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MsdmfferÄiaMtt Nr. 183 — 91. Jahrgang Wilsdruss-DreSden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden 2840 Sonnabend, den 6. August 1932. Nrbeitsaientt in neuer gestalt zur beratenden Mitwirkung heranzuziehen und mit' allen beteiligten Behörden zusammenzuarbeiten. Ob eine Arbeit im freiwilligen Arbeitsdienst aus geführt werden kann, bestimmen die Bezirkskommissare. Die Vorsitzenden der Arbeitsämter entscheiden über die Förderung des einzelnen Arbeitsdienstwilligen; sic han deln hierbei als Beauftragte des Bezirkskommissars. Die Arbeitsdienstwilligen sind gegen Krankheit und Unfall versichert. Aus der Krankenversicherung er halten sie Krankenpflege für ihre Person, gegebenenfalls Krankenhauspflege. Arbeitsdienstwillige, die vor ihrem Eintritt in den freiwilligen Arbeitsdienst pflichtversichert waren, haben Anspruch auch auf Familienkrankenpflege. Von der Entrichtung des Arzneikostenbeitrages und der Krankenscheingebühr sind die Arbeitsdienstwilligen befreit. Die Krankenkassenbeiträge werden aus Mitteln des frei willigen Arbeitsdienstes bestritten. Versicherung des Arbeitsdienstwilligen. Erhebliche Verbesserungen bringt die Neu regelung bei der Unfallversicherung. Diese ist auch auf Unfälle bei 'Sport und bei Dienstleistungen im Arbeitslager ausgedehnt worden. In allen Fällen, in denen das Reich, die Länder und Gemeinden als Dräger der Arbeit selbst Träger der Unfallversicherung sind, tritt an die Stelle der verschiedenen Bernfsgenossenschaften, die bisher je nach der Art der Arbeit zuständig waren, eine einzige Berufsgenossenschaft oder deren Zweiganstalt. Als solche ist die Zweiganstalt der Tiefbauberufsgenossen schaft bestimmt. Die Vergütung beträgt wochentäglich zwei Pfennige für den Arbeitsdienstwilligen und fällt dem Träger der Arbeit zur Last. Für Arbeitsdicnstwillige, die vorher in der Arbeits losenversicherung, in der Krisenfürsorge oder als Wohl fahrtserwerbslose in der öffentlichen Fürsorge unterstützt worden sind, ist Vorsorge getroffen, daß ihre Anwart schaften in der Invaliden-, Angestellten- und knappschaft- lichen Pensionsversicherung aufrechterhalten werden. Wie bisher unterliegen die Arbeitsdienstwilligen auch den Bestimmungen der Arbeitsschutzgesetze. Arbeitsdienst willige, die bei volkswirtschaftlich wertvollen Arbeiten be schäftigt werden, können verzinsliche Gutschriften für Siedlungszwecke im Reichsschuldbuch in Höhe von 1,50 Mark wochentäglich erhalten. Die Ausführungsvorschriften treten ab 1. August 1932 in Kraft. Innenministerium Dr. Dicls als besonderen 'Kommissar nach Königsberg entsandt, der sich in Ostpreußen ein Bild von der Untersuchung der Vorfälle machen und ihm dar über berichten soll. Zu den Attentaten in Schles - w i g - H o l st e i n teilt Dr. Vracht mit, daß nunmehr die Vorfälle gerichtlich untersucht würden, über die Urheber sei noch nichts festgestellt worden. Der Regierungspräsident in Schleswig führt die Taten aus die außerordentliche politische Spannung vor der Wahl zurück. Soweit die Kommunisten in Frage kämen, seien die Bluttaten zweifel los auf die Verhetzung der Massen durch die kommu nistischen Führer und durch die kommunistische Presse zurückzuführen. Bei den Nationalsozialisten habe man den Eindruck, daß ein Teil der jungen SA.- und SS.