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MdmfferNgMti Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Da» .Wilsdruffer Tagebl-tl» erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— NM. frei Haus, der Postbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten, Post- n?dmen"zu ie^e"^eil Be. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Nungen^ ^tg^n?°5m Fall, hoher« «ew°lt, Krieg -der sonstiger De. trtebsstörungen besteht Kern Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto kciUeti. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V 3 eict« Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 20 Reichrpsennige. 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Für uns Deutsche ist die ganze Außenpolitik in eine Art Sommerschlaf versunken, da uns das Hemd näher ist »ls der Rock, unser wirtschaftliches Ergehen und die innen politische Entwicklung von heute bis morgen wichtiger er scheinen als das, was jenseits unserer Grenzen vor sich geht. Uns interessiert weder die Frage, ob nnn in Süd amerika der Krieg — um im Wippchenstil zn reden — so lange zu Wasser geht, bis er ausbricht, oder ob sich der Kricgsgott, an dem so wenig Göttliches ist, rechtzeitig von dannen begibt. Ebenso gefaßt sehen wir dem Bericht der Völkcrbundkommissare entgegen, die man nach der Man dschurei geschickt hat, nm festzustellen, ob der Japaner im iliccht oder im Unrecht ist; höchstens kann man bedauern, daß bei diesem Komödicnspiel ein Deutscher beteiligt, also «uch mitverantwortlich sür das „Ergebnis" ist. Für Deutschland ist die Außenpolitik, seit sie durch die Lau- sanncr Konferenz nnd deren unmittelbaren Folgeerschei nungen eindeutig beleuchtet wurde, in eine Art Stagnation nngetrcten; denn schließlich läßt sich an der Tatsache znr Zeit gar nichts ändern, daß um die b'eidcn in recht nahe Beziehungen getretenen Hauptsonnen Frankreich und Eng land die europäische „SterncnwcU" in zwangsmäßig fest- gelegtcn Bahnen kreist und es als große Störung betrachtet and als grobe Störung behandelt wird, wenn plötzlich ein Komet dazwischcnschießt. Erst hatte der deutsche Reichswehrministcr außen politisch mit seiner bekannten Rundfunkrede ein bißchen „Leben in die Bude" gebracht, und nun tat der Reichs kanzler das gleiche in einem Interview, das er einem eng lischen Vertreter der Reuter-Agentur gewährt hatte. Er hatte in der Hauptsache zwar innenpolitische Erklärungen abgegeben, war aber doch mit ein paar Andeutungen auch darauf zu sprechen gekommen, daß er seine bereits in Lau- saunc versuchte Politik des Kampfes gegen die „Diskriminierungen" Deutschlands durch die Versailler Bestimmungen unbeirrt fortsetzeu werde, also der Politik des Kampfes nm Erringung der vollen Gleichberechtigung sür Deutschland. Herr v. Papen hatte neben der Forderung nach Sicherheit für Deutschland auch andeutend die Kolönialfrage gestreift, in der diese unterschiedliche Behandlung zu Ungunsten Deutschlands ebenfalls unzweideutig vorliegt. „Deutschland hat weder den Wunsch noch die Absicht zu rüsten, aber cs will, daß die anderen Nationen ihr Ver sprechen, abzurüsten, auch halten", sonst werde die Reichs- regicrung eben die für unsere Sicherheit notwendigen Maßnahmen in dem Sinne ergreifen, wie sie von General v. Schleicher nmrissen sind: eine Umorganisation der Reichswehr. Und die amtliche französische Depeschenagen tur verbreitet die Nachricht, die Reichsrcgierung sei ent schlossen, in Paris nnd London entsprechende d i p l o m n t i s ch e S ch r i tt e zu tun, weil sie der Ansicht sei, die öffentliche Meinung in Deutschland verlange un bedingt eine