Volltext Seite (XML)
Am die Gleichschaltung von Preußen und Reich. Gegenüber verschiedenen Meldungen kann darauf hin gewiesen werden, daß Fragen der Reichsreform zwar zwischen den verschiedenen Ressorts des Reiches und Preußens bereits besprochen worden sind und noch be sprochen werden, daß aber Fragen dieser Art nicht in wenigen Wochen gelöst werden können. Im übrigen wäre die Voraussetzung hierfür, daß sich die innerpolitische Lage wesentlich beruhigt haben müßte. Anhaltende Veratungen der Preußcaregierung. Im Vordergrund der Beratungen des preußischen 'Staatsministeriums standen die vorbereitenden Beschlüsse, die das Reichskabinett zur Bekämpfung des Terrors ge faßt hat. Sollte der Erlaß einer entsprechenden Notver ordnung des Reichspräsidenten für notwendig gehalten werden, so würden sich daraus Folgerungen für die Preußenregierung ergeben, die gleichfalls bereits feststehen dürsten. Was die Frage der Todesstrafe für bestimmte Verbrechen angeht, so war bekanntlich in der Verordnung über den militärischen Ausnahmezustand vom 20. Juli d. I. diese Strafe gleichfalls angedroht. Sie würde auch ohne Verhängung des militärischen oder zivilen Ausnahmezustandes in einer besonderen Notver ordnung zur Sicherung des Friedens übernommen werden können. Zusammenlegung von Landkreisen. Stellungnahme der deutschnationalen Preußenfraktion. Zu der Zusammenlegung von Landkreisen in Preußen veröffentlicht die Landtagsfraktion der DNVP eine Erklärung, in der sie darauf hinweist, daß sie eine schematische Zusammenlegung von Kreisen stets bekämpft habe und die Durchführung dieser Reform mit ihren in das Wirtschaftsleben des platten Landes einschneidenden Maßnahmen bedauere. Die erwartete Ersparnis würde vielfach durch die der Bevölkerung erwachsenden erheblichen Mehrkosten wieder aufgehoben werden, zumal die Auswahl der Kreisstädte den Verkehrs- und Wirt schaftsinteressen teilweise keineswegs Rechnung trage. Die Fraktion bedauere, daß die örtlich interessierten Stellen und Verwaltungsbehörden nicht vorher genügend befragt worden seien, und erwarte nunmehr, daß die noch vorgebrachten Wünsche nach dem Ausgleich von Härten berücksichtigt würden. Weitere Schritte behalte sie sich vor. Landgemeinden gegen gewaltsame Verwaltungsresorm. ! Der Verband der Preußischen Land gemeinden schreibt zur Neuregelung der Land kreise «. a.: Trotz aller Warnungen und Vorstellungen hat die kommissarische preußische Staatsregierung durch Notver ordnung 58 Landkreise aufgehoben. Der Verband der Preußischen Landgemeinden mutz in Wahrung der Inter essen der davon betroffenen Gemeinden und ihrer Be völkerung gegen diese Maßnahme den schärfsten Protest einlegen. Die Landgemeinden find grundsätzlich durchaus keine Gegner einer gesunden organischen Verwaltungsresorm. Die jetzige Maßnahme ist aber nicht nur unüberlegt ge troffen worden, sondern sie ist auch ungerecht und kann das gesteckte Ziel nicht erreichen. Der Landgemeinde verband wird jede gesetzliche und rechtliche Möglichkeit ausnutzen, um diese Maßnahme wieder rückgängig zu machen. Man kann eine organische Reichsreform bejahen, nur darf sie nicht einseitig die preußische Verwaltung dem Einfluß und der Kontrolle des Preußischen Staates ent ziehen. Zum 13. Reichsfrontsoldatentag. Mit diesem wirkungsvollen Plakat wirbt der Stahlhelm- Bund der Frontsoldaten für das Treffen der Reichsfront soldaten am 3. und 4. September in Berlin. Die Amtsblätter in Preußen. Neuregelung der Vergebung amtlicher Nachrichten. Die kömmissarische preußische Regierung hat den Be schluß gefaßt, die ergangenen Weisungen über die An wendung der Richtlinien vom 12. Oktober 1929 betreffend die Auswahl von Zeitungen zur Bekanntgabe amtlicher Veröffentlichungen einer