-Leute nicht mehr in der Hand der Führer sei. Wie Dr. Bracht weiter mitteilt, hat eine Statistik der Überfälle vöm 1. Juni bis 20. Juli zu folgendem Ergebnis geführt (die Statistik umfaßt ganz Preußen außer Berlin): Aus geführt wurden 322 übersatte. Dabei gab es 72 Tote und 497 Schwerverletzte. In 203 Fällen waren die Angreifer Kommunisten, in 21 Fällen Reichsbannerleute, in 75 Fällen Nationalsozialisten, in 23 Fällen ist die Schuld frage nicht geklärt. Die Berichte der Regierungspräsiden ten, auf denen die Statistik beruht, sind zum größten Teil schon unter der alten preußischen Negierung ausgestellt worden. Hauptmann Göring, der politische Beauftragte Hitlers, hatte eine Unterredung mit Dr. Bracht, die den geplanten Maßnahmen zur Bekämpfung des politischen Terrors galt. Er dürfte dabei zum Ausdruck gebracht haben, daß auch die NSDAP, für rücksichtsloses Vorgehen gegen die Unruhestifter ist. Soll also denn wirklich dem Napoleonischen Wort zu folge die Politik unser — verhängnisvolles! — Schicksal bleiben, Wie sie dies bisher war! Wie oft haben wir Deutsche uns mit bitterstem Recht darüber beschweren und erregen müssen, daß aus den internationalen Konferenzen die Politiker so oft oder fast immer der Wirtschaft eins oder mehrere über den Schädel gaben. In Lausanne hat man das doch vermieden. Wir aber sind in Deutsch land selbst jetzt drauf und dran, dies „Versäumnis" nach zuholen, wenn nicht sofort die Regierung zugreift, mit fester Hand- den politischen Prügelhelden den Knüppel entreißt und endlich allein die wirtschaftliche Vernunft unser Schicksal sein und uns regieren läßt. Dr. Pr. Nationale Tageszeitung für die Tandwirtschast, Das „Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 6 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— NM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 NM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Äpsg. Alle Postanstalteu, Post- NmVzu Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Falle höherer Gewalt, " Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anipruci uu: ^-eserung de» Leitung oder Kürzung des Bezugspreises.— Rücksendung eingeiandter Lchriststückc erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Die Einstellung von HilfspolZzei. Besprechungen im Neichsinnenministerium. Im Reichsinnenministerium fanden Besprechungen zwischen dem Reichsinnenminister und den Ministern der Länder statt, die ihre Polizeikräfte durch Einstellung von Hilfspolizisten verstärkt haben oder verstärken wollen. Hierfür kommen die Länder Oldenburg, M e ck l en - bürg und Brnunschwei g in Frage, die sämtlich eine nationalsozialistische Landesregierung haben. ^ Olden burg sind bereits vor den Reichstagswahlen -s.l.-^eute als Hilfsvolizeikräfte einaestellt worden. Der freiwillige Arbeitsdienst. Die neuen Ausführungsvorschriftcn. Nunmehr sind die Ausführungsvorschriften des Reichsarbeitsministers zur Verordnung über den frei willigen Arbeitsdienst vom 16. Juli 1932 veröffentlicht worden. Den Vorschriften kommt besondere Bedeutung für die Praxis zu, weil die Verordnung vom 16. Juli 1932 im wesentlichen programmatischen Charakter trägt und in erster Linie die allgemeinen Grundsätze für die Neuregelung gebracht hat. Die wichtigsten Bestimmungen sind folgende: Entlohnung des Arbeitsdiensiwilligen. Als Förderung wird für den Arbeitsdienstwilligen ein Betrag von höchstens 2 Mark wochentäglich bis zur Dauer von 20 Wochen innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren gewährt. Bei volkswirtschaftlich wertvollen Arbeiten kann die Förderungsdauer bis zu 40 Wochen verlängert werden. Während der Förderung erhält der Arbeitsdienstwillige weder versicherungsmätzige Arbeits losenunterstützung noch Krisenunterstützung. Die Förde rungszeit wird auf die Unterstützungsdauer in der Arbeitslosenversicherung und in der Krisenfürsorge nicht mehr angerechnet. Die Arbeiten im freiwilligen Arbeitsdienst müssen gemeinnützig sein. Eine Arbeit, die unmittelbar nur einem beschränkten Personenkreise zugute kommt, gilt aber auch als gemeinnützig, wenn die Allgemeinheit ein wesent liches Interesse an der Ausführung hat. Soweit eine Arbeit als Notstandsarbeit durchgeführt werden kann, darf sie nicht im freiwilligen Arbeitsdienst gefördert werden. Beim Ausscheiden aus dem freiwilligen Arbeitsdienst ist dem Arbeitsdienstwilligen auf Antrag eine Beschei nigung über Art und Dauer dieser