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MdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die ^andwirtschast. Ä für Bürgertum^ Beamte, Angestellte u. Arbeiter Wilsdrufs-DreSden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 3. August 1932 Jie MereWriilhe im ReWM Berlin, 2. August. Im Zusammenhang mit der Neu ¬ wahl des Reichstages wurde vielfach angenommen, das; das Reichskabinett im wesentlichen bestehen bleiben, daß aber auf dem Kanzlerposten eine Aenderung eintreten werde. An unter richteter Stelle wird demgegenüber neuerdings die Auffassung vertreten, das; der Reichskanzler v. Papen sein Amt beibehalten wird und das; vielleicht auf einigen anderen Posten Aenderungen eintreten werden. Die weit rechts stehende Deutsche Zeitung glaubt heute bereits andeuten zu können, daß der Reichskanzler v. Papen auch zum preußischen Ministerpräsidenten gewählt werden solle und daß er dann eine preußische Regierung bilden werde, mit der sich der Landtag wohl oder übel abfinden müsse, wenn er nicht wünsche, daß der Kanzler weiterhin llommissarisch regiere. Zu dieser Meldung der Deutschen Zeitung ist zu bemerken, daß der Plan das Reichskanzleramt und das Amt des preußi schen Ministerpräsidenten in einer Hand zu vereinigen, schon feit längerer Zeit erörtert wird, und daß diese Personalunion sich gegebenenfalls auch auf einige andere Ministerposten erstrecken soll. Ob und wie diese Pläne im einzelnen durchgesührt werden können, hängt natürlich noch von den kommenden Verhandlun gen ab berechtigt, als Sie Gewähr gegeben sei, daß die Rechts fragen durch eine Entscheidung des Staatsgerichtshofes, der praktisch ohnehin in keiner Weise vorgegriffen werden könne, einer baldigen Klärung entgegen- geführt werden. Der Vertreter der bayerischen Staatsregierung betonte in einer Erklärung, daß die neue Zusammen setzung des Reichsrats der Reichsverfassung nicht ent spreche und daß der Reichsrat nicht in der Lage sei, die ihm nach der Verfassung zukommenden Rechte auszuüben. Von einem Verwahrungsantrag sehe Bayern nur ab, weil keine Mehrheit dafür zustande käme. Bayern behalte sich ausdrücklich alle Schritte vor und sei nur unter diesem Vorbehalt in der Lage, sich an den Ver handlungen zu beteiligen. Der Vertreter Württembergs verwies auf die starken Bedenken seiner Regierung gegen die Einsetzung des Reichskommissars für Preußen. Württemberg sei unter ausdrücklichem Vorbehalt seines Rechtsstand punktes zu sachlicher Arbeit im Reichsrat bereit. Die badische Regierung ließ erklären, daß sie sich den von Bayern und Württemberg abgegebenen Vor behaltserklärungen anschließe. Ähnliche Er klärungen gaben Hessen, Hamburg, Lübeck, Bremen, Lippe und Schaumbrg-Lippe ab. Di» Vertreter der preußischen Provinzen behielten sich eine Nachprüfung der Rechtmäßigkeit vor. In der Vollsitzung des Neichsrats blieben die Plätze der preußischen Neichsratsvertreter leer. Auf Vorschlag des Reichsinnenministers Freiherrn v. Gavl erklärte sich der Reichsrat damit einverstanden, daß für die nächsten drei bis vier Wochen eine Beratungspause eintritt, falls nicht irgend welche dringlichen Angelegenheiten doch eine Einberufung des Reichsrats notwendig machen. Die Germania für einen aktionsfähiger Reichstag. Berlin, 2. August. Die Germania bemerkt in ihren Leitartikel am Mittwoch unter anderem: Nach den schweren Wir ren der letztenWochen, die den verfassungsrechtlichen Boden un seres Staatslebens leider nicht unberührt gelassen haben, ist es vor allem notwendig, daß irgendeine Regierung dem neuen Reichstag in dem ernsten Willen begegnet, mit ihm und in ihm eine sachliche Basis für die Erfüllung der Staatsnotwendigkeiten zu finden, die niemals Sache der Regierung allein sind. Jede Regierung — welche auch immer es sein mag, die dem Reichstag demnächst begegnet — hat die gebieterische Pflicht nach den un durchsichtigen