alle Toilettengegenstände zurechtlegte und ihr behilflich war, sich auszukleiden. Elisabeth ließ alles fast willenlos über sich ergehen. Dann war sie fertig, hatte eines der hübschen Woll Mtung als Vie junger Menschen. AVer auch Unsere junge« verwundeten Soldaten suchte man möglichst bald dazu zu bringen, die versteiften Glieder und Gelenke eifrig zu üben und zu bewegen, um wieder völlige Gebrauchsfähigkeit zu erreichen. In den letzten Jahren hat man nun zielbewußt auch die Arbeit in den Heilplan bei chronischen Krankheiten eingesetzt, und zwar nicht nur um körperliche Steifigkeit zu vermeiden» sondern auch, um eine seelische nnd geistige Erlahmung zu ver hüten. Lungenkranke, die eine lange Liegekur im Sanatorium hinter sich haben, verfallen häufig in einen Zustand halb ver träumter Stumpfheit, die das Sebstbewußtsein untergräbt und als „Zauberbergkrankheit" bezeichnet wird. Kehren diese Patienten körperlich geheilt ins Berufsleben zurück, so finden sie sich schwer zurecht. Es fehlt ihnen der Unternehmungs geist, die Schaffensfreude und die frühere geistige Elastizität. Um diese verhängnisvolle Passivität zu vermeiden, hat man mit Erfolg eine dem Zustand des Kranken und seinem Interessengebiet angemessene Form der Arbeitstätigkeit einzu- führcn versucht und dabei festgestellt, daß mau auch den ruhe bedürftigen Lungenkranken ein größeres Maß von Tätigkeit zumnten kann, als früher angenommen wurde. Wohlgemcrkt, es handelt sich nicht nur um eine einfache Beschäftigung, um die Langeweile zu vertreiben —, die sucht sich schon jeder Kranke von selbst auf —, sondern nm zweckgerichtete Arbeit, die auch gewisse materielle oder später in irgendeiner Weise verwendbare Vorteile bringt uns somit den Schaffensdrang anregt. Durch die ungeheure Arbcitsnot, die heute in dem meisten Kulturländern herrscht, droht die Zauberbcrgkrankheit sich auch ans weite Kreise unserer körperlich gesunden Volks genossen auszudehncn. Biele arbeitsfrcudige Menschen sink» infolge monate- oder jahrelanger Arbeitslosigkeit zur Un tätigkeit verurteilt. Mag die gleichförmige Tagesarbeit auch oft lästig empsunden worden sein, sie war doch ein Teil des Lebensinhalts geworden und jetzt, da sie fehlt, ist eine Leere zurückgeblieben, die fast noch bedrückender wirkt als der Mangel, den die Erwerbslosigkeit hervorruft. Hier liegt eine ungeheure Gefahr für unsere Volksgesundheit, die dringend Abhilfe fordert. Daß die Arbeit kein Fluch, sondern ein Segen für die Menschheit ist, das zeigt die Erfahrung vieler, die durch ein Unglück oder einen schweren Verlust in tiefe Traurigkeit ver setzt worden sind und die in der Berufsarbeit nicht nur Be täubung sondern Befreiung suchen und finden. Als Segen hat sie sich aber auch bei den Unglücklichsten aller Kranken, den Geistesgestörten bewährt. Die von Aengsten und Wahn vorstellungen verfolgten, wie von bösen Geistern gehetzten Menschen werden ruhiger, wenn es gelingt, ihnen eine Tätig keit zu verschaffen, die ihren Kräften angemessen ist. Die Arbeitstherapie wurde seit einer Reihe von Jahren in der Irrenanstalt in Gütersloh zum ersten Male in größerem Maßstabe erprobt und hatte so günstige Ergebnisse, saß ähn liche Methoden sehr bald in vielen anderen Anstalten auch außerhalb