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MMnOrNgebla« Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» „Wilsdruffer Lagedlatl- ericheint an allen Werktagen nachmittag» S Uhr. Dezugrpretr monatlich 2,— SiM. frei Haus, bei Poffbcstellung 1,80 RW. zuzüglich Bestellgeld. Eiazeluummern IS Rpfg. Alle Postanstollen, Post„ neLn^u j.Ä^ei^:: Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Lg7n Fall« höherer Gewalt, Krieg oder fonftiger Be- triebsstürungen besteht kein Anspruch aus Lieseinng der Heilung oder Kürzung de» Bczugspreife». — ALchseüdung eingesandter Schriftpüch« erfolgt nur, wenn Porto beiliext. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis; die 8 gesottene Raumreile 26 Npfg., die gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reich«», Pfennige, die 3gespaltene Rektsmezeile im textlichen Teile 1 RWK. RachweisungsgebLhr 20 Reichspsennige. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 SchW'LW annahMcdisoorm.lvUhi. > —>» - gär die Richtigkeit d durch Fernruf übermitiellen Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Radaltanspruch erlisch», wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muff oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 167 — 91. Jahrgang Telezr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 19. Juli 1932 Messtrnse gegen WOWeMch droht Neues Demonstrattonsverbot. Als vor etwa vier Wochen die Einschränkungen für das politische Leben gelockert, als Umzüge und Versamm lungen unter freiem Himmel frcigegeben wurden, knüpfte die Reichsrcgicrung an ihre damalige Verordnung die Duohung, daß sie zu neuen Einschränkungen greifen werde, wenn sich ihre Hoffnungen auf einen ruhigen Verlauf des Wahlkampfes nicht erfüllen sollten. Daß diese Hoffnungen sich nicht erfüllt haben, stand schon seit längerer Zeit fest. Nun, nach dem Blutsonntag von Altona, hat die Ncichs- regierung die Konsequenzen gezogen und neue Einschrän kungen ungeordnet. Für das ganze Reichsgebiet sind alle Umzüge und Versammlungen unter freiem Himmel wieder verboten. Eine Versammlung unter freiem Himmel ist nur dann zugelassen, wenn der Plaß fest umzäunt ist, und wenn Eintrittskarten er hoben werden. Gleichzeitig mit dieser neuen Notverordnung ließ die Neichsregierung erklären, dies sei nur der erste Schritt, weitere Maßnahmen seien in Vor bereitung und würden sofort in Kraft gesetzt, wenn es sich zeige, daß die blutigen Überfälle kein Ende nehmen. Von zuständiger Stelle wird dazu erklärt, die Neichsregierung sei entschlossen, mit den schärfsten Mitteln gegen die Un ruhestifter vorzugehen. Wie verlautet, sollen die Pläne für die weiteren Maßnahmen schon scrtiggestellt sein. Ge plant ist die Einsetzung von Sondergerichten mit der Befugnis, unbefugtes Wassentragcn und unbefug ten Sprengstoffbefitz mit dem Tode zu bestrafen. Die Einsetzung dieser Sondcrgerichtc hängt von der Entwicklung der nächsten Tage ab. An den maßgebenden Stellen sieht man in der Hetze der kommunistischen Partei die Hauptursache der blutigen Überfälle. Ob nun die neuen geplanten Sondermaßnahmen sich aus schließlich gegen die Kommunisten richten werden, oder ob sie allgemeiner gefaßt werden, ist noch unbekannt. An maß gebender Stelle wird ausdrücklich betont, daß es sich bei den drohenden Maßnahmen nicht um die Verhängung des Ausnahmezustandes handle. Ob die jetzigen Maßnahmen der Neichsregierung ge nügen, um den blutigen Überfällen vorzubeugen, wird sich sehr schnell zeigen. Wenn auch die Gefahr der Überfälle auf Versammlungen in geschlossenen Räumen nicht so groß ist wie bei Versammlungen und