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Lob des Bergwaldes. Wer sang das erste Lied von deiner Schone? Wird je das letzte Lied von dir gesungen? Solang im Felsgrau bronzene Nadeltöne / Aufgolden und solange Vogelzungen In deinen Wipfeln Melodien finden, Die sie wie Perlenketten um dich schlingen, Solang die Wolken wandern mit den Winden: Solange werden Dichter dich besingen. Solange Runen in den Felsen zeugen Bon dem, was in Jahrtausenden geschehen — Aus einem Quellgrund Anemonen äugen, Die sich am Himmelsblau nicht müde sehen, Solang das Frührot seine zarten Schleier An dich verschenkt, — solang ein Herz noch glutet Bei einer späten Amsel Abendfeier: Solang ist nicht dein letztes Lied gesungen. Franz Mahlke. Sie Wahlvorschlage im Wahlkreis 28. 19 zugclasscn, drei abgewiesen. In der Sitzung des Wahlkreisausschusses für den Wahlkreis Dresden-Bautzen, der unter dem Vorsitz von Oberregierungsrat Dr. Kuntze tagte, wurden von den cingereichten 22 Wahlkreisvorschlägen 19 zugelassen. Diese sind: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (Spitzen kandidat: Reichstagspräsident Löbe); Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, beginnend mit den Namen Strasser, Mutschmann, Feder, im ganzen 53 Namen um fassend; Kommunistische Partei Deutschlands (Spitzen kandidat: Rädel, Pirna); Zentrum (Spitzenkandidat: Reichskanzler a. D. Dr. Brüning); Deutschnationale Volks- Partei; Deutsche Volkspartei; Reichspartei des Deutschen Mittelstandes (Wirtschaftspartci); Staatspartei; Deutsches Landvolk (Spitzenkandidat: Gutsbesitzer Domsch, Groß hennersdorf); Christlich-Sozialer Volksdienst (Spitzen kandidat: Dr. Echte, Leipzig); Volksrcchtpartei (Spitzen- . kandidat: Oberschnlrat Bauer, Stuttgart, und Frau Lasse, Wurzen). Die übrigen Wahlvorschläge sind: National sozialistische Kleinrentner, Jnflationsgeschädigte und Vor- kriegsgeldbcsitzer, Nationalsozialistischer Volksbund für Wahrheit und Recht (beide von Berliner Spitzenkandida ten geführt), Polenliste, Sozialistische Arbeiterpartei (Spitzenkandidat: Schriftsteller Walter Fabian, Dresden), Freiwirtschaftliche Partei (Partei für Krisenlose Volks wirtschaft), JBD. Gerechtigkeitsbcwegung für Parteien verbot, gegen Lohn-, Gehalts- und Rentcnkürzungen, für Arbeitsbeschaffung, Arbeiter- und Bauernpartei Deutsch lands (Chr.-Nadikale Volksfront) und Kampfgemeinschaft der Arbeiter und Bauern (Spitzenkandidat: Freund, Sohland, Spree). Nicht genehmigt wurden die Vorschläge des Deutschen Sozialistischen Kampfbundes, der Nnitaristischen Union Vundes der volksschulgebildeten Staatsbürger Deutschlands (Kaualbau-Bewegung), weil sie den gesetz lichen Anforderungen nicht genügten. Die Teutsch- Soziale Kampfbewegung schien sich besonders aus die Gegend von Lößnitz i. E. zn stützen, denn nicht weniger As vier von den zehn vorgeschlagenen Kandidaten stammen aus Lößnitz i. E. selbst. Von der Partei volks schulgebildeter Staatsbürger heißt es, daß ihr Spitzen kandidat, der „Kanalbauer" Wirth, entmündigt ist. Im übrigen ist die gastze Vorschlagsliste ein schlagender Be weis dafür, daß trotz aller Einheitsbestrebungen in Deutschland die Sonderbündelei und Parteizerrissenheit nach wie vor bedauerlich arok ist. Der blutige Tag in Altona. 