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Wilsdruffer Tageblatt I 2. Blatt Nr. 184 — Montag, den 8. August 1932 I Tagesspruch. An ihren bunten Liedern klettert Die Lerche selig in die Luft; Ein Iubelchvr von Sängern schmettert Im Walde voller Blüt und Duft. Da sind, soweit die Blicke gleiten, Altäre köstlich aufgebaut, Und all die tausend Herzen läuten Zur Liebesfeier dringend laut. * Flur und Wüste tränkt die Sonne, Aus dem gleichen Strahlenbronne, Doch nur wohlbestelltem Lande Schafft sie Segen blühenden Lebens! Dem verweh'nden Wüstensande Leuchtet ihre Glut vergebens. Bodenstedt. Zerbrochene Slerue. Die zahlreichen Doppelsterne. — Theorie rotierender kosmischer Massen. — Ihr Zerbrechen durch die Schwungkraft. — Andere Form des Zerbrechens durch Flutwirkung. Von Professor vr. Adrian-Flensburg. Am Sternenhimmel findet man hier und da Lichtpunkte, die dicht beieinander stehen. Das bekannteste Beispiel bilden im Sternbild des Großen Bären der mittlere Schwanzstern, Mizar, und sein mit bloßem Auge eben noch sichtbarer Nachbar Alkor, das sogenannte Reiterchen. In einem guten Fernrohr erscheint Mizar wieder doppelt, wobei der Hauptstern den Begleiter an Helligkeit weit übertrifft. So wurden die Astro nomen schon vor langer Zeit zu dem Begriff der Doppel sterne geführt, doch mußte man die Frage nach einem Physi schen Zusammenhang der beiden Nachbarn zunächst noch un entschieden lassen. Der berühmte Wilhelm Herschel war der erste, der den Himmel planmäßig nach Doppelsternen durchsuchte. Dank seiner guten Instrumente konnte er etwa 800 entdecken. Er hielt sie zunächst für scheinbare oder optische Doppelsterne, sand aber bald, daß die Einzelsterne sich um einen gemein samen Schwerpunkt bewegten, also tatsächlich zusammen- aehören. Herschels Arbeit wurde von Wilhelm Struve in Dorpat fortgesetzt, der die gegenseitige Bewegung dieser Sterne verfolgte. Immer mehr trat es dabei zu Tage, daß die Bahnen um den Schwerpunkt mehr oder weniger lang gezogene Elipsen waren und den Keplerschen Gesetzen der Planetenbewegung entsprachen. Eine wesentliche Bereicherung der Forschungsergebnisse brachte das dem Fernrohr angesetzte Spektroskop. Es zeigte das Vorhandensein von Doppelsternen, die das Fernrohr nicht zu trennen vermochte. Aus der Periodischen Verschiebung der Spektrallinien konnte der Fachwissenschaftler auf eine kreisende Bewegung der beiden Lichtquellen schließen und die erhaltenen Maßzahlen in Bewegungsgrößen umrechnen. Die Zahl der heute bekannten Doppelsterne beträgt etwa 20 000. Da die Beobachtungen bei vielen zu unvollständig sind, um eine Bahnbewegung sicher zu stellen, so könnten 10 bis 20 v. H. als scheinbare Doppelsterne ausscheiden. Zu den wirklichen gehören von den Sternen erster Größe der glänzende Hunds stern Sirius, sein Vorläufer, der Prokyon, ferner die Kapella lm Fuhrmann und Spika in der Jungfrau. Vom Polarstern hat man nachweisen können, daß er aus drei Komponenten besteht. Bei weiter verbesserten Hilfsmitteln wird sich Wohl zeigen, daß die Zahl der Zwillinge unter den Sternen noch großer ist. Die Wissenschaft beschäftigt sich auch bereits mit der Frage, warum sind die Doppelsterne so häufig? Es ist sehr zu bedauern, daß gerade diejenigen Forscher, die in mühsamer Arbeit das Material zusammenbrachten, sich hierzu nicht geäußert haben. Sie gaben sich mit der Versicherung Köms »Isis Ueü k o " bt o 1.1-Sä NE bläk «kN unnesekMLeniLsrnorr ooaen vem/cs oruäk «Ltsrs» L4. (SO. Fortsetzung.) Dann sagte er laut, halb zu Mutter Roland und halb zu den anderen: „Schön Dank, heilger