Verhältnissen und gewagten Experimenten der letzten Zeit wieder einen Rückweg zu normalen Verhältnissen zu suchen, und alle Parteien, soweit sie sich überhaupt zu einer aus bauenden Arbeit bereitfinden — mögen sie nun opponieren oder die Regierungsarbeit positiv unterstützen wollen — haben die Pflicht, an der Erreichung dieses Zieles mitzuarbeiten. Noch so ausgezeichnete Wirtschastsprogramme mögen aufgestellt und durchgesührt werden. Sie werden sür die wirtschaftliche Er holung Deutschlands wenig oder nichts bedeuten, wenn nicht jene politische Normallage wiederhergestellt wird, die eine lebenswich tige Voraussetzung für das wirtschaftiche Vertrauen im Im- und Auslande ist. Die Berücksichtigung dieser psychologischen und sachlichen Zusammenhänge ist umso wichtiger, als uns ein Winter bevorsteht, dessen wirtschaftlicher Tiefpunkt am allerwenigsten mit politischen Experimenten des Artikels 48 zu überwinden sein wird. Papens Pläne. Die Zeit des politischen „Burgfriedens* in Deutsch land wird mehr oder weniger angenehm mit allerhand Diskussionen darüber ausgefüllt, wie sich denn nun ange sichts der Ws-^ergebnisse unsere innenpolitische Lage weiter entwickeln wird. Man hat für diese Dis kussionen, die sich wohl allmählich in Verhandlungen fort setzen werden, noch einige Wochen Zeit, weil dem Artikel 23 der Verfassung gemäß der neue Reichstag erst am 30. Lage nach seiner Wahl einberufen werden muß. Dann „konstituiert" er sich zunächst, was — siehe den preußischen Landtag! — Wohl nicht ganz ohne Schwierigkeiten abgehen dürste, und erst nach Überwindung dieser Hindernisse wird die „große Politik" akut. Infolgedessen diskutiert man vorläufig mehr als man Entschließungen oder gar Beschlüsse saßt. Das gilt im übrigen nicht zuletzt auch für die Reichsregierung selbst, deren Leiter sich einem ausländischen Berichterstatter gegen über gleichfalls sehr zurückhaltend äußerte. Politisch wenig stens — und hier ist ja auch vorläufig alles in der Schwebe. Herr v. Papen betrachtet das Ergebnis der Wahl vom 31. Juli als die Entscheidung des Volkes dahingehend, daß das Bestreben der Regierung, „das Land vonder Parteiherrschaftzu befreien", gebilligt worden fei. Und daher beabsichtige seine Regierung keineswegs, sich um die Bildung einer Koalition im Reichstag zu be mühen, auf deren Unterstützung die Reichsregierung ange wiesen sei. Dem kann man allerdings entgegenhalten, daß die Reichsregiernng gleich bei der ersten Frage der „großen Politik" auch keine Mehrheits-Koalition gegen sich haben darf, dann nämlich, wenn es sich darum handelt, ob der in sicherer Aussicht stehende Antrag auf Aufhebung der Papenschen Notverordnungen vom 14. Juni und nament lich die vom 20. Juli im Reichstag zur Entscheidung steht! Aus einer weiteren Andeutung des Reichskanzlers in jenem Interview kann man entnehmen, daß er vor den neuen Reichstag auch mit einem „konstruktiven Programm" treten und dann den neuen Volks vertretern bzw. den Parteien überlassen will, durch Ab lehnung dieses Programms seine Durchführung zu ver hindern, also das Kabinett zu stürzen, oder nicht. Der artiges ist bisher von jedem Reichskanzler vor jedem neu- gewählten Reichstag geschehen — nur wurde vorher durch entsprechende Verhandlungen mit den Parteien dafür ge sorgt, daß der „Start" einer solchen Regierungserklärung nicht zum parlamentarischen Mißerfolg führte. Herr von Papen will anscheinend also andere Wege einschlagen. Einen breiten Raum nehmen in den Ausführungen des Reichskanzlers seine Maßnahmen und Vorschläge zur Verfassungs- und Verwaltungsreform ein. „Ich bin der Auffassung, daß Deutschland ein Ober haus braucht", und des weiteren wünschte von Papen eine Abänderung des Reichstagswahlrechts, das heute den Parteien eine viel zu große Macht einräume. Wieder, wie vor kurzem schon einmal, erklärt der Reichs kanzler, daß wir andere Sorgen und desto weniger