12 Todesopfer der Monaer Siraßenkämpfe. Schwere Zusammenstöße in anderen Orten über die folgenschweren Vorgänge inAltona liege« amtliche preußische Berichte vor. Nach diesen Berichte« wurden bei den Straßenkämpfen im Altstadtviertel vo« Altona zwölf Personen durch Schüsse getötet. Zwei von ihnen waren Nationalsozialisten, zwei Kommu nisten, zwei wurden als parteilos festgestellt; die Persön lichkeiten der anderen, unter denen sich drei Frauen befinden, konnten bis jetzt nicht festgcstcklt werden. Ver- haftet wurden mehr als 9V Personen, zum großen Tei! junge Leute aus Hamburg. Die Zahl der m Kranken häusern liegenden Verletzten wird mit 54 angegeben. Der Polizeipräsident von Altona ist jedoch der Ansicht, daß die Zahl der Opfer an Toten und Verletzten sich noch erhöhen dürfte, da die Kommunisten ihre Opfer sicherlich wcggeschleppt hätten. Nach Aussagen des leitenden Arztes des städtischen Krankenhauses handelt es sich bei den Verletzten zumeist um äußerst schwere Verletzungen, die durch Querschläger entstanden sind und in vier Fällen zur Amputation von Beinen geführt haben. Die Polizei hatte die Nationalsozialisten vorher ge warnt, einen Umzug und einen Werbemarsch durch das als gefährlich bekannte Viertel in Altona zu veranstalten. Die Nationalsozialisten wollten jedoch ihren Plan nicht auf geben und der Umzug wurde genehmigt. Die Polizei er klärt, sie hätte alle erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Als der Zug in die gefährdeten Straßen einbog, fielen von Dächern und aus Fenstern Schüsse. Die Polizei erwiderte sofort das Feuer, da sie Anweisun gen hatte, rücksichtslos vorzugehen. Der Zug selbst wurde von seiner geplanten Richtung abgebogen und aus dem gefährdeten Viertel herausgeführt, bis er unbehindert weiterziehen konnte. Nachdem die Zugteilnehmer in Sicherheit waren, riegelte die Altonaer (preußische) Polizei mit Unterstützung der Hamburger Polizei die ge fährdeten Straßen ab und nahm den Kamps gegen die kommunistischen Schützen auf. Zwei Panzerwagen wurden eingesetzt, da die Kommunisten in der Kleinen Freiheit aus drei Kohlen wagen eineBarrikade errichtet und von hier aus die Polizei beschossen hatten. Gegen Abend glaubte die Polizei vollkommen Herr der Lage zu sein. Trotzdem blieb das Der Schauplatz des Altonaer Bürgerkrieges. Eine Straße in dem Viertel Altonas, in dem die blutigen Vorfälle stattfanden, die bis jetzt zwölf Tote und zahllose Verletzte forderten. volle Polizeiaufgebot auch weiter eingesetzt) da man damit rechnen mußte, daß die Kommunisten nach Einbruch der Dunkelheit eine neue Aktion in die Wege leiten würden. In der Nacht spielte sich dann in Elmshorn und Pinneberg eine Kampfszene ab. In Elmshorn geriet ein größe rer Trupp von Nationalsozialisten, die in einem Lastauto von Altona zurückkehrtcn, in Streitigkeiten mit der Polizei; ein Polizeibcamter wurde durch einen Schuß verletzt. In Pinneberg kam es zu einer Schießerei vor dem Verkehrslokal der Sozialdemokraten. Zwei Per sonen wurden schwer und fünfzehn leicht verletzt. Ltnier -en anderen politischen Zusammenstößen waren besonders schwer die in Greifswald, wo im Anschluß an eine nationalsozialistische Kundgebung SA.-- Leute von Kommunisten beschossen wurden. Dabei wurden 19 Nationalsozialisten verletzt, die meisten durch Kopf- und Brustschüsse. Auf dem Transport in die Klinik sind zwei SA.-Leute, ein Schmied und ein Greifswalder Student, ihren Verletzungen erlegen. Die Greifswalder Polizei hatte sich den Tumulten nicht gewachsen gezeigt und aus Stralsund Ver stärkungen anfordern müssen. Noch eine Reihe anderer norddeutscher Städte litt unter Straßenkämpfen und Feuerüberfällen. In Lübeck überfielen Kommunisten einen Aufmarsch von SA. und SS. und bewarfen die Zugteilnehmer mit Steinen. In der Nähe von Aurich wurden gelegentlich eines SA.