Deutschlands zur Einrichtung gelangten. Gerade die hier gewonnenen Erfahrungen haben den Wert einer ge regelten Arbeit als Heilfaktor deutlich erkennen lassen und dis Aufmerksamkeit ärztlicher Kreise auf dieses wertvolle und naturgemäße Heilverfahren gelenkt. Der „Tannenberafilm" vorläufig abgesagt Die am Freitag, dem Jahrestag des Beginnes der Schlacht von Tannenberg, geplante Uraufführung des H. T. Präsens-Filmwerkes „Ein dokumentarischer Film über die Schlacht von Tannenberg" (Tannenbergfilm) von Heinz Paul, Paul Oskar Höcker und Major a. D. G. v. Vicbahn ist allgemein abgesagt worden. Die schauspielerische Darstellung namentlich des Generalfeldmarschalls von Hindenburg wurde in der ursprünglichen Fassung nach Ansicht der maßgebenden Stellen der Persönlichkeit des jetzigen Staatsoberhauptes, des Reichspräsidenten von Hindenburg, durchaus nicht gerecht, weshalb der Herstellerin des Filmes nahegelegt worden war, die fraglichen Szenen zu ändern und aus ein Mindestmaß zu beschränken. Dieser Anregung hatte jedoch die Firma bis zu diesem Zeitpunkt nicht Folge leisten können. Der Filmprüfstelle in Berlin hat das Filmwerk bisher noch nicht vorgelegen. Aus Leipzig wird gemeldet, daß die beiden letzten Akte von der dortigen Filmprüfstelle beanstandet worden seien. kleider angezogen, die im Schrank hingen. Sie besah sich im Spiegel. Wie verändert sie aussah in dem eng an liegenden, modernen, dunkelbraunen Kleid mit dem weit auslaufenden Glockenrock, dem Wollkragen und der Aermel- rüsche! Ganz anders als in ihren unmodernen Kleinstadt fähnchen, die zeitlos waren uno die ihre Jugend und ihre Schönheit mehr verborgen als gezeigt hatten. Eine völlig neue Elisabeth sah aus diesem Spiegel. „Ich danke Ihnen, Fräulein Wanda", sagte Elisabeth zu dem Stubenmädchen. „Ich möchte mich jetzt noch ein. bißchen ausruhen, bis Frau Schelmer mich holt." Gleich darauf hatte Wanda das Zimmer verlassen. ' Elisabeth lag mit geschlossenen Augen auf dem Sofa und dachte über alles nach, was sich ereignet hatte. Jetzt war sie also im Hause ihres Förderers, im Hause jenes ounklen Mannes, dessen Gegenwart sie erregte, vor dem ne sich fürchtete, dessen Blick sie scheu machte und un sicher. Bisher hatte sie ihn noch nicht zu sehen bekommen. Vielleicht, daß er gar nicht hier wohnte, daß ihre Angst umsonst gewesen war. Dann konnte das Leben hier sehr schön werden. Frau Schelmer gefiel ihr ausgezeichnet. Sie hätte sich keine angenehmere Hausgenossin wünschen können Uns die Wohnung, ihr Zimmer — das alles war herrlich. Es schauderte sie, wenn sie an Frau Meyer dachte, an das schmutzige Loch, an die fürchterlichen Mädchen. Wiv gut es war, daß sie noch rechtzeitig hatte fliehen können!! Niemand durfte »Iwas von diesem scheußlichen Erlebncs erfahren. Elisabeth mochte eine Viertelstunde gelegen haben, als es an ihre Tür klopfte. Frau Schelmer trat ein. „Oh, sehen Sie aber hübsch aus, Fräulein Elisabeth! Sie haben sich aber in dieser halben Stunde gründlich ver ändert. Ja, ja, Kleider machen Leu«. Wir wollen mit dem Frühstück noch ein wenig warten. Herr von Eckertsburg hat sich angesagt. Er weiß nicht, daß Sie diese Nacht nicht hier zugebracht haben, und er braucht es auch nicht zu wissen. G»rtieHn»g folgt.)