Christ." Heyden und Rosen waren auch nicht leer ausgegangen. Jeder war mit ein paar Kleinigkeiten bedacht worden. Der Lichterbaum brennt. Klein-Elschen sitzt am Boden und spielt mit dem Püpp chen. Sie wird müde. Sandmännchen kommt und streut Sand in die kleinen Aeuglein. Klein-Elschen schläft ein. Behutsam nimmt sie Heyden auf den Schoß und lehnt sich in den behaglichen Sessel zurück. Mutter Roland, die an seiner Seite sitzt, fährt ihr lieb kosend über das weiche Haar. Der Schäfer und Otto sitzen in ihrer Sophaecke und rauchen. Sie probieren die neuen Pfeifen und den Tabak. Der Kantor spielt. Verträumt sitzt er am Flügel und seine Hande gleiten über die Tasten. Weihnachtslieder und andere Melodien, die der Stimmung des Abends sich an schmiegen, erklingen. Plötzlich horcht Willmar auf. Der Kantor hat eine neue Weise begonnen, eine Melodie, die ihn ob ihrer Schönheit und Traurigkeit ergreift. „Was haben Sie eben gespielt, Herr Rosen? Das war das Schönste vom Abend." Ganz verlegen wird Rosen. „Ein Lied . . . von mir, Herr Heyden. König Olafs Lied!" „König Olafs Lied," sagt Heyden verträumt. „Es klang, als wenn alles Leid der Welt in ihm läge, als ob alle Sehn sucht des Herzens aus ihm schrie. Und das Lied ist von Ihnen?" Der Kantor nickt, noch immer verlegen. „König Olafs Liedl" wiederholt er dann. „Das Lied des Königs, der um seiner selbst willen geliebt sein wollte." „Um . . . seiner... selbst willen!" Heyden spricht es mehr für sich und schmiegt den Kops an seines Kindes Haupt* „ Er denkt an sein eigenes Schicksal, und weh wird ihm ums Herz. In diesem Augenblick fühlt er, daß ihn die der theoretischen Physiker zufrieden, daß die Doppelsterne mst ihrer schwingenden Betonung nach dem allgemeinen Schwer kraftgesetz stabile Systeme seien. Aber dem Problem ihrer Entstehung ging man zunächst aus dem Wege. Erst neuer dings haben einige Astronomen mit mathematischen Hilfs mitteln eine Erklärung dafür zu finden versucht, warum bei der Entwicklung der Sterne eine Spaltung der Masse in zwei Teile Vorkommen könne und unter gewissen Verhältnissen Vorkommen müsse. Man wußte schon längst, daß eine kugelförmige Masse, wenn sie einer Achsendrehung unterworfen ist, ein abge plattetes Rotationsellipsoid bildet, welche Gestalt ja auch die Großplaneten besitzen. Dies gilt aber nur, so lange die Drehungsgeschwindigkeit in gewissen Grenzen bleibt. Bei be schleunigter Rotation entsteht ein dreiachsiges Ellipsoid und danach ein" birnenförmiger Körper. Dieser bekommt eine Furche, die tiefer und tiefer Wird, und muß schließlich in zwei getrennte Massen auseinander reißen. In vielen Fällen wur den demnach Fixsterne durch die Schwungkraft zerbrochen und führen nun ihr Dasein als Doppelsterne weiter. Bei einigen hat sich der Vorgang solcher Teilung wiederholt, wo durch dreifache und vierfache Sterne entstanden sind. Diese Theorie erhielt nun kürzlich dadurch eine ziemlich starke Stütze, daß es gelungen ist, bei einigen Fixsternen die Drehungsgeschwindigkeit zu messen. Wieder war es das Spektroskop, das dieses schwierige Problem lösen konnte. Bei der Rotation werden die von den verschiedenen Teilen der Sternscheibe ausgehenden Strahlungen gegen einander ver schoben, und es entsteht eine Ueberlagerung von vielen Spektrallinien. Dadurch wird die ursprünglich scharfe Linie in ein Bänd ausgezogen; die Breite dieses Bandes gibt dann einen Anhalt für die gesuchte Größe der Drehungsgeschwindig keit. Auf diese Art ist der Nachweis gelungen, daß auch die fernen Sonnen eine Achsendrehung besitzen, wie man dies srüher