-Aufmarsches von den Kommunisten mehrere Autos und Motorräder beschossen. Es kam zu einem Handgemenge, bei dem sechs Personen verletzt wurden. An der Überfallstelle fand die Polizei Patronen hülsen, Revolverpatronen und Gewehrmunition. In Wismar wurden nach einem Werbemarsch der SA., zwei Nationalsozialisten von Kommunisten überfallen und schwer mißhandelt. In Itzehoe kam es zu nächtlichen Schießereien. Ein Nationalsozialist erhielt einen Bauch schuß, ein andere: einen Kopfschuß. Zwöls Kommunisten wurden zwangsgestellt. Die weitere „Strecke'". Es ist Lieftraurig, aber man kann wirklich nur noch von einer „Strecke" sprechen. In einem Walde beiDetmold wurden nach einer nationalsozialistischen Kundgebung a m Hermannsdenkmal ein ganzes, zum überfall be reites Kommunistenlager ausgehoben. Beschlagnahmt wurden Zaunlatten, Bleirohre, Schraubenschlüssel, Messer, Dolche, Revolver und Stahlruten. In Bochum, in Remscheid, in Barmen und bei Gladbach- Rheydt gab es kleinere Zusammenstöße, aber es wurden immerhin noch genug Personen durch Revolverschüsse und ans andere Weise verletzt. Bei Barmen wurden in einem mit Nationalsozialisten besetzten Wagen 18 geladene Pistolen gefunden und beschlagnahmt. Im Aachener Landkreis kam es an verschiedenen Orten zu Zu- ammcnstößcn, wobei scharf geschossen wurde. Mehrere Personen wurden verhaftet. Auch in Hessen kam es wieder zu schweren Zu sammenstößen zwischen Nationalsozialisten und politischen Gegnern. In Obernheim wurden drei Nationalsozialisten leicht und einer schwer verletzt. Auf der Landstraße zwischen Homberg und Nieder- Offleiden wurden Nationalsozialisten von Kommunisten üherfallen. Von den SA.-Leuten wurden 12 Mann schwer verletzt. Der SA.-Mann Weber soll inzwischen seinen Verletzungen erlegen sein. Auch die Kommunisten hatten eine Anzahl Verletzte. In Altenessen wurden nach Mitteilung der Polizei ein Stahlhelmangehöriger und ein. National- KöMMKIM p 0 bl ä bl "> » 0 t. s änL bl -4 V K k sil uauesekkrecurssLuurr ooacu osxHN «eisrea SH. tw. Fortsetzung.) Aber Dalbade mühte sich umsonst. Er sang gewaltig, Heydens Stimme übertraf die seine jedoch an Tonfülle. Jetzt, da man beide Stimmen miteinander vergleichen konnte, zeigte sich, welch ein Gesangsphänomen Heyden war. Er sang mühelos, wo Dalbade sich abquälen mußte. Er dominierte in der Hohen Lage mit einer Kraft und Ton schönheit, dem der Dalbade nichts Ebenbürtiges gegenüber stellen konnte. Kalt war die Stimme des berühmten Tenors. Und er fühlte es selber. Mit dem Mute der Verzweiflung kämpfte er, verlangte seiner Stimme das Letzte ab . . . aber über eine gewisse Grenze kam er nicht hinaus. So kam es, daß auf offener Szene, als der alte Sänger Berthold vom Wald unterlag, donnernder Beifall laut wurde, der Heyden galt. Dalbade atmete auf, als sein Rivale abgetreten war, und versuchte noch einmal, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Aber es gelang ihm nicht. Trotzdem war der Erfolg am Schluß des Aktes stark. Dalbade zog Mara mit nach vorn und verbeugte sich mit den beiden anderen Darstellern. Das Publikum wollte Heyden sehen. Der aber wollte nicht vortreten Der alte Grütz faßte ihn kurzentschlossen am Arm und führte ihn nach vorn. Dalbade sah es und schob sich zusammen mit Mara an der Rampe plötzlich vor Heyden, versperrte ihm gewisser maßen den Weg. Im nächsten Augenblick setzte ein erregtes Zischen ein. Erst als der Intendant selbst vorgetreten und Heyden dem Publikum präsentiert hatte, beruhigte es sich wieder und applaudierte minutenlang. „Abscheulicher Kerl, der Dalbade!" sagte der Bericht erstatter zu seinem Kollegen Myers. „Will den Heyden nicht vorlassen. Na, das Publikum hat es ihm gegeben. Ich freue mich von Herzen, daß ich heute einmal mit gutem Gewissen schreiben kann: der Dalbade ist ausgezeichnet, aber diesem neuen Stern, diesem Stimmphänomen Heyden reicht er nicht das Wasser." * * Im Schlußakt zeigte es sich, daß Dalbade sich zu stark aus gegeben hatte. Nur mit Mühe zwang er sein Partie. Er atmete auf, als er endlich den letzten Ton gesungen hatte. Gespannt wartete das Publikum, ob Heyden nicht noch einmal käme. Und es wurde nicht enttäuscht. Er trat