Aussprache und Entscheidung in dieser lebens wichtigen Frage unserer Sicherheit. Ein schwaches De menti aus der Wilhelmstraße wendet sich nun dagegen, daß solche Schritte tatsächlich schon geschehen seien, demen tiert also nicht die Absicht hierzu, — aber das hat schon genügt, um in Frankreich sofort die Kapitolswächtcr des Versailler Diktats zu eifrigstem Schnattern zu veranlassen. Da dies ganz einhellig und wie auf Kommando geschieht, so darf man Wohl vermuten, daß im französischen Aus wärtigen Amt auf den Presseknopf gedrückt worden ist. Man hört als Deutscher hierbei natürlich nur die alten „Argumente", die durch Wiederholung nicht richtiger und besser werden. Höchstens ist eines dabei, das bisher nicht gebraucht wurde: die innenpolitischen Verhältnisse in Deutschland machten zur Zeit eine deutsch französische Ver handlung über die „militär-politischen" Fragen ganz un möglich, eher noch gefährlich, jedenfalls aber völlig aus- pchtlos. Tenn immer hätten die Deutschen die ganze Hand verlangt, wenn ihnen auch nur ein Finger hinge- baucn würde; wenn man ihnen „Konzessionen" gemacht hatte, so wären sofort neue Forderungen aufgestellt worden, die sich gegen den Versailler Vertrag richteten. Nach der Rheinlandränmnng die Annullierung der Repa- rationen, dann die Rüstungsfreiheit und jetzt gar noch die Rückgabe der Kolonien! Dann bleibe nur noch die Forderung nach einer Revision der in Versailles fcst- gelegten Grenzen! O nein, diese letzte Forderung ist schon immer er hoben worden, seitdem die „Sieger" mit grausamen Messern an Deutschlands Körper hernmschuitten, ganze Glieder abtrenntcn und diese Wunden wcitcrbluten. Daß Frankreich ebenso wie England sich dem Ver lange» Deutschlands nach k o lo ni a lp o li- tischer Gleichberechtigung schärfstens wider setzen werden, wissen wir nur allzu genau, — aber auch dadurch wird Unrecht und Gewalttat noch lange nicht zu Recht! Ob der Völkerbund juristisch hier dazwischen- grcifcn und die „Mandatsfragc" regeln könnte, ist gleich gültig, da wir wissen, daß man cs in Genf selbst dann nicht tun wurde, wenn man dort dazu das Recht besäße Was aus unserem Recht wird, das zeigt ja mit absoluter Unzweideutigkeit die Behandlung der Abrüstnngsfrage. Aus dem Postament des Denkmals in Paris, das die Große Politik im Sommer Der parlamenlskamps setzt ein. Mit der neuen Woche treten wir in einen Zeitabschnitt >in, der wohl wieder recht lebhafte politische Auscinander- «tzungen bringen wird. Am 30. August wird der neue ttcichstag eröffnet nnd am 1. September will der Preu- zische Landtag zusammentrctcn, um wieder Versuche zu !iner Regierungsbildung zu unternehmen. Die Vorbe- -eitungen für diese wichtigen Parlamentstage werden im wesentlichen in dieser Woche dnrchgeführt. Reichstag und Preußischer Landtag stehen heute im Mittelpunkt des poli tischen Kampfes nnd des politischen Rätselratens. Wie Ke Dinge im Reichstag nnd im Landtag sich entwickeln werden, kann heute noch niemand sagen. Von Preußen ist jo viel bekannt, daß Verhandlungen zwischen Nationalsozialisten und Zentrum iber die Wahl eines Ministerpräsidenten bevorstehen. Zentrum und Nationalsozialisten scheinen sich heute einig w sein in dem Wunsch, daß der von der Reichsregierung n Preußen eingesetzte R e i ch s k o m m i s s a r verschwin- -en soll. Die beiden Parteien haben sich schon gegenseitig hre Wünsche und Bedingungen für ein Zusammengehen nitgeteilt. Worin diese bestehen, wird von den Beteiligten natürlich nicht gesagt. Das Zentrum hat übrigens den Wunsch geäußert, daß die Landtagssitzung nm einige Tage verschoben werde, da am 31. August und 1. September in Essen der Deutsche Katholikentag stattfindct, bei dem wie immer alle Zentrnmsabgcordncten anwesend sein wollen. Wie verlautet, soll die Wahl eines Ministerpräsi denten noch nicht auf der Tagesordnung der ersten Sitzung stehen, man will sich zunächst mit der Einsetzung des Reichs kommissars und mit den politischen Ausschreitungen der letzten Wochen beschäftigen. Von der Linken liegt übrigens der Antrag vor, die SÄ.