Nachprüfung zu unterziehen. Es werden demnächst neue Weisungen an die Nachgeordneten Behörden ergehen, die insbesondere auch die sofortige Überprüfung der bisher ausgesprochenen Maßregelungen anordnen werden. Die praktische Durchführung der beabsichtigten Neu regelung wird allerdings noch eine gewisse Zeit dauern, weil damit eine Reihe schwieriger Fragen teils grundsätz licher, teils praktischer Natur, vornehmlich auf finanziellem Gebiet, verbunden ist. Die vorbereitenden Arbeiten im Ministerium des Innern stehen vor dem Abschluß. Oie hartnäckigen Polen. Ihr Protest erneut zurückgewiesen. Der Berliner polnische Gesandte begab sich zum Reichs- außenminister, um mit ihm, wie verlautet, „laufende An gelegenheiten" zu besprechen. Im Verlaufe der Be sprechungen wurde seitens des polnischen Gesandten auch die Angelegenheit des Flaggenzwischenfalles in Warschau gestreift, nachdem die polnische Negierung bereits eine Note an die Reichsregierung gesandt hatte. In dieser Note hat die polnische Regierung, ohne auf Einzelheiten einzugehen, lediglich noch einmal ihren Protest zum Ausdruck gebracht. Die Note wird von der Reichsregierung unverzüg lich beantwortet werden, und zwar in demselben Sinne, den der Neichsaußenminister dem polnischen Gesandten gegenüber bereits am 2. August zum Ausdruck gebracht hatte, daß nämlich der Sachverhalt schon geprüft sei und das Verhalten des deutschen Geschäftsträgers von Rintclcn durchaus der internationalen Übung entsprochen habe. Aus diesem Grunde müsse der Protest der polnischen Re gierung zurückgewiesen werden. Kurze poMstze Auf der Verbandstagung der preußische« undGrundbesitzervereinein Altona kant «s bei der Wahl des Vorsitzenden zu stürmischen Auseinander setzungen. In den Landesausschüssen war der bisherige 1. Vorsitzende, Ladendorff-Berlin, wiedergewählt worden. Als diese Wiederwahl in der geschlossenen Ver bandstagung bestätigt werden sollte, machte sich lebhafter Widerspruch gegen die abermalige Wahl namentlich von feiten des Provinzialverbandes Rheinland-Westfalen geltend. Bei der Abstimmung wurde die Wiederwahl Ladendorffs mit 343 gegen 275 Stimmen bei 83 Ent haltungen abgelehnt. Darauf wurde die Tagung unter brochen, um den Landesausschüssen Gelegenheit zu geben, zu der neuen Lage Stellung zu nehmen. * Die Bergarbefterverbände haben das Wehr arbeitsabkommen für den Ruhrbergbau zum nächstmöglichen Zeitpunkt, dem 30. September d. I., ge kündigt. Bekanntlich sah der Schiedsspruch vom Mai dieses Jahres über den Manteltarif im Ruhrbergbau, der zugleich mit dem Schiedsspruch über die Lohnordnung ge fällt worden war, vor, daß über die Frage der Arbeitszeit im Ruhrbergbau zu einem späteren Zeitpunkt, und zwar im Rahmen der Verhandlungen über das Mehrabkommen neu verhandelt werden sollte. Sie Seuische Reichsbahn im Zuni. Nach dem Geschäftsbericht der Deutschen Reichsbahn-Gesell schaft für Juni 1932 stand im Güterverkehr einer leichten Belebung jahreszeitlich beeinflußter Gütertransporte ein nicht unbeträchtlicher Abfall im Versand von Baustoffen, Kohlen und künstlichen Düngemitteln gegenüber. Der Personenverkehr blieb im Juni bedeutend hinter dem des Vormonats zurück. Die Betriebseinnahmen stellten sich im Juni aus insgesamt 245 416 000 Mark, die Ausgaben der Betriebs rechnung aus 307 535 000 Mark. Unter Hinzurechnung des Dienstes der Schuldverschreibungen und Anleihen sowie der festen Lasten ergab sich eine Gesamtausgabe von 322 665 000 Mark. Die Gesamtausgaben übersteigen das im Juni ausgekommene Einnahmeergebnis um rund 77 Millionen Mark, so daß nunmehr seit Beginn des Geschäftsjahres rund 447 Millionen Mark durch die Betriebseinnahmen nicht ge deckt sind. Der Personalbestand betrug im Juni insgesamt SV9 988 Köpfe. Derbrecherjag- in