zum Schluß auf. Als im Schlosse des Fürsten die Wogen des Festes hochgingen, floh der alternde Sänger Berthold vom Wald, der jahrelang am Fürstenhofs gewesen war, von hinnen. Er nahm Abschied von der Stätte, die er geliebt, in einem wunderbaren Liede, das Heyden mit seinem Herzblut sang, in das er sein ganzes Fühlen strömen ließ. Dann fiel der Vorhang. Die Menschen, die dem Stimmwunder gelauscht hatten, waren benommen von dem Eindruck des Sanges und des Spieles Dann brach es elementar los. Tosender Beifall überschüttete Heyden, den Komponisten und die anderen Darsteller. Es war ein ganz großer Tag der Staatsoper. Unzählige Male ging der Vorhang auf und nieder und immer wieder mußten sich die Künstler zeigen, bis das Publikum sich endlich beruhigte. q- * -r- Die beiden Fräulein Engst fuhren mit frohem Herzen heim. Der Jubel des Publikums in der Staatsoper klang noch in ihnen nach. Wie staunten sie aber, als sie im großen Wohnzimmer Licht bemerkten. Das Dienstmädchen kam ihnen entgegen. „Herr Heyden ist mit einigen Freunden gekommen, und ich habe dis Herren ins Wohnzimmer geführt. Es ist doch recht so. Fräulein Engst?" „Aber natürlich!" versicherte Anna, die ebenso wie die Schwester ganz verlegen vor Freude war. Im Wohnzimmer trafen sie Heyden mit drei Herren an. Heyden kam ihnen entgegen und sagte: „Ich bitte um Verzeihung, meine Damen, daß wir Sie so spät noch über fallen, aber ... es sollte durchaus eine kleine Feier ver anstaltet werden, und ich fand dazu keinen lieberen Ort als hier bei Ihnen. Dars ich Sie meinen Freunden oor- stellen und gleichzeitig zu einem Glase Sekt einladen?" Gern nahmen sie an. Die Herren waren Grütz, Feyerabend und ddr Komponist der Oper. Merzbacher. Sie nahmen Platz, und bald hallte das Zimmer vom Lachen fröhlicher Menschen wider. Klein-Elschen erwachte. Sie weinte auf. Anna hörte es und ging, ihren Liebling zu beruhigen. „Wo ist Papa?" fragte das Kind weinerlich. „Papa ist gar nicht im Bettl! Ich hab so Sehnsucht!" „Papa hat Besuch, mein Elschen! Du muht schön brav schlafen. Er wird bald zu dir kommen." Aber das Kind beruhigte sich nicht, und Anna ging zu Heyden. „Klein-Elschen will von Ihnen in den Schlaf ge sungen werden Ich kann das Kind nicht beruhigen!" Heyden lächelte glücklich und entschuldigte sich für einen Augenblick. Nach wenigen Minuten horchten sie alle auf. Sie hörten die Stimme des gottbegnadeten Sängers Heyden. Er sang sein Kind in den Schlaf Eine stille, innige Weise Schuberts erkiang. „Glückliches Kind!" dachten sie „Du bist glücklicher als wir alle, dich singt Willmar Heyden, der große Künstler, in den Schlaf Seins ganze kindfrohe Seele gibt er dem Liede mit. das er an deinem Beffchen erfönen labt " 6 Am nächsten Morgen besuchte Heyden den Intendanten, Geheimrat Stuckbaur. Der empfing ihn mit der größten Liebenswürdigkeit und beglückwünschte ihn zu den glänzen den Kritiken Unfaßbar erschien es ihm. daß Heyden herzlich wenig Interesse dafür zeigte. „Ich bin etwas anders, als sonst Künstler zu sein pflegen," sagte Heyden verlegen. „So seltsam es klingt, aber es ist nicht anders: ich brauche den Ansporn einer guten oder schlechten Kritik nicht. Ich gebe immer mein Bestes." Lange unterhielten sie sich, ehe der Geheimrat mit einem Cngagementsvorschlag herausrückte. Er bot Heyden einen glänzenden Kontrakt für die nächsten zehn Jahre. Abe^ Heyden lehnte ab. Er erklärte, daß er gern weiter in der Staatsoper singen wollte, daß er aber nicht für eine feste Anstellung sei. Nach langen Verhandlungen kamen sie zu einem losen Vertrag Heyden verpflichtete sich fest für mindestens 30 Abende und für die Dauer eines Jahres, während er sich für weitere fünf Jahre vorläufig für je 10 Abende bereit erklärte. (Fortsetzung folgt.)