schon vermutete. Bei manchen Sternen, die darauf untersucht wurden, war die Drehungsgröße Wohl zu gering, um meßbare Spuren zu hinterlassen. Bei anderen aber er gaben sich am Aequator Rotationsgeschwindigkeiten zwischen 25 und 250 Kilometern in der Sekunde. Den letzteren Wert meint man dem Hauptstern des Adlers, dem Atair, zusprechen zu können. Im Vergleich damit dreht sich unsere Sonne viel bedächtiger, denn aus ihrem Durchmesser und der Um drehungszeit von 25 Tagen errechnet man nur 2 Kilometer in der Sekunde. Diese Gedanken führen weiter dahin, daß ein Zerbrechen der Sterne durch den Sieg der Schwungkraft über die Schwer kraft in erster Linie Doppelsysteme liefern muß und daß die Entstehung eines vielgliedrigen Planetensystems vielleicht nur eine Ausnahme darstellt. Der englische Astronom Jeans will die Geburt der Planeten nicht durch die Rotation der Sonne, sondern durch eine zeitweilige Annäherung eines anderen Fixsternes erklären. Bei den großen Entfernungen der Himmelskörper von einander könne ein solches Ereignis nur recht selten auftreten, aber die Möglichkeit dieses Ausnahme falles sei nicht zu leugnen. Vor vielen Millionen Jahren zur Tatsache geworden, habe die Begegnung auf der Sonne eine Ebbe- und Flutwirkung von gewaltigem Ausmaß hervor gebracht. Im -Höhepunkt der Wirkung sei dann aus der Sonnenmasse ein langer Streifen herausgezogen, innerhalb dessen sich Verdichtungen zu bilden begannen, bis schließlich der Streifen in eine Änzahl getrennter Massen zerfiel. Diese abgesplitterten Stücke umkreisen seitdem die Sonne als ihre großen und kleinen Planeten. Im Gegensatz zu der Ent stehung der Doppelsterne hat hier die aus der allgemeinen Gravitation folgende Flutwirkung den Schöpfungsakt voll zogen. Daß bei der Entstehung und Entwicklung der Monde die gleiche Wirkung eine Rolle gespielt hat, ist in den letzten Jahr zehnten immer mehr betont worden. Namentlich hat die Himmelsmechanik herausgefunden, daß bei einem Mond von kleineren Dimensionen, der seinem Planeten über eine ge wisse Grenze hinaus nahe gekommen ist, die innere Spannung infolge solcher Kräfte sV» stark wird, daß er zerbrechen muß. Früher hielt man den Saturnring für ein zusammenhängendes Gebilde; jetzt wissen wir, daß er aus vielen kleinen Körperchen besteht, und der theoretische Astronom erklärt mit Bestimmt heit, daß dieser Ring die Trümmer eines zerbrochenen Sa turnmondes darstellt, der seinem Planeten zu nahe kam. Ein gleiches Schicksal soll unserm Erdmond drohen, wenn seine Bahn sich allmählich verengern sollte. 40 Lahre Sonniagsruhe. Vor 40 Jahren, Ende Juli 1892, wurde in Deutschland die Sonntagsruhe eingeführt. Die Einführung geschah durch ein Reichsgesetz, das aber nur den Nahmen gab, während die Ausführungsbestimmungen den örtlichen Polizeibehörden überlassen wurden. Bei vielen Geschäfts leuten erregte die dekredierte Feiertagsruhe große Empörung: sie glaubten, daß sie zugrunde gehen würden, wenn sie am Sonntag nichts mehr würden verkaufen dürfen. Der Zigarrenhandel besonders war schwer be drückt, denn der Sonntagsraucher war gute Kundschaft. Einige Kaufleute kamen denn auch auf den Gedanken, das Gesetz in schlauer Weise zu umgehen, aber die Behörden waren immer noch ein bißchen schlauer und schoben die erforderlichen Niegel vor. Eine gewisse moralische Entrüstung wandte sich gegen die Gastwirte, die manches verkaufen durften, was man in den Läden am Sonntag nun nicht mehr bekommen konnte. Und selbstverständlich gab es auch Denunziationen und von behördlicher Seite mancherlei Übertreibungen in der