Stettin. Überfälle auf Kaffenboten vereitelt. Beamte der Stettiner Reichsbank beobachteten einen Mann, der mehrere Kassenboten Stettiner Firmen, die Geld abgehoben hatten, auf die Straße verfolgte. Ein Polizeibeamter nahm den Mann fest; er riß sich aber los und gab einen Schuß ab, der einen Fußgänger schwer ver letzte. Der Verbrecher flüchtete in die benachbarte Orts krankenkasse, von wo aus er über den Hof in eine andere Straße gelangte. Dort hielt er eine Autodroschks an und zwang den Chauffeur mit dem Revolver, ihn zum Bahnhof zu fahren. Inzwischen nahm das Überfallkommando in einem Auto die Verfolgung der Autodroschke aus, wobei es den Verbrecher beschoß. Dieser erwiderte das Feuer und verletzte einen Polizcibeamten schwer. Erst als der Ver brecher mehrmals getroffen war, hielt der Chauffeur an. Zur großen Überraschung der Polizeibeamten fand man in der Autodroschke eine Dame aus Sellin, die zum Dampfschiffsüollwerk fahren wollte, als der Ver brecher die Droschke anhielt. Um sich Reisegeld zu be schaffen, hatte der Verbrecher während der Fahrt von der Dame mit dem Revolver die Herausgabe von 200 Mark erzwungen. Glücklicherweise blieb die Dame bei der Schrcckcnsfahrt unverletzt. Gleich nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus ist der Verbrecher seinen Verletzungen erlegen. XijMMf8l.ieü v o kt p L äUL 54 -4 v »< c u <47. Fortsetzung.) Als der Zug aus der Halle rollte, drückte Feyerabend seinem Schwiegersohn noch einmal die Hand und sagte mit zuckenden Lippen: „Komm wieder, Junge, laß mich nicht so lange allein. Ich fühl', daß es mich bald wegnehmen wird." Lange sah er dem Zug nach und winkte, bis er ganz seinen Bicken entschwunden war, * » * Auf dem Rolandshof war alles in Aufregung. Selbst Kantor Rosen, der seine beiden Zimmer bezogen hatte, wurde in die Aufregung mit hineingerissen. Er half den dreien, soweit es seine Gesundheit erlaubte. Er mußte sich seines Lungenleidens wegen sehr schonen. Alles war aufs beste hergerichtet. Das Haus strotzte vor Sauberkeit, und in jedem Winkel sah es behaglich aus. Um zwölf Uhr lief der Zug in Uelzen ein. Schon um sieben wollte Otto anspannen, er hatte Angst, daß er zu spät auf dem Uelzener Bahnhof sein könnte. Aber der Kantor hielt ihn lachend fest, denn der Braune schaffte es mit dem Schlitten bequem in zweieinhalb Stunden, und es war nicht notwendig, daß er unnütz am Bahnhofe im Schneegestöber stand. Es war für Otto und Hanus eine Erlösung, als Mutter Roland endlich die Erlaubnis zum Abfahren gab. Ehe Hanus auf den Bock kletterte, fragte er Mutter Rokand noch: „Mutter Roland'n, wie muß ich denn unseren hohen Gast anreden?" Die alte Frau wurde verlegen. „Ja, das wees ich nicht, mein guter Hanus. Ich hab' damals nur Herr Heyden gesagt? „Dat is' zu wenig, Mutter Roland'n! Denken Sie, der hohe Herr hat vor Fürschten und vor Millionäre gesungen un' is' über das große Wasser geflogen. Ich wer' ihn gnädiger Herr anreden." Mutter Roland und der Kantor verbissen ein Lächeln. Hanus kletterte aus den Bock, setzte sich neben Otto, und los ging die Fuhre. Als sie in Uelzen ankamen, war es noch reichlich Zeit. „Wat meinst du, Otto," fragte Hanus, „ob es nich' richtig wär, wenn ich den hohen Herrn aus dem Bahnsteia empfang'? Er soll doch merken, dat wir Lebensart haben!" Otto war einverstanden. Hanus schwang sich elastisch wie ein Junger vom Bock herunter, reckte die lange hagere Figur und schritt gravitätisch in das Bahnhofsgebäude. Er kam sich in seinem neuen blauen Anzug und mit der Pelzmütze förmlich stattlich vor, und als er an einem Spiegel vorbeikam, sagte er sich vergnügt: „Wie 'n richtiger herr schaftlicher Kutscher seh' ich aus!" Dann stellte er fest, daß es noch zu früh sei, auf den