-Formationen aufzulösen. Stärkerem Interesse begegnet natürlich die Eröffnung des neuen Reichstags. Denn dort wird der Kampf zwischen der Reichsrcgierung und dem Reichsparlament ansgefochten werden, ein Kampf, dessen Ausgang von sehr weittragenden Folgen sür unser ganzes politisches Leben sein kann. Herr v. Papen wird mit seinem Aufbauprogramm vor den Reichstag treten und die Parteien vor die Entscheidung stellen. Was Herr v. Papen tun wird, wenn der Reichstag sein Pro gramm ablehnt, oder wenn er einen Mißtrauensantrag gegen den Kanzler annimmt, weiß außer den Regierungs mitgliedern wohl niemand. Wenige Tage vor dem Reichs tagszusammentritt wird der Kanzler sein Programm in großen Zügen der Öffentlichkeit bckanntgeben. Er wird dies auf einer Versammlung der westfälischen Bauernvereine am 28. August in Münster i. W. tun. Vorher sollen keine Einzelheiten dieses Programmes an die Öffentlichkeit gegeben werden. Die Besprechungen der Reichsregierung mit dem Reichsbankpräsidenten über die Beschaffung der Geldmittel für das Arbeits beschaffungsprogramm haben, wie von zu ständiger Stelle mitgetcilt wird, zu einer Einiauna ae- Frankreich) schlechter Gewissen. Paris, 21. August. Die Pariser Presse befaßt sich wei ter sehr eingehend mit der deutschen Gleichberechtigungssorde- rung, die als deutsche „Rüstungsosfcnsive" bezeichnet wird. Die „Libertö" stellt in diesem Zusammenhang die Frage, ob der englische Ministerpräsident Macdonald dem Reichskanzler von Papen versprochen habe, seine Forderungen zu unterstützen. Nach gewissen Informationen habe Herr von Papen in Lausanne eine Verstärkung der Reichswehr um 50 000 Mann verlangt. Wenn zwischen London und Berlin ein „Gentleman - Agree ment" bestehen sollte, und wenn Macdonald etwa versprochen habe, Frankreichs Zustimmung zu beschaffen, dann stehe man vor ernsten Schlußfolgerungen. Ministerpräsident Herriot wird sich demnächst auf Einla dung des englischen Innenministers Sir Herbert Samuel zu einem kurzen Aufenthalt nach der Kanalinsel Guernesey be geben. Es wird besonders hervorgehoben, daß die Reise „kei nen politischen Charakter" trage. Statue der 1871 „geraubten" Stadt Straßburg zeigt, ist der Lekaunte Satz eingeprägt: „Nicht davon sprechen, immer daran denken". Wie jede allgemeine Weisheit ist auch diese nur halb richtig. Bisweilen ist es nötig, daß wir „davon" sprechen, damit die anderen es nicht vergessen, — unser Recht nämlich! führt. Bekanntlich waren anfänglich einige SchlvieUg;-' leiten wegen der Mittelbeschaffung entstanden, da der Reichsbankpräsident zunächst gewisse Bedenken hatte. Diese Bedenken sind nnn beseitigt, so daß die Beschaffung des Geldes gesichert ist. Im Reichstag fand unter dem Vorsitz des Präsidenten Löbe eine Sitzung der Fraktionsführer statt, in der die Plätzeverteilung vorgenommen und die Vorbereitungen für die erste Sitzung getroffen wurden. Wer beim Zusammentritt des Reichs tages die Verhandlungen leiten wird, steht noch nicht fest, über die Erkrankung von Frau Zetkin liegen direkte Mel dungen ans Moskau nicht vor. Man glaubt, Mitte der nächsten Woche Genaueres darüber erfahren zu können. Präsident Löbe hat die Fraktionen gebeten, ihm