Beschäftigung aus zustellen. Reichslommissar und Bezirkskommissar. Die Leitung und Durchführung des gesamten frei willigen Arbeitsdienstes liegt in der Hand des Reichs kommissars. Zu seinen Aufgaben gehört u. a. auch, für die Auswahl und Schulung von Führern zu sorgen. Der Reichskommissar und die Bezirkskommissare haben Personen, Vereinigungen und Einrichtungen, die be sondere Erfahrung im freiwilligen. Arbeitsdienst haben, Sonderkommissar für Ostpreußen. Die politische Verlustliste. Die Neichsregierung hat ihre Beratungen über die Maßnahmen, die sie gegen den politischen Terror anwenden will, abgeschlossen. Diese Maßnahmen sehen schärfste Be stimmungen gegen den Mißbrauch von Waffen und Sprengstoffen, gegen Einbrüche in Waffengeschäfte, ferner Bestimmungen zur Erleichterung von Verhaftungen und zur Erschwerung der Entlassung festgenommener Personen und so weiter vor. Weiterhin ist die E i n s e tz u n g v o n Standgerichten für die schnelle und scharfe Ab urteilung von Terrorakten geplant. Die Durchführung dieser Bestimmung wird auf Grund des Artikels 48 durch eine Notverordnung in Kraft gesetzt und soll den Justiz behörden der Länder übertragen werden. Wie es heißt, soll bei den Beratungen der Reichsregierung auch die Frage der Verhängung der Todesstrafe gegen politische Ausschreitungen besprochen worden sein. Wann die Reichsregierung die verschärften Bestimmungen in Kraft setzen wird, steht noch nicht genau fest. Zunächst soll noch einmal abgewartet werden, wie sich die politischen Verhältnisse namentlich in den Gebieten entwickeln, in denen letzthin die meisten Terrorakte zu verzeichnen waren. Die preußische Negierung hat sich abermals eingehend mit der Lage Ostpreußens beschäftigt. Der Bevoll mächtigte des Reichskommissars für Preußen, Dr. Bracht, laßt zu den blutigen Vorfällen in Ostpreußen noch einmal ausdrücklich erklären, daß er alle Maßnahmen ergreifen und alle Mittel anwenden werde, die geeignet seien, die Ruhe und das Leben der friedlichen Bürger zu schützen. Dr. Bracht hat den Oberreaierunasrat im vreußischen Weg mit dem Knüppel! Blutumdünfteter „Burgfrieden" — Platz für die Arbeits beschaffung! — Nicht Politik, sondern Wirtschaft ist Schicksal. Dem früheren Reichskanzler v. Bethmann-Hollweg passierte im Reichstag einmal eine hernach viel bespöttelte „Entgleisung" — aber nicht eine politische, sondern nur eine oratorische —, als er dem damaligen Führer der Konservativen v. Heydebrand auf dessen Mahnung, wir dürsten uns die englischen Kriegsdrohungen nicht gefallen lassen, mit dem etwas merkwürdigen Worte entgegentrat, daß wir „das Schwert nicht mit dem Munde führen" sollten. Was ja auch tatsächlich ein etwas unzweckmäßiges Bemühen wäre! Nicht aber darf es heute zum Spott reizen, wenn oder gar daß die Regierung das Schwert viel zu lange nur „im Munde führt". Denn wenn man zusammenrechnet, was unmittelbar nach der Wahl die erste Woche des „politischen Burgfriedens" an Mordtaten und Überfällen, an Messerstechereien und Atten taten parteipolitischer Art gebracht hat, und wenn anderer seits die daran unbeteiligten und diese Mordseuche aufs schärfste verurteilenden Bevölkerungsschichten viel zu lange nichts darüber erfahren, was nun eigentlich „die Obrig keit" hiergegen mit dem ihr verliehenen „Schwert" tut — dann steigt der Zweifel auf, ob sie nicht auch viel zu lange damit wartete, wirklich und schleunigst alle Machtmittel einzusetzen, die der Obrigkeit „das Schwert" in die Hand gibt. Was jetzt verübt wurde, das ist kein Totschlag mehr, hinter dem parteipolitischerJrrsinn und Fanatismus stehen, sondern das ist Mord und Mordversuch, also Tötung mit Vorbedacht. Ihn gab es auch in den vergangenen Wochen leider nicht gerade selten, aber die Häufung auf Mord abzielender Überfälle in dieser ersten Woche des „Burg friedens" ist so schauerlich, daß man schon längst von dem „Ich