Zeit hätten, „an die Staatsform zu denken", die nicht im ge ringsten zur Debatte steht, übrigens ist ja auch gar nicht zu erwarten, daß sie in die Debatte geworfen wird. Einen kleinen, andeutungsweise Ausblick auf kommende Verhandlungen darf man wohl aber in einem Satz der Ausführungen des Kanzlers sehen, wonach er „den Augenblick für gekommen" sieht, daß „die natio nalsozialistische Bewegung am Wiederaufbau des Vaterlandes tätig mithelfen müsse". Wenn das nicht nur im und durch den Reichstag geschieht, sondern auch im Kabinett, so wäre allerdings in jenem Satz zum mindesten eine Regierungsumbildung angekündigt. Freilich dürfte gerade hierüber eine Entscheidung nicht heute oder morgen fallen. Papen such preußische«' Ministerpräsident? Für die Opfer der „Niobe". Reichsinnenminister Freiherr v. Gahl eröffnete die Sitzung nnt folgendem Nachruf für die Opfer der „Niobe"' „Seit der letzten Vollsitzung des Neichsrats haben die Reichsmarme und das gesamte deutsche Volk einen überaus schweren und kaum faßlichen Verlust erlitten. Ein nach mensch lichem Ermessen gesichertes Schiff wie das Schulschiff „Niobe" ist untergegangen und hat einen großen Teil seiner Besatzung mit sich in die Tiese genommen, blühende Menschenleben die Hoffnung ihrer Eltern und die Hoffnung der Marine und des deutschen Volkes sind auf diese Weise den Seemannstod ge storben und haben ihre junge Laufbahn in der Marine mit diesem furchtbaren Ereignis abschließen müssen. Wir stehen fassungslos und tiefbewegt vor diesem schweren Unglück und wir gedenken in herzlicher Teilnahme aller derer, denen durch dieses Ereignis das schwerste Herzeleid zugefügt worden ist. Wir gedenken der Eltern der von uns Gerissenen, wir ge denken der Kameraden, wir gedenken der Marine und aller derer, die in ihrem Herzen beteiligt sind an diesem furchtbaren Ereignis. Wir wollen dem Wunsch, wir wollen der Hoffnung und der Bitte Ausdruck geben, daß es uns erspart sein möge, jemals wieder ein solch schweres, weiteste Kreise treffendes Unglück in unserer Marine zu erleben. Sie haben sich zu Ehren der im Dienst gestorbenen jungen Seeleute und ihrer Vorgesetzten von Ihren Plätzen erhoben, ich danke Ihnen dafür." * In der Vollsitzung des Reichsrats gab der Vorsitzende des Reichsrats, Reichsinnenminister Freiherr vonGayl, für die Reichsregierung eine Erklärung ab, in der betont wird, daß die Reichsregierung von den früheren Er klärungen der Länder über die Rechtsverhältnisse im Reichsrat Kenntnis genommen habe und der Hoffnung Ausdruck gebe, daß sich die Zusammenarbeit zwischen der Reichsregierung und den Ländern im Reichsrat weiterhin reibungslos voll ziehen werde. Die Reichsreaieruna sei dazu um so mehr Das große Rätselraten. Jetzt beginnt das große Rätselraten, ob sich im neuen Reichstag doch noch eine Mehrheit zur Regierungsbildung zusammenfindet, oder ob die jetzige Reichsregierung am Ruder bleibt, von Fall zu Fall sich dem Reichstag stellt und seine Billigung erzwingt oder mindestens seine Duldung. Pariser Blätter, die ja immer mehr über Deutschland wissen wollen als wir selbst, haben Telegramme veröffent licht, die Abgesandten Hitlers aus dem Braunen Haus in München seien schon nach Berlin abgefahren und hätten dem Reichskanzler und dem Reichswehrminister ihre For derungen auf sofortige Umbildung der Regierung und Übergabe derMachtandie Nationalsozialisten oor- gelegt. An der Geschichte ist natürlich kein wahres Wort. Der Reichskanzler ist am Dienstag von Berlin weg in Urlaub gefahren und hat niemand empfangen, und der Reichswehrminister hat sich zur gleichen Zeit aus ein» In spektionsreise nach Mitteldeutschland begeben. An den zuständigen Stellen lautet die Parole: Abwarten! Ab warten bis E n d e A u g u st, bis der Reichstag Zusammen tritt. - ' Die Regierung v. Papen überläßt es vorerst den P a r- teien, sich über die möglichen Folgen der Wahl