die Mit glieder für den nächsten Ältestenrat zu benennen, ebenso hat er gebeten, recht bald die Mitglieder der Fraktionen für den ersten Ausschuß des Reichstages, nämlich den Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volks vertretung, und für den Auswärtigen Ausschuß des Reichstages auszuwählen, damit diese beiden Aus schüsse, die als Organe des Reichstags auch in Zeiten in Frage kommen, in denen das Parlament selbst nicht ver sammelt ist, für den Notfall möglichst bald zur Verfügung stehen. Dann wurde die vom Büro des Reichstages vor geschlagene Platzverteilung genehmigt. Im Plenar saal sind die bisher noch bestehenden Pulte der Abgeordneten beseitigt worden; nur die in der ersten Reihe sitzenden Fraltionsführer behalten noch Pultkästcn. Dadurch sind 28 Plätze gewonnen worden; die außerdem noch fehlenden drei Plätze wurden an den Wän den des Saales neugcschaffen. Die ganze rechte Seite bis in den dritten Sektor hinein nehmen künftig die National sozialisten ein. Sie haben fünf Plätze in der vordersten Reihe. Schmale Sektoren haben daneben dann die Deutsch nationalen und die Bayerische Volkspartei, die je einen Vorderplatz bekommen. Ziemlich weit nach links rückt das Zentrum mit zwei Vorderplätzen, dann folgen die Sozialdemokraten mit drei und auf der linken Seite die Kommunisten mit zwei Sitzen in der vordersten Reihe. Splitterparteien sind diesmal in den mittelsten Sektor zwischen Bayerische Volkspartei und Deutschnationale ge rückt. Die Deutschnationalen haben auch noch Plätze im mittelsten Sektor bekomme,:. Die Staatspartci hat ihre vier Plätze hinter den Sozialdemokraten. Der Saal ist nunmehr voll ausgenutzt. Die Schaffung weiterer Plätze für eine noch stärkere Abgeordnetenzahl erscheint so gut wie unmöglich. Der Saal war ursprünglich für 397 Ab geordnete gebaut. Er umfaßt jetzt 608 Plätze. R ei chskanzlervon Papen hat, wie wir hören, den Wunsch, unmittelbar nach der Wahl des Präsidiums des Reichstages mit dem neuen Ältestenrat über die weitere parlamentarische Arbeit zu beraten. Man nimmt deshalb in parlamentarischen Kreisen an, daß nach den beiden ersten mehr formellen Sitzungen des Reichstages eine min destens mehr t ä gi ge Pause eintritt, während der der Reichskanzler mit den Parteien die weitere Arbeit vor bereiten kann. Jentschenschmöhnngen in Frankreich. Paris, 21. August. Der Präsident der Republik, Lebrun, führte heute bei 'der Feier der Einweihung eines Denk mals zur Erinnerung an die Verteidigung der Stadt Longwy den Vorsitz. Während die Ansprache des Präsidenten der Repu blik eine Art Erinnerung an 'die Geschichte der Stadt war, be sonders in der Kriegszeit, unterließ es der Bürgermeister Dr. Coliez in seiner Re de nicht, bei der Kriegsgeschichte der Stadt Longwy von den Deutschen wörtlich als von den Barbaren zu sprechen und zu behaupten, daß die Deutschen im August 1914 in schamloser Weise in Luxemburg schwere Geschütze ausgestellt hätten trotz der Luxemburger Neutralität. Senator Michel beteuerte in seiner Rede, die Grenzbefesti gung könne niemals ein Zeichen von Angriffslust sein. Pen sionsminister Bcrthaud, der bei der Feier die Regierung ver" trat, sprach sodann für die allgemeine Versöhnung 'der Völker und erinnerte in diesem Zusammenhang an Briand. Admiral Zenker kehrt heim zum Meer. Osterode, 21. August. Für den verstorbenen früheren Chef der Marineleitung, Admiral Zenker, findet eins Trauerfcier in seinem letzten Wohnsitz Osterode im Harz am Dienstag, dem 23. August, 13 Khr statt. Die Leiche wird danach eingeäschert. Die Asche wird auf Wunsch des Verstor benen in die Nordsee versenkt werden.