warne zum letztenmal!" des stellvertretenden Neichs- kommissars zum Handeln hätte übergehen müssen. Was nützten denn praktisch die zahlreichen Verordnungen gegen den unbefugten Waffenbesitz und Waffengebrauch, wenn auch jetzt, nach dem Wahlkampf, täglich mit diesen „ver botenen" Waffen Parteikämpfe ausgefochten oder Mord überfälle veranstaltet wurden! Wenn der politische Fanatismus alle „Hemmungen" über den Haufen gestoßen hat, dann ist es unaufschiebbare Pflicht der Obrigkeit, mit dem Schwert, das ihr verliehen ist, schnellstens recht unzweideutige Hemmungen neu zu schaffen. „Sicherheit und Ordnung wiederherzustellen", war als die Aufgabe der Einsetzung eines Rcichskommissars in Preußen be zeichnet worden, und ihm wurde die militärische Gewalt Zur Verfügung gestellt. Man wußte damals, daß die Drohung mit der Todesstrafe kein leeres Wort war. Sie war wirksamer als — eine „letzte Wanung"! Ganz un erträglich ist es, daß man im Ausland — nicht ohne Ab sicht, aber mit Erfolg — den Glauben entstehen ließ oder erweckte, in Deutschland tobe der Bürgerkrieg. Gerade das Ausland ist aber durchaus nicht ganz unschuldig daran, daß es in Deutschland zu einem blutigen Aufeinander prallen politischer Gegensätze kam und kommt. * Für die Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung zu sorgen, einen Burgfrieden nicht bloß zu ver ordnen, sondern ihn wirklich durchzusühren, ist schon des wegen vordringlichstes „Gebot des Tages" für Neichs regierung und Reichskommissar, weil sonst alle Pläne für eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung und Arbeits beschaffung, alle „konstruktiven Programme" nur — Papier bleiben. Jahrelang blieben sie es und jetzt hört man nur, daß die Vorbereitungen zur Ausführung des Arbeitsbeschaffungsprogrammes „in vollem Gange" sind. Das ist sehr schön von ihnen! Wenn sie nur endlich bei dem Punkt anlangen würden, zur — Ausführung gebracht zu werden! Denn was bisher noch nie geschehen war, hat jetzt festgesteLt werden müssen: Im Juli, im Hochsommer also, ist die Zahl der Arbeitslosen gestiegen, statt daß sie, wie immer in dieser Zeit, weiter gesunken wäre. Viel leicht hat diese Tatsache dabei mitgewirkt, die Frage der Finanzierung des Arbeitsbeschaffungs programms endlich durch das Nachgeben des Reichsbank- prästdenten Dr. Luther zu lösen. 3 5 0 Millionen sind für diesen Zweck „locker gemacht" worden in Form eines Kredits derder,Reichsbank, für den nach süns- zehnmonattger Laufzeit letzten Endes das Reich „gerade stehen" soll. Man darf das Kind ruhig und offen mit dem rechten Namen bezeichnen: Kreditausweitung, — aber für diesen Kredit werden wirtschaftliche Werte ge schaffen. Gewiß nicht solche, die sich unmittelbar und so fort „rentieren", sondern indirekt dadurch, daß sie der er zeugenden Wirtschaft und dem Warenaustausch den Weg erleichtern. Auf die fast uferlosen Pläne früheren Datums hat man verständigerweise Verzicht geleistet, und die jetzt vorgesehene Kreditausweitung bedeutet darum keine ge fährliche Inanspruchnahme der Reichsbank, der außerdem noch ein großes Bankenkonsortium vorgeschaltet worden ist. Besser wäre es freilich, man hätte diese Pläne in An griff genommen, als unsere finanziell-wirtschaftliche Lage noch ein günstigeres Aussehen hatte. Das glücklichere Amerika macht jetzt dasselbe wie wir, nur — in fünfzehn- Mal so großem Umfange! für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter werden nach Möglichteil Fernsprecher: Amt Wilsdruff « '°s°und<m°rnor!christ«^ annahmebisvorm.UMHr. - ^ir. v berücksichtig!. Anzeigen« durch Fernrus Ld-rmMMen Anzeigen übern, wir deine »aran.i Jede. A°d°uan,u,uet HeK"' «ichNgkeit »« Klage eingezagen werden mutz oder der Auftraggeber in L Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmackunaen bou -c ' , gerich-s und «er. S.ad.rat- zu Wi,-druff. de- F-rftreutamt- Tharaud, und de^ckLL NM^