Aufzügen unter freiem Himmel, so lehrt doch die Erfahrung, daß auch die Über fälle auf Versammlungen in Sälen außerordentlich zahl reich sind. Es wird sich auch bald zeigen, ob die An drohung von Sondergerichten, die Todesurteile fällen können, abschreckend genug wirkt. Sollte dies nicht der Fall sein, dann wird sich die Reichsregierung zu äußersten Mitteln entschließen müssen. Die Einsetzung von Sondergerichten durch eine Reichsvcrordnung bedeutet eine außerordentliche Einschränkung der Justiz rechte der Länder. Die Neichsregierung wird ihren Beschluß aus den Artikel 48 der Weimarer Verfassung stützen, der gerade im Falle drohender Unruhen der Reichsregierung das Recht zu außerordentlichen Maßnahmen gibt. Die Einsetzung von Sondergerichten ist allerdings nicht das letzte Mittel, das der Reichsregieruna zur Verfüauna siebt. sie kann auch den tatsächlichen Ausnahmezustand verhängen und alle Vollmachten auf die Militär behörde übertragen, die dann ihrerseits mit Kriegs gerichten gegen die Unruhestifter vorgehen kann. Wir leben in einem Augenblick der größten Gefahr für den inneren Frieden, und man kann nur wünschen, daß es durch ein rücksichtsloses Durchgreifen der Behörden gelingt, den Blutterror zu brechen und das Unheil großer blutiger Auseinandersetzungen im letzten Augenblick ab zuwenden. * Amtliche Mitteilung über das Demonstrationsverbot. Amtlich wird mitgeteilt: Am vergangenen Sonntag ist es wiederum an vielen Orten zu blutigen Zusammen stößen gekommen. In der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle beruhen die Zusammenstöße auf Provokationen und hinterhältigen Überfällen von kommunistischer Seite. Um die unmittelbare Gefahr neuer Überfälle auf öffent liche Umzüge zu verhindern, hat der Reichsminister des Innern mit dem heutigen Tage bis auf weiteres auf Grund der Zweiten Verordnung des Reichspräsidenten über politische Ausschreitungen vom 28. Juni 1932 ein allgemeines Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen erlassen. Die Neichsregierung ist entschlossen, alle Maßnahmen zu treffen, um Leib und Leben der Staatsbürger gegen weitere Angriffe zu schützen und die freie politische Be tätigung zu sichern. Sie erwartet von allen Teilen des Volkes, die auf dem Boden des Rechts stehen, Ruhe und Besonnenheit. Nur dann kann den bewußten Provoka teuren blutiger Auseinandersetzungen wirksam das Hand werk gelegt werden. Preußen über das OemonstrationSverbot. Amtlich wird mitgeteilt: Durch Verordnung des Reichsministers des Innern vom 18. Juli 1932 sind bis auf weiteres Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge verboten, damit werden auch alle bereits er teilten Genehmigungen für derartige Versammlungen und Aufzüge hinfällig. Ersatzversammlungen für solche Veranstaltungen können fürden19. und20. Julinichtmehrge- nehmigt werden, weil die für sie durch Verordnung des Reichsministers des Innern vom 28. Juni 1932 vor geschriebene Anmeldefrist von mindestens 48 Stunden nicht eingehalten werden kann. Für die spätere Zeit gilt die 4 8 stündige A n m e l d u n g s s r i st. * Blätterstimmen. Berlin, 19. Juli. Zum Demonstralionsverbot der Neichsregierung nehmen die Berliner Blätter eingehend Stel lung. Die „Germania" spricht von einer späten Erkennt nis der Reichsregierung und einer Rechtfertigung für die Hal tung der Minister der süddeutschen Länder. Die „Germania" glaubt, das; die Reichsregierung den bitteren Weg der Erkennt nis bis zum Ende gehen müsse. Dieses Ende werde das Ende der Uniformsreiheit sein. — Der „Lokal anzeiger" hebt hervor, die Schwierigkeit liege darin, daß fast