Auslegung des Gesetzes. Es gab Kaufleute, die irgend einen Konkurrenten durch Machenschaften in die Falle lockten, indem sie ihn zu heimlichen Verkäufen am Sonntag verleiteten, um ihn dann anzeigen zu können. Aber schließlich kam alles wieder in Ruhe, man gewöhnte sich an die Sonntagsruhe, die Diskussionen darüber hörten auf, die Erregung der Kaufmannschaft, die nichts ver« kaufen, und des Publikums, das nichts kaufen durfte, flaute ab, und man nahm dann sogar wesentliche Ver^ schärfungen der Sonntagsruhe mit philosophischer Gleich gültigkeit hin. Man war nicht sonderlich überrascht, als es eines Tages hieß, daß nun auch die Lebensmittel geschäfte am Sonntagvormittag nichts mehr verkaufen dürften, und daß man sich am Sonntag nicht mehr öffent lich rasteren lassen dürfe. Bis zum „englischen Sonntag", an dem schlechthin alles verboten ist, und den viele auch für Deutschland an gestrebt hatten, haben wir es noch nicht gebracht und dürsten wir es jetzt wohl kaum noch bringen, da er in zwischen auch in England stark durchlöchert worden ist: man darf dort wieder sehr vieles, und was man nicht darf, tut man auch! Der erste Tote der „Mode" gevorgen. Die Reichsmarine dankt den „Niobe"-Rettern. An der Ünfallstelle der „Niobe" im Fehmarn-Belt ist der erste Tote geborgen worden. Es handelt sich um den Matrosen Hans Joachim Leisewitz aus Allenstein. Die Leiche wurde mit einem Marinefahrzeug sofort nach Kiel gebracht. Die Bergungsfahrzeuge und das Marinefahr zeug „R. 1", das an der Unfallstelle verankert war, setzten die Flaggen halbstock. Der Tote wurde auf „R. 1" auf gebahrt, und ein Ehrenposten hielt bei ihm Wache. Das Fahrzeug mit dem Toten an Bord fuhr dann in den Kieler Hafen, wo die Leiche in die Marinekaserne Wyk gebracht wurde. Der Inspekteur des Bildungswesens der Reichs marine, Konteradmiral Schulze, hat an Kapitän und Reeder der Schiffe, die einen Teil der „Niobe"-Be- satzung gerettet haben, Dankschreiben gerichtet. Rückirüi des schwedischen Ministerpräsidenien. AlsFolgedesKreuger-Krachs. Der schwedische Ministerpräsident Ekman ist plötzlich zurückgetreten. Der Rücktritt Ekmans, der der Frei sinnigen Partei angchärt, fall aus den Zusammenbruch Kreugers zurückzuführcu sein, von dem er eine Unter stützung in Höhe von 50 000 Kronen für seine Partei in Empfang genommen hat, und zwar zu einer Zeit, zu der es mit dem Kreuger-Konzern schon bedenklich zu stehen be gann. Der König von Schweden hat sofort einen Kronrat nach Stockholm einberufen, um die politische Lage zu besprechen und einen Nachfolger für Ekman zu ernennen. Sehnsucht nach dem Weibe, das ihn um seiner selbst willen liebt, nie verlassen wird. Und er schilt sich doch einen Toren. Still geht der Heiligabend zu Ende. * * * Am anderen Morgen kam Heyden mit dem Kantor wieder ins Gespräch. Das Lied hatte ihn die ganze Nacht nicht ruhen lassen. Die ergreifende Melodie trieb ihn, den Kantor zu fragen: „Sie komponieren, Herr Rosen? Sie müssen mir noch mehr von Ihren Kompositionen vorspielen, wenn die anderen nur halb so schön sind, dann sind sie prächtig." Diese Worte taten Rosen wohl. „Ich bin im Leben . . . sehr einsam gewesen," begann er. „Ich hatte auch einmal den Ehrgeiz, um meiner selbst willen geliebt zu werden, und wurde enttäuscht. Vielleicht gibt es das überhaupt nicht, oder es ist so selten, daß man es suchen muß, wie eine Wunderblume. Vielleicht ist es töricht, daß wir Menschen nach diesem vielleicht Unerreichbaren streben . Aber . . . ich konnte nicht anders. Ich habe danach gestrebt, umsonst . . . gestrebt, bis ich krank