zu unter halten. Die große Frage ist die: Werden die Nationalsozialisten darauf bestehen, daß ihre Beauftragten in die Reichsregierung eintreten, sofort oder später, oder werden sie auf diesen Anspruch verzichten und nur bestimmte Bedingungen für eine freundliche Haltung gegenüber dem jetzigen Reichskabinett stellen? Die Äußerungen der nationalsozialistischen Blätter lassen noch keine bestimmten Schlüsse zu, vorerst sprechen die Blätter ganz allgemein davon, daß der Spruch des Volkes dem Nationalsozialismus die politische Führung zugesprochen habe. Stark beachtet werden natürlich auch die Äußerungen des Zentrums und der Baye rischen Volkspartei, weil ja diese beiden Parteien bei einer möglichen Mehrheitsbildung eine Rolle spielen. Das Zentrum ist in seiner Presse immer noch sehr zurück haltend, weniger dagegen die Bayerische Volkspartei. Von München kommen Stimmen, die so klingen, als ob man sich dort innerlich auf ein Zusammengehen mit den Nationalsozialisten schon einstelle. Ganz deutlich wird da in den Parteimitteilungen der Bayerischen Volkspartei gesagt, die Nationalsozialisten müßten jetzt andieVer - ant Wortung ran, sonst wäre die Wahl sinnlos; aber den Traum von einer Parteidiktatur müßten sievorher auf geben, ebenso den Traum, daß sie das Zentrum und die Bayerische Volkspärtei zerstören könnten. Dann bestehe Aussicht. Das klingt immerhin schon recht deutlich wie eine Einladung und Aufforderung an die Gegenseite, sich zu erklären. In einigen Wochen wird man klarer sehen. Vorerst liegen die Dinge noch so, daß die Meinung am meisten für sich hat, daß die jetzige Reichsregierung am Ruder blLib- Das »Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags s Uhr. Bezugspreis monatlich r,— RM. sre, Haus, bei Postbestellung 1,8V RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanstalten, Post- n°^en^i^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Falle höherer Sewall, Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung de? Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Per«? t>ei"'l.i. Günstige Beurteilung der Reichstags wahlen in England, deutsche Werte steigen London, 2. August. Die optimistische Beurteilung der Lage in Deutschland nach den Reichstagswohlen zeigte sich am Dienstag durch gute Kursgewinne der deutschen Werte aus dem Londoner Marli. Die ftebenprvzentige Dawesanleihe flieg um zwei Punkte auf 83, die 5^p«ozentige Younganleihe schloß mit Steigerung von Ist» Punkten bei 67>-. * Frick lehnt die Einberufung des Auswärtiges Ausschusses ab. Berlin Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Reichstagsabgeordneter Frick, hat den Kommunisten mitgeteilt, daß er den Auswärtigen Ausschuß nicht embermen werde. Frick hat seine Haltung in einem vom 30. Juli datierten schreiben damit begründet, daß der alte Reichstag nicht mehr dem Willen des Volkes entspreche und der neue Reichstag eine ganz andere Zusammensetzung haben werde, Wie von lom- mnnistischcr Seite erklärt wird, wird man fick dort mtt diesem Bescheid nicht zufrieden geben, sondern die Emberufung des Auswärtigen Ausschusses, der als ständiger Ausschuß des Reichstages bis zum Zusammentritt des neuen Retchstages noch in seiner bisherigen Zmalmnensetzung habe, trotz ¬ dem durchzusetzen versuchen, zumal eme Mehrheit bes Aus wärliaen Ausschusses Ar die Einberuiuug vorhanden sem All. M°glichkci, Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nn 6 freund Pi°tzuorichrifen -nn-hmebi-uorm.lvUhr. — v be-ü»stchttgi. Anzeigen, durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, mir deine Taroniie. Jeder Roda.tgn.pruch ermF,"m^ ^ichttgdeil de — —Klugr rtngezog.n werden muff oder der Austtogge^ Das Wilsdruffer Tageblatt rst das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtsbauntmannsoftaff c« . g-rtchl- und des St°d.r°.- zu Wilsdruff, d°s Forftren.am.s TharE und des Nr. 180 — 91. Jahrgang