alle von der Reichsregierung vorgesehenen Maßnahmen unter der Executive Arbeitsdienst. Zwischen Wunschbilder und ihre Erfüllung pflegt sick heute öfter und rauher denn je die nüchterne Wirklichkeit lies: die Finanzsorge, zu drängen, und daher Wirker auch auf dem Ausbau der „entwicklungs- und förderungs würdigen" Einrichtung desfreiwilligenArbeits- dien st es die finanziellen Nöte in Reich und Gemeinde» als kaum oder gar nicht zu bewältigende Hindernisse Wenn es heute über fünf Millionen Arbeitslose gibt, so sind unter ihnen viele Hinderttause'nde, die schon Jahre hindurch vergebens sich um die Erlangung von Arbeit be müht haben. Und wenn eine Schätzung recht optimistisch davon spricht, daß mit Hilfe des jetzt auszustattenden freiwilligen Arbeitsdienstes für etwa 250 000 Erwerbslose Beschäftigung gefunden werden soll, so wäre das im besten Falle die'Beschaffung von Arbeit für knapp 5 Prozent der tatsächlich vorhandenen Erwerbslosen. Allerdings — so hofft die Neichsregierung — soll das nur der Anfang sein; die 55 Millionen, die vom Reich für diese Zwecke hergegeben werden, werden vielleicht hier und da noch aus den Mitteln von Kommunen und Kommunalverbändcn er gänzt werden können, soweit diese vom Ertrage des frei willigen Arbeitsdienstes einen direkten oder indirekten Nutzen haben, und die Reichsanstalt für Arbeitslosen versicherung selbst soll die Ersparnisse, die sie bei den im Arbeitsdienst aufgenommenen Arbeitslosen macht, gleich falls zur Verfügung stellen. Allzuviel wird dies frei lich auch nicht sein; denn der freiwillige Arbeitsdienst wird ja vor allem die jugendlichenErwerbslosen er fassen, — und leider stellen gerade sie das Hauptkontingent derer, die längst der Wohlfahrtssürsorge anheimgefallen sind. In der Streitfrage: Freiwilliger Arbeitsdienst oder Arbeitsdienst Pflicht? hat sich die Reichsregierung um so eher für den ersteren entschieden, als über die Arbeitsdienstpslicht praktische Erfahrungen bisher kaum vorlicgcn. In Bulgarien ist sie zwar cingeführt, aber sie hat dort den argen Fehler an sich, daß sich der Wohlhabendere von der Erfüllung dieser Dienstpflicht - loskaufen darf. Außerdem kann man jenes Agrarland im Südosten Europas doch wohl kaum vergleichen mir einem industriellen Land, wie es Deutschland ist. Unsere Arbeitslosenfrage ist eben vor allem ein Problem der Jndustriearbeiterschaft. übrigens haben weder Italien nach Sowjetrußland, also die Staaten der ausgeprägtesten Korporationswirtschaft, zur Arbeitsdienstpflicht gegriffen, so daß Deutschland mit einem derartigen Versuch einen Sprung ins Dunkle tun würde, der allzu leicht übertriebene und später schwer getäuschte Hoffnungen hätte erwarten können. So etwas ist auch schon angesichts der Knappheit der hierfür verfügbaren Mittel eine Unmöglichkeit. Auch der Ausbau desFreiwilligenArbeits- dienstes in dem erstrebten Umfang kann erst allmählich das Stadium des Erprobens und Versuches trotz des langen Debattierens und Verhandelns über dieses so oft als dringlichste Aufgabe der Gegenwart bezeichnete Thema beseitigen. Gewiß sind überall Anfänge festzustellen, aber vor kurzem teilte eine amtliche Veröffentlichung mit, daß es beim Freiwilligen Arbeitsdienst bisher nur etwa 60 000 Beschäftigte gebe. Man wird also für den jetzt viel weiter zu spannende» Rahmen erst noch Erfahrungen sammeln, vor allem aber genügend Führer und Stamm personal ausbilden müssen; beides will die Verordnung über den freiwilligen Arbeitsdienst erreichen. Guter Wille und ein heute schon fast selten gewordener Idealismus sind notwendig, um dabei Störungen fernzuhalten, die