Bahn steig zu gehen, und beschloß, einen Kognak zu trinken. Es wurden drei. Aber punkt zwölf Uhr stand der brave Schäfer auf dem Bahnsteig, gravitätisch, der Würde seiner Aufgabe bewußt. Die kleinen Augen, die sonst immer so vergnügt und ver schmitzt blickten, waren würdevoll ernst, nur die' Nase, die spitz wie ein stattlicher Erker aus dem Gesicht herausragte, hatte ihre übliche blau-rote Färbung. Der Zug lief ein. Es waren nicht allzuviel Passagiere, die hier ausstiegen, der Zug war schwach besetzt. Willmar, der ungern Bahn fuhr, atmete auf, als er am Ziele war, und hob Klein-Elschen heraus, die mit neugierig glücklichen Augen um sich schaute. „Sind wir bei der guten Tante, Papa?" „Noch nicht, mein Kind. Jetzt werden wir noch zwei Stunden fahren, mit einem Pferdchen, das den Schlitten zieht." Hell jauchzte das Kind bei diesen Worten auf. Willmar ging langsam, so daß er der letzte der Passagiere war, und sah sich um. Die gute Mutter Roland hatte ihm telegraphiert, daß man ihn abholen würde. Da fiel sein Blick auf einen langen dürren Kerl, der gravi tätisch auf dem Bahnsteig stand und seine flinken Aeuglein umherschweifen ließ. Jetzt sah er ihn an, schob sich langsam näher und trat auf Heyden zu. Der Lange zog die Pelzmütze und sagte verlegen: „Die Mutter Roland'n schickt mich, gnädiger Herr Heyden." Am liebsten hätte Willmar über die humoristische Gestalt, zu der dieser Gruß wundervoll paßte, aufgelacht, aber der lange, dürre Kerl ja ihn jo treuherzig an, daß er das Lachen verbiß. „Ich bin Heyden, lieber Freund. Sie wollen mich also nach dem Rolandshof bringen?" „Jawoll, gnädiger Herr! Wenn es Sie nicht tut schenieren, dann . . . jawoll, dann bin ich jo frei. Ieben Sie mir das Gepäck, gnädiger Herr, ich will's man tragen. Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm er die beiden Koffer und stapfte vornweg durch die Sperre. „In der Bahnhofshalle machte er Halt, drehte sich um und sagte demütig: „Wenn der gnädige Herr erst etwas ge nießen wollen. Das Bahnhofsrestaurant ist sehr gut." Heyden wollte dankend ablehnen, aber Klein-Elschen zupfte ihn am Aermel und sagte verschämt: „Vati, ich hab' so ganz großen Durst." „Da müssen wir freilich rasten. Führen Sie uns ins Restaurant, lieber Freund." - Hanus war glücklich. „Lieber Freund" hatte der hohe Herr schon dreimal zu ihm gesagt. Ein guter Herr! Und das kleine herzige Kind! In dem schön durchheizten Wartesaal nahmen sie Platz. Hanus blieb demütig stehen. „Aber so nehmen Sie doch Platz," sagte Heyden. „Wie war Ihr Name? Ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich Sie als dem Rolandshof zugehörig taxiere." Hanus verbeugte sich tief und sank ehrfürchtig auf einen Stuhl neben Willmar. „Jawoll, gnädiger Herr. Ich bin der Schäfer und heiße Hanus. Jawoll, Hanus. Der Otto, der ist draußen bei dem Pferd." Da wird er aber ungeduldig werden. Holen Sie ihn doch herein. Er soll auch erst etwas zu sich nehmen. Oder kann er vom Pferd nicht weg?" „O, dat geht schon, gnädiger Herr. Da paßt der alte Siebert mal auf. Das macht der für 'nen guten Groschen." Hanus ging Otto holen. Otto lieh sich das nicht zweimal sagen, denn er hatte auf seinem Bock jämmerlich gefroren. Unterwegs sagte ihm Hanus: „Otto, dat is'n feiner Herr! Un' ene Deern! Ein Pupperchen! O propper! Un'n jut is' er! Gleich läd' er uns ein! Dat is' für den hohen Herrn doch allerhand. Ich komm' mir vor wie so'n Großkrotze." Otto, der Hüne, war so verlegen, als er Heydens Hand drückte, daß der dachte, sie müsse aus allen Fugen gehen. Willmar bat beide, Platz zu nehmen und unterhielt sich mit ihnen. Sie tranken heiße Fleischbrühe, dann bestellte Will mar für Hanus und Otto heißen Grog. „Verkehrten Grog" bestellt er tFortsetzung folgt.)