wurde, bis sich mein Lungen leiden so verschlimmerte, daß ich das Wort Liebe aus meinem Leben streichen mußte. Und da ist mir nichts ge blieben als meine Bienen . . . und meine Musik." Heyden war tief erregt, aber er schwieg. War es nicht ein seltsamer Zufall, daß ihn das Schicksal mit einem Menschen zusammenführte, der, wie er, gekämpft und gelitten hatte ... und unterlegen war? Die Zuneigung zu dem Manne, der verträumt vor dem Flügel saß, wuchs. „Meine Musik," fuhr der Kantor fort, „war mir Freund und bleibt es. Alles was mir das Herz bewegt, alle Sehn sucht meines Innern ... ich kann ihr durch meine Musik Gestalt geben. Und darum habe ich angefangen zu kompo nieren. Ich habe eine Oper komponiert, auch den Text habe ich geschrieben. Immer schon wollte ich mit ihr an die Oeffentlichkeit treten. Aber ich wage es nicht." „Suchen Sie den Ruhm, Herr Kantor?" Rosen sah ihn mit heißen Augen an, dann schüttelte er den Kopf. „Ruhm ... ich weiß nicht, ob es das rechte Wort ist. Ich möchte den Menschen mein Werk bringen." „Ich war auch einmal das, was man berühmt nennt. Es ist eine harte Sache um den Ruhm. Glauben Sie mir, kein innerlicher Mensch wird äußeren Ruhmes froh." Rosen nickte versonnen. „Ich glaube Ihnen, Herr Heyden, und ich glaube, Sie auch zu verstehen. Ruhm . . . kann sehr bitter sein. Aber . . . vielleicht ist es nicht Ruhm, den ich suche . . . gewiß nicht, es ist etwas anderes. Ich möchte erleben, daß meine Melodien die Menschen so er freuen und beseligen wie mich selber. Können Sie das ver stehen, Herr Heyden? Ist es Ihnen mit Ihrem Gesang nicht auch so gegangen?" „Ja! Das kann ich verstehen," antwortete Heyden. „Und dann," fuhr der Kantor fort, „ist auch etwas Materielles mit dabet. Ich möchte . . . Geld verdienen. Ja, das möchte ich. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich möchte nicht reich sein, aber ich möchte . . . gesund werden. Ich bin lungenleidend. Ich möchte mich ausheilen können. Der Arzt hat mir versichert, daß es möglich ist, allerdings nur, wenn ich für ein bis zwei Jahre nach Davos fahre. Und . . . das kostet Geld!" Heyden war erschüttert. Er stand aus und trat zu dem Kantor. „Tun Sie es, Herr Rosen! Treten Sie heraus mit Ihrem Werk. Es muß gut sein. Das sagt mir schon König Olafs Lied!" Unschlüssig sah ihn Rosen an und schüttelte dann den Kopf. „Ich. . . wage es nicht," sagte er leise. „Warum nicht?" „Meine Oper ... ist gut. Das weih ich. Sie hat Melodien, die gewiß die Menschen begeistern werden. Aber . . . es fehlt ihr noch etwas. Ich fühle es. Es fehlt noch eins, aber ich kann nicht ergründen, was es eigentlich ist. Vielleicht sagen die Fachleute. . . der große Zug. Vielleicht ist meine Oper zu innerlich. Wenn mir doch ein Mensch helfen könnte!" Heyden verstand die Frage, und er antwortete einfach, ohne lange zu überlegen: „Ich will Ihnen helfen, Herr Heyden, wenn ich es vermag." Rosens Augen glänzten glücklich. „Herr Heyden, wie soll ich Ihnen danken!" * * * Am Abend spielte Rosen seine Oper „König Olafs Lied", die Geschichte des nordischen Königs, der in die Welt zieht, um als Mensch geliebt zu werden. Rosen sang einen Teil der Arien und Lieder. Er hatte eins kleine, aber modulationsfähige Stimme, die sich zur Inter pretation am Flügel sehr gut eignete. Willmar lauschte aufmerksam. Er verzog keine Miene, und Rosen konnte nicht erkennen, daß ihn die Melodie der Oper aufs tiefste ergriff. Heyden fühlte, daß sich ihm ein großer Künstler offen barte, einer von den wenigen, die in der Musik aufgehen, denen sie alles ist. (Fortsetzung folgt.)