angesichts der „Politisierung" gerade in Kreisen der erwerbs- und arbeitslosen Jugendlichen leider zu befürchten sind. Man hat ja neben den Jugendbünden und Jugend gruppen nichtpolitischer Art ausdrücklich auch die Par teien als „Träger" des freiwilligen Arbeitsdienstes aner kannt, wenn und wo dieser Dienst in seinen Ergebnissen ausschließlich oder überwiegend der Allgemeinheit zugute kommt. Der „N o t ch a r a k t e r" des Freiwilligen Arbeits dienstes müßte überhaupt gerade dem zerstörenden, unser Volk zerspaltenden Ungeist der Parteipolitisierung ent gegenzuwirken, sollte dieses Gift von vornherein erst gar nicht an sich herankommen lassen. Denn gemein s^rmc Volksnot ist der Gedanke und ist der jetzige Versuch seiner Durchführung entsprungen. Und Werin es im Artikel 1 der Verordnung heißt, daß der freiwillige Ar beitsdienst dem jungen Deutschen die Gelegenheit gebe» wolle, zum Nutzen der Allgemeinheit in gemeinsamen: Dienste freiwillig ernste Arbeit zu leisten und sich. . . -geistig-sittlich zu ertüchtigen", fo soll das kein Wunsch bleiben, sondern wird hoffentlich Wirklichkeit werden! Dr. Shrup Mchslommiffar für den freiwilligen Arbeitsdienst. Auf Grund der Verordnung über den freiwilligen Arbeitsdienst vom Juli 1932 hat der Reichskanzler namens der Reichsregierung aus Vorschlag des Reichsarbeits- ministcrs den Präsidenten der Neichsanstalt für Arbeits vermittlung und Arbeitslosenversicherung, Dr. Syrup, zum Neichskommissar für den freiwillige» Arbeitsdienst ernannt. Geheimer Rat Dr. Friedrich Syrup wurde 1862 in der Provinz Hannover geboren und besuchte das Realgymnasium in Hannover. Nach der Reifeprüfung war er ein Jahr prak tisch in verschiedenen Verrieben der Metallindustrie tätig. Dann widmete er sich dem Studium des Maschinenbaufachs. 190Z bestand er das Examen als Diplomingenieur. Dann studierte er Rechts- und Staalswissenschaften. 1907 bestand er die Ge- werbeasscssorprüfung. Sodann war er als preußischer Beamter in den Provinzen Hannover, Rheinland. Obcrschlcsien und Pommern tätig. 1918 wurde er -mm Vortragenden Nat im Dr. Syrup, der Reichskommissar für den Arbeitsdienst. preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe ernannt. Bei Kriegsende wurde Dr. Syrup dem Demobilmachungs ministerium überwiesen. 1920 trat er in den Reichsdienst als Präsident der Reichsarbeitsverwaltung über. 1927 wurde er zum Präsidenten der Neichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ernannt. Aus wirtschaftlichem, sozialpolitischem und arbeitsrechtlichem Gebiet hat er eine reiche schriftstellerische Tätigkeit entfaltet. * Französische Sehe gegen Arbeitsdienst. Furcht vor verkapptem Militärdienst. Wie cs nicht anders zu erwarten war, sieht man onrch die A r b e i t s d i e n st p k^i n e der Neichsregierung schon wieder in Frankreich die französische „Sicher heit" bedroht und versucht es, dagegen die Abrüstungs konferenz mobil zu machen. So wendet sich der nationa listische „Figaro" gegen die Arbeitsdienstpläne der Ncichs- regierung. Es handle sich hierbei, so meint das Blatt, um einen verkappten Militärdienst. Man könne sogar sicher sein, daß es sich nur um einen ersten Schritt auf dem Wege der M a s s e u m i l i t a r i s i c r u n g handle. Die Maßnahmen bedeuten praktisch die Militari- ierung Deutschlands und stünden damit in unmittelbarem Widerspruch zu den Militärklauseln des Versailler Vertrages. Das Blatt fragt die französische Regierung, ob angesichts der mehr als eigentümlichen Abrüstungs Methode Deutschlands sie französischen Unterhändler i Genf nicht ein Wort mitzureden hätten.